2005 | OriginalPaper | Buchkapitel
Exposition
verfasst von : Wolfgang Bergem
Erschienen in: Identitätsformationen in Deutschland
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Ist von der Identität der Deutschen so viel die Rede, weil es sie nicht mehr gibt? Träfe diese These zu, dann bestätigte sie die Erfahrung, dass etwas erst verschwunden sein muss, um über die Wahrnehmung seines Verlustes einen festen Platz im Bewusstsein zu erlangen. Dann wären die ganze Bibliotheksabteilungen füllenden Bände über die Identität der Deutschen Ausdruck eines Phantomschmerzes. Doch dann stellte sich die Frage, ob das, was da verloren gegangen sein soll, je mit mehr Substanz bestanden habe als zum Zeitpunkt dieser Diagnose. Und die größere Frage bliebe, worin das, was da verloren gegangen sein soll, überhaupt bestünde, was das überhaupt sei. Im Unterschied zu
Gleichheit
sei
Identität
„absolut undefinierbar“, auch nicht essentiell als „Grenzfall der Gleichheit“, stellte Edmund Husserl vor hundert Jahren in seinen
Logischen Untersuchungen
fest (1984: 118). Wer die enormen Schwierigkeiten, Begriff und Phänomen der Identität zu identifizieren, wenn schon nicht zu definieren, in den Griff zu bekommen versucht, fühlt sich bald an Ludwig Wittgenstein erinnert, der in Identität gleich den Leibhaftigen erkannt hat: „Identity is the very Devil!“ (1980: 241), schrieb er am 17. Oktober 1913 in einem Brief an Bertrand Russell. Leichter als eine über die lexikalische Grundbedeutung hinausgehende generelle Definition fallen an der Pragmatik des Identitätsbegriffs orientierte Paraphrasierungen und Funktionsbestimmungen.