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29.08.2013 | Erneuerbare Energien | Schwerpunkt | Online-Artikel

Chemische Speicherkonzepte für Erneuerbare Energien - aktuelle Lösungen und Trends

verfasst von: Sabine Voith

7 Min. Lesedauer

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Strom, der auf der Insel Pellworm in Wind- und PV-Anlagen zu viel produziert wird, wird mittels zwei alternativen Speicherlösungen - Redox-Flow- und Lithium-Ionen-Batterie - gespeichert. Diese zukunftsweisenden Lösungen zur optimalen Nutzung und lokalen Speicherung von regenerativ erzeugtem Strom wird hier in der Praxis getestet und miteinander verglichen. Auf dem Markt gibt es eine Vielfalt unterschiedlicher Speichertechnologien, die unterschiedliche Merkmale aufweisen und verschiedene Zielgruppen ansprechen.

Stromspeicher ermöglichen es, zuviel produzierten Strom wieder ins Netz einzuspeisen, wenn er benötigt wird. Strom lässt sich mittels eines Akkumulators speichern, in Pumpspeicherkraftwerken oder in Power-to-Gas-Anlagen. Die Forschung zur Entwicklung leistungsfähiger Typen von Akkumulatoren betrifft fast ausschließlich chemische Verfahren. Im Bereich der Erneuerbaren Energien haben Speicher, die elektrische Energie in chemische Energie umwandeln, die Marktreife erreicht und kommen nun zunehmend zum Einsatz.

Auf dem Markt sind Lösungen, die auf der Basis von Bleisäure basieren (lead acid), auf Lihtium-Ionen (lithium-ion), auf Natrium (sodium based battery) oder auf Vanadium (vanadium-redox-flow). Die Lösungen unterscheiden sich je nach Zielgruppe. Die Industrie bietet Speichertechnologien für Energieversorger, die Industrie oder den privaten Bereich. Die angebotenen Technologien unterscheiden sich außerdem im Aufbau einer Batterie, in der Lebensdauer, der Skalierbarkeit, der Wirtschaftlichkeit, der Verlässlichkeit, der Sicherheit oder auch des Kühlsystems, das verwendet wird. Sie verfolgen jedoch alle dasselbe Ziel: Energie dann verfügbar machen, wenn sie gebraucht wird.

Eine Übersicht über die Speichertechnologien für eine volatile Energiequelle wie die Sonnenenergie geben die Autoren Martin Kaltschmitt, Wolfgang Streicher, Andreas Wiese im Kapitel "Photovoltaische Stromerzeugung" unter der Überschrift "Batterien" im zweiten Teil des Kapitels.

Technologien

Die Technologien unterscheiden sich vor allem im System: Lädt die Batterie über AC oder DC. Das Laden über AC, den Wechselstrom, gilt als einfache Technologie, die einfach zu installieren ist. Sie bringt jedoch Nachteile in der Effizienz, weil sie zwischen AC und DC wechselt. Batterien, die über einen DC-Interlink laden, sind zwar effizienter, aber auch technisch herausfordernder.

Wie das System, weisen auch die Technologien unterschiedliche Eigenschaften auf. Das anfälligste Element bei jedem System ist die Zelle, die nicht nur im Labor, sondern auch in der Praxis einen großen Unterschied zwischen den Technologien macht. Eine Technologie, die bereits auf dem Markt eingesetzt wird, ist die Lithium-Ionen-Technologie. Auch hier gibt es verschiedene Ausführungen beispielsweise unterschiedliche anolyte/catholyte Zirkulationssysteme. Herausragend ist der hohe Wirkungsgrad von etwa 95 Prozent.

Speicher auf Lithium-Ionen-Basis können Leistungen im Kilowatt- bis hin zum Megawatt-Bereich abdecken und eignen sich so für alle Zielgruppen. Ihr Konkurrent, Redox-Flow-Batterien, bewegen sich in einem Leistungsrahmen von zehn Kilowatt bis zehn Megawatt. Detaillierte Informationen zur Lithium-Ionen-Batterie enthält der Artikel "8. Batterietechnik Lithium-Ionen-Batterien" der Springer-Autoren Dipl.-Phys. Madeleine Ecker und Prof. Dr. rer. nat. Dirk Uwe Sauer.

Eine Redox-Flow-Batterie ist ebenfalls ein Akkumulator, der elektrische Energie in einer chemischen Verbindung speichert. Red steht für Reduktion, die Elektronenaufnahme, Ox für Oxidation, die Elektronenabgabe und Flow für Durchfluss. Die Reaktionspartner sind in gelöster Form in einem Lösungsmittel vorhanden und bilden den Elektrolyt. Durch die Zirkulation der beiden Stoffe in zwei getrennten Kreisläufen erfolgt eine chemische Reaktion. In der Zelle findet ein Ionenaustausch der beiden Elektrolyte durch die Membran statt. Der Lade-/Entladevorgang entsteht, indem elektrische Energie gespeichert oder entnommen wird.

Auch bei den Redox-Flow-Batterien gibt es unterschiedliche Technologien. Bei Vanadium-Redox-Flow-Batterien ist ein Vorteil, dass sich das anolyte und catholyte Zirkulationsystem in einer Batterie befindet. Außerdem sind sie skalierbar. Die Anzahl der Stapelspeicher, die sogenannte stacks, machen die Größe des Systems aus. Sie nutzen dasselbe Elektrolyt, Vanadium, was die Batterie sicher macht. In China sind bereits große Anlagen im Einsatz, in Deutschland ist die Technologie erst am Anfang. Den Stand der Technik beschreibt Andreas Burkert im Online-Artikel "Redox-Flow-Akkumulatoren mit extrem hoher Stackleistung".

Eine weitere Technologie ist die Aqueous-Hybrid-Ionen-Technologie, kurz AHI. Auch diese Technologie steht erst am Anfang. Sie nutzt Natrium-Ionen Akkumulatoren zur Zwischenspeicherung von elektrischer Energie. Die Akkumulatoren sind preiswert herzustellen und wärmeunempfindlich und damit ideal für einen Einsatz in der Wüste. Die Speicherkapazität von Natrium-Ionen Batterien ist geringer als die von Lithium-Ionen Batterien. Sie haben jedoch den Vorteil, das Natrium im Gegensatz zu Lithium überall verfügbar ist.

Kriterien

Der Produktlebenszyklus ist auch bei den Speichertechnologien ein entscheidendes Kriterium für Investoren. Betreiber wollen die Speicherlösung nicht nach einigen Jahren tauschen, sie reden von Dekaden. Gründe, die das Produkt altern lassen können sein: das Spannungslevel, die Lade-/Entladezyklen und die Temperatur. Betrachtet man den Leistungsverlust über eine Laufzeit von 20 Jahren, so verliert man ungefähr zwei Drittel der Effizienz über die Zyklen und ein Drittel über das Alter, die Laufzeit. Wobei sich der Produktlebenszyklus verbessert umso mehr das System genutzt wird.

Die Skalierbarkeit einer Batterie ist ebenfalls ein wichtiges Kriterium. Bei einer Redox-Flow-Batterie ermöglicht eine Speicherung der Elektrolyte in externen Tanks außerhalb der Zelle eine freie Skalierbarkeit der speicherbaren Energiemenge.

Bei der Sicherheit geht es unter anderem darum, ob das System brennbar ist und damit auch um die Ausfallzeiten. Dieses Kriterium wird für die Kaufentscheidung immer wichtiger. Und der Trend geht klar zu Produkten, die das Prädikat "non-flamable" verwenden. Der Grad der Sicherheit, die benötigt wird, richtet sich auch nach dem Einsatzort des Speichers. Wird in von Hochwasser bedrohten Gebieten eingesetzt, wird die "Flut-Sicherheit" für den Betreiber eine Rolle spielen.

Die Art der Kühlung des Speichersystems spielt ebenso eine Rolle. Hier gilt, dass sich Kühlsysteme, die mit Luft kühlen, leichter zu implementieren sind, als Systeme, die ein flüssiges Kühlmedium nutzen.

Kosten und Wirtschaftlichkeit

Kostentreiber sind wie bei fast allen industriellen Produkten die Materialkosten. Bei einer Lithium-Ionen-Batterie machen sie ein Drittel der Kosten aus.

Die Wirtschaftlichkeit hängt von mehreren Faktoren ab. Unter anderem von sich ständig ändernden Preisen. Um welchen Prozentsatz beispielsweise die Netzkosten jährlich steigen werden, ist unklar. Schätzungen gehen von maximal sieben Prozent aus. Ein Vorteil: Netzsteuern werden nicht erhoben, wenn die Energie aus Speichern kommt.

Für den privaten und industriellen Bereich ist ein zentraler Punkt für die Wirtschaftlichkeit der Eigenverbrauch. Ziel bei einer sinkenden Einspeisevergütung ist es natürlich den Eigenverbrauch zu steigern und den Anteil an Energie, der eingespeist wird, zu senken.

Bei dieser Zielgruppe stellt sich die Frage, welche Speicherkapazität gebraucht wird und installiert werden sollte. Hier stellt die Laufzeit eine wichtige Größe dar. Grob gesagt, lohnt sich für eine geplante Laufzeit von nur zehn Jahren eine kleinere Batterie mit einem guten oder sehr guten Forecast-System. Für eine Laufzeit von über 20 Jahren ergaben Tests, dass der Einsatz einer größeren Batterie sinnvoll ist mit keinem oder einem technisch sehr guten Forecast-System.

Wie sich ein Forecast-System auswirken kann, lässt sich am Beispiel von Stadtwerken zeigen. Sie müssen dem Elektrizitätswerk eine Prognose liefern, wie viel Strom sie benötigen werden. Liegen sie im geschätzten Korridor, ergaben sich keine Änderungen, liegen sie darunter, zahlen sie weniger, liegen sie drüber, zahlen sie mehr. Energiespeicher können helfen, in diesem Korridor zu bleiben.

Herausforderungen

Deutschland ist für viele Hersteller ein Schlüsselmarkt, weil das Land führend im Einsatz Erneuerbarer Energien ist und der Strompreis vergleichsweise hoch ist. 200 Firmen haben auf der Messe Intersolar ihre Speicherlösungen präsentiert. Doch die unterschiedlichen Technologien machen den Markt intransparent. Institute wie das IWES, das Fraunhofer Institut für Windtechnik und Energiesystemtechnik, beginnt gerade erst die Technologien zu vergleichen und erwartet lange Testreihen.

Speicherlösungen machen die Erneuerbaren Energien nicht nur besser nutzbar und wirtschaftlich attraktiver, sondern auch komplizierter. Betreiber von Speichersystemen benötigen ein intensives Training um die Speicher im Kontext eines smarten Systems steuern zu können.

Auch bei den Forecasts sind die Entwicklungen nicht abgeschlossen. Sie sind jedoch gerade für Netzbetreiber ein großes Kriterium für die Wirtschaftlichkeit der Investition. Viele warten noch die Marktentwicklungen ab, schauen wann es wirtschaftlich interessant wird und welche Lösungen sich als interessant entpuppen. Aus ihrer Sicht haben die Speichertechnologien noch nicht den richtigen Marktrahmen.

Weitere Anwendungsfelder für die Speichertechnologien wie die Elektromobilität könnten die Entwicklungen vorantreiben. Dies wird eingehend thematisiert im Buchkapitel "Chemische Energiespeicher (Batterieforschung)".

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