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2016 | Buch

Führung und Gefühl

Mit Emotionen zu Authentizität und Führungserfolg

herausgegeben von: Eva-Maria Lewkowicz, Beate West-Leuer

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Dieser Herausgeberband zeigt im Rahmen der angewandten Psychoanalyse, welche Chancen und Risiken Emotionen im Management bergen und wie sich diese durch einen authentischen Führungsstil gewinnbringend in den Arbeitsalltag integrieren lassen. Ausgehend von neurobiologischen und bindungstheoretischen Grundlagen zu Emotionen werden diese anhand realer Fallbeispiele und Analysen eines interdisziplinären Autorenteams im Führungskontext dargestellt und Strategien zum Umgang mit eigenen und fremden Emotionen aufgezeigt. Abschließend wird die Rolle von Wirtschaftsführern in der Öffentlichkeit beleuchtet. Führungskräfte, Berater und Coachs werden durch dieses Buch eine neue Perspektive auf Emotionen im Management gewinnen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Führen und Affekt

Frontmatter
1. „Der Banker des Jahres kann sich Gefühle nicht erlauben!“ – ein Filmbeispiel statt einer Einführung
Zusammenfassung
Angelehnt an die Geschichte von König David und Bathseba erzählt „Unter dir die Stadt“ eine moderne Version des alttestamentarischen Dramas um Macht und Begierde, Verrat und Ehebruch. Porträtiert werden Menschen der Frankfurter Hochfinanz, die scheinbar emotionslos und aus Eigeninteressen ihre Mitarbeiter unkalkulierbaren Risiken aussetzen. Doch während in der Ausgangserzählung die Reue des Protagonisten für eine einschneidende Wendung sorgt, entkommen die selbstbezogenen, glatten Figuren des Kinofilms letztlich nicht ihren zerstörerischen inneren und äußeren Zwängen. Dabei zeigt sich, Führen ohne Emotion ist eine Illusion. Affekte wie Angst, Neid, Scham, Trauer, Aggression und Eros sind auch in dieser Geschichte von grundlegender Bedeutung. Letztlich ist es die Verleugnung dieser Emotionen, die im Privaten wie im Unternehmen das Scheitern des Protagonisten einleitet.
Daniel L. Vasella, Beate West-Leuer
2. Vom Affekt zu Gefühl und Mitgefühl – eine neurobiologische und bindungstheoretische Einführung
Zusammenfassung
Über den Lebenszyklus hinweg signalisieren wir mit Hilfe unserer Basisaffekte Angst, Wut, Trauer, Ekel und Freude, was wir vom Anderen wollen und brauchen. In privaten und in Arbeitsbeziehungen beeinflussen die Affekte simultan und permanent unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Sie arbeiten als Anpassungsprogramme, zum großen Teil ohne bewusste Kontrolle und mit hoher Geschwindigkeit. So gibt es keine sinnlosen oder moralisch zu verurteilenden oder gar negativen Affekte und Gefühle. Angst, Wut und auch sozial gelernte Gefühle wie Neid, Eifersucht, ja sogar Schadenfreude sind unter bestimmten Bedingungen förderlich für die Stabilisierung. Gefährlich werden sie erst, wenn man aufgrund tiefer liegender Probleme nichts von ihnen weiß oder wenn man sie nicht sozial verträglich kontrollieren kann. Im Parlament der Gefühle hat jedes Gefühl zunächst einmal Rederecht. Abgestimmt wird, wenn alle zu Wort gekommen sind. Verantwortliche Führungskräfte werden dies in ihrem Führungshandeln zu berücksichtigen wissen.
Matthias Franz
3. Emotionale Herausforderungen und Chancen der Unternehmensführung
Zusammenfassung
Manche mögen die Frage, ob es in Unternehmen Gefühle gibt, mit einem dezidierten „Nein“ beantworten. Insbesondere große Firmen werden oft als seelenlos wahrgenommen. Jene, die sich gefühllose Unternehmen wünschen, und jene, die davon überzeugt sind, dass Unternehmen gefühllose Organisationen seien, liegen gleichermaßen falsch. In Unternehmen arbeiten „normale“ Menschen – Menschen mit bewussten und unbewussten Wahrnehmungen und entsprechenden Affekten, Emotionen und Gefühlen. Unternehmen sind von und für Menschen geschaffene, und damit unausweichlich Organisationen, in denen Gefühle erlebt, ausgetauscht, und ganz wesentlich von den Gefühlen der Leader geprägt werden. Dies zeigt sich bei der Wahl eines CEO ebenso wie am Verhandlungstisch bei Übernahmen, in der Kommunikation mit Mitarbeitern zur Produktivitätssteigerung und schließlich am Ende der Karriere, wenn der Leader die Firma verlässt.
Daniel L. Vasella

Führen und Gefühl

Frontmatter
4. Eros – „Love in the Office“
Zusammenfassung
Nirgendwo gibt es so viele Flirtmöglichkeiten wie am Arbeitsplatz – nachweislich der Ort, an dem sich die meisten Liebesbeziehungen anbahnen. Fallbeispiele zeigen jedoch, dass romantische Beziehungen zwischen Mitarbeitern unterschiedlicher hierarchischer Position eher selten in dauerhafte Liebesbeziehungen münden. Libidinöse Gefühle zwischen Vorgesetzten und Untergebenen können implizit zwar erwünscht sein, weil sie das Funktionieren im Betrieb „ölen“. Doch sind Führungskräfte mit Verführungsszenarien konfrontiert, die nicht sie persönlich, sondern die Position meinen, die sie bekleiden. Sind Führungskräfte für solche libidinösen Abläufe sensibilisiert und wissen sie, dass – weil Menschen Menschen sind – Eros und Psyche sich auch am Arbeitsplatz nicht dauerhaft trennen lassen, dann können sie bei sich selbst und ihren Mitarbeitern erotische Gedanken und Gefühle zulassen, ohne deswegen die Unternehmensziele aus dem Blick zu verlieren.
Beate West-Leuer
5. Angst – Bedingung des Mensch-Seins
Zusammenfassung
Angst ist die ungeliebte Königin unter den Gefühlen: allgegenwärtig und grundlegend strukturierend für das menschliche Erleben, Denken und Handeln. Sie macht sich überall bemerkbar, wo Menschen konfrontiert, gefordert und an ihre Grenzen gebracht werden. Dementsprechend hat sie auch im Arbeitsleben ihren Platz, und ist es wichtig für Führungskräfte, die Dynamik von Angst in Einzelnen und Gruppen zu verstehen. Angst determiniert grundlegende Motive und Reaktionsweisen von Individuen sowie das Funktionieren und die unbewussten Strukturen von Organisationen. Dieses Kapitel liefert Antworten auf Fragen wie: Was ist Angst? Worin unterscheiden sich Angst, Furcht und Ängstlichkeit? Warum ist es so schwierig, Angst zu erkennen und auszuhalten? Warum spielt Angst in Interaktionen und Organisationen eine zentrale Rolle? Was gewinnen Führungskräfte, wenn sie Angst erleben und mit ihr umgehen können?
Marius Neukom
6. Neid – über die Fallstricke des amerikanischen Traums
Zusammenfassung
Im Wettbewerb der Führungskräfte um den Aufstieg in der Hierarchie setzen sich diejenigen durch, die eine im Vergleich zu anderen bessere Beurteilung erhalten. Jeder Vergleich produziert damit auch Verlierer, die sich damit arrangieren müssen. Gleichzeitig bietet der Unternehmenskontext den im Leistungswettbewerb Unterlegenen wenig bis gar keinen Raum, die emotionalen Herausforderungen und Verletzungen zu bearbeiten, die daraus resultieren. Anhand einer Fallvignette wird gezeigt, dass die Bearbeitung von Neidkonflikten auch im geschützten Beratungsraum dadurch erschwert wird, dass Neid gesamtgesellschaftlich tabuisiert ist. Notwendig erscheint ein Paradigmenwechseln in den Unternehmen, der anerkennt, dass Neid wie andere positive und negative Emotionen zum beruflichen Alltag gehört, um daraus resultierende intra-psychische und inter-psychische Konflikte zu begrenzen.
Eva-Maria Lewkowicz
7. Scham – die Maske der Makellosigkeit
Zusammenfassung
In der öffentlichen Wahrnehmung werden die Schuldigen für Wirtschaftskrisen im Management nationaler und multinationaler Konzerne vermutet. Viele Manager sind sich jedoch keiner Schuld bewusst. Dennoch zeigen gerade sie vermehrt Symptome biopsychosozialer Entgleisungen. Die Analyse eines Fallbeispiels zeigt, dass Ursachen weniger bei manifesten Schuldgefühlen der Betroffenen zu suchen sind, dem Unternehmen durch inkompetentes Handeln geschadet zu haben. Stattdessen finden sich latente Schamdilemmata, den komplexen und häufig undurchsichtigen Anforderungen des Unternehmens an einen idealen Manager nicht zu entsprechen. Aus einer diffusen Angst vor Bloßstellung wagt es keiner, das Offensichtliche zu benennen. Wenn etwas unverständlich ist, stellt selbst im Aufsichtsrat niemand eine Frage; jeder befürchtet, der Einzige zu sein, der etwas nicht versteht. Wenn jemand dann den „white elephant in the room“ (das Offensichtliche) erwähnt, ist die Erleichterung groß.
Beate West-Leuer
8. Trauer und Depression – gelingende und misslingende Bewältigung von Veränderung im Management
Zusammenfassung
Für die Emotion Trauer ist in der gegenwärtigen Managementliteratur und in den Führungsetagen kaum Platz, obwohl die beschleunigten Veränderungsprozesse Führungskräfte ständig mit Veränderung, Verlust, Abschied und Neubeginn konfrontieren. Für eine Zukunfts- und Optimierungsorientierung können Trauerprozesse rückwärtsgewandt und verzögernd erscheinen. In diesem Kapitel werden zunächst Trauer und Depression verglichen und unterschieden. Die wichtige psychische Funktion der Trauerarbeit wird erläutert. Anschließend wird der Zusammenhang zwischen nicht bewältigter Trauer und dem Risiko, an Burnout oder Depressionen zu erkranken, an Beispielen aus dem Coaching aufgezeigt. Erfolgreiche Trauerarbeit bei Veränderungsprozessen Einzelner, aber auch in Organisationen stärkt die Resilienz der Betroffenen gegenüber Stressfolgeerkrankungen.
Bernhard Grimmer
9. Aggressivität – „Am besten demokratisch und dominant“
Zusammenfassung
Dieser Beitrag beginnt mit dem Versuch, Faktoren zu differenzieren, die auf Aggression und Aggressivität bei Führungskräften Einfluss haben können. Es folgen zwei Beispiele, die nachvollziehbar zeigen, wie bei der Entstehung von Aggressivität in Unternehmen psychische, soziale und institutionelle Faktoren zusammenwirken und der Aggression ihren jeweils spezifischen Ausdruck verleihen. Es stellt sich die Frage, warum im offiziellen Sprachgebrauch und im Verhaltenscodex von Führungskräften die Aggression eher verdrängt wird, während in der öffentlichen Wahrnehmung der Praxis des Führungsverhaltens von Topmanagern die Aggressivität betont wird. Aggression wird immer dann problematisch, wenn sie ihre Wurzeln in einem psychischen Defizit hat und sich in einem destruktiven Machtumgang manifestiert. Diese Kombination kann zu einer unheilvollen Trias von Narzissmus, Macht und Angst führen. An zwei weiteren Fallbeispielen wird dies deutlich. Zum einen sind die intrapsychischen Wurzeln eines problematischen Aggressionsumgangs im Unternehmenskontext nicht zu „heilen“. Zum anderen sind die institutionellen und strukturellen Rahmenbedingungen, die ein hohes Aggressionspotenzial produzieren, kaum für Veränderungen zugänglich. Aus dem Gang der Betrachtung werden abschließend Schlussfolgerungen gezogen, die Führungskräften und Managern helfen könnten, unangemessene Aggressivität einzudämmen und Aggression zu einem konstruktiven Faktor in der Unternehmensrealität zu machen.
Wolfgang Weigand

Führen und Mitgefühl

Frontmatter
10. „Damit Affekte zu Gefühl und Mitgefühl werden“ – Führungskräfte als Change Manager
Zusammenfassung
Change Management erfordert ein Verständnis der Organisation und der Menschen, die sich verändern wollen oder müssen. Führungskräfte benötigen kommunikative Fertigkeiten, um mit typischen Hindernissen umzugehen, wenn Mitarbeiter notwendige Veränderungen nicht mitgehen. Die hier vorgestellten interaktionell-analytischen Kommunikationsstrategien bestehen im Wesentlichen aus authentischen, dabei aber selektiven, an ein zu erreichendes Ziel angepassten Antworten, welche die emotionale Basis von Denken und Handeln berücksichtigen. Andere Interventionen sind Affektidentifizierung und -klarifizierung sowie Übernahme von Hilfs-Ich-Funktionen. Diese schaffen die Basis für Klarheit, die gute Entscheidungen ermöglicht. So lassen sich Beeinträchtigungen, die sich aus der Unter- bzw. Übersteuerung von Emotionen ergeben, vermeiden. Führung „vom Affekt zum Gefühl“ anerkennt die Wichtigkeit von Authentizität in Beziehungen, nutzt die Bedeutung von Gefühlen und Affekten als Wegweiser im eigenen Inneren und im Zwischenmenschlichen und fördert in wertschätzender, wenn nötig auch in direktiver Weise die Nutzung reifer psychologischer Funktionen.
Norbert Hartkamp
11. Wirtschaftsführer in der Öffentlichkeit
Zusammenfassung
In einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung wird emotionales Wohlbefinden durch materiellen Wohlstand erzielt, so will es scheinen. Der unbewusste Wunsch hinter dem Streben nach „Mehr“ wird in diesem Beitrag als Überbleibsel kollektiver Schreck- und Schuldbewältigung verstanden. Floriert die Wirtschaft, werden die Unternehmensführer von den Medien als Lichtgestalten begrüßt; gerät das Wachstum ins Stocken oder drohen gar Liquiditätskrisen, verwandeln sie sich blitzschnell in unberechenbare Chimären, die eine Gesellschaft mit sich in den Abgrund reißen könnten. Manche Manager sind mit diesen wachstumsbasierten Heilsphantasien identifiziert. Als Wirtschaftsführer ohne Fehl und Tadel sehen sie sich an der Spitze des Unternehmens; Wirtschaftsskandale verursachen immer nur die Anderen. Wenn es Managern und Führungskräften gelingt, diese Klischees zu überwinden und Licht und Schatten in sich auszubalancieren, wird sich dies für die Unternehmen und in der Öffentlichkeit zukunftsweisend auswirken.
Eva-Maria Lewkowicz, Beate West-Leuer
Backmatter
Metadaten
Titel
Führung und Gefühl
herausgegeben von
Eva-Maria Lewkowicz
Beate West-Leuer
Copyright-Jahr
2016
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-48920-8
Print ISBN
978-3-662-48919-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-48920-8

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