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07.12.2015 | Marketing + Vertrieb | Interview | Online-Artikel

"Vielen Marken fehlt eine klare Identität"

verfasst von: Anja Schüür-Langkau

3:30 Min. Lesedauer

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Marken werden in Zeiten der Digitalisierung immer austauschbarer. Im Interview erläutert Springer-Autor Christoph Burmann, die das Konzept der identitätsbasierten Markenführung dabei helfen kann, Marken zu emotionalisieren und zu stärken.

Springer für Professionals: Welchen Herausforderungen steht das Markenmanagement heute gegenüber?

Christoph Burmann: Kernproblem ist, dass die Zahl der angebotenen Marken dramatisch wächst (Markeninflation). Ursache hierfür ist vor allem die Digitalisierung beziehungsweise das Internet. Dadurch haben Nachfrager – in B2B und B2C-Märkten – heute weitaus mehr Kaufalternativen als früher. Innerhalb weniger Sekunden bietet das Smartphone (oder andere elektronische Geräte) heute eine kaum noch überschaubare Vielzahl an Marken zum Kauf an.

Die Darstellung vieler dieser Marken reduziert sich dabei oft auf wenige Schlüsselreize, zu denen vor allem der Preis und wenige technische Merkmale zählen. Diese abgespeckte, nur schwach emotionalisierende Darstellung verstärkt beim Käufer den Eindruck, die meisten Marken seien heute austauschbar. Das besondere Problem dabei ist, dass viele Markenmanager diese Gefahr für ihre Marke nicht erkennen, weil sie von der Digitalisierung und ihren vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten total begeistert sind. Zudem wird durch diese undifferenzierte Faszination für neue Technologien schnell vergessen, dass diese neuen Möglichkeiten allen Wettbewerbern zur Verfügung stehen. Es wird auch übersehen, dass sich Marken gestern wie heute bedeutungsvoll differenzieren müssen, um im Wettbewerb auf Dauer bestehen zu können.

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Woran liegt es aus Ihrer Sicht, dass sich Marken immer weniger differenzieren?

Burmann: Es fehlt vielen Marken heute aus meiner Sicht an einer klaren Identität, das heißt einer festen von allen Markenmitarbeitern getragenen Überzeugung (Wofür steht unsere Marke ?). Nichts ist emotionaler als eine von Menschen vehement und konsequent vorgetragene und tagtäglich gelebte Überzeugung. Insoweit erklärt der Mangel an Identität auch den Mangel an Emotionalität bei vielen Marken. Das ist fatal, denn in Zeiten immer schnellerer Imitation technischer Innovationen kommt Emotionen für die Kaufentscheidung heute eine wesentlich größere Bedeutung zu als früher.

Was kann das Konzept der identitätsbasierten Markenführung dazu beitragen, die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen?

Burmann: Unser Konzept zeigt, wie Marken durch die Entwicklung und interne Verankerung einer Identität das jobbezogene Verhalten aktueller und potenzieller Mitarbeiter und das Kaufverhalten der Nachfrager gezielt steuern können.

Wodurch zeichnen sich starke Marken aus?

Burmann: Dadurch, dass sie Verhalten von Menschen in hohem Maße beeinflussen. Markenstärke ist insoweit ganz einfach definiert. Sie ist das Ausmaß der Verhaltensrelevanz einer Marke bei allen ihren Anspruchsgruppen (intern und extern). Nur durch verändertes Verhalten können letztlich die finalen ökonomischen Ziele einer Marke erreicht werden. Alles andere ist „heiße Luft“ oder, etwas freundlicher formuliert, die Erreichung von Zwischenzielen.

Was müssen Unternehmen bei der Positionierung im Konzept der identitätsbasierten Markenführung beachten?

Burmann: Eine erfolgreiche Markenpositionierung baut im Kern auf einem klaren, für das Kaufverhalten der Zielgruppe relevanten, wettbewerbsdifferenzierenden und authentischen Nutzenversprechen auf. Mit anderen Worten: Was die Marke verspricht, muss die Zielgruppe interessieren, sich von den Konkurrenten deutlich unterscheiden und von der Marke an allen Brand Touch Points auch tatsächlich eingelöst und abgeliefert werden.

Was sind heute die größten Herausforderungen für das Markencontrolling?

Burmann: Ich könnte auf viele Aspekte eingehen, möchte mich aber auf die aus meiner Sicht größte Herausforderung konzentrieren: Den richtigen Umgang mit der Markenbewertung. Auch nach vielen Jahren intensiver Auseinandersetzung mit der finanziellen Bewertung von Marken herrscht in der Praxis und teilweise auch in der Wissenschaft immer noch ein diffuses, verkürztes oder sogar falsches Verständnis der Markenbewertung. Mir scheint, die im Markt zu beobachtende Dominanz der Wirtschaftsprüfer, Controller und anderer Technokraten hat der Markenbewertung in den letzten Jahren mehr geschadet als genützt.

Zur Person
Prof. Dr. Christoph Burmann ist Inhaber des Lehrstuhls für Innovatives Markenmanagement (LiM) an der Universität Bremen. In seinem Buch "Identitätsbasierte Markenführung", liefern er und seine Mitautoren Dr. Tilo Halaszovich, Dr. Michael Schade und Frank Hemmann, einen Überblick über die identitätsbasierte Markenführung. Im Mittelpunkt stehen die Gestaltung der Markenidentität als interne Seite einer Marke und das hieraus extern resultierende Markenimage bei den Nachfragern.
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