Skip to main content

2006 | Buch

Mythos Markt?

Die Ökonomische, rechtliche und soziale Gestaltung der Arbeitswelt

herausgegeben von: Deutscher Studienpreis

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

insite
SUCHEN

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Regeln für den Arbeitsmarkt

Frontmatter
Zu den Folgen einer Arbeitszeitverlängerung aus wettbewerbstheoretischer Sicht
Auszung
Jahrzehntelang ist die reguläre Arbeitszeit für viele Beschäftigte in Deutschland gesunken. Das Jahr 2004 markierte jedoch eine Trendwende. Immer mehr Unternehmen sind in der Lage, höhere Wochenarbeitszeiten auch gegen den massiven Widerstand der Gewerkschaften durchzusetzen. Arbeitgeber und Befürworter von Arbeitszeitverlängerungen erachten diesen Schritt als notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Gegner befürchten, dass das bestehende Arbeitsvolumen auf weniger Beschäftigte verteilt wird und damit die Arbeitslosigkeit in Deutschland weiter ansteigt.
Pieter De Vos, Heiner Schumacher
Hauptsache Teilzeitarbeit Gestaltung und Behandlung der Teilzeit- und Verlängerungsansprüche im niederländischen und deutschen Recht
Auszung
Nach fast vierjähriger Geltung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (im Folgenden: TzBfG) ist in Deutschland immer noch ein Kampf um die Regelungen zur Teilzeitarbeit zu beobachten. So kam es im September 2004 auf dem 65. Deutschen Juristentag zu einem Eklat während der arbeitsrechtlichen Beratungen. Die Arbeitnehmervertreter warfen den Arbeitgebervertretern vor, gezielt eine Mehrheit für ihre Anträge organisiert zu haben. In der Folge verließen die Gewerkschaftsvertreter die Versammlung, und die noch anwesenden Juristen beschlossen u.a., die Rechtsansprüche auf Teilzeitarbeit im TzBfG und während der Elternzeit abzuschaffen. Pikant ist daran, dass ein Thema der Tagung die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf war (FAZ vom 24.9.2004, S. 6).
Heike Opitz
Gesetzgebung um jeden Preis? Ein Plädoyer für eine Versachlichung der Diskussion um das Arbeitsrecht
Auszung
Bezogen auf die Fragestellung „Mythos Markt? Die ökonomische, rechtliche und soziale Gestaltung der Arbeitswelt“ widmet sich das vorliegende Papier den gängigen Annahmen in der öffentlichen Debatte über die Wirkung des Kündigungsschutzrechts auf die Arbeitslosigkeit und stellt diesen das vorhandene empirische Datenmaterial entgegen. Anschließend wird die Frage gestellt, inwieweit der Gesetzgeber die Ergebnisse der empirischen Arbeitsmarktforschung zur Kenntnis nimmt bzw. zur Kenntnis nehmen müsste. Hierfür werden die Grundzüge der Grenzen der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgezeigt. Schließlich werden die Auswirkungen des Außer-Acht-Lassens der entscheidungserheblichen Tatsachen und damit der einschlägigen empirischen Forschung auf die Qualität des demokratischen Prozesses diskutiert. Das Papier ist in großen Teilen das Ergebnis der Mitarbeit an dem Projekt REGAM (Regulierung des Arbeitsmarktes) des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung (HBS), ein interdisziplinär arbeitendes Forschungsprojekt, welches sich den Arbeitsmarktwirkungen arbeitsrechtlicher Regelungen widmet. Die Ergebnisse der Projektarbeit sind mittlerweile in Buchform erschienen (Pfarr/Ullmann/Bradtke/Schneider/Kimmich/Bothfeld: Der Kündigungsschutz zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit - betriebliche Erfahrungen mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, Rainer Hampp Verlag, 2005). Die Frage der Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit der Auswirkungen von Recht und die Pflichten des Gesetzgebers zur Wahrnehmung der Wirklichkeit wird in der Rechtswissenschaft erstaunlicherweise nicht bearbeitet.
Karen Ullmann
Die sozial- und arbeitsmarktpolitischen Reformen im Zuge von „Hartz IV“ - Chancen auf mehr Beschäftigung?
Auszung
Angesichts einer stetig steigenden Arbeitslosenquote erließ die Bundesregierung im Jahr 2004 Hartz IV, die größte Reform des Sozialstaats in der Geschichte der Bundesrepublik. Diese Reform, die zu Beginn des Jahres 2005 in Kraft getreten ist, zielt vor allem auf die Erhöhung der Beschäftigung. Kern ist die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit und die äußerst umstrittene Reduktion von Transferleistungen für hilfebedürftige, aber erwerbsfähige Arbeitslose. Der vorliegende Beitrag beschreibt die Anstrengungen der Regierung, das Problem der Arbeitslosigkeit zu lösen, und umreißt die wesentlichen Veränderungen der Sozialleistungsgesetze im Zuge von Hartz IV. Die Analyse des deutschen Sozialstaats offenbart einige wichtige Beschäftigungshemmnisse. Aus einem optimalsteuertheoretischen Modell wird das optimale Verhältnis von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe ermittelt und mit dem Status quo verglichen. Von besonderem Interesse sind dabei nicht nur die Transferniveaus, d.h. die Höhe der staatlichen Leistungen als solche, sondern auch die Regelungen über die Zumutbarkeit einer Arbeitsstelle. Diese spiegeln eine veränderte Wertschätzung der Arbeit wider. Abschließend werden mögliche Beschäftigungs-und Wohlfahrtseffekte der Reform skizziert sowie an einem Beispiel illustriert.
Tim Lohse

Übergang von der Ausbildung in den Arbeitsmarkt

Frontmatter
Dagobert Duck im Klassenzimmer - Ein Trainingsprogramm zur Förderung unternehmerischer Potenziale im Jugendalter
Auszung
Im Klassenzimmer einer elften Klasse sitzen Schüler an mehreren Tischen in Kleingruppen zusammen und spielen eine Variante des Kartenspiels „Black Jack“. Sie notieren ihre Einsätze, Gewinne und Verluste auf einem Protokollbogen. Ist hier Pause, oder fällt eine Unterrichtsstunde aus? Im Gegenteil. Die Elftklässler bearbeiten die Trainingseinheit „Risikoneigung“ eines neuen Trainingsprogramms zur Förderung unternehmerischer Potenziale, das sie im Rahmen des Unterrichts im Fach Wirtschaft und Recht mit ihrem Lehrer durchführen. Im Anschluss an das Kartenspiel werden die Schüler reflektieren, wie risikoreich sie gespielt haben, welche Risiken ein Unternehmer zu tragen hat und wie risikofreudig die Schüler sich selbst auch in anderen Bereichen einschätzen.
Elke Schröder
Keine Nachfrage nach zusätzlichen Akademikern: Eine Untersuchung der Einkommensentwicklung von Akademikern
Auszung
Ein Studium garantiert einen Arbeitsplatz und ein hohes Einkommen - mit dieser Illusion studieren mittlerweile fast 2 Millionen junge Menschen in Deutschland, so viele wie nie zuvor. Allein in den 1990er Jahren ist der Anteil der Hochschulabsolventen an der deutschen Bevölkerung um fast 50% gewachsen. Und geht es nach der Politik, soll die Zahl der Studierenden in den nächsten Jahren noch weiter steigen. Das heißt, immer mehr Akademiker drängen auf den deutschen Arbeitsmarkt. Finden all diese Hochschulabsolventen eine adäquate Beschäftigung? Bleiben die Verdienstaussichten trotz steigender Zahlen von Arbeit suchenden Akademikern hoch? Oder ist die gute Verwertbarkeit eines akademischen Abschlusses auf dem Arbeitsmarkt ein Mythos?
Christiane Mück, Karen Mühlenbein
Vorbei sind die schönen Tage von Aranjuez? - Über einen notwendigen Wandel der universitären Kunstgeschichte
Auszung
Die Studierenden der Kunstgeschichte der Universität Leipzig sind sich einig: Neben den klassischen Kompetenzen im Umgang mit Kunstwerken müssen mittlerweile auch berufspraktische Qualifikationen während der universitären Ausbildung vermittelt werden, um dem Einstieg ins Berufsleben besser gerüstet gegenüberzustehen. Daher entwickelten die Absolventinnen Jana Lucas und Anne-Kathrin Winkler ein sich über mehrere Semester erstreckendes neues Ausbildungsmodul: Neben fachwissenschaftlichen Kursen wurden aufeinander abgestimmte Projekteinheiten angeboten, die die kunsthistorischen Inhalte auf ihre öffentliche Vermittelbarkeit hin untersuchten und einem Publikum präsentierten. Ausgangspunkt dazu waren Aspekte der spanischen Kunstgeschichte, die bisher kaum im Lehrangebot deutscher Universitäten zu finden waren: Die Beschäftigung mit spanischer Kunst vom „Siglo de Oro“, dem Goldene Zeitalter Spaniens, bis zu zeitgenössischer Performancekunst bildeten die fachliche Grundlage der praktisch angelegten Projekteinheiten. Abschließen wird das neue Ausbildungsmodul eine Ausstellung über Spanienmythen in der Fotografie. Da der zeitgenössischen Fotografie das „Siglo de Oro“ oft als historischer Referenzpunkt diente, untersuchte das Projekt zunächst die Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts in Spanien, um dann bei einer Exkursion nach Zentralspanien das erlernte Wissen für das Arbeiten im Tourismus aufzubereiten und den Arbeitsmarkt für Kunsthistoriker in Spanien kennen zu lernen. In der zweiten Projektphase, die eine Ausstellung zum Ziel hatte, wurden ebenfalls kunsthistorische und berufspraktische Kenntnisse in einem zweiteiligen Modul vermittelt. Charakteristika von Spanienbildern in der Fotografie werden praxisrelevant in einer Ausstellung präsentiert. Begleitend finden dazu Seminare und Vorträge statt, in denen berufspraktische Qualifikationen wie Kulturfinanzierung, Lektorieren, Marketing oder Presse- und Öffentlichkeitsarbeit vermittelt werden. Welche Erfolge das Pilotprojekt zu verzeichnen hat und mit welchen Schwierigkeiten die Studierenden zu kämpfen hatten, zeigt der folgende Beitrag.
Jana Lucas, Anne-Kathrin Winkler

Arbeitsmarkt im Wandel

Frontmatter
Transorganisationale Arbeit am Theater: Eine empirische Untersuchung marktvermittelter Arbeitsformen
Auszung
Im Diskurs über die Veränderungen der Arbeitswelt hält sich hartnäckig der Mythos ‚Mehr Markt auf dem Arbeitsmarkt’. Durch Feuilleton, Talkshow, Parteipapier und Anti-Hartz-IV-Demonstration geistert dieser Mehr-Markt-Mythos, mal als ersehnte Utopie, mal als Schreckgespenst. In der Wissenschaft wird die Entwicklung der Arbeitswelt als eine Ausweitung der Marktlogik auf das Private nicht mehr nur via Konsum, sondern zusätzlich über das Arbeitsleben beschrieben. Die damit verbundene Vermarktlichung und Eigenkontrolle der Individuen wird kritisch diskutiert - vornehmlich allerdings in der Soziologie und Politologie und ohne explizite Anknüpfung an die Wirtschaftswissenschaften (vgl. Foucault 1992; Bröckling/Krasmann/Lemke 2000; Gorz 2000; Hardt/Negri 2000; Moldaschl 2002; Boltanski/Chiapello 2003; Opitz 2004).
Doris Ruth Eikhof
De. Ich-AG im Walde: Ländliche Arbeit in der postindustriellen Gesellschaft
Auszung
Im Mittelpunkt des folgenden Artikels steht die „Ich-AG im Walde“. Gemeint ist damit nicht die spezifische Rechtsform oder Fördermaßnahme, sondern das Phänomen der kleinststrukturierten Selbständigkeit — hier bezogen auf die Forstwirtschaft, in der sich in den letzten Dekaden durch Auslagerung von Arbeit ein derartiges Unternehmertum entwickelt hat. Die Arbeits- und Organisationsformen dieser „Ich-AG im Walde“ werden ausgehend von Merkmalen postindustrieller Arbeit dargestellt. Dabei wird in der Makroperspektive das Aufkommen forstlicher Dienstleistungsunternehmen mit sinkenden Waldarbeiterzahlen, Outsourcing-Prozessen und zunehmenden Vermarktlichungstendenzen verbunden. Komplementär dazu werden einige Ergebnisse aus qualitativen Interviews mit Forstdienstleistern zu ihren Arbeitsbedingungen dargestellt und diskutiert. Deutlich wird, dass die Arbeitsbedingungen forstlicher Dienstleistungsunternehmen sich nicht alleine mit dem Ansatz postindustrieller Arbeit erklären lassen. Eine ebenso wichtige Rolle spielen länger zurückliegende Traditionslinien ländlicher Arbeit in Kleinstunternehmen, die auch heute noch wirksam sind. In der Reaktion auf Globalisierung und Vermarktlichung werden beide Elemente wirksam. Den Schluss des Beitrags bildet eine Diskussion der Möglichkeiten besserer Arbeitsbedingungen im Kontext des globalen Marktes. Dargestellt wird, warum grundlegend bessere Arbeitsbedingungen nur möglich sind, wenn der Rahmen der Erwerbsarbeit deutlich verschoben wird.
Till Westermayer
Verzicht auf Vollzeitarbeit? Die Rolle von Moral, Eigeninteressen und Trittbrettfahren
Auszung
Eines der grundlegendsten gesellschaftlichen Probleme in Deutschland ist die hohe Arbeitslosigkeit. Auf der Prioritätenliste zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit steht für viele Bürger und Politiker ihre Bekämpfung an erster Stelle (vgl. Studie „Challenges of Europe“ der GfK 2004). Im Dezember 2005 lag die Zahl der Arbeitslosen laut Bundesagentur für Arbeit bei über 4,6 Millionen, die Arbeitslosenquote betrug für Gesamtdeutschland 11,1%. Abgesehen von den unzähligen möglichen Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit (Siebert 1994), die an den verschiedensten „Stellschrauben“ ansetzen und unterschiedliche Akteure betreffen können (Montada 1994), bleibt eine Frage offen: Können kollektive Verzichte zur Reduktion der Arbeitslosigkeit beitragen?
Claudia Gerhardt
Durch das Ehrenamt zurück in den Arbeitsmarkt?
Auszung
Arbeitslosigkeit ist eines der drängendsten sozialen und ökonomischen Probleme in Europa. Besonders Langzeitarbeitslosigkeit birgt neben anderen Problemen die Gefahr von Armut und sozialer Ausgrenzung. Neben den traditionellen aktiven und passiven Arbeitsmarktmaßnahmen haben in den letzten Jahren Sozialwissenschaftler in der Diskussion um „das Ende der Arbeitsgesellschaft“ vorgeschlagen, dass angesichts steigender Arbeitslosigkeit Erwerbsarbeit nicht mehr die einzige Form der Arbeit in unserer Gesellschaft sein kann. Vielmehr solle der Arbeitsbegriff erweitert und der Blick auf andere Formen von Arbeit gerichtet werden. Im Zentrum des Interesses steht dabei eine Form von Arbeit, die wahlweise als Ehrenamt, Freiwilligenarbeit oder auch Bürgerarbeit bezeichnet wird. Diese soll den Ehrenamtlichen nicht nur eine sinnvolle Tätigkeit ermöglichen, sondern auch ihre Chancen bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erhöhen. Durch eine aktive Beteiligung in Freiwilligenorganisationen, so die zugrunde liegende Vermutung, bekommen die Arbeitlosen Kontakte, die ihnen bei der Jobsuche helfen können, und erwerben wertvolle Qualifikationen, die denen im Erwerbsarbeitsleben vergleichbar sind. Der vorliegende Artikel argumentiert unter Bezugnahme auf bisherige empirische Forschungsergebnisse, dass der Einfluss von ehrenamtlichen Tätigkeiten auf die Wiederbeschäftigung von Arbeitslosen von verschiedenen Faktoren abhängt: der Art der Freiwilligenorganisation, den häufig geschlechtsspezifischen Formen ehrenamtlichen Engagements und den bereits vorhandenen Ressourcen, die der Person zur Verfügung stehen. Darüber hinaus werden am Beispiel von Deutschland und Großbritannien Thesen entwickelt, wie die jeweilige nationale Arbeitsmarktpolitik den Einfluss von ehrenamtlichen Tätigkeiten auf die Wiederbeschäftigungschancen von Arbeitslosen beeinflusst. Der Beitrag warnt davor, Ehrenamt pauschal als Lösung für Probleme der sozialen Integration in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit zu sehen, und plädiert für eine differenzierte Analyse der verschiedenen Einflussfaktoren.
Susanne Strauß

Grenzen des Arbeitsmarkts

Frontmatter
Who cares? Pflegearbeit, Individuum und Gesellschaft. Eine interdisziplinäre Spurensuche in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Auszung
Mittels eines interdisziplinären Ansatzes soll domänenspezifisches Wissen aus Arbeits-, Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften auf einen inhaltlichen Gegenstand - Pflegearbeit - bezogen werden, um die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Gestaltung dieser Arbeitswelt aufzuzeigen. Der Schwerpunkt der Analyse besteht darin, systematisches Wissen in einer historischen Perspektive für die Zukunft neu auszulegen. Die Arbeit gliedert sich in drei Teile. In einem arbeitswissenschaftlichen Einblick wird die gegenwärtige Situation im Pflegesektor dargestellt, die einerseits durch steigende Nachfrage nach Pflegearbeit und andererseits durch spezifische Belastungen der Pflegenden bei geringer Verweildauer im Beruf gekennzeichnet ist. Erweist sich hier der Markt also als Mythos? Ein historischer Rückblick zeigt, dass sich die Problematik des Pflegeberufs aus gewachsenen Strukturen und festgeschriebenen Leitbildern erklären lässt, die den Pflegeberuf als weiblich konnotierten, semiprofessionellen Beruf hervorgebracht haben. Diese haben sich nur zögerlich modernisiert und modifiziert. Daraus ergibt sich ein Ausblick, der die Gestaltung der Arbeitswelt Pflege an deren weitere Emanzipation koppelt - durch mehr Spielraum für die einzelne Pflegekraft, durch eine Professionalisierung des Pflegeberufs, aber auch durch zivilgesellschaftliches Engagement im Rahmen auβerberuflicher Pflegearbeit und veränderte gesellschaftliche Leitbilder.
Anne Giebel, Christian Apfelbacher
Brasilianische Spielregeln - Kulturelle Unterschiede als „Störvariable“
Auszung
Im Zuge der Globalisierung siedeln sich immer mehr deutsche Unternehmen im Ausland an, mit dem Ziel, neue Absatzmärkte zu erschließen. Im folgenden Beitrag wird vor diesem Hintergrand das Thema, Kultur’ aufgegriffen. Es wird die Frage diskutiert, ob die Firmenleitungen entsprechend einem Mythos eine inadäquate Vorstellung vom ausländischen Absatzmarkt haben, wenn sie ihn als eine reine Tauschbeziehung zwischen Anbieter und Nachfrager betrachten, die auf der ganzen Welt den gleichen Regeln unterliegt und somit unabhangig von kulturellen Einflüssen ist. Dazu wird eine psychologische Studie vorgestellt, in der die kulturellen Unterschiede der deutschen und brasilianischen Kultur aufgedeckt wurden, indem deutsche Expatriais nach konfliktreichen Situationen bzw. nach so genannten, kritischen Interaktionssituationen’ mit Brasilianern befragt wurden.
Christin-Melanie Fuchs
Insolvenz - Alles muss raus Eine fotografische Auseinandersetzung mit Räumen insolventer Betriebe in Deutschland
Auszung
Vor einiger Zeit besuchte ich die „Nordischen Stahlwerke“ in Neumünster. Seit die Firma im Jahre 2000 Insolvenz angemeldet hat, verfällt das Gelände. Ein Teil der Gebäude wurde bereits abgerissen, und die übrigen Hallen warten auf ihre Abwicklung. Der Anblick des Chaos in den ehemaligen Laboren, der Zerstörung und des fortschreitenden Verfalls machte die Vorstellung fast undenkbar, dass hier zwei Jahre zuvor noch Menschen gearbeitet hatten. Die alten Industriegebäude schienen voller Geschichten zu stecken, und noch überall sichtbare Spuren regten dazu an, Vergangenes aus den unterschiedlichsten Zeitepochen zu rekonstruieren. Doch die jüngsten sichtbaren Spuren der Insolvenz des Unternehmens interessierten mich besonders. Was geschah an den letzten Arbeitstagen, als die Mitarbeiter erfuhren, dass es nicht mehr weitergehen würde und jeder seinen Spind ausräumen musste? Geschah alles ganz plötzlich? In den Räumen sah es jedenfalls so aus, als seien sie von den Mitarbeitern beinahe fluchtartig verlassen worden, aufgerissene, durchwühlte Schubladen wurden nicht wieder verschlossen, und Akten, Arbeitsmittel und sogar persönliche Gegenstände blieben liegen. Alles, was noch einen materiellen oder ideellen Wert besaß, wurde mitgenommen oder im Rahmen der Insolvenzversteigerung veräußert. Wände wurden für den Abtransport der versteigerten Maschinen eingerissen. Mit der Zeit drangen Wasser und Pflanzen ins Innere der Gebäude ein und belebten es von neuem. Doch andererseits schienen einige Gebäudeabschnitte noch seltsam unangetastet, so war zum Beispiel der Tisch im Pausenraum noch gedeckt, und Poster hingen noch an den Wänden.
Susanne Ludwig
Backmatter
Metadaten
Titel
Mythos Markt?
herausgegeben von
Deutscher Studienpreis
Copyright-Jahr
2006
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-90240-1
Print ISBN
978-3-531-14991-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-90240-1

Premium Partner