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27.07.2016 | Elektromobilität | Schwerpunkt | Online-Artikel

Elektromobilität: Umsetzen statt diskutieren

verfasst von: Markus Schöttle

4:30 Min. Lesedauer

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Wie ein letzter Aufruf klingen die Worte einiger Elektromobilitätsexperten in Deutschland. Es fehle an Umsetzungswillen, was unter anderem die Batteriezellfertigung mit heimischem Know-how betrifft.

Die Meinungen können kontroverser nicht sein: Für eine Zellfertigung von Lithium-basierten Energiespeichern ist es schon lange zu spät, sagen unter anderem einige deutsche Zellexperten und internationale Beobachter. Andere wie Professor Dr. Wolfgang Tillmetz, Leiter des Batterie- und Brennstoffzellen-Forschungszentrum ZSW in Ulm, sind davon überzeugt, dass die mehrjährigen Erfahrungen mit kleinen Pilotanlagen eine gute Basis für die Hochskalierung zu großvolumigen Zellproduktionen bilden. Das Know-how deutscher Batteriezellenforscher insgesamt ist nachweislich international sehr anerkannt, wie im Rahmen der Internationalen Ulmer Elektrochemische Tage (UECT), zu der das ZSW in der vergangenen Woche nach Blaubeuren eingeladen hatte, wieder einmal deutlich wurde. Umso wichtiger ist es laut Franz Loogen, Geschäftsführer e-mobil BW, dass sich die Erkenntnisse und Ergebnisse deutscher Forschungen auch in heimischen Entwicklungen und Produkten wiederfinden, wie auch aus dem Artikel Elektromobilität neu Bewerten aus der ATZelektronik 6-2014 hervorgeht.

"Mehr Macher und kaufmännischer Mut"

Loogen zeigt sich kämpferisch: "Wir erwarten von neuen Mobilitätslösungen und der Elektromobilität eine deutliche Reduktion der CO2-, Stickoxid- und Partikel- Emissionen. Erste Länder kündigen schon für 2030 an, keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen. Um diese Ziele real zu erreichen, muss nach Jahren intensiver und erheblich geförderter Forschung nun der Stückzahlhochlauf von Fahrzeugen und Infrastruktur im Markt zügig erfolgen."

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Loogen wird noch deutlicher: "Wir möchten die Vorteile neuer Mobilitätslösungen von Carsharing, intermodalen Wegeketten oder der Elektrifizierung der Antriebsstränge gerne sofort genießen. Bei den erforderlichen und hohen Investitionen – zum Beispiel bei Fahrzeugangebot, Aufbau der Infrastruktur, Anschaffungskosten von Fahrzeugen – diskutieren wir aber noch sehr intensiv über die Lastenverteilung und Geschwindigkeit der Umstellung. Um in technologische Neuerungen zu investieren, brauchen wir weniger Bedenkenträger und kurzfristiges Gewinnstreben sondern mehr Macher und kaufmännischen Mut."

Energiespeicher in der Diskussion

Um welche Größenordnung würde es eigentlich gehen, wenn man eine heimische Zellfabrik in Angriff nehmen würde? In der Batterie- und Automobilbranche kursieren geschätzte Investments von ein bis drei Milliarden Euro. Wer soll sich an diesen Investitionen beteiligen? Und genügt eine Summe in Höhe der ehemaligen Abwrackprämie der Bundesregierung für Altfahrzeuge? Kritiker geben zu bedenken, dass es sich schließlich um mehr als nur eine Fabrik handelt. In den kommenden Jahren gelte es, eine komplette Zulieferindustrie aufzubauen beziehungsweise zu stärken – von Lieferanten neuester Elektrolyte bis zum Anlagenbau. Die gesamte Prozesskette würde von den Erkenntnissen der Zell-Großserienfertigung profitieren, denn nur in dem Maßstab lassen sich zielgenaue Rückschlüsse für die Forschung und Entwicklung der nächsten Zellgenerationen ziehen. In diesem Kontext werfen die Kritiker den Stein etwas weiter: Das Zehnfache müsse die Bundesregierung einplanen: 30 Milliarden Euro sollten auf mehreren Schultern verteilt in Deutschland für den Aufbau einer neuen nachhaltigen Batterieindustrie veranschlagt werden.

Die Rolle der Automobilhersteller

In Vorleistung gehen Automobilhersteller, die Batterieforscher und -entwickler sowie Zellspezialisten mit hohen Investitionen und internem Know-how-Aufbau. BMW beispielsweise baut eigene Batteriesysteme für aktuelle Serienfahrzeuge. "Das gelingt nur, wenn man sich ein tiefes und allumfassendes Verständnis in der Batteriezellchemie erarbeitet", betont Dr. Frank Möbius, Abteilungsleiter Hochvoltbatterie im Bereich der E-Antriebsentwicklung bei BMW. Das Know-how benötigten BMW wie auch andere OEMs, um nicht nur Lastenhefte zu definieren und mit heutigen Zelllieferanten wie Samsung und LG auf Augenhöhe mit zu entwickeln, sondern Emporkömmlinge in der Zellfertigung als Lieferanten zu qualifizieren.

Der Markt vormals unzähliger Zelllieferanten ist zwar zunächst weitgehend konsolidiert. Einige Hoffnungsträger sind aber am Start. Mehr Dynamik ist diesbezüglich in China zu spüren, auch unter den etablierten Zellherstellern. Denn der Staat schließt ausländische Zell-Lieferanten aus – und somit müssten voraussichtlich beispielsweise auch deutsche Fahrzeughersteller mit chinesischen Batterien bestückt werden. Samsung teilte diese Woche mit, in den chinesischen Batteriebauer BYD zu investieren und zu kooperieren. Dass ein Autohersteller nach dem Scheitern von Daimler und Litec nochmals als Zellhersteller in Erscheinung tritt, ist nach Umfragen der ATZ-Redaktion eher unwahrscheinlich. Mit Ausnahme von Tesla. Das US-amerikanische Unternehmen versteht sich unter anderem als IT-Unternehmen und mit dem Start der Gigafactory und möglicherweise mit dem anstehenden Kauf von SolarCity als Energy Company. In diesem Kontext bleibt zu beobachten, welche Positionierung deutsche Autohersteller im Rahmen der derzeit vermarkteten stationären Batterien beanspruchen. Ebenso deren Bemühungen in der Netzintegration eine Rolle zu spielen. 

Weitere Konkurrenz

Die Rollenverteilung zwischen der Automobilindustrie und den dominierenden koreanischen und japanischen Zellherstellern ist heute gut geregelt. Und somit die Verteilung der Kernkompetenzen. OEMs, Automobilzulieferer und einige Entwicklungsdienstleister verstehen es, Module und Packs sowie das gesamte Batteriesystem zu entwickeln und aufzubauen. Auf den Internationalen Ulmer Elektrochemische Tage erklärte Jim Park von Samsung SDI, dass man durchaus das Ziel habe, nicht nur Zellen, sondern ebenfalls Module und Packs anzubieten. Umso schwerer wird es, in Deutschland eine Konkurrenz auf der internationalen Bühne aufzubauen.

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