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03.01.2017 | Mitarbeitermotivation | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wenn der Chef Innovationen blockiert

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

4:30 Min. Lesedauer

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In Deutschland tut man sich mit Innovation und Kreativität schwer, behauptet eine Studie und zeigt auf, wo es hakt. Nämlich beim Chef, der Ideen blockiert. Dabei wollen Mitarbeiter mehr Freiheit und weniger Hierarchie.

"Innovationen oder Veränderungen entstehen, wenn die Menschen können, wollen und dürfen", sagt der ehemalige Vorstand der IG-Metall, Ulrich Klotz und trifft damit auf einen Nerv. Knapp 1.200 deutsche Arbeitnehmer haben in der Studie  "Der Ruf nach Freiheit" von Zukunftsallianz Arbeit & Gesellschaft e.V. (ZAAG), Gesellschaft für Wissensmanagement e.V. (GfWM) und dem Personaldienstleister Hays ihren Wunsch nach mehr Demokratie und Mitspracherecht geäußert. Doch die Realität hinkt dem Ideal weit hinterher. In den meisten Betrieben fühlt sich das Klima, das Innovation zum Gedeihen bringen soll, noch so an: starre Hierarchien, keine Experimentierkultur und Chefs, die Ideen blockieren. All das engt eine motivierte Belegschaft ein und verhindert nachhaltig engagierte Mitarbeit. Drei von vier Befragten fordern deshalb mehr Freiheit und Souveränität bei der Gestaltung ihrer Arbeit. Manager sind damit aufgefordert, den über Generationen eingefahrenen Führungsanspruch zu überdenken.

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Den Chef auf Zeit wählen

Wie sollte eine Arbeitswelt aussehen, die sich innovationsförderlich nennen darf und wie frei sollen sich Mitarbeiter darin bewegen dürfen? Um das herauszufinden, befragte der Lehrstuhl für Strategie und Organisation der TU München Berufstätige von 18 bis 65 Jahren aller Hierarchieebenen und Betriebsgrößen nach ihrer subjektiven Einschätzung. Das Ergebnis wurde von Experten der drei Studienherausgeber diskutiert und in ein Sieben-Thesen-Manifest für zukunftsfähige innovative Arbeitswelten und neue Management Methoden verwandelt. Warum es an der Zeit ist Hierarchien zu ebenen und Mitarbeiter im besten Wortsinn "mit-arbeiten" zu lassen, beantwortet die Studie deutlich. Denn, obwohl mehr als die Hälfte aller Befragten ihre Organisation als durchaus flexibel erleben: Aus der Froschperspektive heraus werden Gestaltungsspielräume und freiheitliche Strukturen so stark vermisst, dass die die meisten Betriebsangehörigen sich wünschen, in das herrschende Führungsverständnis eingreifen und über die Menschen im Chefsessel mitbestimmen zu dürfen. Oder gleich ganz auf sie verzichten? 

Betriebsklima

Teilhabe

Führung

  • 68 % wünschen sich mehr Freiheit und Souveränität
  • 76 % würden ihr Engagement erhöhen, wenn sie über neue Produkte mitentscheiden dürften
  • 80 % meinen, dass mehr Teilhabe an firmenrelevanten Entscheidungen die Produktivität steigert
  • 85 % möchten schlechte Führungskräfte abwählen können
  • 70 % möchten Führungskräfte generell nur auf Zeit wählen
  • 69 % finden, dass die Wahl von Führungskräften durch Mitarbeiter zu einer nachhaltig erfolgreichen Unternehmensentwicklung beiträgt
  • 39 % finden, dass Führungskräfte Veränderungen blockieren
  • 38 % erklären, neue Ideen würden an ihren Vorgesetzten abprallen
  • 55 % erleben ihre Organisation als flexibel und anpassungsfähig

Wer herrscht: Der Chef oder die "Kreise"

Braucht es die Managementebene überhaupt noch, wenn sie innovatives Arbeiten ausbremst? Prokjektbezogene Arbeitskreise, ein übergeordneter Lenkungskreis, in dem sich alle Unterkreise repräsentiert fühlen, Holocracy, der komplette Verzicht auf die Führungsetage, sich selbst organisierende Teams, geteilte Mitsprache, geteilte Verantwortung oder doch besser die flache Hierarchie als funktionierendes Überbleibsel von Befehlspyramide und Projektmanagement? In großen Unternehmen wie kleinen Betrieben sind sie durchaus zu finden, die Versuche neue Organsiationstheorien mit deutlich überarbeiteter Führungsidee an die Arbeitswirklichkeit anzupassen. Als Reaktion auf eine Epoche, in der Fachkräfte und junge Talente so rar sind, dass sie mit klar formulierten Vorstellungen und Ansprüchen bei Unternehmen ihrer Wahl auftreten können. Weil sie das Wissen mitbingen.

Warum sich der Trend zur Selbstorganisation als Paradigmenwechsel beschreiben lässt, beantworten die Springer-Autoren Eva-Maria Ayberk, Lisa Kratzer, Lars-Peter Linke: "Die Komplexität steigt, der Handlungsdruck auch, die Übersicht nimmt ab. Die Anforderungen an Führungskräfte werden immer extremer" (Seite 21). Ein "Weiter so" könne es nicht geben, sind sich die Autoren einig. "Führung und Organisation müssen sich verändern, um auf die veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren. Dazu bedarf es starker Führung" (Seite 27/28). Und einer Führungskraft, die gewillt ist, ihre Organisation mit langem Atem an die Selbstorganisation heranzuführen. Die aus linearem Denken entstandene, etablierte Strukturen aufbricht und auch vor der eigenen Postion nicht halt macht. Die sich selbst nicht als obsolet bedauert, sondern neu definiert.

Die bedürfnisorientiert geführte Organisation

"Wir brauchen hierarchiearme Formen partnerschaftlicher Zusammenarbeit zum Wohle von Mitarbeitern, Kunden, Eigentümern und weiterer Stakeholder", lautet die sechste These aus dem Manifest der Hays-Studie. Der Chef kommt auch darin durchaus vor. Auf Zeit besetzt und abwählbar, wie die Experten der Studie außerdem vorschlagen. "Jede Organisation bahnt sich ihren Weg", ermuntern die Springer-Autoren in "Mit Turbulenzen wird gerechnet: Die Selbstorganisation einführen". Aus Gesprächen mit Führungskräften die diesen Weg bereits eingeschlagen haben wissen sie: "Am Anfang steht die Definition des Purpose. Wie es danach weitergeht, muss sich an den Bedürfnissen und Gegebenheiten der jeweiligen Organisation orientieren. In der Praxis finden sich zumeist Mischformen und Abwandlungen der Idee einer selbstorganisierenden Organisation." (Seite 162).

Arbeitende wollen für Innovation Freiheit in ihrer Arbeitswelt. Es braucht viel mehr neue Gestaltungsfreiräume sowie weniger Kontrolle und Innovationsbarrieren durch die Führung. (Manifest für innovative und zukunftsfähige Arbeitswelten, These 1)

Fragen, die sich jede Organisation stellen sollte (Seite 162):

  • Wie viel Prozent der Belegschaft verfügen über ein Mindset, das zur Selbstorganisation passt?
  • Gibt es Bereiche, die Selbstorganisation schnell und einfach für sich umsetzen können?
  • Wie können andere Bereiche von den Lernerfahrungen profitieren?
  • Können verdiente Mitarbeiter ohne Verständnis für Selbstorganisation trotzdem eingebunden werden?
  • Mit welchen Arten der Systemabwehr ist zu rechnen?
  • Wie können Rückschläge auf dem Weg zu mehr Selbstorganisation vorbereitet werden?

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

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