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26.03.2014 | Journalismus | Schwerpunkt | Online-Artikel

Journalistischer Klassenkampf ist doch von gestern!

verfasst von: Andrea Amerland

3 Min. Lesedauer

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#Hoodiejournalismus hat gezeigt, dass Online-Redakteure noch immer um die Akzeptanz durch (Print-)Kollegen kämpfen müssen. Ein Kommentar über das Ewiggestrige im Journalismus.

Wenn es stimmt, was die "Die Zeit“ über die Aufnahme des Online-Experten Stefan Plöchinger in die Print-Chefredaktion der "Süddeutschen Zeitung" berichtet, wundert einen eigentlich gar nichts mehr. Schon gar nicht, warum manche Medien die Digitalisierung verschlafen haben, Social Media erst mit großer zeitlicher Verzögerung in den Redaktionen angekommen ist und klassische Medien sterben. Denn Online-Kanäle sind ganz offensichtlich minderwertige Medien, zumindest in den Augen der "Süddeutschen Zeitung", deren leitende Redakteure sich vehement gegen die Aufnahme Plöchingers in ihre heiligen Printreihen gewehrt haben.

Plötzlich macht ein Kapuzenpulli Karriere

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Umso mehr erfreut der kleine Hoodie-Aufschrei via Twitter. Da Plöchinger in der unseligen Debatte unter anderem als "Kapuzenpulliträger“ geächtet wurde (übrigens eine Disqualifizierung, die Informatikern, ohne die kein Unternehmen auskommt, ebenfalls immer wieder zu Teil wird), hat sich die Web-Community von ihrer schönsten Seite gezeigt und sich mit dem diffamierten Online-Journalisten Plöchinger solidarisiert. Besonders schön: "Die tun nix, die wollen nur schreiben“, hat Golem.de zusammen mit einem düsteren Bild mit Kapuzenpulliträgern unter dem Hashtag #Hoodiejournalismus gepostet.

Das bringt das Problem wunderbar auf dem Punkt. Es geht hier um nichts anderes, als um eine vom (Aus-)Sterben bedrohte Spezies namens Printjournalist, die sich in ihrer Existenz bedroht fühlt. Doch wer glaubt, sich mit Online-Dünkel bis zur Rente durschlagen zu können, ist auf vielen Augen blind. Allein die Vorsilben Print und Online sind von gestern. Das findet auch Plöchinger, der Anfang des Jahres im Interview mit "Vocer" gesagt hat: "Die Vorsilbe sollten wir uns am Ende des Jahres schenken können – weil möglichst alle Kollegen verstehen, dass man die Möglichkeiten des digitalen Mediums bitte zu nutzen beginnt, wenn man Journalist ist.“

Wer im Web nicht gefunden wird, den gibt es nicht

Es geht schon lange nicht mehr um die Frage Radio, TV, Online oder Print. "Für Journalisten wird immer wichtiger, bei Auflage, Reichweite oder Zugriffszahlen zu punkten, um sich erfolgreich im Arbeitsmarkt zu positionieren. Daher beschäftigen sich Journalisten zunehmend nicht nur mit den W-Fragen des news lead, sondern auch mit den fünf Ws der Nachrichtenökonomie“, so Springer-Autor Thomas Becker in dem Buchkapitel "Medien, Journalismus und öffentliche Meinung“. Und er zitiert die Leitfragen für Journalisten, die J. T. Hamilton bereits im Jahr 2004 definiert hat (Seite 327 ff.):

  • "Who cares about a particular piece of information?

  • What are they willing to pay for it, or what are others willing to pay for reach them?

  • Where can media outlets or advertisers reach these people?

  • When is it profitable to provide the information?

  • Why is this profitable?“

Um überlebensfähig zu bleiben, brauchen Medienhäuser Online- und IT-Spezialisten, die wissen, wie die Web-Community tickt, die vernünftige Paid-Content-Modelle und Werbeformate entwickeln. Sie sollten zudem so schreiben, dass Texte im Web nicht nur gerne gelesen werden, sondern auch über Suchmaschinen auffindbar sind und viel geteilt werden. Medienhäuser brauchen Leute wie Stefan Plöchinger, die ein bisschen frischen Web-Wind in die Redaktionen blasen.

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