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1983 | Buch

Nationale Entwicklung und Internationale Zusammenarbeit

Herausforderung ökonomischer Forschung Festschrift zum 65. Geburtstag von Willy Kraus

herausgegeben von: Prof. Dr. Artur Woll, Dr. Klaus Glaubitt, Prof. Dr. Hans-Bernd Schäfer

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Bausteine zur Analyse von Entwicklungsprozessen

Frontmatter
Markt und Staat als Systeme der Ressourcenallokation
Zusammenfassung
Die Betrachtung von Märkten unter allokativen Gesichtspunkten ist jedem Ökonomen geläufig. Zu seiner Grundausbildung gehört die Beschäftigung mit der Frage, was leistet der Markt. Die Koordinations- und Informationsfunktionen von Märkten, die pareto-optimalen Eigenschaften eines Systems des vollkommenen Wettbewerbs, die Kostenvorteile der Massenproduktion, die Marktunvollkommenheiten und das Externalitätenproblem mit seinem wichtigen Unterfall der öffentlichen Güter gehören seit langem zum Standardstoff ökonomischer Prüfungen. Aber auch wer wenig vom neoklassisch-wohlfahrtsökonomischen Ansatz hält (vgl. Streißler, 1980, S. 38 ff.), beschäftigt sich intensiv — wenn auch nicht unbedingt unter dem Blickwinkel des statischen Effizienzbegriffs — mit der Funktionsweise und der Mängelanalyse marktlicher Prozesse.
Christian Watrin
Soziale Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung
Zusammenfassung
Aufwendungen im Bereich der sozialen Sicherung bedeuten, daß Teile des Sozialprodukts im Zuge der funktionalen Einkommensverteilung nicht zu Faktoreinkommen werden, sondern als Transfereinkommen, denen eine entsprechende Faktorleistung nicht entspricht, Verwendung finden. Teile des Sozialprodukts, die zur Faktorentlohnung nicht benötigt werden, sind Sparen. Dieses Sparen wird jedoch nicht in investive Verwendung sondern in Einkommen transferiert. Die Volkswirtschaft ist also um den Betrag an Kapitalausstattung ärmer und in ihrer produktiven Kapazität beschränkt, der als Transfereinkommen oder -aufwendungen abgezweigt wird.
Peter Jabcke
Landwirtschaftliche Produktion, Nahrungsmittelversorgung und wirtschaftliche Entwicklung
Zusammenfassung
In Funk, Fernsehen und Presse wird zum Kampf gegen den Hunger in der Welt aufgerufen. Um mahnend immer wieder deutlich zu machen, daß ungezählte Millionen Menschen Hunger leiden, gibt es einen „World Food Day“. In unserem Land beginnt am Erntedanktag die „Woche der Welthungerhilfe“. Oft zur selben Zeit, zu der die Aktionen „Brot für die Welt“ und „Misereor“ mit dem Bibelwort „Brich mit dem Hungrigen Dein Brot“ zu Spenden auffordern, wird über Nahrungsmittelausstellungen wie die ANUGA in Köln und das überreichliche Angebot dort berichtet: „ANUGA - Schaufenster zur Dritten Welt“, heißt die Schlagzeile, mit der deutlich gemacht wird, daß hier verstärkt Aussteller aus Entwicklungsländern ihre Produkte anbieten, um sie und sich besser bekannt zu machen und damit ihre Absatzchancen zu erweitern. Wir finden im Innern der Zeitungen Berichte über Rekorde im „Verschlingen“ von Würsten, Knödeln oder anderen Nahrungsmitteln; es werden irgendwo die schwersten oder längsten Würste gestopft oder die größten und schönsten Torten präsentiert, oft von Meistern, die damit zeigen können, daß sie ihr Fach verstehen.
Karlernst Ringer
Das verkannte Entwicklungspotential im Agrarbereich
Zusammenfassung
Mißerfolge der Entwicklungspolitik sind weniger das Ergebnis natürlicher Mängel als falscher Grundvorstellungen über die Rolle der Landwirtschaft und Industrie und der Antriebskräfte des Welthandels im Entwicklungsprozeß sowie der falschen Übertragung von Erkenntnissen und Maßnahmen aus hochentwickelten Wirtschaftssystemen auf Länder im Anfangsstadium der Entwicklung. Dabei fehlt es auch weitgehend an der Einsicht, daß die Ausgangssituation in der Dritten Welt heute kritischer ist als sie jemals in der europäischen Entwicklung war.
Hermann Priebe
Niedrigpreispolitik für Agrarprodukte aus entwicklungstheoretischer Sicht
Zusammenfassung
In fast allen Entwicklungsländern können wir heute massive staatliche Eingriffe in die Märkte für Agrarprodukte beobachten. Anders als in den Industriestaaten sind diese Eingriffe in der Regel diskriminierend. Agrarpreise und mit ihnen die Realeinkommen im Agrarsektor werden künstlich gesenkt.1 Die Mittel dazu sind vielfältig und reichen von Exportzöllen über Höchstpreise für Erzeuger bis zu staatlich monopolisiertem Getreidegroßhandel, regionalen Handelsbeschränkungen und Anbauvorschriften zugunsten bestimmter Produkte (meist Nahrungsmittel) (vgl. Schultz, 1978). Wenn auch Länder von solch überragender Bedeutung wie China und Indien nicht zu denjenigen gehören, die den Agrarsektor systematisch belasten, so kann man doch von einer durchgängigen Erscheinung sprechen. Es gibt einen ganzen Komplex wirtschaftspolitischer Maßnahmen, die die Stellung der Landwirtschaft gegenüber den gewerblichen, insbesondere industriellen Sektoren in Entwicklungsländern grundsätzlich herabsetzen, einen „urban bias“.2 Dies alles findet in einer Welt statt, deren Bevölkerung rasch wächst, während die Agrarproduktion, insbesondere die Nahrungsmittelproduktion sich nur unbefriedigend entwickelt. Sie war pro Kopf zwischen 1976 und 1978 in 50 Entwicklungsländern rückläufig. Seit 1962 ist die Pro-Kopf-Produktion von Nahrungsmitteln in den Entwicklungsländern nur unwesentlich angestiegen, während sie in den Industriestaaten um etwa 20% zunahm (vgl. Weltentwicklungsbericht, 1980, S. 144; Pereira, 1978, S. 25).
Hans-Bernd Schäfer
Migration und Einkommensverteilung
Zusammenfassung
Die folgenden Überlegungen gelten dem Einfluß einer Einführung positiver und konstanter Auswanderungsquoten auf die Gleichgewichtswachstumsrate und die Gleichgewichtswerte der Lohn- und Zinssätze zweier Länder, die nicht durch Güter- und Kapitaltransaktionen verbunden sind. In beiden Ländern werden homogene Arbeits- und Kapitalbestände im Rahmen der Produktion von Gütern eingesetzt, deren Eigenschaften hier unerörtert bleiben. Der Bestand an Arbeitseinheiten wächst in Land I mit der konstanten Rate n1, in Land II mit der konstanten Rate n2, und beide natürliche Wachstumsraten stimmen aufgrund unterschiedlicher Serien von altersspezifischen Geburten- und Sterberaten nicht überein. Die Wachstumsrate des Kapitalbestandes sei in jedem der beiden Länder durch eine klassische (oder, was in formaler Hinsicht auf das gleiche hinausläuft, durch eine Pasinetti-) Sparfunktion bestimmt: Die Wachstumsrate des Kapitalstocks ist gleich dem Produkt aus Zinssatz und Sparquote der Zinsempfänger. Die Sparquoten s1 und s2 der Zinsempfänger beider Länder haben, so die Annahme, eine unterschiedliche Höhe. Realer Lohn- und Zinssatz seien durch eine für beide Länder gleiche Lohn-Zins-Grenze w (r) verknüpft, die als Ausdruck einer neoklassischen Produktionsfunktion genommen werden kann, aber nicht muß. Lohn- und Zinssatz seien in beiden Ländern nur dann konstant, wenn die Wachstumsraten von Arbeits- und Kapitalbestand, von Arbeitskräfte- und Arbeitsplätzezahl übereinstimmen.
Gerhard Schmitt-Rink

Entscheidungsprobleme nationaler Wirtschaftspolitik in länderbezogener Perspektive

Frontmatter
Zielkriterien einer neuen Wirtschafts- und Sozialpolitik — Indikatorforschung in Japan
Zusammenfassung
Professor Willy Kraus hat frühzeitig und wiederholt auf das Problem aufmerksam gemacht, daß die negativen Auswirkungen des quantitativen Wirtschaftswachstums zunehmend soziales und politisches Gewicht erhalten und daß mit krisenhaften Erscheinungen zu rechnen ist, wenn die Qualifizierung des Wachstumsprozesses nicht gelingt (vgl. Hax/Kraus, 1970; Hax/Kraus, 1975). Sein besonderes Interesse an Japan und sein großes Engagement für die deutsch-japanischen Wirtschafts- und Kulturbeziehungen haben ihm gezeigt, daß dort eine Anpassung der Ziele, Verhaltensweisen und Institutionen möglich ist, wo der Wille dazu besteht oder entwickelt wird (vgl. Kraus, 1979). Japan, so meint Professor Kraus, mag prinzipiell bessere Voraussetzungen als Europa mitbringen, um Quantität und Qualität, Wirtschaftswachstum und Lebensqualität in ein vernünftiges, ausgewogenes Verhältnis zu bringen. In Japan, so sagt er, hat man dem Bruttosozialprodukt als Indikator für wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt eine bedeutende Rolle beigemessen; aber in keinem Lande ist auch intensiver über Sinn und Widersinn dieses Indikators mehr diskutiert und gestritten worden (vgl. Kraus, 1975, S. 328 ff.).
Udo Ernst Simonis
Neue entwicklungspolitische Ansätze in der VR China
Zusammenfassung
Seit der Gründung der VR China im Jahre 1949 versuchte die chinesische Wirtschaftsführung, das Land durch eine forcierte Industrialisierung möglichst rasch auf das Entwicklungsniveau moderner Industrienationen anzuheben. Vor allem in der Schwerindustrie wurden außerordentlich hohe Wachstumsraten erzielt, und China rückte, gemessen in Produktionszahlen, in die vorderen Reihen der Industrienationen. Bei der Konzentration der Entwicklungsanstrengungen auf die Verwirklichung möglichst hoher Produktionsergebnisse in ausgewählten Schwerpunktbereichen wurden aber die übrigen Wirtschaftssektoren sträflich vernachlässigt. Zudem versäumte es die zentralstaatliche Wirtschaftsbürokratie, die Produktion an den Bedarf der Bevölkerung anzupassen. All das führte zu ernsthaften Entwicklungshemmnissen, weshalb man sich Ende der siebziger Jahre zu einer grundlegenden Neuorientierung der Entwicklungspolitik entschloß.
Wolfgang Klenner
Wirtschaftsreformen nach ausländischen Vorbildern: Die Physiokraten in Frankreich und die Pragmatiker in der VR China
Zusammenfassung
In Zeiten des Umbruchs und der Krise neigen die an der Macht befindlichen Entscheidungsträger gerne dazu, nach neuen politischen und ökonomischen Heilsrezepten zu suchen, da die in Gebrauch befindlichen Konzepte ja mit dem Ruch behaftet sind, die Krise wenn nicht herbeigeführt so doch nicht verhindert zu haben. Im folgenden wird an einem historischen Beispiel, dem Physiokratismus in Frankreich, und an dem aktuellen Fall der Volksrepublik China gezeigt werden, welche Rolle ausländische Ideen und Modelle für die politökonomische Doktrinbildung spielen können. Für die französischen Physiokraten wurde ein idealisiertes China zum Vorbild, während chinesische Wirtschaftstheoretiker und -politiker heute westliche marktwirtschaftliche Systeme auf ihre Adaptierbarkeit für China untersuchen.
Erhard Louven
Entwicklung von unten in Sri Lanka: Das Change Agents Programme
Zusammenfassung
Seit über 30 Jahren bestehen in Sri Lanka im Rahmen der Community-Development-Bewegung die sog. Rural Development Societies, das sind von Dorfbe-wohnern auf freiwilliger Basis initiierte und getragene Organisationen, die in der Regel unter aktiver Teilnahme der Bevölkerung Maßnahmen zur Entwicklung planen und durchführen. Die Rural Development Society ist zwar nicht die einzige, aber dennoch die wichtigste Organisation auf Dorfebene in Sri Lanka, denn sie bildet ein institutionalisiertes Forum für die Artikulierung der Bedürfnisse und Wünsche der Dorfbevölkerung und stellt gleichzeitig eine Verbindung zwischen ihr und den örtlichen Beamten der verschiedenen Ministerien dar. Die Tätigkeiten im Rahmen der Rural Development Societies waren jedoch stark vom Community-Development-Ansatz geprägt, der sich aber zunehmender Kritik ausgesetzt sah: Es handelte sich um keine echte „Entwicklung von unten", da das partizipatorische Selbsthilfeelement zu wenig ausgeprägt war und oftmals die Entwicklungstätigkeiten von oben (z. B. von der Distriktverwaltung) induziert wurden; darüber hinaus waren die Ärmsten im Dorf mehr oder weniger von den Rural Development Societies ausgeschlossen, so daß die Reicheren im Dorf von den Entwicklungsergebnissen mehr profitierten als die Armen.
Bruno Knall
Wachstum und Produktivitätsentwicklung der verarbeitenden Industrie in Korea
Zusammenfassung
In den letzten 20 Jahren ist das Ergebnis der sog. „outward-looking" Strategie koreanischer Industrialisierungspolitik bemerkenswert hinsichtlich der Wachstumsrate der verarbeitenden Industrie und des Exportes. Zwischen 1961 und 1979 betrug die reale Wachstumsrate der verarbeitenden Industrie und des Exportes jeweils 17,9% und 30,4% im Jahresdurchschnitt, während die des Bruttosozialproduktes bei 9,2% lag. Dies hat dazu geführt, daß das Land Korea innerhalb dieses kurzen Zeitraumes sich als eines der führenden Schwellenländer profilieren konnte. Selbstverständlich trug diese Wirtschaftsentwicklung zur Hebung des Einkommensniveaus, Verbesserung der Wirtschaftsstruktur und Erweiterung der Beschäftigungschancen in dem Lande bei, rief jedoch gleichzeitig verschiedene Probleme wie z.B. hohe Inflationsrate, Überkapazität der Schwerindustrie, Vertiefung des Dualismus der Wirtschaft usw. hervor. Die vorliegende Arbeit beabsichtigt, die koreanische Industrialisierungspolitik unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenallokation kritisch darzustellen, und zwar aus dem Blickwinkel der Produktivitätsentwicklung im Laufe der Industrialisierung der koreanischen Wirtschaft. Zunächst werden die Hauptmerkmale der Entwicklung der verarbeitenden Industrie in Korea festgestellt, bevor dann auf die Frage der Tendenzen der Produktivitätsentwicklung und ihre Ursachen eingegangen wird.
Chuk Kyo Kim
Die Bedeutung des amerikanischen Kongresses bei der Bewilligung von Mitteln für multilaterale Entwicklungsbanken
Zusammenfassung
Die USA sind - abgesehen von der afrikanischen Entwicklungsbank — der größte Anteilseigner der multilateralen Entwicklungsbanken (MEB) und der wichtigste Beitragszahler zu den Sonderfonds dieser Institutionen1. Da sich in diesen Institutionen die Stimmrechte der Mitgliedsländer an dem Umfang der jeweiligen Beteiligung orientieren, ist der Einfluß der USA auf die Politik dieser Banken erheblich. Daher wird die künftige Entwicklung sowohl der Weltbankgruppe als auch der regionalen Entwicklungsbanken wesentlich von den USA beeinflußt werden. Die Bereitschaft der USA, den Banken neues Eigenkapital und den Sonderfonds (einschl. IDA) neue Zuschüsse zur Verfügung zu stellen, dürfte für die weiteren Aktivitäten dieser Institutionen von entscheidender Bedeutung sein.
Dieter Bucher

Entscheidungsprobleme nationaler Wirtschaftspolitik in übergreifender Perspektive

Frontmatter
Arbeitslosigkeit und Inflation als weltweite Probleme
Zusammenfassung
Das gleichzeitige Auftreten von Arbeitslosigkeit und Inflation — oft als Stagflaion bezeichnet —, das die Regierungen und die Öffentlichkeit international stark bewegt, wird wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Es ist ein wissenschaftlich riskantes Unterfangen, in Kürze dieses vielschichtige, intensiv erörterte Problem anzugehen1. Wenn gleichwohl an dieser Stelle einige Überlegungen dazu angestellt werden, so aus der Erwägung, daß in der bisherigen Diskussion gemeinsame Ursachen und Wirkungen der weltweit verbreiteten Stagflation nicht hinreichend betont zu sein scheinen.
Artur Woll
Wechselkurssysteme für Entwicklungsländer: Optionen und Probleme
Zusammenfassung
Das währungspolitische Geschehen in den 70er Jahren war von dramatischen Umwälzungen gekennzeichnet, deren Folgewirkungen auch für die (sog.) Entwicklungsländer deutlich spürbar wurden und von ihnen währungspolitische Entscheidungen verlangten, die ihnen in den zwei Jahrzehnten davor (weitgehend) erspart geblieben waren. Dieser währungspolitische Entscheidungsprozeß ist in vielen Entwicklungsländern noch nicht abgeschlossen. Die währungspolitischen Entscheidungen der Industrieländer und die (marktmäßige) Entwicklung der Wechselkurse der Währungen wichtiger Welthandelsländer sind für die Optionen der Entwicklungsländer von ausschlaggebender Bedeutung.
Manfred Feldsieper, M. Daud Yaar
Zur Notwendigkeit einer zwischen städtischen und ländlichen Regionen differenzierenden Grundbedürfnispolitik
Zusammenfassung
Zieht man eine Bilanz der bisherigen Entwicklungserfolge, so kann man feststellen, daß es trotz eines teilweise beachtlichen wirtschaftlichen Wachstums nicht gelungen ist, die Lebensbedingungen für die Masse der Bevölkerung in den Entwicklungsländern nachhaltig zu verbessern. Als Konsequenz zeigt sich heute in vielen Ländern der Dritten Welt ein beträchtliches Ausmaß an absoluter Armut. Diese äußert sich darin, daß die von ihr Betroffenen nicht einmal die als wesentlich anerkannten menschlichen Grundbedürfnisse („basic needs“) — das sind in erster Linie Ernährung, Gesundheit, Wohnen (Wohnverhältnisse, Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung) und Bildung — hinreichend befriedigen können. Die Hoffnung, daß das Wirtschaftswachstum durch seinen „trickle-down-Effekt“ auch die Lage der Armen nachhaltig verbessern würde, hat sich bislang jedenfalls nicht in dem gewünschten Umfang erfüllt. Aus diesem Grund wird von vielen Autoren seit einigen Jahren die sogenannte „Grundbedürfnisstrategie“ propagiert. Sie fordert die unmittelbare Bereitstellung jener Güter und Leistungen, die als essentiell für ein menschenwürdiges Dasein angesehen werden, in solchen Mengen, daß bestimmte minimale Konsumniveaus (Lebensstandardminima) bei allen Gesellschaftsmitgliedern realisiert werden. Diese minimalen Konsumniveaus sollen dabei innerhalb einer relativ kurzen Frist — in der Regel wird hier auf die Zeitspanne für eine Generation oder auf das Jahr 2000 abgestellt — erreicht werden (vgl. ILO, 1976).
Hans-Rimbert Hemmer
Ressourcenbindung durch Rüstung in Ost- und Südostasien
Zusammenfassung
In der neueren entwicklungspolitischen Diskussion zieht das Problem der Ressourcenbindung durch Rüstung immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Dies läßt sich durch verschiedene Indizien belegen, von denen hier nur drei genannt seien:
Siegfried Lörcher

Weltwirtschaft zwischen Kooperation und Konflikt

Frontmatter
Some Reflections on the New International Economic Order
Abstract
Since the Sixth Special Session of the United Nations General Assembly (1974), the so-called North-South problem, that is the international aspects of the relations between the poor developing countries of the South and the rich developed countries of the North, cannot be adequately discussed any more without referring to the concept of a “New International Economic Order” (NIEO). Why have the problems of an economic system as a whole, transcending the levels of individual sectoral demands, become to occupy the central position in the series of the North-South negotiations?
Hiroshi Kitamura
EG-Agrarpolitik und Entwicklungsländer
Zusammenfassung
Von den in Artikel 39 des EWG-Vertrages genannten Zielen der Gemeinsamen Agrarpolitik wird dem Ziel, „der landwirtschaftlichen Bevölkerung… eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten“, durch die tatsächlichen agrarpolitischen Maßnahmen seit langem Priorität eingeräumt. Das bisherige Konzept, das Einkommensziel nicht durch Maßnahmen der Distributionspolitik (z. B. direkte Einkommenstransfers zugunsten der Landwirtschaft), sondern durch solche der Marktinterventionspolitik (Preisstützung für die wichtigsten in der EG erzeugten Produkte) anzustreben, führt bei weitgehendem Verzicht auf Produktionsbeschränkungen zu einem fortgesetzten Anstieg der Selbstversorgung und somit zu einer zunehmenden Verdrängung von Importen aus Drittländern und darüber hinaus zu Produktionsüberschüssen, die auf dem Weltmarkt abgesetzt werden müssen. Damit gerät das in Artikel 110 genannte Ziel der Gemeinschaft, „zur harmonischen Entwicklung des Welthandels… beizutragen“, zunehmend in Gefahr.
Winfried V. Urff
Ordnungspolitische Probleme des Beitritts von Schwellenländern zur Europäischen Gemeinschaft
Zusammenfassung
In den fünfziger Jahren haben die meisten Entwicklungsländer (mit Ausnahme von Hongkong, Singapur und Malaysia, die bereits frühzeitig ihre Wirtschaftsstruktur an ihren komparativen Kostenvorteilen orientierten und die Lenkung der Investition und Produktion weitgehend dem Markt überließen) eine Politik der Importsubstitution betrieben. Dieser Strategie lag die Überlegung zugrunde, daß die Entwicklung der einheimischen Industrie am einfachsten in den Branchen ist, in denen ausländische Exporteure bereits anbieten und einen Markt erschlossen haben. Inländische Unternehmen brauchen dann „nur“ die gleichen Produkte wie bisher die ausländischen Anbieter herzustellen und können diese dann ersetzen. Eine solche Importsubstitution könnte ohne jegliche wirtschaftspolitische Lenkung zustande kommen, wenn einheimische Unternehmer von ausländischen Anbietern lernen und infolge ihrer besseren Kenntnis der einheimischen Marktbedingungen und Bedürfnisse sowie ihrer größeren Nähe zu den Verbrauchern die ausländischen Exporteure allmählich aus dem Markt verdrängen würden. Die Entwicklungsländer haben sich jedoch nicht auf die Marktkräfte verlassen, sondern die Importsubstitution durch die Beschränkung des Imports mittels hoher Zölle und Einfuhrkontingentierung sowie Subventionen und Steuervergünstigungen für die substituierenden inländischen Unternehmen zu beschleunigen versucht. Ihr Mißtrauen in die Funktionsfähigkeit des Marktmechanismus ging so weit, daß sie die Entscheidung über die zu substituierenden Importe nicht den Unternehmern überließen, sondern durch sehr große Unterschiede der Zölle und Einfuhrkontingente für verschiedene Güter sowie durch die unterschiedliche Erteilung von Investitionslizenzen lenkten.
Ernst Dürr
Ungleiche Handelsgewinne
Zusammenfassung
Bereits vor dreißig Jahren entwickelten Prebisch, Myint, Nurkse, Myrdal und Singer ihre These, wonach die Armut der Entwicklungsländer im wesentlichen auf die ungünstigen und sich säkulär verschlechternden Austauschbedingungen zwischen ihren Primärexporten und ihren Industriegüterimporten zurückzuführen sei (vgl. zu den inzwischen klassischen Arbeiten dieser Gruppe: Singer, 1950; Myint, 1954; Prebisch, 1959; Nurkse, 1953; Myrdal, 1956).
Klaus Dorner
Stand und Perspektiven der Internationalen Rohstoffpolitik
Zusammenfassung
Seit Ende der sechziger Jahre vollzieht sich weltweit ein Prozeß wachsender Spezialisierung und Arbeitsteilung. Der weltwirtschaftliche Umstrukturierungsprozeß führte dazu, daß die Entwicklungsländer langsam der Rolle von Rohstoffexporteuren entwachsen. Diese Entwicklung fand ihren sichtbaren Niederschlag in dem kontinuierlich abnehmenden Gewicht der Rohstoffexporterlöse innerhalb der gesamten Ausfuhrerlöse des Entwicklungsländerblocks. Entfielen vor zwanzig Jahren noch etwa 75 v. H. der gesamten Ausfuhrerlöse (ohne Erdöl) auf Rohstoffexporte, so verringerte sich dieser Anteil 1981 auf schätzungsweise nicht mehr als 34 v. H.
Klaus Glaubitt
Die ASEAN-Staaten und Konzepte einer pazifischen Wirtschaftskooperation
Zusammenfassung
Seit mittlerweile fast zwei Jahrzehnten sind verschiedene Konzepte einer institutionalisierten wirtschaftlichen Kooperation zwischen den Staaten des Pazifischen Beckens Gegenstand wissenschaftlicher Analysen und politischer Diskussionen. Während Mitte der sechziger Jahre der frühe, jedoch unrealistische Vorschlag Kojimas noch auf die Errichtung einer Freihandelszone zwischen den fünf pazifischen Industrieländern abzielte und dabei deutlich von den Integrationsfortschritten der EG inspiriert war, wurde der Anspruch schon bald bescheidener: Eine OECD-analoge Organisation zur Konsultation und Politikkoordinierung schien der durch vielfache Heterogenitäten (politischer, kultureller, wirtschaftsstruktureller Art) gekennzeichneten pazifischen Region eher angemessen (vgl. zu den Konzepten im einzelnen Abschnitt III). Ende der 60er bis Ende der 70er Jahre durchlief die Idee einer institutionalisierten wirtschaftlichen Kooperation dann ein Zwischentief, bevor mit dem Eintritt in die 80er Jahre eine bemerkenswerte Renaissance einsetzte, in deren Verlauf Kooperationskonzepte beinahe wie Pilze aus dem Boden schössen und eine nicht enden wollende Serie von Konferenzen, Hearings, Seminaren etc. zum Aufbau einer Pacific Economic Community im Gefolge hatten.1
Wilfried Lütkenhorst
Zur Finanzierung der Leistungsbilanzdefizite der Nicht-Öl-Entwicklungsländer
unter besonderer Berücksichtigung der Rolle des Internationalen Währungsfonds
Zusammenfassung
Während die Industrieländer — unter ihnen insbesondere die größeren — die Folgen des zweiten Ölpreisschubs auf ihre Leistungsbilanzen rascher als erwartet überwinden, gelingt es den Nicht-Öl-Entwicklungsländern1 nicht, ihre stark gestiegenen Defizite abzubauen:
Günter Grosche
Die Rolle der Geschäftsbanken im Rahmen der Entwicklungshilfe
Zusammenfassung
Im Rahmen der Entwicklungshilfe spielen die Geschäftsbanken eine ebenso wichtige wie verantwortungsvolle Rolle. Ihre Bedeutung wird häufig verkannt und unangemessen gewürdigt. Internationaler Währungsfonds, Weltbank und regionale Entwicklungsbanken1 wie spezielle Entwicklungsgesellschaften genießen durch ihre vorwiegend auf die Entwicklungshilfe gerichtete Politik so etwas wie einen Ausschließlichkeitsanspruch bei Finanzierungen in Ländern der Dritten Welt. Doch alle diese Institute könnten ihre Ziele wohl nicht in dem gewünschten Maße verwirklichen, gäbe es nicht Geschäftsbanken, die sie bei der Kreditvergabe unterstützen und begleiten würden.
Otto Wulff
Willy Kraus und das Institut für Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik
Zusammenfassung
Willy Kraus und das Institut für Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik gehören zusammen. Er war sein erster Geschäftsführender Direktor und hatte damit entscheidenden Anteil am Aufbau des Instituts. Mit seinen wissenschaftlichen Aktivitäten trug er dazu bei, dem Institut Geltung und Anerkennung zu verschaffen. Seine Schriften und Diskussionsbeiträge gaben immer wieder Anstöße zu Forschungsarbeiten des Instituts und für die Verwirklichung des speziellen Anliegens des Instituts: die multi- und interdisziplinäre Forschung.
K.-H. Hottes, K. Ringer
Backmatter
Metadaten
Titel
Nationale Entwicklung und Internationale Zusammenarbeit
herausgegeben von
Prof. Dr. Artur Woll
Dr. Klaus Glaubitt
Prof. Dr. Hans-Bernd Schäfer
Copyright-Jahr
1983
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-68979-6
Print ISBN
978-3-642-68980-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-68979-6