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2023 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Grundsätzliche Überlegungen zur Verstetigungspolitik

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Zusammenfassung

An welchen Erkenntnissen kann sich eine Verstetigungspolitik praktisch orientieren? Zwangseingriffe sind nicht so produktiv wie eine Verhaltensbeeinflussung durch Datenvariation; Ursachenbekämpfung verdient den Vorzug vor Neutralisierungspolitik; je größer die Ungewissheit, desto vorteilhafter ist eine vorangekündigte trendorientierte Strategie. Als Alternative empfiehlt sich eine Nachfragesteuerung der ruhigen Hand.

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Fußnoten
1
Vgl. zu dieser These, die hier nicht eingehender erörtert werden kann, Mensch 1975, sowie die Ausführungen im ersten Kapitel.
 
2
Diese Vermutung deckt sich mit der Beobachtung, dass die wichtigsten Länder auf den schwachen Konjunktureinbruch von 1971 im Jahr 1972 mit einer verhältnismäßig kräftigen Geldmengenexpansion reagierten, die 1973 einen konjunkturellen Mengeneffekt hatte, aber auch den Inflationsprozess beschleunigte. Die Inflationsbeschleunigung löste überall kräftige Bremsmaßnahmen aus, die dann in die Weltrezession von 1974/75 hineinführten.
 
3
Vgl. SVR 1965: Tz. 187 ff. und Tz. 8 im Vorwort.
 
4
Vgl. das Kommuniqué dieser Sitzung, abgedruckt in SVR 1966: Anhang III, S. 189. Die Teilnehmer des Gesprächs – Vertreter der Bundesregierung, der Arbeitgeberorganisationen, der Gewerkschaften und anderer Interessenverbände sowie die Sachverständigenratsmitglieder – waren sich darin einig, Maßnahmen zur Sicherung des Geldwertes „durch entsprechende Anstrengungen aller in der Wirtschaft verantwortlich tätigen Kräfte“ zu unterstützen. Weiter heißt es (ebenda): „Die Teilnehmer bekunden ihre Bereitschaft, auch in ihren Bereichen an den Bemühungen zur Sicherung des Geldwertes im Sinne der Grundgedanken des Sachverständigengutachtens durch gleichzeitiges und gemeinsames Handeln mitzuwirken.“
 
5
Editorische Notiz: Der Sozialdemokrat Karl Schiller (1911–1994), Inhaber eines Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, amtierte als Bundeswirtschaftsminister 1966–1969 während der Großen Koalition unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) und 1969–1972 unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD). Ab 1971 war er als „Superminister“ zusätzlich zuständig für Finanzen. Das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StabG) von 1967, mit dem die keynesianisch inspirierte Globalsteuerung in Deutschland eine rechtliche Grundlage erhalten hat, trägt seine Handschrift.
 
6
Den Produktionsausfall, der damals durch Minderauslastung des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials entstand, schätzte der Sachverständigenrat in seinem Sondergutachten vom März 1967 (SVR 1967b) auf 30 Mrd. DM (vgl. Tz. 9 des Sondergutachtens des Sachverständigenrats, abgedruckt in SVR 1967a: 260–268). Die Gegner des zweiten Konjunkturprogramms argumentierten später, dieses Programm habe die Konjunkturübersteigerung von 1969 verursacht, aber sie übersahen dabei, dass die Rezession die Unterbewertung der Deutschen Mark verstärkt hatte, dass die natürlichen Auftriebskräfte wieder vom Export kamen und dass es, um ein zunehmendes außenwirtschaftliches Ungleichgewicht zu vermeiden, sowohl einer Stärkung der Binnenkonjunktur als auch früher oder später einer Wechselkursanpassung bedurfte.
 
7
Editorische Notiz: Es handelte sich um Franz Josef Strauß (CSU) (1915–1988).
 
8
Vgl. das Sondergutachten vom 3. Juli 1968 (SVR 1968b), abgedruckt im Jahresgutachten 1969/70 (SVR 1969: Anhang IV, 119–120).
 
9
Editorische Notiz: Kurt Georg Kiesinger (CDU) (1904–1988).
 
10
Editorische Notiz: Karl Blessing (1900–1971).
 
11
Vgl. hierzu die konkreten Vorschläge in SVR 1968: Tz. 230 ff.
 
12
Editorische Notiz: Das war dann, nach dem Ende der Großen Koalition, das erste sozialliberale Kabinett von Bundeskanzler Willy Brandt (SPD).
 
13
Vgl. dazu unter anderem Gutowski 1972: 59–84.
 
14
Editorische Notiz: Helmut Schmidt (SPD) (1918–2015) war von 1969 an zunächst drei Jahre Bundesverteidigungsminister im ersten Kabinett von Bundeskanzler Willy Brandt und übernahm nach dem Rücktritt Karl Schillers das Amt des Wirtschafts- und Finanzministers. Nach der vorgezogenen Bundestagswahl 1972, die nach dem gescheiterten konstruktiven Misstrauensvotum der Unionsparteien sowie der negativ beantworteten Vertrauensfrage Willy Brandts stattfand und das zweite Kabinett Brandt ins Amt brachte, wurde dieses „Superministerium“ wieder geteilt. Das Wirtschaftsministerium ging an die FDP; Schmidt führte weiterhin das Finanzministerium. Nach dem Rücktritt Willy Brandts 1974 infolge der Enttarnung von dessen engem Mitarbeiter Günter Guillaume als DDR-Spion wurde Schmidt Bundeskanzler. Er blieb dies bis 1982, als die sozialliberale Koalition an Differenzen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik zerbrach und schließlich Union und FDP in einem konstruktiven Misstrauensvotum Helmut Kohl (CDU) zum Bundeskanzler wählten.
 
15
Bundeskanzler Helmut Schmidt während des 50. Bergedorfer Gesprächs (vgl. Bergedorfer Gesprächskreis 1975: 15).
 
16
Editorische Notiz: Die Weltwirtschaftskrise (englisch: Great Depression) begann mit dem Zusammenbruch der New Yorker Börse im Oktober 1929 und dauerte nach üblicher Datierung bis 1933. Der Welthandel schrumpfte von 1929 bis zum Tiefpunkt der Rezession im Jahr 1932 um 25 %. Auch in Deutschland kam es zu Banken- und Firmenzusammenbrüchen, Massenarbeitslosigkeit und Verelendung. Die deutsche Industrieproduktion brach um 40 % ein.
 
17
Als Beleg genügt ein Hinweis auf die Erstarrung und Krise des Weltwährungssystems in den sechziger Jahren.
 
18
Editorische Notiz: „Power tends to corrupt and absolute power corrupts absolutely. Great men are almost always bad men, even when they exercise influence and not authority: still more when you superadd the tendency or the certainty of corruption by authority.“ Das schrieb der englische Historiker, Politiker und Autor John Emerich Edward Dalberg-Acton, 1st Baron Acton (1834–1902), in einem Brief vom 5. April 1887 an den anglikanischen Bischof Mandell Creighton (1843–1901), einen Historikerkollegen. Der Brief (Acton 1907: 503–507) war Teil einer ausgedehnten Korrespondenz über den angemessenen moralischen Standard, den Historiker anzulegen haben. Vgl. Engel de Janösi 1940.
 
19
Editorische Notiz: Lateinisch für „Die Natur macht keinen Sprung“. Schon in der antiken Philosophie und Naturwissenschaft findet sich der Gedanke, dass sich die Natur nicht sprunghaft verändert, sondern graduell. In der lateinischen Form geht der Satz auf den schwedischen Naturforscher Carl von Linné (1707–1778) und dessen „Philosophia Botanica“ (1751) zurück. Charles Darwin verwendet ihn im sechsten Kapitel seines Werks „Origin of Species“ (1859); Alfred Marshall hat ihn als Epigraph seinen „Principles of Economics“ (1890) vorangestellt. Zur Geschichte der Verwendung des Sprichworts s. Fishburn 2016.
 
20
Editorische Notiz: Englisch für „Präsenzflotte“. Im Kriegsfall verlässt eine solche Flotte den Hafen nicht. Schon allein ihre Existenz schwächt den Gegner, weil er Streitkräfte bereithalten muss, der ihr Auslaufen verhindern könnte.
 
21
Editorische Notiz: rückgängig machen.
 
22
Editorische Notiz: des Preissystems.
 
23
Zu diesen Gründen gehören außer Veränderungen der Sparneigung und des Kapitalkoeffizienten auch Veränderungen in den Bedingungen, die den Umfang der Kapitalausfuhr bestimmen.
 
24
Möglicherweise ist das Gedankenmodell vieler, die für Investitionslenkung plädieren, unwillkürlich geprägt von Ländern, die technisch noch so rückständig waren oder sind, dass sie sich ohne große Nachteile auf Informationen oder auf Technologieimport aus anderen Ländern verlassen konnten beziehungsweise können – im Gegensatz zu Ländern wie der Bundesrepublik der siebziger Jahre, zu deren Technologieniveau manche Länder mit institutionalisierter Investitionslenkung neidvoll aufblicken.
 
25
Anhaltspunkte für den künftigen wachstumsbedingten Strukturwandel eines Landes ergeben sich aus internationalen Querschnittsanalysen. Vgl. hierzu Fels, Schatz und Wolter 1971 sowie Fels und Schatz 1974.
 
26
Aus mündlichen Berichten weiß der Verfasser zum Beispiel, dass japanische Unternehmen große Weltmarkterfolge mit vielen Produkten erzielt haben, vor deren Erzeugung das staatliche Industrieministerium ausdrücklich gewarnt hatte.
 
27
Es handelt sich um die Verzögerungen, die sich ergeben, bis die konjunkturpolitischen Maßnahmen durchgeführt sind; bis die einzelwirtschaftlichen Entscheidungsorgane die Datenvariation wahrgenommen und ausgewertet haben, bis die einzelwirtschaftlichen Entscheidungsorgane zur Anpassung an die neuen Daten in der Lage sind; und bis diese Dispositionen nachfrage- und produktionswirksam geworden sind. Vgl. Abschnitte 1.10. und 6.2.
 
28
Die Lohnerhöhungsraten, die Anfang 1974 tariflich vereinbart worden waren, lagen bei 12 bis 13 % und wären bei einem verteilbaren Produktivitätsfortschritt von 2 bis 3 % nur dann beschäftigungsneutral gewesen, wenn die implizierte Inflationsrate von etwa 10 % von der Bundesbank toleriert worden wäre. Tatsächlich gelang es der Bundesbank, die Inflationsrate auf 7 % zu drücken. Weil Kostenerhöhungen nicht überwälzt werden konnten, gab es Zusammenbrüche von marginalen Unternehmen und Personaleinsparungen in marginalen Bereichen und auf marginalen Arbeitsplätzen.
 
29
Insofern ist der verblüffende Vergleich mit einem Radfahrer, dem man das Lenkrad festgebunden habe, eine demagogische Analogie. Der Hauptwiderstand gegen konjunkturstrategische Festlegungen dürfte darin zu suchen sein, dass sie den verantwortlichen Politikern und den zuständigen Instanzen die Möglichkeit nehmen, sich in der Zeitwahl der Maßnahmen wahltaktisch zu verhalten, sich als „wirtschaftspolitischer Zauberer“ zu profilieren und sich im Fall einer berechtigten nachträglichen Kritik, die eine Verbesserung der Strategie nahelegen würde, das Eingeständnis eines Fehlers zu ersparen. Solche Neigungen sind angesichts des hohen Berufsrisikos der Politiker sehr verständlich; aber das Interesse der Regierten – wenn man will: die wirtschaftspolitische Staatsräson – erfordert eben im Bereich der Konjunktursteuerung mehr.
 
30
Editorische Notiz: Das „magische Dreieck“ besteht aus den drei als gleichrangig begriffenen Zielen der Vollbeschäftigung, des Zahlungsbilanzgleichgewichts und des stabilen Preisniveaus. Im „magischen Viereck“ gesellt sich noch das „stetige und angemessene“ Wirtschaftswachstum dazu; es ist im Stabilitätsgesetz (StabG) von 1967 festgeschrieben.
 
31
Editorische Notiz: Die Dichotomie geht auf Henry C. Simons und dessen gleichnamigen Aufsatz zur Geldpolitik aus dem Jahr 1936 zurück. Simons (1936: 29) mahnte: „ […] the monetary rules must be definite, simple (at least in principle), and expressive of strong, abiding, pervasive, and reasonable popular sentiments. They should be designed to permit the fullest and most stable employment, to facilitate adjustment to such basic changes (especially in technology) as are likely to occur, and, secondarily, to minimize inequities as between debtors and creditors.“
 
Literatur
Zurück zum Zitat Egle, Walter P. 1952. Economic stabilization objectives, rules and mechanisms. Princeton NJ: Princeton University Press.CrossRef Egle, Walter P. 1952. Economic stabilization objectives, rules and mechanisms. Princeton NJ: Princeton University Press.CrossRef
Zurück zum Zitat Gahlen, Bernhard und Hans K. Schneider. Hrsg. 1974. Grundfragen der Stabilitätspolitik. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck). Gahlen, Bernhard und Hans K. Schneider. Hrsg. 1974. Grundfragen der Stabilitätspolitik. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck).
Zurück zum Zitat Hayek, Friedrich A. von. 1968. Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren. Kieler Vorträge Nr. 56. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck). Hayek, Friedrich A. von. 1968. Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren. Kieler Vorträge Nr. 56. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck).
Zurück zum Zitat Neumark, Fritz. 1971. Ermessensfreiheit oder Automatismus? Zur ökonomischen und politischen Problematik moderner Fiskalpolitik. Basler Wirtschaftswissenschaftliche Vorträge Nr. 6. Zürich: Polygraphischer Verlag. Neumark, Fritz. 1971. Ermessensfreiheit oder Automatismus? Zur ökonomischen und politischen Problematik moderner Fiskalpolitik. Basler Wirtschaftswissenschaftliche Vorträge Nr. 6. Zürich: Polygraphischer Verlag.
Zurück zum Zitat Nordhaus, William D. 1975. The political business cycle. Review of Economic Studies 42 (2): 169–190.CrossRef Nordhaus, William D. 1975. The political business cycle. Review of Economic Studies 42 (2): 169–190.CrossRef
Zurück zum Zitat Schneider, Erich. 1970. Automatismus oder Ermessensentscheidungen in der Geldpolitik? Basler Wirtschaftswissenschaftliche Vorträge Nr. 4. Zürich: Polygraphischer Verlag. Schneider, Erich. 1970. Automatismus oder Ermessensentscheidungen in der Geldpolitik? Basler Wirtschaftswissenschaftliche Vorträge Nr. 4. Zürich: Polygraphischer Verlag.
Zurück zum Zitat Simons, Henry C. 1936. Rules versus authorities in monetary policy. Journal of Political Economy 44 (1): 1–30. Wieder abgedruckt 1948 in Economic policy for a free society, 160–183. Chicago IL: University of Chicago Press. Simons, Henry C. 1936. Rules versus authorities in monetary policy. Journal of Political Economy 44 (1): 1–30. Wieder abgedruckt 1948 in Economic policy for a free society, 160–183. Chicago IL: University of Chicago Press.
Zurück zum Zitat SVR (Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung). 1969a. Im Sog des Booms. Jahresgutachten 1969/70, Stuttgart: Kohlhammer. SVR (Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung). 1969a. Im Sog des Booms. Jahresgutachten 1969/70, Stuttgart: Kohlhammer.
Zurück zum Zitat Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen. 1972. Regelmechanismen in der Wirtschaftspolitik. Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 36 vom 10. März: 579–587. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen. 1972. Regelmechanismen in der Wirtschaftspolitik. Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 36 vom 10. März: 579–587.
Metadaten
Titel
Grundsätzliche Überlegungen zur Verstetigungspolitik
verfasst von
Herbert Giersch
Copyright-Jahr
2023
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-38069-4_4