Wenn es eine einzelne Größe gibt, an der die so oft angeprangerte mangelnde Nachhaltigkeit der jetzigen Lebens- und Wirtschaftsweise der Menschheit am häufigsten festgemacht wird, dann ist es wohl der Energieverbrauch. In der Tat: Der globale Energieverbrauch ist in den letzten 100 Jahren regelrecht explodiert und liegt heute fast neunmal höher als 1920, während die Weltbevölkerung nur um den Faktor vier gewachsen ist. Etwa 85 % dieses Energieverbrauchs werden dabei durch die sogenannten fossilen Energieträger gedeckt (d. h. Energieträger, die in vorangegangenen Erdepochen entstanden und in der Erdkruste gelagert sind): Kohle, Erdöl und Erdgas.
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Zwischen 1960 und heute hat sich die Energieeffizienz der Weltwirtschaft verdoppelt – und die Erwartung ist realistisch, dass sie sich in den nächsten 50 Jahren noch einmal (mindestens) verdoppelt.
Als synthetische Brennstoffe werden flüssige oder gasförmige Kohlenwasserstoffe bezeichnet, die chemisch weitgehend identisch mit aus Erdöl gewonnenem Benzin/Kerosin bzw. mit Erdgas, aber CO2-neutral sind: Sie werden in Großanlagen aus (mittels Elektrolyse aus PV- oder Windstrom gewonnenem) Wasserstoff und CO2 synthetisiert und emittieren bei ihrer Verbrennung genauso viel CO2, wie zur Herstellung genutzt wurde.
Vielleicht fragen Sie sich, ob denn für eine derart drastische Ausweitung der Nutzung von Photovoltaik genügend Rohstoffe für die Solarmodule vorhanden sind. Nun, der Hauptrohstoff ist Silizium, und für die Herstellung der nötigen ca. 200 TW PV-Module braucht man laut heutiger Technologie etwa 2 Gt Silizium. Das natürliche Vorkommen in der Erdkruste beträgt aber 100 Mio. Gt.
Der Transport von den Schwerpunkten der Produktion von Wasserstoff/synthetischen Brennstoffen in alle Teile der Welt kann – wie heute der Transport von Kohle, Erdöl und Erdgas – z. T. über Pipelines und v. a. über den Schiffsverkehr erfolgen. Zu erheblichen Teilen ist die bisherige Infrastruktur dafür nutzbar.
Die unmittelbar an den laufenden Kernfusionsprojekten arbeitenden Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie bereits um 2050 herum das erste kommerziell nutzbare Kraftwerk bauen können.
2005 kostete die Kilowattstunde PV-Strom in Deutschland rund 50 ct; 2020 sind PV-Anlagen ans Netz gegangen, die Strom für deutlich unter 5 ct/kWh liefern. Die neuesten Großanlagen im Nahen Osten produzieren PV-Strom sogar für nur 1,5 ct/kWh. Zum Vergleich: Allein die Brennstoffkosten eines fossilen Kraftwerks betrugen in den letzten zehn Jahren durchschnittlich 3–4 ct/kWh.
Für Deutschland ist dieses Ergebnis im Detail in mehreren Studien bestätigt worden. Dort wurden auch die Auswirkungen einer ambitionierten Klimapolitik auf Wohlstand und Arbeitsplätze für 2050 abgeschätzt. Ergebnis: Die Auswirkungen sind insgesamt gering – andere Faktoren werden eine ungleich gewichtigere Rolle spielen. Die Studien wurden u. a. vom Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. („Klimapfade für Deutschland“, 2018) und von der dena („Integrierte Energiewende“, 2018) erstellt.
Als – in einigen Regionen nicht unwahrscheinliche – Alternative kommt für eine Übergangszeit in Betracht, fossile Kraftwerke in gewissem Umfang beizubehalten, aus ihren Abgasen das CO2 herauszufiltern und dann zum Teil unterirdisch abzulagern, zum Teil wiederzuverwenden. Es sieht jedoch nicht so aus, als könne diese Technologie auf längere Sicht kostenmäßig mit den erneuerbaren Energien konkurrieren – insbesondere nicht in vielen Ländern Asien und Afrikas, die über exzellente Bedingungen für PV-Strom verfügen. Die herkömmliche Kernenergie ist ohnehin keine Alternative, da sie noch einmal deutlich teurer ist und eine Reihe weiterer Nachteile hat.
Ein großer Teil der dazu benötigten Energieträger wurde in den letzten Jahrzehnten importiert, allerdings nur aus ökonomischen Gründen: Im Prinzip würden die eigenen fossilen Lagerstätten in den westlichen Ländern völlig ausreichen, um sich selbst mit Energie zu versorgen.
Die aktuellen Energieszenarien für Deutschland prognostizieren für 2050 einen Energieverbrauch von 20.000–25.000 kWh pro Kopf (= Weltdurchschnitt). Die Haupteinsparungen kommen aus dem Verkehr, der Stromerzeugung und der zunehmenden Gebäudedämmung.
In diesen beiden Sektoren ist die Energieausbeute bei fossilen Energieträgern besonders schlecht: In der Stromerzeugung liegt sie bei 40–50 %, beim Automotor nur bei 20–30 %.
10–12 PWh entsprechen einer Leistung von 5 TW PV-Modulen. Dies ist natürlich eine überschlägige Rechnung, die nur die Dimensionen und die problemlose technische Machbarkeit mittels PV-Strom aufzeigen soll. Es könnte sein, dass sich etwa die CSP-Technologie (Concentrated Solar Power) für die Verhältnisse in Saudi-Arabien als geeigneter erweist. Der CSP-Flächenbedarf liegt aber in einer ähnlichen Größenordnung wie derjenige der PV-Technologie.