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19.11.2020 | Kleb- und Dichttechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

CFK lässt sich auch in der Reparatur zuverlässig kleben

verfasst von: Thomas Siebel

4:30 Min. Lesedauer

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Kleben ist das wichtigste Fügeverfahren für CFK-Bauteile – und zugleich eine Schwachstelle. Die laserbasierte Oberflächenaktivierung könnte die Reparatur mit adhäsiven Verfahren nun entscheidend voranbringen.

Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK) hat sich als ein zentraler Werkstoff für Transportmittel etabliert, insbesondere im Flugzeugbau. Am aktuellen Airbus-Modell A350 etwa bestehen Rumpf, Tragflächen und Leitwerke zu über 50 Prozent aus CFK. Die Leichtbauweise trägt damit einen wesentlichen Anteil daran, dass die Betriebskosten des Langstreckenflugzeugs im Vergleich zur Vorgängergeneration um ein Viertel geringer sind.

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Übertragung des Aktivierungsprozesses in die industrielle Anwendung

In den vorangegangenen Kapiteln konnte die Eignung der laserbasierten Klebflächenvorbereitung für die Reparatur von CFK Bauteilen erfolgreich demonstriert werden. Dazu wurden neue Methoden zur Beschreibung und Steuerung des Laserprozesses entwickelt und an zweidimensionalen Geometrien validiert.

Auch im Automobilbau hat CFK mittlerweile seinen festen Platz, etwa in Form von materialhybriden Konstruktionen, auch wenn vorerst kein Modell mehr einen ähnlich hohen CFK-Anteil enthalten dürfte wie einst der BMW i3. Die weltweit gestiegenen Produktionsmengen von CFK sprechen für sich: Bis 2019 wies der Werkstoff jährliche weltweite Wachstumsraten von über zehn Prozent auf. Infolge der Coronakrise könnte diese Dynamik allerdings zumindest vorübergehend an Fahrt verlieren.

Kein praxistaugliches Modell für Versagen der Klebverbindung

Trotz der hohen spezifischen Steifigkeit können zwar auch CFK-Strukturen versagen, die eigentlichen Schwachstellen von CFK-Konstruktionen sind jedoch oftmals die Fügestellen. In den meisten Fällen werden Bauteile durch Kleben verbunden. So werden Lasten gleichmäßig in die Bauteile eingeleitet. Zugleich werden Bohrungen vermieden, die die Fügeteile schwächen würden.

Mit der Bedeutung des Klebens in der CFK-Bauweisen rückt allerdings auch zunehmend das Versagen von Klebverbindungen in den Fokus. Schließlich lässt sich das Leichtbaupotenzial einer CFK-Struktur nur vollständig ausschöpfen, wenn das Versagensverhalten bekannt ist und in der Entwicklungsphase genau eingestellt werden kann. Doch hier hapert es: Ob ein Bauteil durch Risse in der Klebschicht, durch Delamination oder Faserbrüche nahe der Klebstelle oder durch Mischformen aus verschieden Bruchmechanismen versagt, lässt sich schwer vorhersagen, wie die Autorinnen und Autoren um Cecil Roos in ihrem Beitrag Versagensverhalten von CFK-Klebverbindungen für die Adhäsion 10/20 festhalten. Entsprechend existiert bislang noch kein praxistaugliches Berechnungsverfahren für die Modellierung des Versagensverhaltens.

Kleben in der Flugzeugreparatur: Zulassung möglich

Herausfordernd bleibt eine Klebverbindung aber nicht nur in der Entwicklung, sondern auch denn, wenn sie versagt und eine Reparatur ansteht. Dies betrifft in besonderer Weise den Flugzeugbau. Hier sind Reparaturen von CFK-Strukturen durch adhäsive Fügeverbindungen grundsätzlich nicht zulässig. Zu groß ist die Gefahr, dass Klebflächen im Reparaturumfeld durch Partikel, Feuchtigkeit oder Chemikalien verunreinigt werden. Stattdessen behilft man sich üblicherweise mit einem zusätzlichen Verbindungselement, das die Last auch noch bei vollständigem Versagen der Klebung übertragen kann – und das typischerweise über Bohrungen in die CFK-Struktur eingebracht wird und somit Fasern zerstört und das Material schwächt, wie Philipp Thumann in der Einleitung zum Buch Laserbasierte Klebflächenvorbereitung für CFK Strukturbauteile erläutert.

Abhilfe soll ein neues Verfahren für die laserbasierte Klebflächenvorbereitung liefern. Laut Thumann könnte es den Weg zur Zulassung rein adhäsiver Reparaturverfahren für CFK-Verbindungen in Flugzeugen ebnen. Mit dem neuen Ansatz sollen sich Klebverbindungen auch in einem Reparaturumfeld reproduzierbar und in höchster Qualität anfertigen lassen. Zwar werden Laser schon seit Längerem zur Aktivierung von Oberflächen eingesetzt, allerdings beschränken sich konventionelle Beschreibungen von Laserprozessen auf Parameter wie Pulsenergie oder Scangeschwindigkeiten. Dies genügt jedoch nicht, um Fasern an der Klebfläche zuverlässig freizulegen, ohne sie zu schädigen. Thumann hat bestehende Beschreibungen nun um ein Modell zur Ableitung von Prozesstemperaturen erweitert. Damit lassen sich in der Laserbearbeitung homogene Prozesstemperaturen sicherstellen, was eine wesentliche Voraussetzung in der Vorbereitung von Klebflächen auf temperatursensiblen Materialen wie CFK ist. Selbst in Bereichen mit Überlappung oder Krümmungen kann Thumann Kohlefasern mit dem Verfahren zuverlässig freilegen. Der Wissenschaftler geht davon aus, dass sich die neue Systemtechnik in bestehende Lösungen zur mobilen Reparatur von CFK-Strukturbauteilen für die Luftfahrt integrieren lässt.

"Der Prozess kann nach der Zulassung als Teil einer qualitätsgesicherten, automatisierten Reparaturprozesskette für CFK-Strukturbauteile eingesetzt werden." Philipp Thumann

Aufgeklebte Reparaturpatches im Automobil

Nicht ganz so anspruchsvoll wie im Flugzeugbau ist die Zulassung von Reparaturverfahren im Automobilbau. Die Hersteller gehen dabei unterschiedliche Wege: Lamborghini etwa lässt für die Reparatur von CFK-Strukuren ausgebildete Fachleute zu den Kunden fliegen, während BMW im Rahmen seiner i-Modellreihe spezielle Reparaturzentren ausweist. Geschädigte CFK-Komponenten werden dabei oftmals komplett ersetzt, wie Christian Hopmann, Lutz Eckstein, Robert Schmitt und Uwe Reisgen im Beitrag Industrie-4.0-Techniken für CFK-Reparaturen an Fahrzeugen für die lightweight.design 2/17 schreiben.

Als materialeffizientere Alternative schlagen die Professoren an den Schadensfall angepasste Reparaturpatches vor. Am Beispiel eines Seitenschwellers erläutern sie, wie ein Schaden mittels eines handgeführten Laserscanners und Thermographiemessung erfasst und automatisiert in ein CAD-Modell überführt werden kann, das wiederum Grundlage für die Finite-Elemente-basierte Auslegung eines Reparaturpatches ist. Das Patch kann von einer spezialisierten Werkstatt angefertigt und auf die Schadensstelle aufgeklebt werden. Das Patch kann im normalen Werkstattbetrieb appliziert werden: Die Schadensstelle wird geschäftet und unmittelbar vor dem Klebstoffauftrag mit einem Schleifvlies vorbereitet, bevor ein Strukturkleber mit integrierten Hohlkugeln aufgetragen und das Reparaturpatch eingesetzt wird. Der Schadensfall wird anschließend in einer Datenbank erfasst, sodass bei künftigen ähnliche Schäden auf ein gleichartiges Reparaturpatch zurückgegriffen werden kann.

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