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2024 | Buch

Internationale Wirtschaftsbeziehungen II

Das Weltfinanzsystem – Währungsordnungen, globale Finanzmärkte und Finanzkrisen

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Über dieses Buch

Das Buch behandelt Fragen internationaler Währungs- und Finanzbeziehungen, wobei auch die Rolle der Entwicklungsländer im internationalen Kapitalverkehr in verschiedenen Kapiteln eingehend thematisiert wird. Es zeigt, dass sich internationale Kapital- und Finanzmärkte dynamisch entwickeln, auf weltpolitische Ereignisse reagieren und diese zugleich mitprägen. Auf modelltheoretische Erklärungen wird zugunsten einer eher exemplarischen Darstellungsweise verzichtet. Auf diese Weise ergänzt und erweitert das Buch den theoretischen Lehrstoff einschlägiger Standardlehrbücher zur Geld- und Währungstheorie durch praxisbezogene Überlegungen und Beispiele. Damit eignet es sich nicht nur als erste Orientierung und Einführung in das komplexe Themengebiet, sondern auch als Handbuch und Nachschlagewerk.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Zahlungsbilanz und außenwirtschaftliches Gleichgewicht

Frontmatter
1. Die Zahlungsbilanz – Spiegel der außenwirtschaftlichen Beziehungen
Zusammenfassung
In der Zahlungsbilanz werden die außenwirtschaftlichen Aktivitäten eines Landes abgebildet, die international oder auf nationaler Ebene im Zeitablauf verglichen werden können und Hinweise für die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes ergeben. Die Zahlungsbilanz unterteilt sich grundsätzlich in die Leistungs- und die Kapitalbilanz. Ein positiver Leistungsbilanzsaldo zeigt an, dass die Volkswirtschaft im Leistungsverkehr mit dem Ausland einen Überschuss erwirtschaftet hat, der zu einer Erhöhung der Devisenreserven führt, ein negativer Saldo verringert dagegen die Devisenreserven und wird zu Kapitalimporten führen. In der Kapitalbilanz werden Kapitalimporte und Kapitalexporte ausgewiesen. Formal ist die Zahlungsbilanz zwar immer ausgeglichen, trotzdem gibt es Ungleichgewichte. Eine aktive Zahlungsbilanz liegt dann vor, wenn die Zahlungseingänge größer waren als die Zahlungsausgänge, umgekehrt ist bei einer passiven Zahlungsbilanz die Passivseite größer als die Aktivseite – ohne die Betrachtung der Änderung der Währungsreserven. Die Herstellung eines außenwirtschaftlichen Gleichgewichts gehört zu den wirtschaftspolitischen Zielen eines Landes, da langfristige Defizite nur schwer finanzierbar sind und außerdem meist negative binnenwirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen, während langfristige Überschüsse internationale politisch-ökonomische Ungleichgewichte und Instabilitäten begünstigen.
Eckart Koch
2. Fallstudie: Außenwirtschaftliches Ungleichgewicht am Beispiel der USA
Zusammenfassung
Gravierende außenwirtschaftliche Ungleichgewichte der großen Außenwirtschaftsnationen können die Weltwirtschaft entscheidend beeinflussen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich wie im Fall der USA um ein großes lang andauerndes außenwirtschaftliches Ungleichgewicht handelt und dieses Land zudem noch mit dem US-Dollar über die bedeutsamste Handels-und Reservewährung der Welt verfügt. Durchgehend seit Beginn der 1980er Jahre weisen die Handels- und Leistungsbilanzen der USA permanent hohe Defizite auf, die USA sind also nur in der Lage einen kleinen Teil ihrer Importe durch Exporteinnahmen zu finanzieren. Eine wesentliche Ursache dieser Entwicklung liegt in einer zu niedrigen internationalen Wettbewerbsfähigkeit der USA bei Sachgütern bei gleichzeitig gestiegener Exportfähigkeit der Weltmarktkonkurrenz. Das Defizit in der Leistungsbilanz wird flankiert von einem vergleichsweise hohen Haushaltsdefizit. Der hieraus resultierende Finanzierungsbedarf wird vorwiegend durch Kapitalimporte finanziert. Diese werden durch einen höheren Wechselkurs des US$, höhere Zinsen und eine „America first“ Politik auf der einen Seite sowie durch das Sicherheitsbedürfnis der Anleger stimuliert.
Eckart Koch

Wechselkurse und Weltwährungsordnung

Frontmatter
3. Wechselkurse und Wechselkurssysteme
Zusammenfassung
Die freie Konvertibilität von Währungen ist eine wichtige Voraussetzung für den internationalen Handel. Nur rund 20 Währungen weltweit sind aber derzeit vollständig konvertibel. Liegt keine volle Konvertibilität vor, so wird der Kapitalverkehr mit dem Ausland in der Regel durch Devisenkontrollen beschränkt. Das Austauschverhältnis zwischen zwei Währungen wird entweder in Wechselkursen oder in Devisenkursen ausgedrückt. Zusätzlich werden noch An- und Verkaufskurse (Sortenkurse) sowie Geld- und Briefkurse unterschieden, die jeweils von den Devisenmittelkursen abweichen. Fallen Vertragsabschluss und Tauschtransaktion zusammen werden Kassakurse zugrunde gelegt. Im Gegensatz dazu wird ein Terminkurs bei Vertragsschluss fest vereinbart wird, die Transaktion erfolgt dann erst zu einem späteren Zeitpunkt. Es gibt daher zum gleichen Zeitpunkt immer mehrere Kurse einer Währung, wobei die Art des praktizierten Wechselkurssystems die aktuellen Wechselkurse beeinflusst: In einem flexiblen Wechselkurssystem richtet sich der Preis für die eigene Währung grundsätzlich nach Angebot und Nachfrage auf den Devisenmärkten. In einem festen Wechselkurssystem wird dagegen versucht, den eigenen Wechselkurs in Bezug auf eine oder mehrere andere Währungen möglichst konstant zu halten.
Eckart Koch
4. Das Bretton-Woods-System und der Internationale Währungsfonds
Zusammenfassung
1944 wurde ein neues internationales Währungssystem mit festen Wechselkursen, das Bretton-Woods-System, beschlossen. Zum gleichen Zeitpunkt wurden in Bretton Woods (USA) der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank (IBRD) gegründet. Ein System fester Wechselkurse kann auf Dauer nur funktionieren, wenn die beteiligten Länder sich an Stabilitätskriterien orientieren und so das Vertrauen in die Wirtschaft und Währung fördern. Dies war spätestens ab Mitte der 1960er-Jahre nicht mehr der Fall, so dass das System zunehmend störanfälliger und zu Beginn der 1970er-Jahre praktisch funktionsunfähig wurde, bis es 1973 endgültig zusammenbrach. Damit war auch die zentrale Aufgabe des IWF, die Funktionsfähigkeit und Stabilität des internationalen Währungssystems zu sichern, obsolet geworden. Der IWF konzentrierte sich nun auf seine weiteren Kernaufgaben, die Durchführung der volkswirtschaftlichen Überprüfung der Mitgliedsländer, die Bereitstellung von Finanzhilfen in kritischen Situationen und die Fortbildung von Schlüsselpersonen. Zudem stellt er allen Mitgliedsländern zusätzliche Währungsreserven in Form von Sonderziehungsrechten (SZR) zur Verfügung, die insbesondere den Ländern helfen sollen, die unter chronischer Devisenknappheit infolge von Zahlungsbilanzungleichgewichten leiden. Da die SZR auf einem Währungskorb basieren, sind sie wegen der geringen Wechselkursschwankungen auch eine international gebräuchliche Recheneinheit.
Eckart Koch

Die Liberalisierung der Währungs- und Finanzmärkte

Frontmatter
5. Die Neuordnung des internationalen Währungssystems
Zusammenfassung
Der Zusammenbruch des weltweiten festen Wechselkurssystems von Bretton Woods zwang die Länder neue Lösungen zur Gestaltung ihrer Währungsbeziehungen zu finden. Während einige Länder bzw. Ländergruppen sich weiterhin für feste Wechselkursbeziehungen entschieden, bevorzugten andere Länder flexible Wechselkurse, von denen sie sich verschiedene Vorteile erhofften. Es zeigte sich aber schnell, dass mit den neuen Chancen auch Risiken und Gefahren verknüpft waren, die einerseits neue Formen internationaler währungspolitischer Kooperation, etwa im Rahmen der G7 und der G20, erforderten, die aber gleichzeitig auch die neuen Freiheiten wieder einschränkten. Erwartungen, wie stabile Wechselkurse, ein rascher Abbau von Ungleichgewichten der Leistungsbilanz oder eine Wiedergewinnung größerer nationaler wirtschaftspolitischen Autonomie wurden nur begrenzt erfüllt. Internationale Koordinierungsbemühungen bezogen sich auch auf die Bewältigung diverser Verschuldungskrisen von Entwicklungs- und Schwellenländern, wie die Schuldenkrise Lateinamerikas 1982, die Mexiko-Krise 1994 oder die Asienkrise 1997/98. Hierbei ging es vor allem um die Zusammenstellung von umfangreichen angepassten Kreditpaketen, mit denen aktuelle Leistungsbilanzprobleme bzw. konkrete Rückzahlungsprobleme der betroffenen Länder möglichst schnell überbrückt werden sollten. Gleichzeitig wurden die Länder mit Vorschlägen und Bedingungen zur Reform ihrer Wirtschaftspolitik unterstützt, um so die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Auslandsverschuldung wieder auf eine tolerable Größenordnung zurückzuführen.
Eckart Koch
6. Die Globalisierung der Finanzmärkte I
Zusammenfassung
Mit dem Ende des Bretton Woods Systems und dem Beginn der Liberalisierung der Finanzströme setzte sich auch die Erkenntnis durch, dass durch die Beseitigung von Kapitalverkehrskontrollen Verzerrungen abgebaut und damit eine wesentliche Voraussetzung für eine weitere Handelsausweitung geschaffen werden konnte. Die internationalen Finanzströme stiegen daraufhin sprunghaft an, so dass die nationalen Finanzmärkte zu einem globalen Finanzmarkt zusammenwuchsen. Wichtige Merkmale dieser Entwicklung sind neben den stark gesunkenen Informations- und Transaktionskosten der freie Marktzugang für alle Interessenten sowie hohe Gewinnchancen bei gleichzeitig gesunkenen Aufsichts- und Einflussmöglichkeiten der nationalen Organe. Dabei stieg auch die Krisenanfälligkeit der Finanzmärkte: Die Finanzmarktakteure entwickelten eine Fülle neuer kaum kontrollierbarer Finanzinnovationen, nutzten Schattenbanken oder entzogen sich in Steueroasen sogar komplett dem Einflussbereich von Finanzkontrollen. Die Offshore Financial Centers (OFCs) erheben die Einhaltung des Bankgeheimnisses zum Geschäftsprinzip und gewähren Finanzinvestoren völlige oder weitgehende Steuerfreiheit und Anonymität und begünstigen so illegale Finanztransaktionen. Daher wurden in den letzten Jahren verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Bedeutung der OFCs zu verringern und Geldwäsche zu erschweren.
Eckart Koch
7. Die Globalisierung der Finanzmärkte II
Zusammenfassung
Um den sich abzeichnenden Gefahren einer zu geringen Regulierung der Finanzmärkte zu begegnen wurden ab Ende der 1980er-Jahre mehrere Regulierungspakete (Basel I, Basel II und später Basel III) konzipiert. Im Kern ging es zunächst darum die Eigenkapitalanforderungen an international tätige Banken zu erhöhen, um diese in die Lage zu versetzen auf Liquiditätsprobleme flexibler reagieren zu können. Basel I und II reichten jedoch nicht aus, um der Internationalen Finanzkrise 2007/2008 wirkungsvoll begegnen zu können. Diese wurde ausgelöst durch eine Immobilienkrise in den USA (Subprimekrise) und die Ausgabe von problematischen gebündelten Hypothekenanleihen (Collateralized Debt Obligations, CDOs) durch US-amerikanische Banken. Durch mehrere Leitzinserhöhungen der US-amerikanischen Zentralbank (Fed) stiegen die Hypothekenzinsen, so dass viele Neu-Eigenheimbesitzer ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten und ihre Immobilie verkaufen mussten. 2007 platzte die Immobilienblase. Die Immobilienpreise sanken, die Kreditausfälle stiegen und damit die Verluste der Banken, die nun massive Liquiditäts- und Refinanzierungsprobleme hatten und entweder durch staatliche Garantien und Kredite gestützt oder vom Staat übernommen werden mussten bzw. wie Lehman Brothers insolvent wurden. Die Bankenkrise führte zu einem Börsencrash und in der Folge zu einer weltweiten Rezession. Nach der Subprimekrise wurde das umfangreiche Finanzmarktregulierungspaket Basel III schrittweise umgesetzt. Neben neuen Eigenkapitalrichtlinien, Vorschriften zur Risikoermittlung sowie zur Verbriefung und Abwicklung von Finanzderivatgeschäften wurden hierdurch auch die Möglichkeiten der Bankenaufsicht verbessert. Zusätzlich wurden neue Vorschriften zur Liquiditätsvorsorge für Banken und strengere Regelungen für systemrelevante Finanzinstitute eingeführt.
Eckart Koch

Europäische Währungszusammenarbeit

Frontmatter
8. Das Europäische Währungssystem (EWS)
Zusammenfassung
Anfang der 1970er-Jahre wurde in Europa versucht dem Zerfall des internationalen Systems fester Wechselkurse von Bretton Woods (BWS) durch eine gemeinsame koordinierte Währungspolitik zu begegnen, um eine größere währungspolitische Autonomie gegenüber dem US$ zu gewinnen. Nach dem Zusammenbruch des BWS 1973 wurde daher zunächst der Europäische Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit (EFWZ) zur Verrechnung der für die Interventionen benötigten Zentralbankkredite ins Leben gerufen. Aufgrund interner Schwierigkeiten wurde dieses System 1979 durch das Europäische Währungssystem (EWS) abgelöst. Zentrale Elemente waren eine neue künstliche Europäische Währungseinheit, die European Currency Unit (ECU), ein Interventionsmechanismus mit einem Frühwarnsystem und der Möglichkeit Wechselkursanpassungen (Realignments) im gegenseitigen Einvernehmen zuzulassen. Ein finanzielles Beistandssystem unterstützte die Länder, dessen Aufgaben ab 1994 von dem neu gegründeten Europäischen Währungsinstitut (EWI) übernommen wurden. Die europäische Währungskooperation führte schrittweise zu einer größeren Stabilität der Wechselkurse und zu einer gewissen wirtschaftspolitischen Konvergenz. Es gab allerdings noch Abweichungen bei den wirtschaftlichen Kernindikatoren, den Kapitalmarktzinsen und den Inflationsraten. Zudem führten unterschiedliche Vorstellungen in der Haushalts- und Fiskalpolitik zu Problemen und neben der steigenden Arbeitslosigkeit in mehreren Ländern wichen vor allem die Indikatoren zur Staatsverschuldung von den akzeptierten Zielgrößen ab.
Eckart Koch
9. Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU)
Zusammenfassung
Eine Währungsunion ohne wirtschaftspolitische Annäherung der Mitgliedsländer ist nicht funktionsfähig. Als wirtschaftspolitische Zielvorstellungen formulierte der Europäische Rat daher bereits 1990 eine offene marktwirtschaftliche Ordnung, die Preisniveaustabilität und Wachstum, Beschäftigung und Umweltschutz miteinander vereint und auf ausgewogene Finanz- und Haushaltsverhältnisse sowie auf wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt ausgerichtet ist. Konkretisiert wurden die wirtschaftspolitischen Ziele im Vertrag über die Europäische Union 1991 durch fünf Konvergenzkriterien, deren Erreichen Voraussetzung für den Beitritt zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) war. Die Entwicklung der EWWU verlief in drei Stufen: Zunächst sollte die schrittweise vollständige Liberalisierung des Kapitalverkehrs zwischen allen Mitgliedsländern realisiert und die Zusammenarbeit zwischen den Zentralbanken verstärkt werden. In der zweiten Stufe standen die vorbereitenden Tätigkeiten des Europäischen Währungsinstituts (EWI) und die Anstrengungen der Mitgliedsländer, die Konvergenzkriterien zu erfüllen, im Zentrum. Zudem wurde der Aufbau des Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) und der Europäischen Zentralbank (EZB) geplant und etabliert. Die dritte Stufe begann mit der unwiderruflichen Festlegung der Währungsparitäten und der schrittweisen Ablösung der nationalen Währungen durch die europäische Gemeinschaftswährung, den Euro. Heute ist der Euro die zweitwichtigste Weltwährung. Weltweit haben 20 Länder den Euro eingeführt und ca. 60 Länder und Gebiete haben ihre Währung direkt oder indirekt an den Euro gekoppelt. Auf den Euro entfallen ca. 38 % des internationalen Zahlungsverkehrs im SWIFT System und etwa 21 % der internationalen Währungsreserven.
Eckart Koch
10. Die Eurokrise und die Europäische Zentralbank
Zusammenfassung
Zusammengefasst war die Eurokrise eine massive Verschuldungskrise einer kleinen Anzahl von Euroländern (Krisenländer). Schwierigkeiten bei der Tilgung und Refinanzierung der staatlichen Kredite führten zu weiteren Problemen sowohl bei den kreditgewährenden Banken, bei der konjunkturellen Entwicklung und vor allem auch hinsichtlich der Stabilität der Eurozone. Die direkten Ursachen lagen zum Teil in den hohen Belastungen der Staatshaushalte durch die Stützung von Banken während der vorangegangenen internationalen Finanzkrise, zum Teil in den nationalen Stützungsprogrammen für die Realwirtschaft als Folge sich anschließender Rezessionen. Die dahinter liegende Ursache war aber vor allem die zu geringe Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer. In kurzer Zeit legte die Eurokrise politische Schwächen und Versäumnisse in den jeweiligen Ländern bloß, führte in allen Krisenländern zu erheblichen realwirtschaftlichen Folgen, wie sinkendes Wirtschaftswachstum und zum Teil langfristige Beschäftigungsprobleme, und stellte den Euro und die europäische Währungspolitik vor ernsthafte Probleme. Um den Zerfall des Euro-Währungsgebietes durch den möglichen Austritt einzelner Länder, wie Griechenland (Grexit) oder etwa die Aufspaltung des Euroraums in einen Nord- und einen Süd-Euro zu verhindern, legte die EU in Zusammenarbeit mit dem IWF ab April 2010 „Rettungsprogramme“ auf. Eine wichtige Rolle bei diesen Rettungsprogrammen spielte auch die Europäische Zentralbank (EZB), die mit den Instrumenten der Geldpolitik Preisstabilität in der Eurozone gewährleisten soll. Von 2009 bis September 2022 führte die EZB mehrere Programme zum Ankauf bestimmter Wertpapiere durch, mit denen sie die Zinsen niedrig hielt, um den Krisenstaaten ihre Rückzahlungsverpflichtungen und Neuverschuldungsnotwendigkeiten zu erleichtern.
Eckart Koch

Auslandsverschuldung und Internationale Investitionen

Frontmatter
11. Auslandsverschuldung der Entwicklungsländer
Zusammenfassung
Die Möglichkeiten, sich in eigener nationaler Währung im Ausland zu verschulden, sind für die meisten Länder erheblich eingeschränkt. Sie sind nur dann gegeben, wenn die ausländischen Gläubiger der Auffassung sind, dass die gebotenen Zinsen das Währungsrisiko kompensieren können. Für viele Entwicklungsländer ist eine Verschuldung in Fremdwährung, meist in US$ oder Euro, daher gängige Praxis. 2010 betrugen die gesamten Schulden der Entwicklungsländer gut 4 Bio. US$, um sich dann bis 2021 auf 9 Bio. US$ zu verdoppeln. Betrachtet man die Verschuldungssituation einzelner Länder, so verdreifachte sich die Anzahl der Länder, die bereits überschuldet waren, bzw. deren Verschuldungssituation als kritisch eingestuft wurde von 21 Ländern (2013) auf 56 Länder (2022). Vielen Ländern gelingt kein Abbau ihrer Nettoschulden. Auch wenn sich einzelne Indikatoren verbessern, trat eine nachhaltige Verbesserung der Verschuldungssituation bislang nicht ein. Verschiedene Lösungsansätze, wie Umschuldungen, selektive Schuldenreduzierungen oder ein Tausch von Schulden, etwa in niedriger verzinsliche langfristige Kredite, konnten die Probleme nur vorübergehend lösen. Auch ein 2020 vereinbartes internationales Rahmenwerk (common framework) zur Schuldenbehandlung erbrachte bislang noch keine durchgreifenden Erfolge. Dies gilt partiell auch für die mit den vergebenen Krediten verknüpften Wirtschaftsreformprogramme des IWF, die darauf abzielen den öffentlichen und privaten Bedarf an Devisen zu verringern und hierfür erforderliche wirtschaftliche und politische Reformen einzuleiten.
Eckart Koch
12. Internationale Investitionen (FDI)
Zusammenfassung
Mit Direktinvestitionen (FDI) wird unmittelbar und dauerhaft auf die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens im Ausland Einfluss genommen. Der weltweite Bestand an FDI stieg in 20 Jahren bis 2020 von 6 auf 42  Bio. US$ an, dabei entfallen auf die 10 wichtigsten Geber- und Empfängerländer zwischen 80 und 90 % aller FDI. Seit etwa Mitte der 2010er-Jahre hat sich jedoch das internationale Umfeld stark gewandelt, so dass Investoren immer stärker gezwungen sind geopolitische Überlegungen in ihre Investitionsstrategien einzubeziehen. Allzu große Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten und Ländern, Lieferkettenprobleme, neue nachhaltigkeitsorientierte Auflagen, wie das deutsche und das europäische Lieferkettengesetz, die Einhaltung von politisch motivierten Sanktionen, die zu einer Aufgabe von Produktionsstandorten führen, stellen investitionswillige Unternehmen vor neue Probleme. Hinzu kommt der „neue Protektionismus“, der die strategische Förderung des eigenen Standorts in den Vordergrund stellt. Um für diesen Vorteile zu erzielen, werden wettbewerbsbeeinträchtigende Instrumente der Industriepolitik, also Maßnahmen zur Förderung von Investitionen am heimischen Standort, eingesetzt. Beispiele hierfür sind der US-amerikanische Inflation Reduction Act (IRA) von 2022, aber auch entsprechende Gegenmaßnahmen der EU, wie der European Chips Act (ECA). Andere Beispiele sind Fördermaßnahmen Chinas im Rahmen der „neuen Seidenstraßen-Initiative“ oder des 2015 aufgelegten Masterplan Made in China 2025.
Eckart Koch
Metadaten
Titel
Internationale Wirtschaftsbeziehungen II
verfasst von
Eckart Koch
Copyright-Jahr
2024
Electronic ISBN
978-3-658-43377-2
Print ISBN
978-3-658-43376-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-43377-2

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