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2008 | OriginalPaper | Buchkapitel

Kultur

verfasst von : Frank-Peter Trümper

Erschienen in: Handbuch Corporate Citizenship

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Nachdem die private Kulturförderung in den letzten zehn, zwanzig Jahren nicht nur im Volumen deutlich und nachhaltig gestiegen, sondern auch Gegenstand unzähliger Debatten, Artikel, Handbuchaufsätze und Rankings geworden ist, können viele Fragen, die anfangs noch mit großem Pathos des Grundsätzlichen erörtert wurden, gelassen als geklärt betrachtet werden. Weitgehend Einigkeit besteht mittlerweile über Folgendes:

1.

Die private Kulturförderung hat sich als ein natürliches Element der Finanzierung von kulturellen Einrichtungen und Veranstaltungen nachhaltig etabliert. Allerdings steht sie nach den - oft vergessenen - kommerziellen Erlösen (Eintrittsgelder, Museumsshops etc.) und der staatlichen Finanzierung abgeschlagen erst an dritter Stelle.

2.

Private Kulturförderung - selbst aller Mäzene, Stiftungen, Unternehmen etc. zusammen genommen - bleibt das „Sahnehäubchen“: Trotz der nicht kleinzukriegenden, mal alarmierend, mal akklamierend verwandten rhetorischen Figur vom „Rückzug des Staates“, mit der das Engagement der Wirtschaft für die Kultur immer wieder beschwörend eingefordert bzw. gönnerhaft avisiert wird, kann dieses schon allein angesichts der schieren Größenverhältnisse der Budgets niemals auch nur ansatzweise an die Stelle der Finanzierung durch öffentliche Haushalte treten - nicht einmal, um in irgendeinem signifikanten Umfang mehr als nur punktuell die viel beschworenen Lücken zu füllen. Im Gegenteil: Es sollte offen eingestanden werden, dass der größte Teil der heutigen privaten Kulturförderung überhaupt nur auf Grundlage einer immer schon von der Öffentlichkeit vorgehaltenen Infrastruktur möglich ist.

3.

Die Förderung von Kultur hat mittlerweile einen festen Platz in den Kommunikations-, PR-, Spenden- bzw. Corporate-Citizenship-Budgets der Unternehmen eingenommen und wird in der Kategorie Sponsoring allein vom Sport übertroffen. Ihr Beitrag zur (langfristigen) Image-Bildung ist unbestritten, ihre relative Bedeutung steigt seit vielen Jahren stetig. Ihre Wirkung ist dabei - erschrickt sich hier jemand? - genauso gut oder eher: wenig messbar wie die herkömmlicher Marketing- und PR-Maßnahmen. Alles andere ist Berater-Latein.

4.

Von privater Kulturförderung geht keine Bedrohung für die Kunstfreiheit aus. Spektakuläre Ausnahmen entpuppen sich entweder als Gerüchte oder bestätigen die Regel. Wirtschaft und Kultur sind zwar teilweise immer noch (oder gerade mal wieder?) ideologische, aber sicher keine kommerziellen Antagonisten mehr. Als Geschäftspartner hat man gelernt, sich im Umgang zu professionalisieren und zu respektieren; beide Seiten sind pragmatisch, respektvoll und professionell genug, Geschäfte zum gegenseitigen Nutzen miteinander zu machen. Schon der Gedanke an inhaltliche Einflussnahme wäre ein Zeichen nicht nur mangelnden Kunstverstands, sondern - viel schlimmer - sträflicher Unprofessionalität.

5.

Das Engagement der Wirtschaft hat sicher einen Einfluss auf die Kulturszene als ganze, aber doch höchstens im Maße ihres eher bescheidenen (s.o.) Anteils an der Gesamtfinanzierung. Was viel bedeutender ist: der Einfluss wirkt, wenn überhaupt, in gegensätzliche Richtungen. Während einerseits nicht abzustreiten ist, dass das Engagement von Großunternehmen in Verbindung mit deren Kommunikations- und Reputationsinteressen dem allgemeinen Trend zum Populären, Spektakulären und zum „Event“ Vorschub leistet, nimmt gleichzeitig die Förderung von Randständigem, von Avangarde-Kunst und Experimentellem auch bei den scheinbar eventversessenen Sponsoren zu. Kurz: Kulturförderung durch die Wirtschaft ist ebenso populär wie elitär, wirkt genauso in den Zentren wie regional. Wenn sie überhaupt „verzerrend“ wirkt, dann in ihrer Bevorzugung von Musik und bildender Kunst. Aber, Hand aufs Herz: hatten es Lyrik, modernes Tanztheater oder experimentelle Filmkunst früher leichter?

6.

Die Unterscheidung zwischen „Spende“ und „Sponsoring“ hat sich im Felde der Kulturförderung als weitgehend bedeutungslos erwiesen. In der Praxis bleibt es eine überwiegend fiskalische. Weder auf seiten der Empfänger noch in der Öffentlichkeit wird zwischen Spende und Sponsoring unterschieden (kaum ein Feuilleton-Journalist scheint den Unterschied zu kennen), und auch bei den gebenden Unternehmen darf man nicht unterstellen, dass (rein mäzenatisches) Corporate Citizenship und Marketing durch „Chinese Walls“ strikt voneinander abgeschottet werden könnten: Jede bekannte Spende hat Auswirkungen auf die Reputation des Unternehmers bzw. Unternehmens, und kaum ein Sponsoring für Kultur rechnet sich allein aufgrund der vertraglich vereinbarten geldwerten Gegenleistung (soweit man diese in punkto Imagewirkung, Kontaktzahl, CRM o.ä. überhaupt messen kann - s.o.). Entscheidend bleibt also die Intention - und die ist selbst beim Kultursponsoring aller Erfahrung nach überwiegend altruistisch. Marketing und Corporate Citizenship sollten zwar operativ nichts miteinander zu tun haben. Was sie allerdings indirekt verbindet ist, dass beides nur dann überzeugend ist, wenn es als stimmiger, natürlicher Ausdruck der Identität, der „Haltung“ eines Unternehmens gelten kann. Dann wirkt auch beides auf die Identität positiv zurück: Denn genauso wie gute, konsequente Unternehmenskommunikation (Werbung, Marketing, PR etc.) langfristig die Identität eines Unternehmens prägt, sollte das mäzenatische kulturelle Engagement eines Unternehmens langfristig Teil seiner Identität werden können.

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Metadaten
Titel
Kultur
verfasst von
Frank-Peter Trümper
Copyright-Jahr
2008
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-540-36358-3_31

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