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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

5. Interpretationen

verfasst von : Jiska Gojowczyk

Erschienen in: Umweltschutz in katholischen Orden

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Das folgende Kapitel ist der Frage gewidmet, wie Ordensmitglieder der Gesellschaft Jesu (SJ) und des Ordens der Minderen Brüder (OFM) das Ziel der Versöhnung mit der Schöpfung (SJ) bzw. der Bewahrung der Schöpfung (OFM) interpretieren. Ich zeige, dass Ordensleute eines Ordens, einer Provinz oder auch einer Kommunität dabei teilweise auf sehr unterschiedliche Wissensbestände zurückgreifen. Das Kapitel enthält die entwickelte Typik mit fünf handlungsleitenden Interpretationsvarianten, welchen zufolge die Umweltschutzziele durch Wissenschaft und Lehre, soziale Aufgaben, interne Ausbildung, Aktivismus oder Spiritualität erfüllt werden. Oft besteht ein Zusammenhang zwischen der Interpretation und der sozialen Welt der derzeitigen, zugewiesenen Kernaufgabe der Ordensleute. Gleichzeig führt die Teilhabe an einer sozialen Welt nicht zwangsläufig zu einer entsprechenden Interpretation: Manche Ordensleute interpretieren die Ziele anhand von Erfahrungen in sozialen Welten früherer Kernaufgaben oder anhand von sich synchron überlagernden Erfahrungen anderer sozialer Welten.

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Fußnoten
1
Aus Gründen der Vertraulichkeit wurden alle Gesprächspartner*innen durch erfundene Namen anonymisiert. Informationen zur Person, die für informierte Leser*innen zur eindeutigen Identifikation der Gesprächspartner*innen führen können, wurden jedoch nur dann systematisch ausgespart, wenn betroffene Personen angegeben hatten, anonym bleiben zu wollen. Inhalte, die im Gespräch als vertraulich markiert wurden, oder die ich im Nachhinein als sensibel einstufte, wurden zusätzlich anonymisiert (beispielsweise durch Bezeichnungen der Personen, die die Verknüpfungen zu anderen zitierten Passagen mit den gleichen Gesprächspartner*innen verhindern), abstrahiert oder nicht in die Darstellung aufgenommen.
 
2
Auf die Passagen, in denen beide Jesuiten am Gespräch teilnehmen, gehe ich im Kapitel zu Verhandlungen im Abschnitt 7.​1.​2 genauer ein.
 
3
Deshalb nahm ich weniger Interpretationen von gebrochener Ausdrucksweise sowie Pausen vor, da vielleicht nur die richtigen Vokabeln fehlten. Bedeutungen von einzelnen Worten versuchte ich stärker als mit der Methode üblich, im Zusammenhang zu betrachten. Ähnlichen Orientierungsgehalten, die sich wiederholten, maß ich hingegen entsprechend große Bedeutung zu.
 
4
Ich beschreibe den Ausdruck hier als ungewöhnlich, da er mir weder während meiner Gespräche mit Jesuiten und Franziskanern noch mit Mitgliedern anderer katholischer Ordensgemeinschaften oder Experten des religiösen Umweltschutzes auf globaler Ebene vermittelt wurde. Auch in Dokumenten und der Literatur lassen sich keine Hinweise für frequentierte Nutzung in der jesuitischen Gemeinschaft oder darüber hinaus finden.
 
5
Früh bedeutet diesbezüglich für ihn vor seiner Priesterweihe.
 
6
Im Gespräch drücken sich folglich zwei divergierende Vorstellungen des Ziels innerhalb der Ausbildung aus: In der Gegenwart müssen die Ordensanwärter Interesse für das Ziel zeigen. Cristoforo möchte hingegen, wie oben ausgeführt, Bewahrung der Schöpfung als Wert vermitteln, in meinem Verständnis also als etwas über Interesse Hinausgehendes. Diese Spannung zwischen gegenwärtiger Erwartung an die Novizen und der abweichenden Intention in Bezug auf das Ausbildungsziel dokumentiert sich allerdings nur indirekt und nicht wiederkehrend.
 
7
Der Begriff ist hier also nicht als analytischer Begriff einer bestimmten soziologischen Theorie zu verstehen sondern eher im Sinne des in der Umweltbewegung üblichen frames eines nachhaltigen oder nicht nachhaltigen ‚Lebensstils‘.
 
8
Dies bezieht sich nur auf die rekonstruierte Orientierung, nicht unbedingt auf beobachtete und recherchierte Aktivitäten (z. B. während der Beobachtung der ökumenischen Versammlung in Mainz); erst nach Ende des Erhebungszeitraums beteiligten sich Ordensleute in Deutschland auch beim Klimapilgern.
 
9
Vgl. exemplarisch Pablo: “As I have said, it pains me (lacht), it pains me so as I realize: This is the kind of, say, the demand of the time […] and it is at the same time, the rest of the people, the rest of the young people, that does not care about this” und Martin: “Seit 2010 […] gibt es eben nur eine [JPIC] Gruppe. Die ist halt mittlerweile auch ziemlich zusammengeschrumpft, sage ich mal, weil wir natürlich jetzt nicht mehr so viel jüngere Brüder haben oder man auch sagen muss, so ein bisschen, ja, zwischendurch ist das Interesse vielleicht auch erlahmt.”
 
10
Nichtsdestotrotz zeigte eine Fokusgruppendiskussion mit Mitgliedern des Dritten Ordens vor Ort, dass das Ziel der Bewahrung der Schöpfung für diese Teilnehmenden schwer zugänglich schien und sie teilweise explizit kein Interesse daran hatten. Camilo und Pablos Interpretation als aktivistischer Auftrag lässt sich folglich nicht auf die gesamte interfranziskanische Gemeinschaft vor Ort verallgemeinern.
 
11
Der Ausdruck „sapat na“ ist ein Ausdruck in Tagalog, der zweiten Amtssprache neben Englisch auf den Philippinen, und wird innerhalb dieses Zitats bereits übersetzt. Er bedeutet „was genug ist“ oder „genug“. In der interfranziskanischen Gemeinschaft, die ich vor Ort getroffen habe, fiel der Begriff mehrfach. Bei De Schrijver (1998, S. 219) wird „Sapat“ auch als umfassenderes Programm einer franziskanischen Schwesterngemeinschaft (Franziskaner-Missionsschwestern Mariens, FMM) für Ökologie und ein einfaches Leben beschrieben. Während meiner Forschung konnte auch ich mich mit den Programmen des FMM vertraut machen. Sie wurden mir gegenüber allerdings nicht auf den Begriff „sapat“ kondensiert.
 
12
Auch hierin dokumentiert sich eine politisch linke Orientierung in dem Sinne, dass sie an einem Kampf gegen Ungleichheit von Menschen orientiert ist. Bill führt aus, er habe sich durch die Entscheidung, nicht Priester zu werden, im Kontext der Auseinandersetzung im Orden zwischen Priestern und Brüdern für ein weniger privilegiertes, aber dennoch sehr wichtiges Leben als Bruder entschieden. Er analysiert und bewertet: „It is a structural AND an identity problem. I see=, I see the, the struggle of women (pause), gender equality= (pause) and gender empowerment (short pause), it is also like for the brothers. Instead of gender there, you just change it to brothers. (lacht) Empowerment of the brothers.“
 
13
Individuen vereinen immer verschiedene Erfahrungsräume, die sich – metaphorisch gesprochen – überlagern (Przyborski und Wohlrab-Sahr 2014, S. 289).
 
14
Teile des Datenmaterials sind aufgrund ihrer Verfasstheit zur Analyse mit der dokumentarischen Methode weniger geeignet als die rekonstruierten Gesprächspassagen.
 
15
Eine Analyse all dieser Interviews anhand der dokumentarischen Methode wäre besonders dadurch erschwert worden, dass viele der Gespräche für eine solche Analyse aufgrund der Gesprächsführung oder -situation nicht gut geeignet sind, da sie unter großem Zeitdruck oder mit einem anderen Leitfaden innerhalb der explorativen Phase geführt wurden oder – in einem Fall – nicht aufgezeichnet werden konnten. Darüber hinaus überstiege eine entsprechende Auswertung den möglichen Umfang des Forschungsvorhabens, der aufgrund der Verfasstheit der Daten in keinem Verhältnis zum Erkenntnisgewinn gestanden hätte.
 
16
Während seines Vortrags, den er am nächsten Tag hält, sagt er sogar explizit, es gäbe ihn nicht (vgl. Kapitel zu Verhandlungen, Unterkapitel Verhandlung in einer ökumenischen Umweltgruppe).
 
17
Die Interviewführung passte ich an die sehr spezifische Situation an. (Das Einzelgespräch schloss an ein Gespräch an, was ich mit Klaus und einem weiteren Franziskaner gemeinsam geführt hatte.) Trotzdem lässt sich eine ähnliche Orientierung auf Grundlage von Passagen wie dieser meiner Meinung nach vermuten.
 
18
In diesem Gespräch sprach ich über Umwelt und Bewahrung der Schöpfung als mein Thema. Als ein Teilergebnis der explorativen Phase änderte ich den Leitfaden basierend auf den Dokumenten für Jesuiten bezüglich des Themas zu „Versöhnung mit der Schöpfung“. Mit Leonard spreche ich später im Interview auch über diese Dokumente. Dabei wird klar, dass er die entsprechenden Dekrete kaum kennt. Erst nachdem wir die Dekrete gemeinsam herausgesucht hatten, nahm er einen Bezug zum zuvor Gesagten an.
 
19
Es wiederholt sich in meinem Datenmaterial damit ein Eindruck, der in der explorativen Phase oft von transnationalen Experten beschrieben wurde, dass die Themen der Gerechtigkeit, des Friedens und des Umweltschutzes in osteuropäischen Provinzen beider Orden keine große Prominenz genießen.
 
20
Hierin zeigt sich hier vermutlich das Wissen um eine generalisierte normative Erwartungshaltung. Ich war an der Perspektive der osteuropäischen Teilnehmenden sehr interessiert. Vor der Diskussion hatte ich zu dem Thema kaum etwas gesagt, außer auf die Bemerkung der Jesuiten, sie würden durch den Test fallen, zu antworten, dass ich sie nicht testen wollte.
 
21
Im Rahmen dieser Ähnlichkeit unterscheiden sich die Zeithorizonte für die Gültigkeit und Umsetzung des Ziels im Orden. Wie ich im folgenden Kapitel zu Bewertungen und Rechtfertigungen zeigen werde, lassen sich auf der Grundlage des Materials mindestens drei unterschiedliche Diagnosen in Bezug darauf feststellen, inwieweit das Ziel im Orden verwirklicht wird. Eine Konstruktion lautet: Die Ordensgemeinschaft widmet sich dem Ziel, aber defizitär. Eine weitere Konstruktion lässt sich zusammenfassen mit: Bewahrung der Schöpfung beziehungsweise Versöhnung mit der Schöpfung ist bereits lange ein bestehendes Ziel im Orden, was – im Falle der Gesellschaft Jesu – in der 35. Generalkongregation nur noch deutlicher verschriftlicht wurde. Eine dritte Konstruktion lautet schließlich: Das Ziel könnte sich in der Zukunft zum integralen Bestandteil von organisationalem Wissen und organisationaler Identität entwickeln. Jedem dieser Konstruktionen liegt eine andere Bewertung der Verwirklichung des Ziels in Vergangenheit und Gegenwart zugrunde.
 
22
Diese Standortbestimmung weist eine Ähnlichkeit auf mit der des aktivistisch orientierten Michael, der auch argumentiert, umweltbewusstes Handeln sollte für alle selbstverständlich sein. Die beiden unterscheiden sich aber insofern, als Michael zwar bei allen Menschen eine Verantwortung sieht, die Umwelt nicht zu zerstören, gleichzeitig den Jesuiten aber eine spezifische Perspektive darauf zuspricht, die seiner Explikation nach nicht zuletzt dazu führte, dass er dem Orden beitrat.
 
Metadaten
Titel
Interpretationen
verfasst von
Jiska Gojowczyk
Copyright-Jahr
2020
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31314-2_5