Verunreinigungen oder Keime auf Sensoren, Mikrochips oder medizintechnischen Produkten: Wissenschaftler stellen auf der Hannover-Messe 2019 ein transportables Reinraumsystem für die kontaminationssensitive Fertigung vor.
Das mobile Reinraumsystem CAPE®
Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez
Die Bedeutung kontrolliert reiner Umgebungen erkannten anfangs Mediziner, denen es im ausgehenden 19. Jahrhundert mit der Umsetzung von Hygienemaßnahmen in Krankenhäusern und Operationssälen gelang, hohe Sterberaten drastisch zu reduzieren. Im 20. Jahrhundert entwickelte sich aus diesen ersten Ansätzen, "unsichtbaren" Kontaminationen den Kampf anzusagen, schließlich die Reinraumtechnik, berichten die Springer-Autoren Christian Ernst und Guido Kreck in Reinraumtechnik. Weiterentwickelt und perfektioniert wurde die Technik schließlich in der Raumfahrt mit der Entwicklung von Reinräumen auf Basis einer turbulenzarmen Verdrängungsströmung (Seite 6).
Ernst und Kreck zufolge ist die Anwendung von Reinraumtechnik zweckmäßig oder notwendig wenn:
- die geforderte Qualität von Zwischen- oder Endprodukten bei deren Herstellung und Verarbeitung in nicht kontrollierter räumlicher Umgebung nicht erreicht bzw. sichergestellt werden kann (bspw. Vergütung von optischen Gläsern oder Abfüllung von Flüssigarzneien) oder
- Substanzen im Einsatz sind, von denen Gefahr für Mensch und Umwelt ausgeht (bspw. Verarbeitung von toxischen oder hochwirksamen Substanzen, etwa Zytostatika in der Pharmazie).
Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) haben jetzt ein mobiles, zeltähnliches Reinraumsystem namens Care entwickelt, das sich nach Institutsangaben in weniger als einer Stunde sowohl in Innenräumen als auch in wettergeschützten Außenbereichen aufbauen lässt. Mit Ihrem "Reinraum on Demand", den sie auf der diesjährigen Hannover-Messe vorstellen wollen, bieten die Wissenschaftler all jenen Herstellern eine Lösung an, die zwar gelegentlich kontaminationsfrei fertigen müssen, aber keine permanent verfügbare sterile und reine Umgebung benötigen. Nach IPA-Angaben ermöglicht Cape eine kontaminationsfreie Fertigungsumgebung mit Luftreinheiten der ISO-Klassen 1 bis 9. Das mobile System eigne sich für den Einsatz in der Chipfertigung, der Medizintechnik, der Lebensmittelindustrie, der Satellitenmontage, der Batteriezellen- oder auch der Brennstoffzellenfertigung. Darüber hinaus ließen sich Anlagen und Produkte unter der Einhausung sterilisieren.