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1984 | Buch

Werkstoffkunde Stahl

Band 1: Grundlagen

herausgegeben von: Verein Deutscher Eisenhüttenleute

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Die technische und wirtschaftliche Bedeutung des Stahls

Frontmatter
A 1. Geschichtlicher Rückblick auf die Entwicklung der Stahlerzeugung bis 1870
Zusammenfassung
Die Entdeckung des Eisens, der Möglichkeit, es aus seinen Erzen zu gewinnen, und seiner vielfältigen Gebrauchseigenschaften brachten gegenüber den bis dahin verwendeten Werkzeugen aus Holz, Stein, Knochen und Bronze eine solche Verbesserung der Lebensbedingungen und Kultur der Menschheit, daß die Historiker mit ihr die Kulturperiode der Eisenzeit als Nachfolgerin der Steinzeit und der Bronzezeit beginnen lassen. Auch wenn man heute wegen des über Jahrhunderte währenden Nebeneinanders von Bronze und Eisen diese Zeitabschnitte in den Begriff „Metalli- cum“ zusammenfaßt [1], so bleibt doch unbestritten, daß die Auffindung und Entwicklung der Eisenwerkstoffe, als deren wichtigster und vielseitigster Vertreter sich der Stahl erwiesen hat, die Möglichkeiten, die Erde zur Verbesserung der Lebensverhältnisse einer ständig sich mehrenden Zahl der Menschen zu nutzen, eindeutig erweitert haben. Nach den bisherigen Ergebnissen der Geschichtsforschung für den Mittelmeerraum und für Europa hat die Erzeugung und Anwendung des Eisens in Kleinasien und Ägypten etwa im 2. Jahrtausend v. Chr. begonnen und sich langsam im Laufe der Jahrhunderte über Griechenland und das Römische Reich nach Mittel- und Nordeuropa ausgebreitet. Im Anfang war das metallische Eisen sehr selten und wurde deshalb als so wertvoll angesehen, daß es bevorzugt zu Schmuck verarbeitet wurde. Man erkannte aber bald seine Überlegenheit gegenüber den bisherigen Materialien für Werkzeuge zur Bearbeitung des Bodens, von Holz und Gestein, für Jagdgeräte und—leicht verständlich—auch für Angriffs- und Verteidigungswaffen
Verein Deutscher Eisenhüttenleute
A 2. Die heutige Bedeutung des Stahls
Zusammenfassung
Für die Zeit von 1870 an ist innerhalb der Vereinten Nationen nachträglich eine alle Länder erfassende Statistik über die Rohstahlerzeugung vereinbart worden, auf der Bild A1 und A 2 fußen [8]. Sie beginnt mit einer Rohstahlerzeugung in der Welt von 9800000 t, an der beteiligt waren Großbritannien mit 34,4%, die Vereinigten Staaten von Amerika mit 16,2%, Deutschland im damaligen Gebietsumfang mit 10,6%, Frankreich mit 10,0%, Belgien mit 8,0%, Österreich-Ungarn mit 3,6%, Schweden mit 2,9%, Italien und Spanien mit je 0,6%, Rußland mit etwa 0,2%, Japan noch gar nicht. Die Länder, die heute der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl angehören, trugen damals rd. zwei Drittel zur Welterzeugung bei; 1982 war ihr Anteil auf 17% gesunken, wenn auch ihre Erzeugung im selben Zeitraum von 6,7 auf 111,3 Mio. t gestiegen ist. In diesen Zahlen kommt zum Ausdruck, in welchem Maße in den letzten 100 Jahren die Erzeugung und damit der Verbrauch von Stahl zugenommen haben, aber auch, daß weit mehr Länder sich an der Stahlerzeugung beteiligen, um den Bedürfnissen der steigenden Zahl von Menschen mit höheren Ansprüchen an ihre Lebensverhältnisse zu genügen.
Verein Deutscher Eisenhüttenleute
A 3. Derzeitige Einteilung des Stahls nach Eigenschaften, Verwendungsbereichen und Erzeugnisformen
Zusammenfassung
Bei der Vielfalt der Stahlsorten und ihrer Erzeugnisformen ist es fast eine Notwendigkeit, zumindest aber angebracht, eine Einteilung nach Gruppen gleichartiger Merkmale anzustreben, sei es im Hinblick auf volkswirtschaftliche Statistiken über Erzeugung, Einfuhr und Ausfuhr, auf technische Erörterungen zwischen Erzeugern, auf Verhandlungen mit Verbrauchern über die für sie in Betracht kommenden Sorten und über Lieferbedingungen, mit Behörden über Zölle und Zulassungen, auf die Aufstellung von Normen, schließlich auch im Hinblick auf planmäßige Sorten- und Kurzbezeichnungen oder Benummerungen.
Verein Deutscher Eisenhüttenleute
A 4. Stahl als unentbehrlicher Bau- und Werkstoff
Zusammenfassung
Die Geschichte—auch der Eisenwerkstoffe—zeigt, daß es im Wettbewerb nicht nur darauf ankommt, die eigenen Erzeugnisse ständig zu verbessern und zu verbilligen, sondern auch dieEntwicklung auf benachbarten Gebieten zu verfolgen. Das gilt erst recht für den Stahl mit seinen weit gestreuten Anwendungsmöglichkeiten. Tabelle A6 möge deshalb über die Menge an den hauptsächlichen Metallen und Stoffen unterrichten, die in der Bundesrepublik Deutschland und in den drei größten Eisenindustrieländern sowie in der Welt erzeugt wurden. In ihr erscheint nur Zement mit einer Erzeugung—und entsprechend einem Verbrauch—ähnlich der des Rohstahls, nämlich von 827 Mio.t im Jahre 1981. Es leuchtet sofort ein, daß in vielen Ländern das Bauen mit Beton und Mauerwerk, zu dem der Zement notwendig ist, noch einfacher und billiger als in der Bundesrepublik ist. Ebenso klar ist aber, daß für diese Bauweisen auch Stahl benötigt wird, er also nicht verdrängt wird. Man denke weiter daran, daß Zement wirtschaftlich nicht ohne Öfen und Mühlen aus Stahl hergestellt werden kann. Die übrigen in Tabelle A6 erwähnten Stoffe bleiben in ihrer Menge weit hinter Stahl zurück. Ein Wettbewerb hat sich nur in kleinen Verwendungsbereichen, z.B. mit Aluminium und Titan im Flugzeugbau, mit Nickel bei Anforderungen an Warmfestigkeit und Hitzebeständigkeit, ergeben. Viel wichtiger ist die Verwendung dieser Stoffe zur Legierung und Oberflächenveredelung des Stahls, wie schon vorher erwähnt wurde.
Verein Deutscher Eisenhüttenleute

Gefügeaufbau der Stähle

Frontmatter
B1. Einleitung
Zusammenfassung
Die verschiedenartigen Mikrogefüge im Werkstoff Stahl bewirken die Vielfalt seiner Eigenschaften. Je besser die Einstellung dieser Mikrogefüge durch die Wahl der chemischen Zusammensetzung und dann durch geeignete thermische und mechanische Behandlungen beherrscht wird, um so eher können Stähle mit gewünschten Eigenschaften gezielt erzeugt werden. Deshalb sollen im folgenden metallkundliche und metallphysikalische Modellvorstellungen zusammengestellt werden, die ein vertieftes Verständnis für die Reaktionen ermöglichen, durch die die Werkstoffgefüge entstehen.
Wolfgang von Pitsch, Gerhard Sauthoff
B2. Thermodynamik des Eisens und seiner Legierungen
Zusammenfassung
Es werden die eine Phasenumwandlung antreibenden Kräfte - kurz: die Umwandlungskräfte - in Anlehnung an die Vorstellungen der Mechanik aus dem Begriff des Potentials - hier: des thermodynamischen Potentials - entwickelt. Dazu wird in diesem Kapitel beschrieben, wie das thermodynamische Potential einer Phase und die aus ihm abgeleiteten integralen und partiellen thermodynamischen Größen bei konstant gehaltenem Druck in Abhängigkeit von der Legierungszusammensetzung und der Temperatur ausgedrückt und zahlenmäßig abgeschätzt werden können. Außerdem werden mit Hilfe atomistischer Vorstellungen die physikalischen Ursachen beschrieben, um dadurch ein besseres Verständnis zu gewinnen. Einige Grundvorstellungen aus dem Gebiet der Thermodynamik metallischer Legierungen werden vorausgesetzt. Für ein umfassenderes Studium sei deshalb auf die Lehrbuchliteratur z.B. [1–6] verwiesen.
Wolfgang Pitsch, Gerhard Sauthoff
B3. Keimbildung
Zusammenfassung
Die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten einer Keimbildung werden hier der Einfachheit wegen am Beispiel der Ausscheidung behandelt. Die erhaltenen Aussagen gelten jedoch sinngemäß auch für die anderen Umwandlungsarten, einschließlich der Erstarrung einer Schmelze und der Rekristallisation. Auf spezielle Gesichtspunkte wird später bei der Behandlung der verschiedenen Umwandlungen hingewiesen.
Wolfgang Pitsch, Gerhard Sauthoff
B4. Diffusion
Zusammenfassung
Die Atome in den Kristalliten eines Metallgefüges sind trotz ihrer dichten Packung nicht fest an ihre Plätze gebunden. Aufgrund ihrer thermischen Energie schwingen sie vielmehr um ihre Ruhelage und wechseln von Zeit zu Zeit sogar ihren Platz. Wenn dieser Vorgang im Mittel bevorzugt in einer Richtung erfolgt und damit zu einem makroskopischen Strom der Atome führt, wird er Diffusion genannt.
Wolfgang Pitsch, Gerhard Sauthoff
B5. Typische Stahlgefüge
Zusammenfassung
Die umfassendste Beschreibung des Gefüges einer Stahlprobe würde darin bestehen, von allen Atomen, die eine solche Probe aufbauen, anzugeben, an welchem Ort sie sich befinden und von welcher chemischen Art sie sind. Diese Gesamtinformation kann aber in der Praxis weder gewonnen werden, noch könnte man sie handhaben. Deshalb muß die Beschreibung eines Gefüges den Beobachtungsmöglichkeiten angepaßt und stark vereinfacht sein [1, 2].
Wolfgang Pitsch, Gerhard Sauthoff
B6. Kinetik und Morphologie verschiedener Gefügereaktionen
Zusammenfassung
Die Wärmebehandlung eines Stahls zur Einstellung eines bestimmten Gefüges wird in der Regel durch eine Glühung im Austenitbereich, d.h. durch das Austenitisieren eingeleitet. Dabei wird der Stahl oberhalb der Temperatur für vollständige Austenitbildung gehalten, um das Gefüge—mehr oder weniger vollständig—in Austenit (γ) umzuwandeln und damit den Ausgangszustand für die folgenden Gefügeumwandlungen einzustellen. Das zu austenitisierende Gefüge ist gewöhnlich ein Gemenge aus Ferrit (a) und Zementit (Θ), das im einzelnen—nach Maßgabe der Legierungszusammensetzung und der vorangegangenen Abkühlung—in Form von z. B. Perlit, Bainit oder/und angelassenem Martensit vorliegt. Demgemäß kann die beim Austenitisieren ablaufende Gefügereaktion pauschal durch α + Θ → γ beschrieben werden. Die dabei ablaufenden Einzelreaktionen sollen näher erläutert werden, um die für die Reaktionsgeschwindigkeit wichtigen Punkte zu verdeutlichen.
Wolfgang Pitsch, Gerhard Sauthoff
B7. Gefügeentwicklung durch thermische und mechanische Behandlungen
Zusammenfassung
Bei der Herstellung metallischer Werkstücke wird in großem Umfang die plastische Formgebung verwendet. Die dadurch im Werkstoff erzeugten Defekte können, wenn das Werkstück noch während der Herstellung auf höheren Temperaturen gehalten oder später wieder erwärmt wird, gewollte oder auch unerwünschte Gefüge- und damit Eigenschaftsänderungen verursachen. Die Grundvorstellungen über die dabei ablaufenden vielfältigen Vorgänge werden in diesem Kapitel besprochen; eingehendere Darstellungen finden sich z.B. in [1–5].
Wolfgang Pitsch, Gerhard Sauthoff
B8. Vergleichende Übersicht über die Gefügereaktionen in Stählen
Zusammenfassung
Die Darstellungen in den vorangehenden Kapiteln zeigen, daß die in Stählen beobachtete Vielfalt der Gefüge ihre Ursache in der großen Zahl möglicher Gefügereaktionen hat. Dabei bestimmen die verschiedenen Geschwindigkeiten der Reaktionen den jeweiligen Anteil am Aufbau des Gefüges und die Geschwindigkeit(en) der dominierenden Reaktion(en) den zeitlichen Verlauf der Gefügebildung. Bei voneinander unabhängigen und dementsprechend konkurrierend nebeneinander ablaufenden Reaktionen (z. B. Ausscheidungen auf den Korngrenzen und im Korn- innern) ist der schnellste Vorgang für den zeitlichen Verlauf der Gefügeeinstellung maßgebend. Bei voneinander abhängigen und damit nacheinander ablaufenden Reaktionen (z.B. einer Austenit-Ferrit-Umwandlung mit anschließender Karbidausscheidung im Ferrit) bestimmt der langsamste Vorgang den zeitlichen Verlauf.
Wolfgang Pitsch, Gerhard Sauthoff
B9. Darstellung der Umwandlungen für technische Anwendungen und Möglichkeiten ihrer Beeinflussung
Zusammenfassung
In B 2 bis B 8 wurden die Thermodynamik und Kinetik der Gefügeausbildungen in Stählen beschrieben. In technischen Prozessen werden in der Regel Ungleichge- wichtszustände angestrebt. In diesem Kapitel soll die Darstellung der Abfolge der Umwandlungen, wie sie bei technischen Wärmebehandlungen auftritt, erläutert werden. Den dafür verwendeten Zeit-Temperatur-Austenitisierungs-Schaubildern und Zeit-Temperatur-Umwandlungs-Schaubildern kann man entnehmen, welche Gefügeanteile bei bestimmten Temperatur-Zeit-Verläufen entstehen. Damit läßt sich der Bereich der Erwärmungen und Abkühlungen abstecken, die zu den gewünschten Gefügen und damit Eigenschaften führen. Umgekehrt kann nach den Zeit-Temperatur-Umwandlungsschaubildern ein Stahl ausgesucht werden, der für einen durch die Fertigungseinrichtungen vorgegebenen Temperatur-Zeit-Verlauf die gewünschte Gefügeausbildung und damit die gewünschten Eigenschaften ergibt.
Hans Paul Hougardy

Die Eigenschaften des Stahls in Abhängigkeit von Gefüge und chemischer Zusammensetzung

Frontmatter
C 1. Mechanische Eigenschaften
Zusammenfassung
Die mechanischen Eigenschaften sind die wichtigsten Gebrauchseigenschaften von Stahl. Erwünscht sind hohe Festigkeit und gute Zähigkeit bei allen Temperaturen und allen Beanspruchungsarten, denen Stahl ausgesetzt ist [1 – 7]. Im folgenden soll zunächst das Fließverhalten ausgehend von der Spannungs-Dehnungs-Kurve bis zu den verschiedenen Möglichkeiten der Festigkeitssteigerung durch Beeinflussung des Gefüges geschildert werden. Die Diskussion der Vorgänge beim Bruch leitet dann über zur Optimierung von Festigkeit und Zähigkeit. Zunächst wird nur das Verhalten bei einsinniger Beanspruchung diskutiert, in einem weiteren Abschnitt wird dann die Auswirkung wechselnder Beanspruchungsrichtungen dargestellt, wobei zwischen der Wirkung von nur wenigen und von sehr zahlreichen Wechseln zu unterscheiden ist. Schließlich werden die mechanischen Eigenschaften bei höheren Temperaturen diskutiert, die eine besondere Behandlung erfordern, da Platzwechselvorgänge während der Beanspruchung ablaufen können. In den einzelnen Teilabschnitten wird jeweils versucht, ausgehend von den Grundvorgängen die Auswirkung des Gefüges auf die für die Anwendung wichtigen Eigenschaften darzustellen, wobei die Anforderungen allerdings genau definiert sein müssen.
Winfried von Dahl
C 2. Physikalische Eigenschaften
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden im ersten Abschnitt die physikalischen Eigenschaften des Eisens besprochen. Hierbei wird zunächst das Eisen in seiner bei der jeweiligen Temperatur stabilen Modifikation betrachtet. Danach werden im zweiten und dritten Abschnitt die einphasigen Eisenmischkristalle behandelt. Hier treten in der kubisch-flächenzentrierten Modifikation Besonderheiten auf, die nur verständlich sind, wenn man auch einige besondere Eigenschaften des kubisch-flächenzentrier- ten reinen Eisens im instabilen Tieftemperaturbereich kennt. Diese Kenntnisse werden im Abschnitt C 2.1.7 dargelegt. Wie die technologischen Eigenschaften, z. B. die Plastizität, hängen auch die physikalischen Eigenschaften zum Teil von weiteren Gefügeeinflüssen wie Gitterstörungen und Mehrphasigkeiten ab. Dies wird im abschließenden Abschnitt C2.4 erörtert.
Werner von Pepperhoff
C 3. Chemische Eigenschaften
Zusammenfassung
Das Eisen und die Legierungselemente, die in Stählen verwendet werden, sind gegenüber den Komponenten der sie bei ihrem Einsatz umgebenden Phasen ther- modynamiseh praktisch ausnahmslos nicht stabil. So wie Eisen und die Legierungselemente auf der Erde fast ausschließlich nicht als Elemente, sondern als Verbindungen vorkommen, aus denen sie mit Hilfe metallurgischer Prozesse unter Energieaufwand freigesetzt werden, so gehen sie durch Reaktion mit Sauerstoff, Wasser und anderen angreifenden Stoffen unter Freisetzung von Energie wieder in Metallverbindungen über. Schon in biblischen Zeiten war dieser Sachverhalt bekannt; so heißt es bei Mathäus: „Ihr sollt Euch nicht Schätze sammeln auf Erden, da sie die Motten und der Rost fressen, und da die Diebe nachgraben und stehlen.“ Der Ablauf solcher unerwünschter Reaktionen von Werkstoffen mit ihrer Umgebung heißt Korrosion.
Hans-Jürgen Von Engell, Hans Jürgen Grabke
C 4. Eignung zur Wärmebehandlung
Zusammenfassung
In B 9 ist die Beschreibung der Umwandlung der Stähle unter technischen Bedingungen durch ZTA- und ZTU-Schaubilder dargestellt worden. Aus derartigen Angaben läßt sich der Einfluß der chemischen Zusammensetzung auf das Umwandlungsverhalten ablesen, der für einige Stahlgruppen über Interpolationspolynome berechnet werden kann. In der praktischen Anwendung stehen die für Verarbeitung und Verwendung gewünschten Eigenschaften im Vordergrund. Aus den Anforderungen an sie ergeben sich die anzustrebenden Gefüge, aus den Abmessungen und den vorgesehenen Fertigungsverfahren das für die Erzeugung der angestrebten Gefüge zu fordernde Umwandlungsverhalten und damit die zweckmäßige chemische Zusammensetzung des Stahls. Diese Zusammenhänge werden nachstehend dargestellt.
Hans Paul von Hougardy
C 5. Eignung zum Schweißen
Zusammenfassung
Als Schweißen bezeichnet man das „… Vereinigen von Werkstoffen in der Schweißzone unter Anwendung von Wärme und/oder Kraft ohne oder mit Schweißzusatz“ [1].
In diesem Kapitel soll das Verhalten des Werkstoffs beim Schweißen im Vordergrund stehen. Die durch bestimmte Konstruktionen oder Arbeitsweisen bedingten Schweißverfahren gehen über das durch sie vorgegebene Wärmeeinbringen in die Betrachtungen ein. Sie werden daher lediglich in einer Übersicht behandelt. Ebenso werden verfahrensbedingte Fehler, wie Bindefehler, nicht besprochen. Prüfverfahren werden nur so weit erwähnt, wie es erforderlich ist, um ihren Beitrag zum Beschreiben des Werkstoffverhaltens zu kennzeichnen.
Hans Paul von Hougardy
C 6. Warmumformbarkeit
Zusammenfassung
Entgegen früheren Festlegungen, nach denen eine Warmumformung eine Umformung metallischer Werkstoffe oberhalb ihrer Rekristallisationstemperatur bedeutete, versteht man heute unter Warmumformung jede Umformung, die mit einem (absichtlichen) Anwärmen des Umformgutes verbunden ist (s. z..B. DIN 8583, Blatt 1). Das Verhalten eines Werkstoffs bei der Warmumformung wird mit Warmumformbarkeit bezeichnet.
Peter-Jürgen von Winkler, Winfried Dahl
C 7. Kalt-Massivumformbarkeit
Zusammenfassung
Die Kaltumformbarkeit ist eine Eigenschaft, zu deren Kennzeichnung und Beurteilung Bewertungsgrößen herangezogen werden, die von der Erzeugnisform nicht ganz unabhängig sind. Daher kann die Kaltumformbarkeit von Stahl nicht als solche, d. h. mehr oder weniger losgelöst von den Erzeugnisformen und auch von bestimmten Stahlsorten behandelt werden, wie es eigentlich in den Kapiteln des Teils C sein sollte. Vielmehr wird nach Kaltumformbarkeit von Flachzeug (d. h. von Erzeugnissen, deren Breite viel größer als die Dicke ist, s. Euronorm 79), behandelt in C 8, und nach Kaltumformbarkeit von anderen Erzeugnisformen (d. h. von massiven Formen im Gegensatz zu Flacherzeugnissen), behandelt in diesem Kapitel C 7, unterschieden.
Werner von Schmidt
C 8. Kaltumformbarkeit von Flachzeug
Zusammenfassung
Zum Flachzeug, das für eine Kaltumformung vorgesehen ist, gehört nicht etwa nur kaltgewalztes Tiefziehblech, das vorwiegend für Karosserieteile von Automobilen Verwendung findet, vielmehr ist dazu eine breite Palette von warm- und kaltgewalzten Stählen zu zählen, die sich hinsichtlich
Dickenabmessung: von 0,17 mm (Feinstblech) bis 16 mm (Grobblech), Festigkeitsniveau: Streckgrenzen von 120 N/mm2 (Tiefziehstähle) bis 800 N/mm2 (bainitische Sonderbaustähle) und
Art des Korrosionsschutzes: Oberflächenveredlung durch metallische oder anorganische Überzüge oder durch organische Beschichtung.
Wolfgang von Müschenborn, Dietmar Grzesik, Werner Küppers
C 9. Zerspanbarkeit
Zusammenfassung
Es gibt nur wenige Bauteile, Geräte und Werkzeuge aus Stahl, die nicht zu irgendeinem Zeitpunkt ihrer Fertigung durch Zerspanen—Drehen, Bohren, Fräsen, Sägen, Honen, Schleifen, Polieren—bearbeitet worden sind. Besonders bei Bauteilen, die aus Freiform- und Gesenkschmiedestücken, Stahlformguß- und Fließpreßteilen oder aus Stabstahl hergestellt werden, ist zur Erzielung ihrer Endform und der erforderlichen Oberfläche in den meisten Fällen eine aufwendige Zerspanungsarbeit nötig. Im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Verfahrenssicherheit muß deshalb auf gute Zerspanbarkeit der verwendeten Stähle, vor allem bei der Serienfertigung, großer Wert gelegt werden.
Walter von Knorr, Hans Vöge
C 10. Verschleißwiderstand
Zusammenfassung
Unerwünschte Abtragungen und Veränderungen des Werkstoffs an der Oberfläche von Gegenständen, die durch wiederholte, vorwiegend mechanische Wechselwirkungen mit anderen Körpern oder Stoffen beim Gebrauch entstehen, faßt man unter dem Sammelbegriff Verschleiß zusammen und versteht unter ihm sowohl die Vorgänge selbst als auch ihre Wirkungen [1]. Die Abtragungen werden als Längen-, Flächen-, Volumen- oder Masseverlust ausgedrückt und heißen Verschleißbetrag; sie werden auf Beanspruchungsdauer oder -weg bezogen als Verschleißratebzztioh- net. Der Kehrwert des Verschleißbetrags ist der Verschleißwiderstand [2].
Erdmann von Stolte
C 11. Schneidhaltigkeit
Zusammenfassung
Schneidhaltigkeit wird in einigen normähnlichen Schriften [1] wie folgt definiert: „Eigenschaft einer Werkzeugschneide, bei gegebener Schneidkeilgeometrie die Beanspruchung beim Abtrennen von Spänen von einem Werkstoff unter gegebenen Bedingungen eine bestimmte Zeit zu ertragen.“ Dies gilt offensichtlich für spanende Werkzeuge. Es gibt aber viele Werkzeuge mit Schneiden—z.B. Messer und Scheren im Haushalt, im Handwerk und in der Industrie die zum spanlosen Zerteilen der unterschiedlichsten Stoffe bestimmt sind. Da auch für sie Schneidhaltigkeit eine wichtige Eigenschaft ist, muß die Begriffsbestimmung weitergefaßt werden, etwa wie folgt: „Eigenschaft einer Werkzeugschneide, bei gegebener Schneidengeometrie die Beanspruchung beim spanenden und spanlosen Trennen eines Werkstoffs unter gegebenen Bedingungen eine bestimmte Zeit zu ertragen.“
Hans-Josef von Becker
C 12. Eignung zur Oberflächenveredlung
Zusammenfassung
Zur Oberflächenveredlung zählen alle Verfahren, die Stahlerzeugnissen zusätzliche Eigenschaften, vor allem einen größeren Widerstand gegen Korrosion und Oxidation, aber auch ein dekoratives Aussehen verleihen. Der Zustand des Grundwerkstoffs Stahl wird dabei im wesentlichen durch die mechanisch-technologischen Eigenschaften bestimmt, die von ihm im Hinblick auf die Verarbeitung und den Gebrauch gefordert werden. Daher ist die Anwendung der Verfahren zur Oberflächenveredlung nicht auf bestimmte Stahlsorten oder Erzeugnisformen beschränkt, sie werden vielmehr bei Werkstoffen mit durchaus unterschiedlichen Eigenschaften und Verwendungsbereichen eingesetzt. Dennoch nimmt bei der Oberflächenveredlung kaltgewalztes Band mit guten Umformeigenschaften aus den entsprechenden Stählen den bei weitem breitesten Raum ein. Daher auch steht in diesem Kapitel, dessen Inhalt wie bei allen Beiträgen des Teils C an sich von der Erzeugnisform unabhängig sein sollte, die Oberflächenveredlung des kaltgewalzten Stahlbandes manchmal im Vordergrund oder wird sogar, wie in C12.7, ausschließlich behandelt.
Ulrich von Tenhaven, Yves Guinomet, Dietrich Horstmann, Lutz Meyer, Werner Pappert
Backmatter
Metadaten
Titel
Werkstoffkunde Stahl
herausgegeben von
Verein Deutscher Eisenhüttenleute
Copyright-Jahr
1984
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-82091-5
Print ISBN
978-3-642-82092-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-82091-5