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2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Indizieren – Die Politik der Unsichtbarkeit

verfasst von : Urs Stäheli

Erschienen in: Praktiken der Überwachten

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Das Erstellen von Listen ist keine rein technische Tätigkeit, sondern umfasst auch eine unsichtbare Politik der Liste. Obwohl Listen als eine eher profane Kommunikationstechnik erscheinen, lässt sich ihre politische Bedeutung nur schwer unterschätzen: „The material culture of bureaucracy and empire is not found in pomp and circumstance, nor even in the first instance of the point of a gun, but rather at the point of a list“ (Bowker und Star 1999, S. 137). Diese politischen Effekte werden häufig jedoch nur bei explizit ‚politischen‘ Listen wahrgenommen, wie beispielsweise schwarzen Listen, deren Regeln von Inklusion und Exklusion Gegenstand lebhafter rechtlicher und politischer Debatten sind.

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Fußnoten
1
Listen – egal ob administrativ, religiös, politisch oder alltäglich – tauchen vermehrt in gegenwärtigen politischen und kulturellen Debatten auf, nachdem sie Jahrzehnte lang von den Sozialwissenschaften vernachlässigt wurden. Ein Grund für diese Vernachlässigung (eine bemerkenswerte Ausnahme bildet hierbei die Arbeit von Jack Goody (1977)) ist möglicherweise, dass Listen zu banal und selbstverständlich scheinen, um in den Fokus soziologischer Analysen zu geraten. Die Geisteswissenschaften haben wesentlich früher erkannt, dass Listen nicht nur Werkzeuge sind, sondern ihre eigene Materialität und Ästhetik haben. Beispiel dafür ist die berühmte Ausstellung „Mille e tre“ im Louvre (2009), zu der Umberto Eco (2009) ein Essay über Listen beigesteuert hat, oder Belknap (2004) für den ästhetischen Gebrauch von Listen in der Literatur. Jedoch basieren diese Analysen von Listen häufig auf einer problematischen Unterscheidung von Hochkultur und ‚niederer‘ Kultur: Beispielsweise werden die Listen von Proust eindeutig von alltäglichen Listen hervorgehoben.
 
2
Übersetzter Wiederabdruck von U. Stäheli (2016). Indexing - the Politics of Invisibility. Environment and Planning D: Society and Space 34(1), 14–29 mit Genehmigung des Verlags.
 
3
Zu berücksichtigen ist jedoch die wichtige Arbeit von Bowker/Star (1999) über die Klassifikationsarbeit, die mit dem Erstellen von Listen einhergeht.
 
4
Genaugenommen kann Sprache selbst als digital angesehen werden, da sie separate Einheiten wie Zeichen und Wörter enthält (darum hebt Wilden 1972, S. 169 hervor, dass natürliche Sprache zugleich digital und analog ist; vgl. Stäheli 2005 für eine Diskussion von Wildens Analog/Digital-Unterscheidung). Jedoch produziert die Sprache, die für eine Erzählung gebraucht wird, eine eigene Kontinutität, die ich ‚analog‘ nenne – im Gegensatz zu den isolierten Elementen auf einer Liste, die keine allgemeine zusammenhängende Struktur aufweisen.
 
5
Vergleiche Bella Haas Weinbergs hilfreichen Überblick über die Geschichte und Theorie des Indizierens (2010).
 
6
Tatsächlich ist diese Aufbereitung von Daten durch den Umgang mit großen Datenmengen noch wichtiger geworden. Datenexperten verbringen 50 bis 80 % ihrer Zeit mit „parsing“, d. h. der Aufbereitung von Daten mit dem Zwecke sie lesbar zu machen (Lohr 2014).
 
7
Natürlich haben Indexe eine lange Geschichte, die (abhängig davon, wie man einen Index definiert) bis zu dem Auftauchen von Universitäten im 13. Jahrhundert zurückreicht, allerdings noch ohne Seitennummerierung (Wellisch in Mulvany 2009, S. 7). 1467 gab es den ersten gedruckten Index, der in einer Ausgabe von Augustinus veröffentlicht wurde (Wellisch 1986).
 
8
Vgl. Weinberg (2004) über diesen letztendlich erfolglosen Gesetzesentwurf – und andere Indexe, die rechtlich eingefordert wurden.
 
9
Allerdings gab es heftige Debatten um konkurrierende Ordnungen von Indexen oder Kombinationen unterschiedlicher Ordnungen, die heutzutage als höchst problematisch angesehen werden.
 
10
Vgl. auch die Geschichte von Karteikarten in Bibliotheken (Krajewski 2011).
 
11
In seiner systemtheoretischen Untersuchung der Geschichte des Indizierens spricht A. Cevolini (2014, S. 51) in einer ähnlichen Weise über die funktionale Umwandlung des Indexes: „The transition from manuscript to printed texts triggered a functional change that worked as a selective force on indexing procedures, turning a mnemotechnical aid into a search engine of virtual memories.“
 
12
In dem Roman von Vonnegut findet sich noch weiteres über Listen. Claires Ehemann, der Botschafter, stand einst auf einer schwarzen Liste und verlor seine Stelle wegen seiner Sympathien gegenüber dem Kommunismus. In den 1970er Jahren wurde Cat’s Cradle selber auf die schwarze Liste des Schulbezirks in Strongsville, Ohio, gesetzt Minarcini v. Strongsville City School District 1976).
 
13
Das bedeutet nicht, dass im Internet manuelles Indizieren vollständig von algorithmischem Indizieren ersetzt wurde. Vgl. dazu die Diskussion über manuelles Indizieren von Webseiten (Browne und Jermey 2004).
 
14
Obwohl einige frühe Bücher leere Seite enthielten, die der Leser mit seinem eignen Index füllen sollte.
 
15
Siehe die Debatte darüber, ob Googles Algorithmus reguliert werden soll und Googles Antwort von Marissa Mayer: „If search engines were forced to disclose their algorithms and not just the signals they use, or, worse, if they had to use a standardized algorithm, spammers would certainly use that knowledge to game the system, making the results suspect.“ http://​www.​cnet.​com/​news/​googles-fight-to-keep-search-a-secret/​.
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Indizieren – Die Politik der Unsichtbarkeit
verfasst von
Urs Stäheli
Copyright-Jahr
2019
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-11719-1_2