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2002 | Buch

Geschäftsbeziehungen und die Institutionen des marktlichen Austauschs

verfasst von: Prof. Dr. Frank Jacob

Verlag: Deutscher Universitätsverlag

Buchreihe : Business-to-Business-Marketing

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Wroe Aldersons Werk aus den Jahren 1957 und 1965 kann als einer der frühesten Beiträge zur Entwicklung einer umfassenden Marketingtheorie angesehen werden.1 Anbietende Unternehmen werden von ihm als soziale Systeme interpretiert, deren Überlebensfähigkeit an das Vorhandensein von Wettbewerbsvorteilen gebunden ist.2 Weil sich der Wettbewerbsvorteil stets erst aus einem Vergleich unterschiedlicher, um den gleichen Bedarf konkurrierender Angebote ergibt, handelt es sich dabei um eine relative Größe („differential advantage“3). In diesem Zusammenhang formuliert Alderson nun wie folgt: „The highest form of a differential advantage is the advantage which an aggressive marketing organization may obtain over its competitors in securing co-operation from its customers or its suppliers.“4 Er unterstreicht damit die Bedeutung von dem, was wir heute als Geschäftsbeziehung bezeichnen, sowohl auf den Absatzmärkten eines Unternehmens als auch auf dessen Beschaffungsmärkten.5 Wie für jeden Wettbewerbsvorteil gilt jedoch: „Just as in the simpler forms of differential advantage, there is no assurance of holding on to such a competitive advantage.“6 Geschäftsbeziehungen sind in diesem Sinne also nicht nur ein beachtenswertes Phänomen, sondern auch ein Gegenstand unternehmerischen Handelns bzw. ein Managementobjekt.7 Sowohl die grundsätzliche Bedeutung also auch die Problematik des Managements von Geschäftsbeziehungen betonen auch die Ergebnisse einer Expertenbefragung auf der Basis der Delphi-Methode des Arbeitskreises „Das Unternehmen im Markt“ der Schmalenbachgesellschaft — Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. aus dem Jahr 1998, womit die andauernde Aktualität der Thesen Aldersons belegt wäre. Plinke unterstreicht, dass Geschäftsbeziehungen insbesondere für das Marketing im Business-to-Business-Sektor bedeutsam sind: „Investitionsgüter-Marketing ist in diesem Bereich in besonderem Maße Management von Geschäftsbeziehungen.“8 Zu seiner Zeit konstatierte Alderson ein generelles Defizit an theoretischer Durchdringung des Phänomens der Geschäftsbeziehung: „Marketing cries out for a theory of cooperation to match the theory of competition.“9 Ein Interessendefizit existiert heute sicherlich kaum noch. Zu erkennen ist dies unter anderem daran, dass das Geschäftsbeziehungs-bzw. Relationship-Marketing sowohl in der Forschung als auch in der Lehre als eigenständiger Bereich, beispielsweise neben einem Konsumgüter-, einem Dienstleistungs- und einem Investitionsgütermarketing, verankert ist. In Deutschland ist beispielsweise auf die Aktivitäten der Arbeitsgruppe,Beziehungsmanagement’ innerhalb der Kommission Marketing im Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft zu verweisen.10 Die American Marketing Association führt eine ‚special interest group‘ zum Thema ‚Relationship Marketing‘. Sowohl auf nationaler als auch auf internationalen Ebene finden regelmäßig Konferenzen zum Thema der Geschäftsbeziehung statt.11 Konferenzen zum Marketing im allgemeinen widmen entsprechenden Fragen eigene Veranstaltungsblöcke. Spezielle Lehrbüchern zum Geschäftsbeziehungsmarketing sowie Sammelbände liegen ebenfalls vor.12
Frank Jacob
2. Problemstellung und Vorgehensweise
Zusammenfassung
Mit Bezug auf Alderson wurde der Betrachtungsgegenstand dieser Arbeit in allgemeiner Art beschrieben. Jedoch wurde noch keine spezielle Fragestellung festgelegt, die beantwortet werden soll. Die Präzisierung dieser Fragestellung ist Gegenstand dieses Teils. Zur Vorbereitung der Formulierung dieser Fragestellung soll zunächst unser Verständnis dessen, was mit dem Begriff der ‚Geschäftsbeziehung‘ im modernen Marketing überhaupt gemeint ist, präzisiert werden. Außerdem soll ein Nachweis darüber erfolgen, dass Geschäftsbeziehungen in diesem Sinne fur das moderne Marktgeschehen von herausragender Bedeutung ist. Nur dann, wenn eine solche Relevanz gegeben ist, erscheint die Beschäftigung mit dem Phänomen der Geschäftsbeziehung gerechtfertigt. Eine weitere Voraussetzung für eine solche Beschäftigung liegt allerdings darin, dass das Phänomen als Gegenstand oder Einflussfaktor des Managementhandelns — insbesondere von Anbietern — problematisiert werden kann. Wir wollen daher aufzeigen, dass die Förderung des Wiederkaufverhaltens von Nachfragern in der Tat eine Maxime für das Handeln der Anbieter darstellt. Die möglichen Felder für ein solches Handeln sind vielfältig. Eine Eingrenzung erscheint daher notwendig. Für unsere Arbeit soll die Heterogenität von Geschäftsbeziehungen im Vordergrund stehen. Marktliche Heterogenität ist typischer Weise ein Gegenstand des Marketing-Management, was sich etwa in der Bedeutung niederschlägt, die dem Konzept der Marktsegmentierung zugemessen wird. Es soll daher kurz aufgezeigt werden, inwiefern sich diese allgemeine Bedeutung der marktlichen Heterogenität für das Marketing-Management auch auf den Bereich der Geschäftsbeziehungen übertragen lässt, welche bisherigen Ansätze vorliegen und welche speziellen Fragen dabei offen bleiben. Diese Fragen stellen das konkrete Untersuchungsanliegen unserer Arbeit dar. Schließlich soll mit einer Theoriewahl die Betrachtungsperspektive festgelegt werden, unter der die Analyse durchgeführt wird. Ebenso wird der weitere Verlauf der Arbeit dargestellt.
Frank Jacob
3. Theorie der Institutionen des marktlichen Austauschs
Zusammenfassung
Besondere Beachtung im Zusammenhang der institutionellen Mikroökonomik verdient zunächst ein Beitrag von Kleinaltenkamp, der explizit der Interpretation der Geschäftsbeziehung als Institution gewidmet ist. Ein Fazit lautet dort: „Es wurde gezeigt, dass auch Geschäftsbeziehungen als Institutionen im Sinne der Neuen Institutionenökonomie anzusehen sind“138. Kritisch muss allerdings bereits an dieser Stelle angemerkt werden, dass die vorliegenden Beiträge zum Thema der institutionellen Interpretation von Geschäftsbeziehungen in aller Regel eine funktionalistische Perspektive einnehmen. Das Wesen einer Institution wird dabei reduziert auf ihre Funktion zur Vermeidung bzw. Verringerung von Unsicherheit.139 Insofern kann auch die institutionentheoretische Interpretation der Geschäftsbeziehung noch nicht als befriedigend bzw. abgeschlossen angesehen werden — wenigstens aus der Perspektive des an dieser Stelle zugrunde liegenden Forschungsinteresses. Insbesondere bleibt zunächst zu klären, was überhaupt unter einer Institution zu verstehen ist.
Frank Jacob
4. Institutionenökonomische Modellierung des Wiederkaufverhaltens
Zusammenfassung
Im Teil 1 dieser Arbeit war das Phänomen der Geschäftsbeziehung insbesondere als Transaktionssequenz zwischen identischen Marktpartnern mit ‚innerer Verbindung‘ gekennzeichnet worden. Anschließend wurde aufbauend auf den Grundaussagen der Institutionentheorie ein Funktionsmodell für Institutionen des marktlichen Austauschs entwickelt. Im folgenden soll nun aufgezeigt werden, dass die Sequentialität von Transaktionen zwischen einem gegebenen Anbieter und einem gegebenen Nachfrager tatsächlich eine Konsequenz bestimmter Institutionen des marktlichen Austauschs sein kann. Dieser Nachweis soll auf dem Boden der ‚Neuen Institutionenökonomik‘ erfolgen.327 Das Werk von Oliver E. Williamson mit dem Titel ‚Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus‘328 aus dem Jahr 1990 gilt als eine der zentralen Quellen im Schrifttum zur neuen Institutionenökonomik.329 Aufgrund dieser zentralen Bedeutung soll es an dieser Stelle intensivere Berücksichtigung finden. Im Folgenden werden daher zunächst in knapper Form die zentralen Inhalte wiedergegeben. Dabei kommt dem sogenannten Unterpfandmodell eine besondere Rolle zu. Anschließend soll eine Modifikation dieses Unterpfandmodells vorgenommen werden, die dem speziellen Forschungsanliegen dieses Beitrages entspricht.
Frank Jacob
5. Zwischenfazit: Institutionen und Wiederkaufverhalten
Zusammenfassung
Die Ergebnisse der Untersuchungen aus den Teilen 1 und 1 erlauben uns nun zunächst eine Präzisierung des Zusammenhangs zwischen dem Konstrukt der Institution und dem Phänomen des Wiederkaufverhaltens bzw. der Geschäftsbeziehung. Widerlegt erscheint zunächst die Aussage, dass es sich bei einer Geschäftsbeziehung, jedenfalls so wie der Begriff an dieser Stelle verstanden wird, grundsätzlich um eine Institution handelt. Vielmehr sind die unterschiedlichen Arten von Institutionen zu unterscheiden, die jeweils einen anderen Zusammenhang zur Geschäftsbeziehung bzw. zu einem Wiederkaufverhalten des Nachfragers aufweisen.429 Die Kausalzusammenhänge zwischen der Effizienz einer Institution und der Neigung eines Nachfragers zum Wiederkaufverhalten bei Pfand bzw. Vertrag auf der einen Seite sowie bei dem bilateralen Verhaltensprogramm auf der anderen Seite weisen dabei in der Tat in eine entgegengesetzte Richtung. Für Vertrag und Pfand sind diese ursächlichen Zusammenhänge zunächst schematisch in Abb. 32 wiedergegeben.
Frank Jacob
6. Marktprozesstheoretische Untersuchung des Wiederkaufverhaltens
Zusammenfassung
Wie vorne bereits erläutert werden die Marktprozesstheorie österreichischer Prägung und die Neue Institutionenökonomik oftmals ein einem Atemzug genannt, in dem sie als Partialansätze der institutionellen Mikroökonomik eingeordnet werden.431 Was beide Bereiche sicherlich vereint, ist die explizite Gegenposition zur neoklassischen Mikroökonomik und deren Prämissen.432 Insbesondere die Annahme, dass die Informationen für alle Marktteilnehmer vollkommen sind, wird abgelehnt. Sowohl die Marktprozesstheorie als auch die Neue Institutionenökonomik gehen im Gegensatz dazu von unvollständigen Informationen für die beteiligten Marktakteure aus. Marktakteure zeichnen sich durch eine asymmetrische Verteilung des Wissens aus. Allerdings werden solche Asymmetrien in der Neuen Institutionenökonomik und in der österreichischen Marktprozesstheorie durchaus unterschiedlich behandelt. Die Neue Institutionenökonomik beleuchtet Wissensasymmetrie in erster Linie aus der Perspektive desjenigen Akteurs, der über einen Wissensnachteil verfügt. Der korrespondierende Wissensvorteil des Marktpartners wird primär als eine potentielle Bedrohung für den benachteiligten Akteur angesehen. Sowohl der Transaktionskostenansatz Williamson’scher Prägung als auch der so bezeichnete Prinzipal-Agent-Ansatz433 als Partialansätze der Neuen Institutionenökonomik sind grundsätzlich daraufhin ausgerichtet, sogenannte Transaktionsdesigns zur Bewältigung dieser Bedrohung zu entwickeln oder Instrumente zur Bewertung entsprechender Vorschläge zur Verfügung zu stellen. Ganz im Gegensatz dazu steht die Marktprozesstheorie österreichischer Prägung434, wo Ungewissheit nicht als Bedrohung, sondern sogar als Triebkraft für den Marktprozess angesehen wird.435 Im Sinne der Schumpeter’sehen Argumentation ist der erfolgreiche Unternehmer sogar dadurch charakterisiert, dass er Unsicherheit in das Marktgeschehen hinein trägt.436
Frank Jacob
7. Zwischenfazit: Determinanten des Wiederkaufverhaltens
Zusammenfassung
Geschäftsbeziehung manifestieren sich immer in Transaktionen. Transaktionen sind Gegenstand betrieblicher Entscheidungen und zwar sowohl einer Entscheidung des Anbieters als auch einer Entscheidung des Nachfragers. Im Rahmen der Abgrenzung von Geschäftsbeziehungen hatten wir die — jedenfalls juristische — Unabhängigkeit dieser Entscheidungen zum konstituierenden Merkmal gemacht. Insofern ist jede gegenwärtige Transaktion durch eine gegenwärtige Entscheidung gekennzeichnet. Die ökonomischen Akteure, also Anbieter und Nachfrager — treffen gegenwärtige Entscheidungen aufgrund von Nettonutzenvorteilen. Nettonutzenvorteile werden geprägt durch Ressourcen. Ressourcen betreffen sowohl die Leistung, die der Akteur in einen Tausch einbringt, als auch die Gegenleistung, die für den Akteur aus dem Tausch resultiert. Eine Ressourcensaldierung reicht jedoch noch nicht aus, um den Nettonutzenvorteil zu bestimmen. Vielmehr muss der Ressourcensaldo, welcher entstehen würde aus dem Tausch mit einem gegebenen Partner, verglichen werden mit anderen Ressourcensalden, wie sie entstehen würden aus dem Tausch mit alternativen Partnern. Der Nachfrager wird den Tausch mit dem gegebenen Partner unternehmen, wenn dieser Tausch einen positiven Nettonutzenvorteil aufweist. Ein positiver Nettonutzenvorteil des Anbieters macht die Transaktion für den Anbieter attraktiv, versetzt ihn aber auch in die Lage, einen weniger vorteilhaften Nettonutzenvorteil des Nachfragers noch zu verbessern.
Frank Jacob
8. Institutionen und die Heterogenität von Geschäftsbeziehungen
Zusammenfassung
Heterogenität der marktlichen Akteure ist seit langem Gegenstand der Marketingforschung. Auf die grundlegende Bedeutung dieser Erkenntnis im Hinblick auf die Heterogenität der Nachfrager hatten wir im Zusammenhang von Teil 2.4 hingewiesen, auf die Bedeutung der Heterogenität des Angebots im Teil 6.1.1 mit besonderem Verweis auf die Arbeit von Rese. In den Teilen 1 und 1 hatten wir das Wiederkaufverhalten unter besonderer Berücksichtigung von Institutionen modelliert, waren jedoch zu dem Schluss gekommen, dass aus der Wahl der Institution für die Durchführung von Transaktionen in monokausaler Art und Weise noch kein eindeutiger Rückschluss auf das Wiederkaufverhalten zu ziehen ist. Mit der gleichen Proble­matik sind die allgemeine Ansätze der Marktsegmentierung ebenfalls konfrontiert. Dennoch wurden dort entsprechende Ansätze entwickelt, die dem betrieblichen Entscheider ein Management der Heterogenität ermöglichen.576 Sie haben somit einen situativen Charakter. Um zu überprüfen, ob diese Vorgehensweise auch für das Management der Heterogenität von Geschäftsbeziehungen herangezogen werden kann, soll zunächst ein Grundmodell der Vorgehensweise bei der Marktsegmentierung vorgestellt werden.
Frank Jacob
9. Zusammenfassung der Ergebnisse
Zusammenfassung
Im folgenden sollen die Ergebnisse unserer Untersuchung nun zusammengefasst werden. Diese Zusammenfassung muss natürlich vor dem Hintergrund unserer Ausgangsfragestellung erfolgen, wie sie im Teil 1 und dort speziell im Teil 2.4 formuliert worden war. Zu konstatieren ist in jedem Falle, dass die Beantwortung dieser Fragestellung nicht in dem Maße gelungen ist, dass die Ergebnisse in umfassende und weitgehende praktische Handlungsempfehlungen für betrieblicher Entscheider umgesetzt werden können — abgesehen von den Ausführungen im Teil 8.4.3. Aus diesem Grunde erscheint es uns angebracht, zum Abschluss der Arbeit auch noch einige Hinweise zu geben, in welche Richtung der vorgestellte Ansatz weiterentwickelt werden könnte, damit auch diesem Aspekt der praktischen Umsetzung besser Rechnung getragen werden kann.
Frank Jacob
Backmatter
Metadaten
Titel
Geschäftsbeziehungen und die Institutionen des marktlichen Austauschs
verfasst von
Prof. Dr. Frank Jacob
Copyright-Jahr
2002
Verlag
Deutscher Universitätsverlag
Electronic ISBN
978-3-663-10151-2
Print ISBN
978-3-8244-7745-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-663-10151-2