Skip to main content

2002 | Buch

Klimafolgen für Mensch und Küste

am Beispiel der Nordseeinsel Sylt

herausgegeben von: Dr. Achim Daschkeit, Dr. Peter Schottes

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Umweltnatur- & Umweltsozialwissenschaften

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Die Frage nach den Folgen möglicher Klimaänderungen im deutschen Küstenraum ist einer der Schwerpunkte der Klimafolgenforschung. Die Untersuchung besonders empfindlicher Räume steht dabei im Vordergrund, weil sich hier vielfältige Nutzungsansprüche begegnen, die einer vorausschauenden Analyse und Planung bedürfen. Am Beispiel der touristisch intensiv genutzten Nordseeinsel Sylt wurde diese Problematik in einem mehrjährigen Forschungsprojekt untersucht und aus natur- und sozialwissenschaftlichen Aspekten beleuchtet. Die wichtigsten Ergebnisse der interdisziplinären "Fallstudie Sylt" sind in diesem Buch zusammengestellt. Die vielfältigen Analysen stellen die Grundlage für die Ableitung von Forschungs- sowie Handlungsempfehlungen im Sinne eines integrierten Küstenmanagements dar. Die beigefügte CD enthält eine Reihe von Karten, auf denen u. a. die Entwicklung der Insel in den letzten 800 Jahren sowie die mögliche Entwicklung bis zum Jahr 2050 aufgezeigt wird.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Fallstudie Sylt: Überblick
Zusammenfassung
In den letzten zwei Jahrzehnten wird sowohl in der Wissenschaft als auch in der Öffentlichkeit in unterschiedlicher Intensität darüber diskutiert, welche Folgen von einem möglichen globalen, anthropogen beeinflussten Klimawandel ausgehen können. Damit ist gleichzeitig die Frage verknüpft, ob und in welcher Form man auf mögliche Klimafolgen reagieren kann bzw. wie Klimafolgen präventiv vermieden werden können. Im Falle eines Klimawandels gelten Küstenräume weltweit als vorrangig gefährdet: Zum einen ist hier der Nutzungs- und Siedlungsdruck oft besonders intensiv, zum anderen sind die Folgen von Klimaänderungen auf natürliche und zivilisatorische Systeme im Küstenraum oft weitreichendgenannt seien hier beispielhaft der vermutete Meeresspiegelanstieg und die mögliche Zunahme von Häufigkeit und Intensität von Sturmereignissen.
Achim Daschkeit, Peter Schottes
2. Problemstellung und Zielsetzung
Zusammenfassung
Schon immer hat es natürliche Schwankungen des Erdklimas gegeben: Denkt man in erdgeschichtlichen Zeiträumen von Jahrmillionen, so waren beispielsweise Temperaturunterschiede von mehreren Zehnern Grad Celsius keine Seltenheit. Aus der Analyse von Eisbohrkernen weiß man zudem, dass die globale Durchschnittstemperatur innerhalb weniger Jahrzehnte um mehr als 5 Grad Celsius schwanken kann. Aber seit der Mensch zunächst lokale, später regionale und letztlich global wirkende Veränderungen an der Erdoberfläche vornimmt wie z.B. die Rodung großer Waldflächen, bewirkt er auch — oft unbewusst und wohl auch ungewollt — Änderungen in der lokalen, regionalen und globalen Klimaentwicklung. Insbesondere die intensive Nutzung fossiler Brennstoffe in den letzten ca. 200 Jahren hat dazu geführt, dass Klimaschwankungen offenkundig nicht mehr allein als natürliche Vorgänge bezeichnet werden können, sondern als anthropogen beeinflusst angesehen werden müssen. Seit einigen Jahren gilt es aus Sicht der Klimaforschung als hinreichend sicher, dass die Tätigkeiten des Menschen die globale Klimaentwicklung nachweisbar beeinflussen (Graßl 1999). Man muss davon ausgehen, dass die anthropogen überprägten Klimaschwankungen — dies bezeichnen wir im Folgenden als Klimawandel — Wirkungen für den Menschen und seine natürliche Umwelt haben werden. Für eine Analyse und Einschätzung dieser Wirkungen bedarf es u.a. der wissenschaftlichen Analyse — und zwar einer Analyse, die von einer einzelnen wissenschaftlichen Disziplin nicht mehr geleistet werden kann, da Folgen für Mensch und Umwelt zu erwarten sind.
Otto Fränzle, Horst Sterr, Achim Daschkeit
3. Randbedingungen
Zusammenfassung
In der vorstehenden Einleitung wurden die wichtigsten Aspekte der Problemstellung sowie die Zielsetzungen der Fallstudie Sylt aufgeführt. Wie in jedem Forschungsv orhaben können immer nur mehr oder minder große Ausschnitte aus der realen Welt untersucht werden. Welche fachlichen Untersuchungsschwerpunkte als bedeutsam und welche als (vermeintlich) weniger bedeutsam eingestuft werden, ist mit unter nicht so sehr eine Frage des „forscherischen Wollens“, sondern vielmehr eine Frage der äußeren Randbedingungen, unter denen Forschung konzipiert werden muss. Nachfolgend werden hierzu einige Aspekte angeführt:
Schon vor Beginn der Studie wurde festgelegt, dass u.a. aus Kostengründen keine umfangreichen und langfristigen Primärerhebungen durchgeführt werden können. Im Gegensatz beispielsweise zur Ökosystemforschung, die auf ca. zehn Jahre konzipiert ist und in dessen Verlauf umfangreiche Basisdaten erhoben werden sollen (Fränzle et al. [Hrsg] 1998 ff.; Kellermann et al. 1998), sollte in der Fallstudie Sylt so weit wie möglich auf vorhandene Daten zurückgegriffen werden. Diese Randbedingung muss allerdings differenziert betrachtet werden: Im Bereich der naturwissenschaftlichen Forschung war diese Vorgabe relativ leicht einzuhalten, gibt es doch eine mitunter jahrzehntelange Forschungs- tradition insbesondere im Bereich der hydro- und geomorphodynamischen Untersuchungen. In der jüngeren Zeit war das nördliche Sylter Wattenmeer Gegenstand mehrjähriger Untersuchungen (Gätje u. Reise [Hrsg] 1998). Hier existiert ein großer Wissens- und Datenbestand. Im Bereich der sozialwissenschaftlichen Forschung ist die Ausgangslage hingegen gänzlich anders. Zunächst einmal ist die sozialwissenschaftliche Umweltforschung generell relativ „jung“ (Diekmann u. Jaeger [Hrsg] 1996), so dass insgesamt gesehen ein relativ kleiner Wissens- und Datenbestand besteht. Hinzu kommt, dass die Westküstenregion Schleswig-Holsteins bzw. die Insel Sylt nur sehr selten Gegenstand sozialwissenschaftlicher Umweltforschung gewesen ist. Aus diesen Gründen war es geboten, Primärerhebungen in diesem Bereich durchzuführen. Auch hier galt aber die Bedingung, so weit wie möglich auf bereits erhobene Daten aufzusetzen.
 
Eine gewisse Ausnahme im Bereich der sozialwissenschaftlichen Umweltforschung an der Westküste Sylts ist die tourismusbezogene Forschung, die im Rahmen der schleswig-holsteinischen Ökosystemforschung durchgeführt wurde. In diesem Bereich wurden tatsächlich einige sozioökonomische Daten erhoben. So lag es bei der Planung des Verbundprojektes nahe, diesen Bereich im Rahmen der Fallstudie Sylt mit einem eigenen Teilvorhaben zu bearbeiten, was aber nicht möglich war. Dadurch ist die Aussagebreite der Ergebnisse gewiss eingeschränkt, ebenso wie durch das Fehlen bspw. von empirisch gestützten Aussagen zu Veränderungen der terrestrischen Ökologie.
 
Ein weiterer Aspekt ergab sich aus dem Forschungsleitplan für das Programm „Klimaänderung und Küste“. Es sollte nach Müglichkeit mit Repräsentanten Sylter Institutionen (z.B. aus Verbänden) bzw. mit der Bevülkerung selbst zusammengearbeitet werden. Dies wurde in der Fallstudie in zweifacher Weise umgesetzt: Zum einen wurden die Sylter Bevülkerung bzw. Sylter „Schlüsselpersonen„ direkter Forschungsgegenstand der sozialwissenschaftlichen Teilvorhaben, insbesondere in den Bereichen Soziologie und Psychologie (Kap. 10 und 11). Zum anderen wurden einzelne Institutionen bilateral und für die Fallstudie insgesamt kontaktiert, um auf die jeweils vorhandene Expertise zurückgreifen sowie ggf. auch Daten auswerten zu künnen.
 
Als gewissermaßen „feste Einrichtung“ wurde überdies ein „Projektbegleitender Beirat“ eingerichtet, der im Wesentlichen zwei Aufgaben hatte: Erstens die fachliche Begleitung der Fallstudie und zweitens Hilfestellung bei der Akquisition von Daten oder anderweitigen Materialien. Im Beirat waren insgesamt elf Personen aus unterschiedlichen Bereichen vertreten: Vertreter von Landesministerien bzw. nachgeordneter Behürden, Wissenschaftler aus dem Bereich der küstenbezogenen Forschung sowie Vertreter einiger Sylter Institutionen (Bädergemeinschaft, Landschaftszweckverband) und ein Vertreter des Auftraggebers BMBF resp. des Projektträgers.
 
Otto Fränzle, Horst Sterr, Achim Daschkeit
4. Klimaszenarien
Zusammenfassung
Die Beschreibung des Klimas beruht auf einer Zusammenfassung und Mittelung meteorologischer Daten über einen längeren Zeitraum, der standardmäßig mind. 30 Jahre umfasst und somit vom Prinzip her retrospektiv ist. Für die Analyse und Bewertung des Klimawandels sind jedoch Beschreibungen von Trends relevant, die aus Vergangenheit und Gegenwart „nach vorne“ blicken. Für die Extrapolation von künftigen Klimatrends sind komplexe Klimamodelle erforderlich, deren Entwicklung in den letzten zehn Jahren große Fortschritte erzielt haben.
Horst Sterr, Otto Fränzle, Achim Daschkeit, Kai Ahrendt, Jan-Ole Witte
5. Aufbau und Führung eines Geographischen Informationssystems (Sylt-GIS)
Zusammenfassung
Geographische Informationssysteme (GIS) sind von großer Bedeutung für die raumbezogene Analyse und Bewertung komplexer Sachverhalte, weil sie eine synoptische Sicht und Auswertung bislang separat vorliegender Daten ermöglichen. Nach einer kurzen Einführung zum Thema GIS wird erläutert, mit welchen Daten das GIS Sylt aufgebaut wurde und welche Struktur es hat. Anschließend wird auf Basis der im GIS vorliegenden Daten ein überblick über die naturräumliche und die sozioökonomische Situation der Insel Sylt gegeben. Es zeigt sich erwartungsgemäß, dass die Insel eine Sonderstellung im Bereich der Wesküste Schleswig-Holsteins einnimmt: Sie ist — stärker als der übrige nordfriesische Raum — anthropogen überprägt, wobei hier der Tourismus von überragender Bedeutung ist. Daraus ergeben sich eine Reihe von Konflikten im ökologischen Bereich. Im Falle eines Klimawandels bestehen unter Zugrundelegung entsprechender Szenarien Risiken für den Naturraum (Flächenverluste) und nachfolgend für die wirtschaftliche Inwertsetzung der Insel. Als Teil eines Integrierten Küstenmanagements könnte die Landschafts- planung ein stärkeres Gewicht bekommen und so einen Beitrag zur Abschätzung und zum Um- gang mit Klimafolgen auf kommunaler Ebene leisten.
Peter Schottes, Frank Bartels, Winfried Schröder, Frank Simmering, Wolfgang Ebenhöh
6. Naturräumliche Entwicklung Sylts — Vergangenheit und Zukunft
Zusammenfassung
Sylt unterliegt seit jeher einem permanenten Wandel der Inselgestalt. Die heutige Inselgestalt stellt dabei nur eine Momentaufnahme dar. In historischen Zeiten hat es Bedingungen gegeben, die weitaus stärkere Umwandlungsprozesse nach sich zogen, als dies heute augenscheinlich wird. Hierzu zählt z.B. ein Meeresspiegelanstieg von über 2 m/100 Jahre. Es gab aber auch Zeiten, in denen es zur Anlandung kam. In den letzten 4.000 Jahren kann der Meeresspiegel als relativ stabil angesehen werden. Trotzdem unterlag vor allem die Westküste einem durchschnittlichen Rückgang von ca. 1,25 m/Jahr in den letzten 7.500 Jahren. Zwischen 1870 und 1997 liegt die Rückgangsrate bei ca. 1,75 m/Jahr, unter Berücksichtigung der Sandvorspülungen. Zurzeit gehen der Küste jährlich ca. 1,1 Millionen m3 Sediment verloren, die durch Sandvorspülungen mehr oder minder ersetzt werden. Unter Annahme der unten beschriebenen Szenarien könnten sich unter den schlechtesten Bedingungen die Verluste im Jahre 2050 ca. verdoppelt haben. Ein Ausgleich über Sandvorspülungen wäre somit denkbar, d.h., dass die Auswirkungen der Klima- änderungen beherrschbar sind.
Kai Ahrendt, Jörn Thiede
7. Strategien und Optionen der Küstenschutzplanung Sylt
Zusammenfassung
Die Insel Sylt ist ein offenes System mit negativer Sedimentbilanz. Daher wird seit rd. 130 Jahren versucht, die Westküste der Insel durch Bauwerke zu stabilisieren. Da alle derartigen Versuche letztlich fehlgeschlagen sind, wurden in den 1970er Jahren erste Versuche mit Strandersatzmaßnahmen durchgeführt — einer Technik, die auch heute noch angewendet wird. Dadurch konnte ein Rückgang der Küste weitestgehend verhindert werden. Für die Ermittlung der zu ersetzenden Sedimentmengen müssen die den Strand formenden Prozesse bekannt sein. Dazu zählen der Wind, der Wasserstand und vor allem der Seegang, die die treibenden Kräfte für den Sedimenttransport sind. Die Berechnungen und die Vermessungen haben ergeben, dass die Insel jährlich etwa 1,0 Mio. m3 Sediment verliert. Die Auswirkungen möglicher klimatischer Veränderungen auf die Sedimentverluste sind nicht signifikant, wie die auf der Basis von Klimaimpaktszenarien durchgeführten Berechnungen ergeben haben. Akuter Handlungsbedarf als Folge von Klimaänderungen ergibt sich daher nicht, es sollten zur Minimierung der Verluste und Verringerung der Kosten für den Strandersatz jedoch stützende Maßnahmen vor allem am Riff und im Offshore-Bereich sowie an den Inselenden erwogen werden. Diese technischen Maßnahmen sollten noch intensiver untersucht werden. Aus Sicht der Projektbearbeiter sind stützende Bauwerke, aber auch als Objektschutzbauweisen aus Geotextilien gegenüber starren Bauwerken zu bevorzugen. Strandersatz, als aktive Küstenschutzmaßnahme, bleibt unabhängig hiervon für den flächendeckenden Küstenschutz der Westküste der Insel Sylt unverzichtbar.
Jan-Ole Witte, Sören Kohlhase, Peter Fröhle, Jörg Radomski
8. Das marine Ökosystem um Sylt unter veränderten Klimabedingungen
Zusammenfassung
Bei einer Klimaerwärmung um 1,5 bis 2,5 °C wird der direkte Einfluss höherer Wassertemperatur das biologische Artenspektrum im Sylter Gezeitenbereich nicht wesentlich verändern. Dies ergibt ein Vergleich mit Watten der französischen Atlantikküste. Bedeutender sind voraussichtlich Auswirkungen höherer Wasserstände und einer zunehmenden Hydrodynamik. Seegraswiesen und Muschelbänke werden dadurch im Wattbereich abnehmen. In Ufernähe werden schlickige von sandigen Watten verdrängt. Einer verstärkten Erosion an ungeschützten Wattufern wird voraussichtlich mit weiteren Befestigungen begegnet. Dadurch werden natürliche Uferbiotope mit ihren charakteristischen Lebensgemeinschaften auf der Sylter Wattseite selten. Bei solchen Veränderungen nimmt der Erlebniswert der Watten ab und es leidet die Landschaftsästhetik. Dem könnte durch künstliche Sedimentversorgung auf der Wattseite von Sylt entgegengewirkt werden. Der für die Erholung attraktive Sylter Brandungsstrand ist durch eine äußerst vielfältige Fauna des Sandlückengefüges gekennzeichnet. Sie kann als Indikator für eine hohe Qualität des Badestrandes gelten. Nach Sandvorspülungen zum Ausgleich von Erosionsverlusten stellt sich diese Fauna schon nach drei Monaten weitgehend unverändert wieder ein. Die partielle Umwandlung von Erosionsstränden in Depositionsstrände durch eventuelle Baumaßnahmen des Küstenschutzes würde die Biodiversität der Sandlückenfauna verringern.
Dagmar Lackschewitz, Iris Menn, Karsten Reise
9. Kosten einer möglichen Klimaänderung auf Sylt
Zusammenfassung
Küstenräume gelten als besonders betroffen von den Folgen eines möglichen Klimawandels. Entsprechend war es Ziel des Projektes, die dadurch entstehenden Kosten exemplarisch am Beispiel der Insel Sylt zu ermitteln. Bewertet wurden im Wesentlichen zwei Auswirkungen auf die Insel Sylt: Erstens die Erosion auf der Westseite der Insel, die zu Vermögensschäden aufgrund der Verluste von Gebäuden, Infrastruktur und Grundstücken führen kann. Zweitens die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft in Form eines Verlustes seltener Wattenmeerbiotope als Folge stärkeren Küstenschutzes auf der Ostseite. Fazit der ökonomischen Bewertung ist, dass der Klimawandel entsprechend der hier untersuchten Variante durch zusätzliche Sandvorspülun- gen beherrschbar ist und daher keine dramatischen Entwicklungen erwarten lässt. Die Nutzen aus verstärkten Küstenschutzmaßnahmen übersteigen die Kosten für die zusätzlichen Sandvorspü- lungen um ein Vielfaches. Und die Kosten für auf der Ostseite zu prüfende alternative Küsten- schutzmassnahmen wären durch die Nachfrage nach dem Schutz des Wattenmeeres als Natur- landschaft vor den Folgen des Klimawandels ebenfalls deutlich gedeckt.
Volkmar Hartje, Ina Meyer, Jürgen Meyerhoff
10. Globaler Wandel im lokalen Kontext: Sylter Perspektiven auf Klimaänderungen
Zusammenfassung
Am Beispiel der möglichen Bedrohung Sylts durch zukünftige Klimaänderungen wird untersucht, wie globale Umweltveränderungen, deren Ursachen und Auswirkungen von lokalen Akteursgruppen im Kontext allgemeiner Entwicklungen wahrgenommen und bewertet werden. Dazu wurden 70 systematisch ausgewählte Schlüsselpersonen des sozialen Systems Sylt in halbstrukturierten, offenen Interviews befragt. Die Interviewprotokolle wurden kategorisiert und in quantitativem Format inhaltsanalytisch ausgewertet. Ziel war die mehrfach kontextualisierte Erhebung der sozialen Repräsentationen möglicher Klimaänderungen sowie der Aufweiß von Gruppenspezifität für diese mentalen Modelle. Wesentlich mehr als Klimaänderungen oder auch die Küstenschutzthematik erweisen sich der Fremdenverkehr und die Bautätigkeit auf der Insel bei den Befragten als bedeutsame Themen. Bestehende Unterschiede zwischen den Akteursgruppen entsprechen dabei im wesentlichen deren inhaltlichen Schwerpunkten. Klimaänderungen selbst werden vor allem von ihren Auswirkungen her thematisiert, die eher im Bereich der Natursphäre gesehen werden. Auf der Ursachenseite spielt für die Befragten der Verkehr eine große Rolle. Bei den Maßnahmen rangiert die Verhinderung des Klimawandels vor der Anpassung an seine Folgen und wird eher mit externen Institutionen als mit eigenem Verhalten in Zusammenhang gebracht.
Gerhard Hartmuth, Susanne Deising, Immo Fritsche, Volker Linneweber
11. Zukunftsentwürfe und Gestaltungspotentiale angesichts möglicher Klimaveränderungen
Zusammenfassung
Die komplexen Wahrnehmungen, Bewertungen und Meinungen von Bürgern bezüglich möglicherweise klimabedingter Risiken für den norddeutschen Küstenraum werden mit einem Mix aus quantitativen und qualitativen sozialwissenschaftlichen Methoden am Beispiel der Insel Sylt betrachtet. Input für unsere Erhebungen subjektiver Bewertungen und Stellungnahmen Sylter Bürger war die Beschreibung der Insel und ihrer Nutzung durch statistische Kennzahlen, die Darstellung der klimabedingten Veränderung der Inselgestalt durch geologische Forschungsergebnisse, die aus wissenschaftlicher Sicht notwendigen Veränderungen aktiver und passiver Küstenschutzmaßnahmen sowie deren mögliche Einflüsse auf den Tourismus und die natürlichen Ökosysteme. Im Zentrum unserer Forschung stehen die von informierten Bürgern im Rahmen von Gesprächsgruppen erarbeiteten alternativen Bedeutungen der Insel Sylt und sich möglicherweise daraus ergebende zukünftige Nutzungskonzepte angesichts der prognostizierten Klimaveränderungen. Nach einer Einführung in die Klimadebatte der letzten Jahrzehnte werden die wesentlichen zur Erreichung unserer Forschungsziele durchgeführten Arbeits schritte und so gewonnenen Ergebnisse dargestellt. Dabei handelt es sich um die Bearbeitung von Daten der amtlichen Statistik, die Durchführung einer Befragung und eine viertägige Veranstaltung (Planungszelle) mit Sylter Bürgern in Westerland.
Willi Streitz, Wolf R. Dombrowsky
12. Klimafolgen für Sylt: Integrative Analyse und Bewertung
Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund von Annahmen bezüglich der zukünftigen klimatischen Entwicklung werden die Konzeption sowie die Vorgehensweise der integrativen Analyse im Rahmen der Fallstudie Sylt dargestellt. Unter Anbindung an das Sylt-GIS wird ein Instrument entwickelt und erprobt, das die (bislang seltene) fachübergreifende Analyse von Klimafolgen unterstützt. Diese mündet zunächst in eine Darstellung des „Systems Sylt“ auf der Grundlage der wichtigsten Prozesse und Randbedingungen. Die auf dieser Basis identifizierten Kernbereiche des „Systems Sylt“ werden in einem weiteren Schritt exemplarisch und unter Einbezug des in den disziplinaren Teilvorhaben der Fallstudie erarbeiteten Wissens einer vertiefenden Analyse unterzogen. Dabei wird erstens auf den Bereich der Folgen eines möglichen Klimawandels eingegangen, zweitens auf vergangene und zukünftig mögliche ökologische Veränderungen und drittens auf das SyltImage. Durch eine detailliertere Analyse des Sylt-Image kann aufgezeigt werden, dass sich eine ganze Reihe zum Teil widersprüchlicher Komponenten finden lassen, deren Kern sich mit dem Begriffspaar „Statik / Dynamik“ umschreiben lässt. Es wird der Schluss gezogen, dass sich der hiermit verbundene scheinbare Gegensatz konstruktiv auflösen lässt. Die so erzielten Erkenntnisse sowie die Ergebnisse der detaillierten Untersuchungen in den beteiligten Teilvorhaben werden vor dem Hintergrund des „Integrierten Küstenmanagement“ (IKM) bewertet, um hieraus Handlungsempfehlungen sowie weiteren Forschungsbedarf abzuleiten. Die Handlungsempfehlungen sind als Vorschläge zu verstehen und umfassen sowohl allgemeine als auch spezifische Aspekte.
Achim Daschkeit, Otto Fränzle, Horst Sterr, Peter Schottes, Winfried Schröder, Frank Bartels
Backmatter
Metadaten
Titel
Klimafolgen für Mensch und Küste
herausgegeben von
Dr. Achim Daschkeit
Dr. Peter Schottes
Copyright-Jahr
2002
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-56369-0
Print ISBN
978-3-642-62711-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-56369-0