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2007 | Buch

Führer durch die Krisenpolitik

verfasst von: Fritz Machlup

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Meilensteine der Nationalökonomie

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Über dieses Buch

"Ein Buch, das dem Gebildeten – aber nicht gerade nationalökonomisch Gebildeten – auf wissenschaftlich einwandfreie Art eine Orientierung in der Wirtschaftspolitik ermöglicht, hat meines Wissens bisher gefehlt." Fritz Machlup präsentiert in diesem ursprünglich 1934 erschienenen Buch eindruckvoll die komplexen Zusammenhänge von wirtschaftspolitischen Maßnahmen und deren unmittelbare und mittelbare Konsequenzen. Zahlreiche Beispiele räumen mit weitverbreiteten Missverständnissen auf und erläutern ökonomische Gesetze in einer allgemeinverständlichen Sprache. Viele Themen sind dabei auch heute noch höchst aktuell, wie etwa Mindestlöhne, Arbeitszeitverkürzung, Außenhandelsschranken, oder Arbeitslosigkeit durch technologischen Fortschritt, und seine Ausführungen größtenteils noch immer gültig und aufschlussreich.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Erstes Kapitel. Wirtschaftspolitik und Krisenpolitik
Auszug
Wenn weite Kreise mit dem Ablauf der wirtschaftlichen Geschehnisse unzufrieden sind, entsteht das Bedürfnis nach staatlichen Maßnahmen, die den unerwünschten Zustand beseitigen und einen erwünschten Stand der Dinge herbeiführen sollen. Den Inbegriff solcher Maßnahmen nennt man Wirtschaftspolitik. Wenn der unerwünschte Zustand der wirtschaftlichen Verhältnisse in einer als unerträglich empfundenen Notlage weitester Kreise der Bevölkerung in der Mehrzahl aller Erzeugungszweige besteht, so spricht man von einer Wirtschaftskrise; den Inbegriff der zur Beseitigung dieses Zustandes vorgeschlagenen oder durchgeführten Maßnahmen nennt man Krisenpolitik. Während in der Wirtschaftskrise fast alle Erzeugungszweige in Mitleidenschaft gezogen sind, lenken in „normalen“ Zeiten nur manche Produktionszweige oder Bevölkerungsschichten die Aufmerksamkeit und das Mitgefühl der Öffentlichkeit auf ihre traurige wirtschaftliche Lage. Daher ist die Wirtschaftspolitik „normaler“ Zeiten weitgehend spezialisiert; zuweilen empfand man die Notwendigkeit, bestimmten Mängeln oder Notlagen in der Landwirtschaft abzuhelfen (Agrarpolitik), zuweilen erschienen bestimmte Gewerbe als besonders schutzbedürftig (Gewerbepolitik), oft und oft bemühte man sich, das Los der Industriearbeiter durch staatliche Aktionen zu verbessern (Sozialpolitik) usw.
Zweites Kapitel. Ankurbelung Durch Kreditausweitung
Auszug
Das Schlagwort von der Ankurbelung ist dem Wortschatz der Automobilfahrer entnommen. Der Autolenker kann den „abgestorbenen“ Motor wieder ankurbeln. Er braucht nur einige Male die Kurbel zu drehen (oder gar nur auf den Anlasserknopf zu drücken), um den Motor in Gang zu setzen; nur die Anfangszündung (die Initialzündung) ist erforderlich, dann läuft die Geschichte schon lustig weiter.
Drittes Kapitel. Arbeitsbeschaffung Durch Investitionen
Auszug
Mit öffentlichen Arbeitsbeschaffungsplänen versucht man in Krisenzeiten einen Ersatz für die erlahmte private Investitionstätigkeit zu bieten. Wenn die Möglichkeit zur Durchführung von Investitionen mit guten Rentabilitätsaussichten und geringem Risiko gegeben und das Kapital dafür erhältlich ist, so braucht man keine Arbeitsbeschaffungspolitik. Diese Politik setzt ein, sobald es an einem dieser Faktoren fehlt, wenn also erstens die Rentabilität nicht gegeben ist, zweitens das Risiko für den Unternehmer zu groß ist, drittens das erforderliche Kapital nicht zur Verfügung steht. Während es in Mitteleuropa an alien drei Voraussetzungen größerer privater Investitionen zu fehlen scheint, dürfte in den westlichen Ländern derzeit bloß mangelnde Rentabilität der Grund für das Unterbleiben der Investitionen sein.
Viertes Kapitel. Verkürzung der Arbeitszeit
Auszug
Wenn die Menschen reicher werden, können sie es sich leisten, weniger zu arbeiten. Wenn sie in achtstündiger Arbeit schon soviel verdienen, wie sie verdienen wollen, so halten sie es nicht mehr für nötig, zehn Stunden täglich zu arbeiten. Eigentlich will jeder noch mehr haben, als er tatsächlich hat, aber er fragt sich: „Ist das, was ich durch längere Arbeitszeit mehr verdienen kann, mir auch mehr wert als die Stunden der Freiheit und Erholung?“ Mit „Nein“ kann ein Mann antworten, dessen Einkommen gestiegen ist. So vollzog sich allmählich mit wachsenden Einkommensmöglichkeiten der Übergang zur kürzeren Arbeitszeit. Von 14 bis 16 Stunden täglich ging man auf 12 Stunden, dann auf 10 Stunden, später auf 8 Stunden, in manchen Berufen auch auf 6 Stunden Arbeit pro Tag fiber. Dazu brauchte man — wie man in Amerika in den Jahrzehnten bis zum Krieg sehen konnte — gar keine gesetzlichen Vorschriften. Die Leute hatten es eben dank der Erhöhung ihrer Einkommen und der starken Nachfrage nach Arbeitskräften nicht nötig, eine längere Arbeitszeit anzubieten. Die Verkürzung der Arbeitszeit — die einen gewaltigen kulturellen Aufstieg mit sich brachte — war eine Folge der Reichtumszunahme der Menschen.
Fünftes Kapitel. Senkung der Produktionskosten
Auszug
Die Zahl und die Ausdehnung der arbeitenden Betriebe ist von den Ertragsmöglichkeiten abhängig. Wenn die Unternehmer zu viel zusetzen („draufzahlen“), sperren sie zu. Noch vor einigen Jahren hat man oft die Neidgefühle der Massen zu erwecken gesucht, indem man enorme Profte der Unternehmungen behauptete. Man verdächtigte sie der Bilanzfälschung und Gevinnverschleierung, man sagte, daß die Banken und die Großunternehmungen „das Geld hätten“, — bis eines Tages die Banken und Großunternehmungen nach jahrelangen Verlusten zusammenbrachen. Jeder Zusammenbruch von Unternehmungen warf neue Massen von Arbeitern auf die Straße; die Arbeitslosigkeit stieg ständig an.
Sechstes Kapitel. Erleichterung der Schuldenlast
Auszug
Wer überwiegend mit fremdem Kapital wirtschaftet, gerät eher in Schwierigkeiten als der Unternehmer oder Produzent, der über eigenes Kapital verfügt. Wenn der Ertrag soweit gesunken ist, daß die Verzinsung des Kapitals nicht mehr zur Gänze möglich erscheint, so macht dies kein Aufsehen, wenn der Unternehmer gleichzeitig der Kapitalbesitzer ist, während es oft die Öffentlichkeit beschäftigt, wenn sich Schuldner und Gläubiger auseinandersetzen müssen. Die schweren Sorgen der verschuldeten Unternehmungen, die unter der Last ihrer Verpflichtungen stöhnen, und die große Erleichterung, die den Schuldnern durch eine Verringerung ihrer Verpflichtungen geboten werden kann, führen die Wirtschaftssubjekte und die Wirtschaftsbeobachter oft irre in der Beurteilung der Folgen eines generellen Schuldennachlasses. Der Einfluß einer Schuldenabbürdung auf die Geschäftstätigkeit, auf Produktion, Absatz und Beschäftigung wird stark übertrieben, weil man häufig übersieht, daß Kapitalreichtum und Kapitalflüssigkeit, nicht aber die personelle Kapitalverteilung die wesentlichen Momente sind.
Siebentes Kapitel. Innenkolonisation und Naturalwirtschaft
Auszug
Die Urbarmachung und Besiedlung brachliegenden Landes nennt man Kolonisation oder Siedlung. In früheren Zeiten hat man solche Bestrebungen hauptsächlich auf die unausgenützten und unbewohnten Böden fremder Länder gerichtet. Heute steht die Innenkolonisation im Mittelpunkt des Interesses, also die intensivere Ausnutzung des Bodens im Inlande.
Achtes Kapitel. Autarkisierung
Auszug
Die Menschen der Kulturgebiete unserer Erde beschaffen sich die Dinge ihres Bedarfs in einem System der Arbeitsteilung. Es erzeugt nicht jeder einzelne alle Güer für den eigenen Bedarf, sondern es beschränkt sich jeder auf die Herstellung oder Erbringung bestimmter Güter oder Leistungen, die er dann gegen die Ergebnisse der Arbeit anderer austauscht. Durch diese Arbeitsteilung und Spezialisierung wird der Produktionserfolg der Gesamtheit gewaltig vergrößert, und zwar um so mehr vergrößert, je mehr Menschen und je verschiedenartigere Menschen an der Arbeitsteilung teilnehmen. Die enorme Wohlfahrtssteigerung der Völker bei gleichzeitiger Bevölkerungsvermehrung in den letzten hundert Jahren war der Ausbreitung der Arbeitsteilung auf Menschen verschiedenster Gebiete und verschiedenster Kulturen zu verdanken: der Entwicklung der Weltwirtschaft.
Neuntes Kapitel. Abbau der Aussenhandelsschranken
Auszug
Die großartige Entwicklung der Verkehrsmittel hat den Austausch der Erzeugnisse entfernter Gebiete und somit die internationale Arbeitsteilung ermöglicht. Der Verbilligung des Transports also verdankt die Welt einen nicht geringen Teil des erreichten Lebensstandes. Wenn einst auf holprigen Straßen die Postkutschen geringe Lasten beförderten und heute auf glatten Schienenwegen schnelle Eisenbahnen einen tausendfach verstärkten Güterverkehr bewältigen können, so dankt es die Welt den Errungenschaften menschlichen Erfindergeistes. Gleichzeitig aber wirken die Politiker der Staaten dahin, daß die Vorteile der Erleichterung und Verbilligung des Handelsverkehrs nicht ganz zur Geltung kommen, indem sie künstliche Verkehrsbeschränkungen schaffen.
Zehntes Kapitel. Reformen des Geldwesens
Auszug
Ein großer Teil aller krisenpolitischen Vorschläge und Forderungen steht in mittelbarem Zusammenhang mit dem Geldwesen. Die Ankurbelungsversuche, manche Arten der Finanzierung der Arbeitsbeschaffung oder der Siedlung, die künstliche Verbilligung des Kredits — alle diese und ähnliche Pläne haben auch ihre währungspolitische Seite. Nun kennt man aber daneben nicht wenig Vorschläge zur Krisenheilung, die ganz unmittelbar das Geldwesen zum Gegenstand haben. Man gibt zuweilen dem Geldsystem die Schuld an der Wirtschaftskrise und erwartet sich von der Reform des Geldwesens die Überwindung der Krise, ja sogar die Beseitigung aller wirtschaftlichen Übel.
Elftes Kapitel. Sparen Oder Konsumieren
Auszug
„Bevor die Menschen nicht zur Sparsamkeit zurückkehren, kann die Wirtschaft nicht gesunden. Mehr sparen ist das dringendste Gebot!“
Zwölftes Kapitel. Beschränkung Oder Beschleunigung Des Technischen Fortschritts
Auszug
Naturkräfte und Arbeitskräfte werden zur Erzeugung nützlicher Dinge verwendet. Dabei geht man jeweils nach einer bestimmten Technik vor. Fortschritte in der Technik haben es im Laufe der Jahrhunderte möglich gemacht, daß man bei gleichem Arbeitsaufwand eine größere Gütermenge oder bestimmte Produktionserfolge mit geringerem Aufwand erzielte. Die Techniker zeigen die gangbaren Wege und es ist Sache der Wirtschaft, zwischen den bekannten technischen Möglichkeiten die Auswahl zu treffen.
Dreizehntes Kapitel. Einschränkung der Konkurrenz
Auszug
„Die Konkurrenz richtet uns zugrunde!“ Diese Klage kann man in Krisenzeiten alle Tage von den Geschäftsleuten, Gewerbetreibenden und Industriellen hören. Die Konkurrenten „verderben“ die Preise, „verschlechtern“ die Verkaufsbedingungen, verwöhnen die Käufer, verursachen Überproduktion. In Zeiten, da man noch mehr das Interesse der Konsumenten im Auge hatte, hat man vorgezogen zu sagen, daß die Käufer dank der Konkurrenz der Lieferanten billiger, bequemer, besser und reichlicher versorgt werden. Heute aber fordert man vom Staate, daß er die „hemmungslose Konkurrenz“ verbiete oder beschränke.
Vierzehntes Kapitel. Planwirtschaft
Auszug
Tausend und aber tausend Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsakte sind das Ergebnis der krisenpolitischen Aktivität der Regierungen in den letzten Jahren. Gibt es auch nur eine Maßnahme, die wirklich (und unbestritten) geholfen — und nicht auch geschadet hätte? Und ist es angesichts dieser traurigen Erfolge der Krisenpolitik nicht nur zu selbstverständlich, daß sich immer mehr und mehr der Gedanke durchringt, daß nur eine Änderung unseres Wirtschaftssystems ernstlich Abhilfe bringen kann?
Backmatter
Metadaten
Titel
Führer durch die Krisenpolitik
verfasst von
Fritz Machlup
Copyright-Jahr
2007
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-540-72262-5
Print ISBN
978-3-540-72261-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-540-72262-5

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