In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Interoperabilität in der Landwirtschaft. Interoperabilität beschreibt die Fähigkeit von Systemen und Geräten (insbesondere auch unterschiedlicher Hersteller), miteinander zu kommunizieren und Daten auszutauschen. Gerade in der Landwirtschaft sind viele Akteure beteiligt, und es gibt eine Vielzahl von Daten und digitalen Lösungen, um diese zu sammeln und zu verarbeiten. Wir beleuchten den aktuellen Stand der Interoperabilität dieser Systeme und gehen auf die größten Probleme ein, wie den Mangel an Standards und die große Zahl individueller Insellösungen. Wir diskutieren verschiedene Ansätze und Initiativen zur Verbesserung der Interoperabilität und die zu erwartenden Vorteile. Schließlich gehen wir auf die zukünftig zu bewältigenden Herausforderungen ein.
Hinweise
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Einleitung
Motivation
Oft wird der Beruf von Landwirten vereinfacht mit dem Melken von Kühen und dem Fahren von Traktoren gleichgesetzt. Ihre Tätigkeiten sind jedoch wesentlich vielfältiger und komplexer. Außerdem stehen Landwirte ständig vor finanziellen Herausforderungen, da sie mit immer geringeren Gewinnspannen sowie zunehmend unsicheren Erträgen und Produktionskosten kalkulieren müssen.
Noch komplexer wird der Beruf, wenn sich Landwirte für Mischbetriebe entscheiden, etwa um sich ein wetter- und saisonunabhängiges und stabileres Einkommen zu sichern. In diesem Fall müssen sowohl Geräte für die Innenwirtschaft (Tierhaltung) als auch für die Außenwirtschaft (Pflanzenbau) eingesetzt werden. Die Arbeit wird noch komplizierter, wenn Landwirte dazu übergehen, alle Arbeiten, wie z. B. auch Reparaturen von Maschinen, selbst in die Hand zu nehmen (Insourcing), um ihre Marge zu erhöhen.
Anzeige
Der Alltag der Landwirte berührt viele Bereiche: Pflanzen- und Bodentechnik, Tiertechnik und -medizin, Lebensmittelindustrie, Chemie, Agrartechnik, Buchhaltung, Finanzen und Recht, Personal- und Maschinenmanagement, Bauwesen, Elektrotechnik, Mechanik, Elektronik und IT. Deshalb haben Landwirte mit sehr unterschiedlichen Stakeholdern zu tun: Arbeitskräfte und Mitgesellschafter, Händler, Behörden, Verpächter, Tierärzte, Berater, Zulieferer aus verschiedenen Bereichen, Kunden und Genossenschaften.
Diese Komplexität in der Landwirtschaft, welche in Abb. 1 veranschaulicht ist, hat wiederum eine hohe Komplexität des digitalen Ökosystems zur Folge. So gibt es eine Vielzahl von digitalen Lösungen, die Daten erzeugen oder verarbeiten: Farm-Management-Informationssysteme (FMIS), Finanzwerkzeuge für den Ernteverkauf auf instabilen Getreidemärkten (z. B. perfarmer.com), Traktoren, Anbaugeräte wie Pflüge, Sämaschinen oder Ballenpressen, Sensoren (z. B. NIR-Sensorik für die Bestimmung der Biomasse), Wetterstationen, Aktoren (z. B. Isobus-fähige Reifendruckregelsysteme), Telemetriemodule (z. B. IsoConnect), Systeme zur Fernerkundung (z. B. Satelliten) und solche zur Bewertung von Nachhaltigkeitsaspekten (z. B. Cool Farm Tool).
×
Stand der Praxis
Die Vielzahl der genannten digitalen Applikationen hat durchaus Vorteile: Durch die Nutzung von Digitalisierung in der Landwirtschaft werden Arbeits- und Geschäftsprozesse effizienter, es werden weniger Fehler gemacht, das Arbeiten selbst wird erleichtert und der Fachkräftemangel kann teilweise kompensiert werden. Weiterhin entstehen durch die digitale Transformation Innovationen, d. h. neuartige Geschäftsmodelle, die es vorher gar nicht gab. Ein Beispiel dafür sind Lösungen, bei denen die Gesundheit des Feldes als Dienstleistung angeboten wird, statt nur Pflanzenschutzmittel als Betriebsmittel an den Landwirt zu verkaufen. Ohne eine effiziente, digital unterstütze Überwachung des Pflanzenbestandes wären solche innovativen Geschäftsmodelle nicht denkbar.
Die Vielzahl der digital verfügbaren Lösungen im Digital Farming bringt jedoch auch Nachteile mit sich. Es wurden in den letzten Jahren sicher tausende dedizierte Digital-Farming-Lösungen entwickelt. Dieses große Angebot stellt sowohl die Hersteller, insbesondere aber auch die Landwirte und deren Berater vor große Herausforderungen. Jeder landwirtschaftliche Betrieb ist einzigartig. Die Betriebe unterscheiden sich u. a. in Größe, Anzahl Mitarbeitende, angebauten Kulturen, klimatischen Bedingungen, Ausstattung, Bodengegebenheiten und vielen weiteren Kontextfaktoren. Das bedeutet auch, dass die Digital-Farming-Lösungen, die ein Landwirt einsetzen möchte, diesen speziellen Gegebenheiten Rechnung tragen müssen. Selbst zwei benachbarte Betriebe benötigen also mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unterschiedliche Kombination von Digital-Farming-Lösungen. Da keine einzelne Lösung alle Anforderungen abdecken kann (und wahrscheinlich auch nicht sollte), werden unterschiedliche Lösungen im Betrieb eingesetzt. Für einen reibungslosen Ablauf, bei dem Daten nicht manuell übertragen werden, müssen die Systeme eine gewisse Interoperabilität aufweisen. Laut ISO 25010 versteht man unter Interoperabilität den „Grad, in dem zwei oder mehr Systeme, Produkte oder Komponenten Informationen austauschen und die ausgetauschten Informationen nutzen können“ [2]. Aktuell ist die Interoperabilität der Digital-Farming-Lösungen jedoch noch nicht ausreichend. Dies bestätigen unterschiedliche Studien [3, 4]. Wenn Systeme eines einzelnen Herstellers angeschafft werden, ist die Interoperabilität in der Regel gegeben. In Deutschland sind jedoch häufig Systeme unterschiedlicher Hersteller vorhanden und auch von den Landwirten angestrebt. Die bisherige Strategie, dann unterschiedliche Lösungen direkt zu verbinden, hat sich ob der großen Anzahl an potenziell zu verknüpfenden Lösungen als nicht skalierbar erwiesen. Die Landwirte klagen beispielsweise darüber, dass sie Daten aus ihren Systemen nicht exportiert bekommen. Die logische Konsequenz ist, dass Landwirte die gleichen Daten mehrfach in unterschiedliche Systeme eingeben müssen. Erschwerend kommt hinzu, dass im Bereich der digitalen Landwirtschaft der Grad der Standardisierung noch nicht sehr hoch ist, was selbst bei einem vorhandenem Datenexport noch keine Garantie dafür ist, dass die Daten in einem anderen System importiert werden können.
Anzeige
Im Folgenden werden existierende, in der Praxis genutzte Interoperabilitätsansätze im Digital Farming erläutert. Daraufhin werden die unterschiedlichen Initiativen dargestellt, wie dem Mangel an Interoperabilität im Digital Farming begegnet werden soll. Zunächst werden Ansätze für eine bessere Interoperabilität erläutert, die spezifisch in der Agrardomäne entstanden sind. Danach werden Ansätze beschrieben, die domänenübergreifend entstehen und sich positiv in der Agrardomäne auswirken können. Daraufhin werden die zu erwartenden Herausforderungen für zukünftige Interoperabilitätslösungen diskutiert und am Ende ein Fazit gezogen.
Existierende Interoperabilitätslösungen
Angesichts der Komplexität des landwirtschaftlichen Ökosystems, spielt die Interoperabilität in der Innen- sowie in der Außenwirtschaft eine entscheidende Rolle für die Automatisierung des Datenaustausches und für die Effizienz von landwirtschaftlichen Betrieben.
Interoperabilität in der Innen- und Außenwirtschaft
In der Außenwirtschaft nimmt seit den 1970er-Jahren die mechanische Interoperabilität zwischen Traktoren und Anbaugeräte an Bedeutung zu. Seit der Standardisierung des Heck-Dreipunkt-Anbaus in 1977 (ISO 730-1:1977) wurde die mechanische und hydraulische Schnittstelle zwischen Traktoren und Anbaugeräten ständig weiterentwickelt, um eine herstellerübergreifende Kompatibilität zu gewährleisten. Als Beispiel können die Standardisierung der Zapfwelle (ISO 500:1979), die Standardisierung der hydraulischen Kupplungen (Standard ISO 5675:1981 für Mehrzweck-Schnellkupplungen und ISO 5676:1983 für Bremskupplungen) genannt werden. Mit der Einführung der Präzisionslandwirtschaft Anfang der 1990er-Jahre ist der Bedarf nach einer herstellerübergreifenden Signalschnittstelle zwischen Traktoren und Anbaugeräten größer geworden. Die Signalsteckdose wurde 1995 unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing Auernhammer standardisiert (ISO 11786:1995), und 2004 wurde das Bedienterminal von Anbaugeräten standardisiert (ISOBUS ISO11783-6).
In der Innenwirtschaft, z. B. bei der Milchkuhhaltung, ist die Interoperabilität zwischen Melk‑, Fütterungsanlangen, Herdenmanagement-Systemen, Molkereien und externen Einrichtungen besonders wichtig, damit Landwirte keine Doppelerfassungen durchführen müssen und damit der Datenaustausch zwischen den verschiedenen Systemen automatisiert werden kann. Um einen herstellerübergreifenden Datenaustausch zu gewährleisten, wurden zuerst in 1995 die ADIS-Syntax (Agriculture Data Interchange Syntax, ISO 11787:1995) und ein Agricultural Data Element Dictionary ADED 1997 (ISO 11788-1:1997) standardisiert. 2007 wurde der Standard ISOAGRINET ISO17532 veröffentlicht. Dieser führte das TCP- und UDP-basierte Protokoll für die Übertragung der ADIS/ADED-Nachrichten ein. Um eine bessere Interoperabilität zu ermöglichen, arbeitet derzeit die Organisation ICAR an einem Nachfolger des Standards ISOAGRINET, welcher auf JSON und der REST-API aufbaut.
Im nächsten Abschnitt wird aufgrund seiner großen Relevanz und Verbreitung genauer auf den Standard ISOBUS eingegangen.
ISOBUS ISO11783
Der ISOBUS-Standard ISO11783 definiert in 14 Kapiteln die herstellerübergreifende Schnittstelle zur Datenkommunikation zwischen Traktoren, Bedienterminals, Anbaugeräten und Farm-Management-Informationssystemen (FMIS). Der Standard zielt nicht nur auf den Datenaustausch ab. Wichtige Merkmale des ISOBUS sind auch ein ergonomisches HMI (Human-Machine-Interface) für die Bedienung von Anbaugeräten, der einfache Einsatz der Präzisionslandwirtschaft und die Traktor-Anbaugeräte-Automatisierung. Diese Merkmale werden als ISOBUS-Funktionalitäten bezeichnet und werden später beschrieben.
Während die Kommunikation zwischen Traktoren, Bedienterminals und Anbaugeräten über einen J1939-CAN-Bus erfolgt, werden die Daten zwischen Terminals und FMIS anhand normierter Binärdateien und dem Format ISOBUS-XML (kurz ISOXML) übertragen. Diese Dateien bestehen hauptsächlich aus Auftragsdaten, Präskriptions- und Applikationskarten. Weitere Module können am Bus angeschlossen werden: zusätzliche Bedienelemente wie Joysticks, Aktoren, Sensoren, Telemetrie-Module oder GPS-Empfänger.
Ein wesentlicher Teil des Standards ist das Data Dictionary (ISO11783-11), welches auf isobus.net zugänglich ist. Im Data Dictionary wird die sogenannte PGN (Parameter Group Number) aufgelistet. Diese ist Bestandteil der CAN-Identifikationsnummer. Es wird außerdem für jede PGN beschrieben, wie die Daten zu senden sind (z. B. Position, Größe, Auflösung, Priorität und Frequenz).
Auch wenn die ISOBUS-Geräte-Steckdose, welche die Verbindung zwischen Anbaugeräten und Traktoren ermöglicht, inzwischen fast zur Serienausstattung vieler Traktoren gehört, müssen Landwirte je nach Bedarf zusätzliche ISOBUS-Module oder Funktionalitäten anschaffen, um Präzisionslandwirtschaft betreiben zu können oder um einen höheren Automatisierungsgrad und Komfort zu erreichen. Die Beschreibungen der Funktionalitäten sind auf https://aef-isobus-database.org/ zu finden.
Zur Grundausstattung gehören die Funktionalitäten:
TECU – Traktor-ECU (Geräte- und Terminal-Steckdose, Bereitstellung der Signale des Traktors, wie z. B. die Zapfwellendrehzahl und die Geschwindigkeit)
UT – Universal Terminal (ein Terminal für unterschiedliche Anbaugeräte)
AUX-N – Auxiliary Control New (ermöglicht zusätzliche Bedienelemente, wie z. B. einen Joystick)
Zum Einsatz der Präzisionslandwirtschaft sind folgende Funktionalitäten notwendig:
TC-Bas, Task Controller Basic für den Datenaustausch zwischen Terminal und FMIS und die automatische Dokumentation
TC-SC, Task Controller Section Control für die Teilbreitenschaltung zur Vermeidung von Überlappung
und TC-GEO, Task Controller Geographic für ortsspezifische variable Ausbringmengen
Nicht zuletzt ermöglicht die Funktionalität TIM (Tractor Implement Management) die Steuerung von verschiedenen Traktor-Parametern durch das Anbaugerät, wie die Geschwindigkeit, den Lenkwinkel, die Tiefstellung des Hubwerks oder die Zustände der hydraulischen Anschlüsse.
Domänenspezifische Initiativen zur Verbesserung der Interoperabilität
Im vorherigen Abschnitt wurden bereits in der Praxis genutzte Ansätze zur Verbesserung der Interoperabilität dargestellt. In den letzten Jahren entwickelten und entwickeln sich bis dato aber weitere Initiativen für den Agrarsektor, die eine Verbesserung der Interoperabilität zum Ziel haben. Diese Initiativen werden teilweise durch Vertreter der Forschung, durch Firmenverbände oder auch durch die öffentliche Hand getrieben. Im Folgenden werden für jeden Bereich Beispiele für Initiativen vorgestellt. Für die Forschung in Deutschland wird das abgeschlossene Projekt COGNAC (Cognitive Agriculture) der Fraunhofer Gesellschaft vorgestellt, für die Forschung in der EU die Projekte IOF2020 und die laufende CSA (Coordination and Support Activity) AgridataSpace, als Initiative der Wirtschaft „AgIn“ der AEF (Agricultural Industry Electronics Foundation), und für die Bereitstellung von öffentlichen Daten die Machbarkeitsstudie zu öffentlichen Datenplattformen des BMEL. Es gibt noch viele weitere Initiativen und Projekte, die hier aber aus Platzgründen nicht dargestellt werden können. Ein Überblick aus dem Jahr 2020 ist beispielsweise in [4] zu finden.
Fraunhofer COGNAC (Cognitive Agriculture)
Im Leitprojekt COGNAC der Fraunhofer Gesellschaft schlossen sich mehrere Fraunhofer Institute zusammen, um die Entwicklung von kognitiven Diensten in der Landwirtschaft effizienter zu ermöglichen. Ein Teil des Projekts beschäftigte sich mit der Konzeption eines Agricultural Data Spaces (ADS) [5, 6]. Dieser ADS sieht die gesamte Landschaft an landwirtschaftlichen Daten als einen konzeptionellen Datenraum. Im Projekt wurden Konzepte erarbeitet und erprobt, die es ermöglichen sollen, einen solchen Datenraum zu erschließen. Kernerkenntnisse waren, dass es in der Agrardomäne aus technischer Sicht auf absehbare Zeit immer unterschiedliche Datenräume geben wird, die technologisch zusammengebracht werden müssen. Wesentliche Konzepte für eine solche Interoperabilität der Datenräume wurden konzipiert, u. a. Technologien für die Durchsetzung von Datensouveränitätsanforderungen der Landwirte [7].
EU IOF2020
Das EU-Projekt IoF2020 baut auf Ergebnissen der Projekte SmartAgriFood und FIspace [8‐10] auf. Das Projekt hat zur Förderung der Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen in der Landwirtschaft unter Verwendung generischer Komponenten, die auch in anderen Sektoren verwendet werden, eine Referenzarchitektur für integrierte, offene Plattformen entwickelt, die in Abb. 2 dargestellt ist.
×
Wesentliche Bestandteile der Referenzarchitektur sind die Differenzierung unterschiedlicher Schichten der Interoperabilität (physikalische Geräteschicht, Konnektivitätsschicht, IoT-Diensteschicht, Vermittlungsschicht, Informationsmanagement-Schicht, Anwendungsschicht) sowie sogenannte Mindestinteroperabilitätsmechanismen. Eine genauere Beschreibung dieser Schichten und Mechanismen ist in Abschn. 3.4 von [1] zu finden.
EU CSA AgriDataSpace
Die im Oktober 2022 begonnene Initiative AgriDataSpace [11] ist eine sogenannte Coordination and Support Action der EU mit dem Ziel, die Anforderungen und wesentlichen Konzepte für einen gemeinsamen europäischen Agrardatenraum zu ermitteln. Hierbei sollen sowohl existierende Agrarinitiativen (wie in diesem Abschnitt dargestellt) als auch domänenübergreifende Ansätze (siehe nächster Abschnitt) als Ausgangsbasis in Betracht gezogen werden.
Agricultural Interoperability Network AgIN
Die Initiative Agricultural Interoperability Network, kurz AgIN, der AEF (Agricultural Industry Electronics Foundation) [12] hat das Ziel, eine Interoperabilitätslösung für Agrar-Onlineplattformen aufzubauen. Die Lösung soll es Anbietern von Digital-Farming-Diensten ermöglichen, sich auf Basis einer vertrauenswürdigen, hochqualitativen Basis zu verbinden. Details zur Initiative sind momentan noch nicht veröffentlicht.
Machbarkeitsstudie zu staatlichen digitalen Datenplattformen für die Landwirtschaft des BMEL
Für eine erfolgreiche Digitalisierung im Landwirtschaftssektor sind auch Daten der öffentlichen Hand (Kommunen, Länder, Bund) unverzichtbar. Beispiele hierfür sind Daten zu zugelassenen Pflanzenschutzmitteln. Auch die öffentliche Hand beschäftigt sich daher in jüngerer Vergangenheit damit, in welcher Form der Staat Daten zur Verfügung stellen kann. In der „Machbarkeitsstudie zu staatlichen digitalen Datenplattformen für die Landwirtschaft“ wurden u. a. Handlungsempfehlungen für die Bereitstellung von Daten der öffentlichen Hand über öffentliche Plattformen bereitgestellt [4]. Auf der Webseite [13] bietet das BMEL ein Datenportal, in dem existierende Daten der öffentlichen Hand gefunden und heruntergeladen werden können.
Domänenübergreifende Initiativen zur Verbesserung der Interoperabilität mit Anwendungsfall in der Landwirtschaft
Im vorangegangenen Abschnitt wurden Ansätze zur Verbesserung der Interoperabilität vorgestellt, die domänenspezifisch im Agrarsektor entstanden oder entstehen. Es gibt daneben auch domänenübergreifende Ansätze, die mehrere Bereiche abdecken und sich positiv auf den Agrarsektor auswirken können. Einige wichtige Vertreter werden im Folgenden vorgestellt.
IDS/IDSA
Die „International Data Spaces“, zuvor als „Industrial Data Space“ (kurz „IDS“) bezeichnet, ist aus einem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt entstanden, federführend unter Leitung der Fraunhofer Gesellschaft. Mittlerweile umfasst die Initiative weitere Forschungsprojekte, wie beispielsweise das „Fraunhofer Cluster of Excellence Cognitive Internet Technologies (CCIT)“, welches mit Eigenmitteln der Fraunhofer Gesellschaft gefördert wird. Zudem wurde ein Verein gegründet, die International Data Spaces Association (IDSA), welcher neben Fraunhofer mittlerweile mehr als 100 Mitglieder aus Wirtschaft und Forschung umfasst. In den Forschungsprojekten entwickelte und entwickelt die Fraunhofer Gesellschaft ein Referenzarchitekturmodell [14] und weitere essenzielle Bausteine, die das Teilen von Daten über Unternehmensgrenzen hinweg ermöglicht, unter Einhaltung der Datensouveränität und Selbstbestimmung aller beteiligten Partner. Die Forschungsaktivitäten sind eng verzahnt mit der IDSA, um Forschungsergebnisse in die Praxis zu transferieren. Neben Datensouveränität sind Dezentralität und Offenheit wichtige Grundsätze des IDS. Das in Abschn. 3 beschriebene Projekt COGNAC, wenn auch eigenständig gestartet, kann als domänenspezifische Vertikalisierung des IDS für die Domäne Agrar gesehen werden, da darin evaluiert wurde, welche IDS-Technologien für einen Aufbau eines ADS nutzbringend sein können.
GAIA-X
GAIA‑X [15] ist ein europäisches Projekt, das von Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in Deutschland und Frankreich initiiert wurde, mittlerweile aber in ganz Europa Verbreitung findet. Mit ihm wurde eine Initiative für eine digitale Infrastruktur ins Leben gerufen, die unterschiedliche Partner vernetzen und dabei auf europäischen Werten aufbauen soll. Der Einsatz ist in den Domänen Industrie 4.0, Energie, Transport, Gesundheit, Landwirtschaft und Umwelt, Medien und Kultur, Bildung und Forschung sowie öffentliche Verwaltung vorgesehen.
Einen starken Fokus legt GAIA‑X auf die Datenhoheit und die Bereitstellung einer vertrauenswürdigen Plattform. Teilnehmer, die Daten anbieten, sollen stets die Kontrolle darüber haben, wer Zugriff erhält und zu welchen Zwecken sie eingesetzt werden dürfen. Teilnehmer werden von unabhängigen Stellen zertifiziert, um eine vertrauenswürdige Zusammenarbeit zu gewährleisten. Es werden eine Reihe von Basisdiensten (GXFS: GAIA‑X Federation Services) bereitgestellt, die u. a. Interoperabilität, Sicherheit und Datenschutz gewährleisten sollen. Sie umfassen beispielsweise Identitäts- und Zugriffsmanagementdienste, die die Einhaltung von Nutzungsrichtlinien sicherstellen. Die GXFS werden als Open-Source-Technologie bereitgestellt. Ein weiterer Technologiebaustein im Kontext von GAIA‑X ist der Eclipse Dataspace Connector (EDC) für den Datenaustausch, der u. a. in der großen Automotive-GAIA-X-Initiative Catena‑X zum Einsatz kommt.
Alle Elemente im GAIA-X-Ökosystem (z. B. Daten, Dienste, Teilnehmer) werden mit Selbstbeschreibungen versehen. Dabei handelt es sich um strukturierte Metadaten (z. B. Informationen über Inhalte, Eigentum, Nutzungsrechte), die maschinenlesbar sind und eine effektive Bereitstellung in durchsuchbaren, föderierten Katalogen ermöglichen sollen. Auch an die Aufbereitung der Suchergebnisse stellt GAIA‑X besondere Anforderungen. Sofern Nutzende keine Sortierkriterien vorgeben, müssen die Ergebnisse nach dem Zufallsprinzip angeordnet werden, um Objektivität zu gewährleisten.
AgriGaia
AgriGaia [16] ist ein Forschungsprojekt, das auf GAIA‑X aufbaut und ein offenes Ökosystem für künstliche Intelligenz in der Agrar- und Ernährungsindustrie schaffen soll. Im Rahmen von AgriGaia werden Standards für eine herstellerübergreifende Infrastruktur und Vernetzung geschaffen, damit KI in der Landwirtschaft einfacher und schneller in die Praxis umgesetzt werden kann.
Ein Ziel von AgriGaia ist die Schaffung eines Business-to-Business-Marktplatzes für KI, der es Unternehmen ermöglicht, KI-Bausteine und Algorithmen verschiedener Anbietern zu erwerben und zu nutzen oder Daten zum Training von Modellen zu erwerben. Dieser Marktplatz soll eine breite Palette von Angeboten unterstützen, z. B. Algorithmen zur Optimierung von Produktionsprozessen, zur Vorhersage von Ernteerträgen und zur Verbesserung der Lebensmittelqualität. Er soll wie eine Online-Plattform funktionieren, auf der Anbieter ihre Ressourcen präsentieren. Nutzer können aus verschiedenen Angeboten wählen, die für ihre spezifischen Bedürfnisse geeignet sind. Der Kauf oder die Nutzung ist direkt über die Plattform möglich. Anbieter können auch Support und Dienstleistungen bereitstellen, um Nutzer dabei zu unterstützen, die erworbenen KI-Bausteine, Daten und Algorithmen in ihre Systeme zu integrieren.
NaLamKI
NaLamKI [17] steht für Nachhaltige Landwirtschaft mittels Künstlicher Intelligenz. Auch dieses Projekt baut auf GAIA‑X auf und überträgt dessen Grundsätze auf die Entwicklung einer cloudbasierten Plattform für den Agrarsektor. Ziel ist die Vernetzung verschiedener Akteure aus Landwirtschaft, vor- und nachgelagerten Bereichen sowie Industrie.
Landwirten soll eine reibungslose Teilnahme am GAIA-X-Ökosystem ermöglicht werden, indem ihr Betrieb durch einen sogenannten digitalen Zwilling repräsentiert wird. Dieser bietet eine GAIA-X-konforme Schnittstelle und soll als zentrale Anlaufstelle für Betriebsdaten dienen. Dienstleister, die Agrardaten auf dem Feld erheben (z. B. Lohnunternehmer) oder im Auftrag des Landwirtes z. B. Handlungsempfehlungen oder Ertragsprognosen erstellen, können diese Daten oder Datenprodukte GAIA-X-konform über den digitalen Zwilling sicher an den Landwirt zurückspielen. Auch Landwirten eröffnen sich neue Geschäftsmöglichkeiten, indem sie ihre Agrardaten z. B. als Trainingsdaten für Anbieter von KI-Diensten vermarkten können. Dabei liegt die Datenhoheit stets beim Landwirt.
Im Projekt werden spezielle KI-Methoden für agrartechnische Anwendungsfälle entwickelt, beispielsweise zur Inspektion von Obstplantagen (z. B. Blattzahl, Hagelschäden) oder die Früherkennung von Pflanzeninfektionen (z. B. Gelbrost, Mehltau). Die entstehenden Datensätze und KI-Modelle werden Entwicklern und Anwendern von Digital-Farming-Lösungen zugänglich gemacht. NaLamKI erforscht weiterhin die Möglichkeiten der direkten Vernetzung von Landmaschinen und Sensoren auf Basis von 5G-Sidelinks. Mithilfe von KI sollen Übertragungstechnik und Infrastruktur dabei dynamisch an die Anforderungen und Umweltbedingungen im Betrieb angepasst werden.
X-KIT
Wie in den Abschnitten zuvor beschrieben, entstehen im Rahmen der GAIA-X-Initiative auch technologische Referenzimplementierungen, wie beispielsweise die GXFS. Diese sind domänenunabhängig erstellt. Wie man sich leicht vorstellen kann, existieren in den verschiedensten Domänen konkrete Anforderungen, die von den generischen Referenzimplementierungen (noch) nicht abgedeckt werden können, beispielsweise die einheitliche Beschreibung gleicher Daten im Rahmen der GAIA-X-Selbstbeschreibungen. Ein Teil des vom BMEL geförderten und gerade gestarteten Vernetzungs- und Transferprojekts X‑KIT [18] strebt daher an, die Anforderungen der Domäne Agrar an GAIA‑X genauer zu erheben, den Gap zwischen existierenden Referenzimplementierungen und den Anforderungen der Agrardomäne zu identifizieren und zu schließen. Hierfür werden Vertreter der Projekte AgriGaia und NaLamKI eingebunden und nach einer Analyse des aktuellen Standes der GAIA-X-Referenzarchitekturen entsprechend fehlende Konzepte entwickelt und auch gemeinsam mit Partnern implementiert.
EU SIMPL und DSSC
Simpl steht für Smart Middleware Platform. Das Projekt wird von der EU gefördert und verfolgt das Ziel, eine Abstraktionsschicht für Datenräume zu schaffen (z. B. zwischen Cloud- und Edge-Anwendungen). Indem diese nahtlos miteinander verbunden werden, sollen Daten zwischen verschiedenen Anbietern besser austauschbar gemacht und ein Beitrag zur Interoperabilität geleistet werden. Kürzlich wurden erste Ausschreibungen veröffentlicht, um das erarbeitete Architekturmodell [19] in verschiedenen Datenräumen zu implementieren. Die Projektergebnisse sollen als Open-Source-Lösung zunächst für öffentliche und private Sektoren sowie letztlich für alle Bürger Europas zur Verfügung gestellt werden.
DSSC steht für Data Spaces Support Center. Das Projekt wird ebenfalls von der EU finanziert und bietet technische und methodische Unterstützung für die Erstellung und den Betrieb von Datenräumen, die sich an spezifische Anwendungsfälle und Branchen anlehnen, wie z. B. Landwirtschaft, Energie und Mobilität. Das DSSC unterstützt auch die Einhaltung von Datenschutz- und Sicherheitsvorschriften und hilft bei der Integration von Datenräumen in die größere GAIA-X-Infrastruktur. Ziel ist es, eine breite Palette von Datenräumen in Europa zu fördern und dabei die Interoperabilität und den Datenaustausch zu unterstützen.
Zukünftige Herausforderungen
Es gibt eine ganze Reihe von zukünftigen Herausforderungen, die im Bereich der Interoperabilität von Digital Farming in der Zukunft noch angegangen werden müssen. Eine Kernherausforderung wird sicher sein, die besten Elemente der verschiedenen in den vorangestellten Abschnitten beschriebenen Initiativen auszuwählen und als hochskalierbare, akzeptierte Lösung der Domäne Landwirtschaft über geeignete Betreibermodelle zur Verfügung zu stellen. Positiv kann die Branche stimmen, dass immer wieder ähnliche, wenn auch nicht gleiche Konzepte in den Initiativen zur Anwendung kommen sollen. Wenn diese Lösungen erfolgreich sind, stehen weitere Herausforderungen vor der Tür, die von der Informatik-Forschung und Wirtschaft zukünftig adressiert werden müssen. Im Folgenden gehen wir exemplarisch auf zwei wesentliche Herausforderungen ein: die Komplexität des dann hoffentlich erschlossenen konzeptionellen Datenraums zu reduzieren und die Anbindung des landwirtschaftlichen Datenraums mit verwandten Domänen, allen voran der Lebensmittelkette.
Komplexität verwalten
Landwirte müssen bereits heute mit einem hohen Maß an Komplexität umgehen. Sie erheben eine Vielzahl von Daten, wie Boden- und Klimadaten im Pflanzenbau (z. B. pH-Werte, Nährstoffgehalt, Bodenfeuchte) oder Tierdaten in der Viehwirtschaft (z. B. Gewicht, Milchleistung, Tiergesundheit). Aber auch wirtschaftliche Daten (z. B. Preise, Kosten, Erträge) spielen für die Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe eine wichtige Rolle. Zur Verwaltung der Daten kommen eine Vielzahl von Systemen zum Einsatz, z. B. zur Planung und Überwachung von Feldmaßnahmen, Dokumentation und Berichterstattung gegenüber Behörden.
Diese Komplexität zu beherrschen wird häufig durch die mangelnde Interoperabilität zwischen Systemen erschwert, die eine einfache Datenübertragung aus einem System in andere unmöglich macht. In der Praxis haben Landwirte oft keine andere Wahl, als die Daten aus einem System abzulesen und manuell in andere Systeme einzugeben. Ein Beispiel sind Bonusprogramme in der Milcherzeugung, wo bessere Preise pro Liter Milch erzielt werden können, wenn Nachweise über Maßnahmen z. B. zum Tierwohl oder zur Milchqualität erbracht werden. Die Datenübertragung erfolgt dabei oft browserbasiert durch Eingabe der Daten in Formulare mit entsprechenden Textfeldern.
Die geschilderte Komplexität für Landwirte kann jedoch auch für Anbieter von Digital-Farming-Lösungen noch zu einer großen Herausforderung werden. Sollten die unterschiedlichen Datenräume erfolgreich sein und sich in der Agrardomäne etablieren, ist zu erwarten, dass die Menge an verfügbaren Daten noch weiter ansteigt. Man stelle sich vor, sämtliche Daten seien in den verschiedenen Datenräumen über ein simples Verzeichnis (vergleichbar mit einem Telefonbuch/gelben Seiten) verfügbar. Sich in einem solchen Datengewirr auf der Suche nach interessanten Inhalten zurechtzufinden, wäre eine schwierige Aufgabe. Es wäre wünschenswert, alle Daten in einer einheitlichen und maschinenlesbaren Form zu kennzeichnen (z. B. zu welchem Betrieb sie gehören, in welchem Jahr sie erhoben wurden, was sie enthalten), um sie effektiv auffindbar zu machen. Ein vielversprechender Ansatz, um Daten mit einer Quelle zu verknüpfen und ihre Zuordnung zu erleichtern, liegt im Konzept des digitalen Zwillings in der Landwirtschaft, wie es bereits im Abschnitt zum Forschungsprojekt NaLamKI vorgestellt wurde. Ein digitaler Zwilling ist in diesem Zusammenhang ein virtuelles Abbild eines landwirtschaftlichen Betriebs inklusive seiner Betriebseinheiten, wie etwa seiner Schläge oder Ställe. Das Ziel hinter der Idee, ein einziges virtuelles Abbild des Betriebs zu haben, ist es, eine zentrale Anlaufstelle für alle anfallenden Daten sowie eine einheitliche Schnittstelle für den Zugriff (lesend/schreibend) zu schaffen.
Datenerzeuger (z. B. Landmaschinen, Bodensensoren), die auf dem Feld Daten erheben (z. B. Düngermenge, Bodenfeuchte), können diese direkt an den digitalen Zwilling übertragen, wo sie mit Zeitstempel und georeferenziert abgelegt werden. Systeme, die z. B. zur Planung oder Berichterstattung eine bestimmte Auswahl der gesammelten Betriebsdaten benötigen, können diese direkt vom digitalen Zwilling über dessen standardisierte Schnittstelle anfragen. Auch die Inanspruchnahme externer Dienstleistungen könnte dadurch erleichtert werden. Landwirte könnten, anstatt die erforderlichen Daten aus unterschiedlichen Systemen und Datenablagen zusammenzusuchen, ihren Dienstleistern oder Abnehmern Zugang zu ihrem digitalen Zwilling verschaffen, die alle benötigten Daten anfordern und nach Einwilligung des Landwirtes abrufen. Zukünftig sind dann auch Simulations- und Prognosefunktionalitäten im digitalen Zwilling denkbar. Weiterführende Informationen, wie digitale Zwillinge in der Landwirtschaft im Kontext von Datenräumen eingesetzt werden können, finden sich in [20].
Integration der Domäne Landwirtschaft mit anderen Domänen
Die Landwirtschaft war schon immer mit anderen Sektoren eng verwoben. Neben den offensichtlichen Verknüpfungen mit der Agrarchemie und dem Landmaschinenbau gibt es viele weitere Domänen, mit denen die Landwirtschaft interagiert. Exemplarisch seien folgende Verknüpfungen genannt: Zur Finanzierung von Investitionen und Absicherung von Risiken interagiert die Landwirtschaft mit dem Finanz- und Versicherungssektor. Durch die gesellschaftliche Relevanz, insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit, ist die Landwirtschaft zunehmenden Regularien unterworfen, muss Berichtspflichten einhalten, erhält auf der anderen Seite aber auch Subventionen. Hier ist also eine enge Verzahnung mit dem Sektor der öffentlichen Hand gegeben. Da häufig landwirtschaftliche Erzeugnisse als Lebensmittel vermarktet, oder als Rohstoff für die Lebensmittelproduktion genutzt werden, besteht eine enge Verbindung zum Handel und zur Lebensmittelkette allgemein. Diese Beziehung wird zunehmend relevanter, insbesondere durch die gestiegenen Anforderungen im Themenkomplex Nachhaltigkeit, Tierwohl und Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und deren Bestandteile. Bereits heute wird von vielen landwirtschaftlichen Betrieben erwartet, dass sie Daten in Softwarelösungen einpflegen, die bspw. den CO2-Fußabdruck (bzw. korrekter die CO2-Äquivalente) berechnen. Als Beispiele seien hier Werkzeuge wie das Cool Farm Tool, der Farm Carbon Calculator oder Agrecalc genannt. Auch hier fehlen häufig entsprechende Interoperabilitätslösungen, welche eine einfache Datenübertragung von existierenden Farm-Management-Lösungen in die CO2-Nachhaltigkeitswerkzeuge ermöglichen. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie komplex die Interoperabilitätsproblematik wird, wenn wir nicht nur das Ziel haben, die landwirtschaftlichen Daten über interoperable Mechanismen auszutauschen, sondern auch die angrenzenden Sektoren anbinden wollen. Die erläuterten, domänenübergreifenden Ansätze erscheinen daher prädestiniert, um diese zukünftige Herausforderung zu adressieren, da hier hoffentlich in allen Domänen kompatible Technologien und Konzepte zum Einsatz kommen und somit technische Datenräume aus der Landwirtschaft, Finanzbranche und Lebensmittelkette interoperabel miteinander interagieren können sollten. Ob bzw. wann diese große Vision der Datenrauminitiativen Realität wird, wird die Zeit zeigen. Unbestritten ist jedoch das Potenzial, das von dieser Interoperabilität für alle Domänen ausgeht.
Zusammenfassung und Fazit
In der landwirtschaftlichen Domäne entstehen kontinuierlich innovative Lösungen im Bereich Digital Farming. In der Vergangenheit haben Standards wie ISOBUS die Interoperabilität entscheidend vorangebracht. Weitere Mechanismen werden jedoch benötigt, um die große Anzahl an heterogenen Digital-Farming-Lösungen besser zu verbinden. Die Zukunft der Landwirtschaft braucht diese Interoperabilität, um den gestiegenen Anforderungen in den Bereichen Effizienz, Qualität, aber auch Nachhaltigkeit und Tierwohl nachkommen zu können. Das wurde in der Branche erkannt. Es gibt diverse Initiativen, sowohl aus der Domäne Agrar heraus als auch domänenübergreifend, die Anwendungen für die Domäne Agrar exemplarisch erproben. Aus Sicht der Autoren laufen die aktuellen Initiativen bislang noch zu isoliert und müssen stärker in einen Dialog kommen. Wenn sich alle Stakeholder mehr austauschen und am gleichen Strang ziehen, wird die Landwirtschaft bald von interoperableren Lösungen profitieren können. Dies entlastet nicht nur die Unternehmen, welche die Software und Systemlösungen aktuell erstellen, sondern insbesondere die landwirtschaftlichen Unternehmen, welche dann effizienter arbeiten können und ihr Unternehmen auf Basis integrierter Daten optimieren können.
Danksagung
Dieser Beitrag entstand im Kontext der Projekte NaLamKI, gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK (Förderkennzeichen 01MK21003J), AgriDataSpace, gefördert durch die Europäische Union (Projektnummer 101083401), „Agile Forschung im Digital Farming mit Fokus auf Endnutzungsakzeptanz und Datenmanagement“, gefördert durch den Förderverein Digital Farming (FDF) e. V. und X‑KIT. Im Kontext des Projekts X‑KIT erfolgt die Förderung des Vorhabens aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages. Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen der Förderung der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Landwirtschaft mit dem Förderkennzeichen 28DK1VTA21.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Hauptaufgabe dieser Zeitschrift ist die Publikation aktueller, praktisch verwertbarer Informationen über technische und wissenschaftliche Fortschritte aus allen Bereichen der Informatik und ihrer Anwendungen in Form von Übersichtsartikeln und einführenden Darstellungen sowie Berichten über Projekte und Fallstudien, die zukünftige Trends aufzeigen.