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2015 | Buch

Organisation und Unsicherheit

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Über dieses Buch

Das Buch „Organisation und Unsicherheit“ geht der Frage nach, wie Organisationen in der Gegenwart auf Unsicherheiten reagieren. Diese Unsicherheiten können organisationsintern erzeugt werden oder aus der Organisationsumwelt resultieren. Aus unterschiedlichen theoretischen Perspektiven und anhand verschiedener empirischer Analysen zu Jugendämtern, Bildungseinrichtungen, High Reliability Organisationen und Organisationen des Finanzmarktes u.a.m. wird gezeigt, welche Konsequenzen sich aus zunehmenden Unsicherheiten für das Handeln in Organisationen und die Beziehungen zwischen Organisationen und Umwelt ergeben. Versuche, Unsicherheit zu vermeiden oder zu beseitigen, führen dabei – wie viele der Beiträge zeigen – zu neuen Unsicherheiten.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Organisation und Unsicherheit – eine Einführung
Zusammenfassung
Der vorliegende Sammelband beleuchtet das Verhältnis von Organisation und Unsicherheit in theoretischen und empirischen Analysen. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie Organisationen in der Gegenwart auf Unsicherheiten reagieren. Dabei interessieren wir uns sowohl für Quellen von Unsicherheit, die aus der Organisationsumwelt resultieren, als auch für organisationsintern erzeugte Unsicherheiten.
Maja Apelt, Konstanze Senge

Theoretische Orientierungen

Frontmatter
Unsicherheit als ein Grundkonzept der Organisationssoziologie
Zusammenfassung
Seit der Erosion des Modells (zweck-)rationalen Handelns ist die allgemeine Organisationssoziologie auf der Suche nach grundlegenden Konzepten für ihren Gegenstandsbereich. Neben Macht, Kultur, Institution, Netzwerk und Praxis ist Unsicherheit ein weiterer Kandidat. Klar ist, dass keines dieser oder anderer Konzepte für sich allein genommen die Nachfolge des Rationalmodells antreten kann. Ihre Tauglichkeiten werden daher mitbestimmt davon, ob und wie sich ein Begriff mit anderen kombinieren lässt. Eine weitere Vorgabe für jedes Basiskonzept der Organisationssoziologie lautet, dass es den gesellschaftlichen Bezug aller Analysen erkennen lassen und erhalten muss, die mit seiner Hilfe durchgeführt werden. Auch hierin wiegt die Traditionslast des Rationalmodells schwer. Damit sind die Prüfbedingungen gegeben, die mein Beitrag an ein mögliches organisationssoziologisches Verständnis von Unsicherheit anlegen wird. Es muss hinreichend allgemein sein, um die Einheitlichkeit eines Gegenstandes „Organisation“ identifizieren zu können. Es muss sich mit anderen allgemeinen Konzepten verknüpfen lassen. Es muss sich auch gesellschaftstheoretisch bestimmen lassen. Und es darf bei all dem nicht so steril werden, dass es seine Tauglichkeit für Einzelfallanalysen verliert, denen die Organisationssoziologie mindestens so viel verdankt wie großen Theorieentwürfen.
Achim Brosziewski
Ungewissheit, Vielfalt, Mehrdeutigkeit – Eine Heuristik unsicherer Umwelten
Zusammenfassung
Der Begriff der Unsicherheit spielt in den unterschiedlichsten disziplinären Zusammenhängen eine entscheidende Rolle: Besonders prominent ist der Begriff in vielen ökonomischen Theorien, aber auch in den Naturwissenschaften kommt dem Begriff Relevanz zu. In der organisationstheoretischen Forschung und insbesondere ihren soziologischen Varianten kann man dem Begriff einen klassischen Status zusprechen. Klassisch ist der Begriff insofern, als seine Einführung zwar auf historisch konkret bestimmbare Bedingungen des organisationstheoretischen Feldes reagiert, er aber trotz veränderter Bedingungen und den damit implizierten Bedeutungsverschiebungen nicht an aktueller Relevanz einbüßt.
Christoph Seidel
Organisation und Unsicherheit aus Sicht der reflexiven Modernisierung: Politisierung, Individualisierung/Subjektivierung und subjektivierendes Arbeitshandeln
Zusammenfassung
Welche Folgerungen lassen sich aus dem Konzept der „reflexiven Modernisierung“ für das Zusammenspiel von Organisation und Unsicherheit ableiten? Zur Beantwortung dieser Ausgangsfrage wird an Erkenntnisse des gleichnamigen DFG Sonderforschungsbereichs (536) „Reflexive Modernisierung“ angeknüpft und der Fokus auf den inner-organisationalen Umgang mit (zunehmender) Unsicherheit gelegt. Ein Grundaspekt der Gesellschaftsdiagnose eines Bruchs zwischen der ersten Moderne und der reflexiven Moderne wird im Folgenden auf das Handeln in Organisationen übertragen: Der (vor allem technische) Wandel erzeugt Risiken, die zunehmend nicht mehr durch ein Mehr an Technik oder neues (Experten-)Wissen einzufangen sind. Die Problematik der bisherigen Formen der Sicherheitsgenerierung bzw. Ordnungsbildung der ersten Moderne und der von ihnen erzeugten Nebenfolgen wird offensichtlicher. Es wird im Folgenden argumentiert, dass mit den neuen „Lösungsansätzen“ der reflexiven Moderne, wie die Politisierung (2.1) und Individualisierung (2.2) und die Subjektivierung (2.2), durchaus ein Wandel von Arbeit und starke Veränderungsprozesse in Organisationen angestoßen wurden. Dennoch bleiben diese Entwicklungen auf der grundlegenderen Ebene von Denk- und Handlungsmodellen weiterhin im Planungs- und Objektivierungsparadigma der ersten Moderne verhaftet. (2.3) Hier setzt das Konzept des subjektivierend-erfahrungsbasierten (Arbeits-)Handelns (3) an und führt den diagnostizierten Bruch mit der ersten Moderne konsequent weiter – hin zu einer anderen Wissensbasis des Handelns. Der Schritt hin zur reflexiven Moderne vollzieht sich nach diesem Ansatz erst, wenn sich auch alternative Denk- und Handlungsmodelle durchsetzen. Auf diese Weise soll es letztlich möglich sein, auf die erhöhten Unsicherheiten der reflexiven Moderne nicht nur zu reagieren, sondern diese auch zu nutzen. Ein Fazit (4) hält fest, dass zwar ein intensiver struktureller Wandel von Arbeit stattgefunden hat, dass aber zugleich erstmoderne Umgangsweisen mit Ungewissheit weiterhin dominieren. Jedoch lassen sich in Wirtschaftsorganisationen mittlerweile erste Ansätze zu einer Aufnahme der Anstöße finden, die vom Konzept des subjektivierend-erfahrungsgeleiteten Handelns ausgehen.
Norbert Huchler
Organisationsidentität und Unsicherheit
Zusammenfassung
Aktuell vollzieht sich scheinbar eine Entwicklungsperiode, in der permanenter, radikaler Wandel von Technologien, Märkten, Regulationen und Managementkonzepten zur Normalität wird. Organisationen stehen hierbei im Besonderen vor der Herausforderung, auf externe Impulse der technologischen, ökonomischen und institutionellen Umwelt zu reagieren. Vor diesem Hintergrund stellt sich die grundlegende Frage nach Mechanismen, die Organisationen in die Lage versetzen, mit Unsicherheit in der Umwelt umzugehen. Dabei werden möglicherweise Organisationsidentitäten immer wichtiger, um Stabilität und gerichteten Wandel in turbulenten Umwelten zu ermöglichen. Das Selbstverständnis von Organisationen, beispielsweise als „sozial nachhaltiges Unternehmen“, „Exzellenz-Universität“ oder einfach als „Bank“, ist hierbei grundlegend. Gleichzeitig existiert in der Organisationsforschung selbst eine gewisse Unsicherheit darüber, was eine Organisation ist. In dem folgenden Text wird das Konzept der Organisationsidentität als ein Lösungsvorschlag vorgestellt und diskutiert, um die theoretisch-konzeptionellen Unsicherheiten zu überwinden und damit letztlich dem Forschungsproblem der tatsächlichen Unsicherheit von Organisationen besser begegnen zu können.
Stefan Kirchner
Das Management von Unsicherheit in Organisationen: Können Organisationen im Umgang mit Unsicherheit von den Erkenntnissen der High Reliability Theory lernen?
Zusammenfassung
Organisationen sind in hochdynamische und komplexe Umwelten eingebettet. Stabilitätsmuster, Traditionen und die herkömmlichen Formen sozialer Strukturen und Einbettungen lösen sich auf bzw. werden flüssig und müssen neu verhandelt werden. Globalisierung, gesteigerte Kommunikations- und Mobilitätsmöglichkeiten sowie Entgrenzungsprozesse, bedingt durch einen allgemeinen technischen Fortschritt gelten als Ursache für eine gesteigerte Unsicherheit in der Moderne, mit der sich die Errungenschaften der Moderne reflexiv gegen sich selbst wenden. Organisationen als Produzenten und Bearbeiter von Unsicherheit gelangen immer häufiger an den Punkt, an dem die herkömmlichen Mittel zur Reduktion von Unsicherheit wie ein Mehr an Kontrolle, ein Mehr an Technik und ein Mehr an wissenschaftlicher Expertise und Planung an ihre Grenzen stoßen. Im Anschluss an Dequech lassen sich deshalb in der Moderne immer häufiger Situationen identifizieren, die von fundamentaler Unsicherheit geprägt sind. Die Folgen organisatorischen Handelns können daher oft nicht mit hinreichender Sicherheit antizipiert werden. Organisationen agieren zunehmend in „murky worlds“. Die Frage, wie Organisationen und ihre Mitglieder auf diese Unsicherheit reagieren, ist in der organisationssoziologischen Forschung noch nicht hinreichend beantwortet. Wie versuchen Organisationen trotz dieser Unsicherheit ihre organisationalen Ziele effektiv zu erreichen? Mit dem folgenden Beitrag wollen wir dieser Frage nachgehen und eine mögliche Antwort formulieren. Dabei stützen wir uns auf Arbeiten von La Porte und Consolini, Schulman sowie Weick und Sutcliffe.
Konstanze Senge, Simon Dombrowski

Empirische Befunde

Frontmatter
Warum wird das „ganz normale Chaos“ zum Problem? Jugendämter als Hybridorganisationen mit Souveränitätsverlust
Zusammenfassung
Jugendämter haben in der Organisationssoziologie bislang nur wenig Aufmerksamkeit gefunden. Trotz einiger theoretischer und empirischer Vorarbeiten harrt dieser spezifische Typus formaler Organisationen immer noch einer analytischen Durchdringung mit organisationssoziologischem Blick. Die folgende Analyse soll dabei helfen, die jüngsten Entwicklungen in diesen Organisationen und ihrer Umwelt besser zu verstehen, insbesondere im Hinblick auf den in der Medienöffentlichkeit permanent kursierenden Defizitverdacht, gegen den sich die „Angeklagten“ mit großen Mühen, aber doch eher vergeblich zu wehren versuchen.
Ingo Bode, Hannu Turba
Das Ende der Unsicherheit? Beobachtungen aus der reformierten Universität
Zusammenfassung
Wenn man Organisationen als soziale Systeme versteht, die sich auf der Basis von Entscheidungen reproduzieren, dann räumt man dem Thema der „Unsicherheit“ eine zentrale Bedeutung ein. Entscheidungen dienen zunächst der Unsicherheitsabsorption. Sie reduzieren einerseits Unsicherheit, aber man gelangt nicht einfach ins Reich der Sicherheit –Entscheidungen hätten auch anders ausfallen können und vielleicht anders ausfallen sollen. Insofern schaffen Entscheidungen andererseits auch neue Unsicherheiten. Am Beispiel aktueller Reformprozesse in Universitäten zeigt dieser Beitrag, wie durch die vielfältigen Reformmaßnahmen der letzten Jahre die organisationalen Voraussetzungen von Universitäten, also Entscheidungsprämissen zur Unsicherheitsabsorption, verändert wurden und welche Konsequenzen sich daraus für organisationale Strukturen und Arbeitspraxen der dort beschäftigten Professionellen ergeben. Anhand einer empirischen Untersuchung wird die These plausibilisiert, dass die gegenwärtige Reformen einen Versuch darstellen, Universitäten berechenbarer zu machen, ihr Unsicherheitsniveau zu reduzieren, dieser Versuch aber nur begrenzt die Arbeitspraxis in Lehre und Forschung erreicht und im Endeffekt zum Aufbrechen neuer Unsicherheitszonen führt.
Karin Lohr, Romy Hilbrich, Thorsten Peetz
Die Produktion von Unsicherheit. Nichtintendierte Folgen des operationellen Risikomanagements in Banken
Zusammenfassung
In diesem Aufsatz wird die These vertreten und empirisch zu belegen versucht, dass operationelles Risikomanagement in Banken, wie es mit der Regulierungsinitiative Basel II institutionalisiert wurde, weniger zu der intendierten „absoluten“ Reduktion von Unsicherheit führt, sondern im Zuge der vollzogenen Regulierung der bankinternen Arbeitsprozesse sekundäre Unsicherheiten hervorruft. Zugleich werden tragende Unsicherheiten in den Prozessen des Organisierens ausgemacht, deren „Kontrolle“ sich nicht im Modus der bisherigen Steuerungslogik reglementieren lassen wird. In den Blick kommen soziale Praktiken der Unsicherheitsabsorption, die Zuverlässigkeit von Banken „zwischen den Zeilen“ der wohldefinierten Organisation permanent aufrechterhalten und entsprechende Anpassungen in der Beobachtung und Steuerung von Banken notwendig erscheinen lassen.
Fabian Brückner, Stephan Wolff
Hochfrequenzhandel zwischen Entscheidungsautomation und Entscheidungsautonomie
Zusammenfassung
Die Verwendung technologischer Verbreitungsmedien an Finanzbörsen ist erst in den letzten Jahren auf ein sozialwissenschaftliches Forschungsinteresse gestoßen. Seitdem die Medialisierung der Preise durch den Einsatz von Technologien weitgehend standardisiert wurde, richtet sich der Unsicherheitsblick der Marktteilnehmer weniger auf die Bereitstellung einheitlicher Preisinformationen, als vielmehr darauf, Preisdifferenzen an unterschiedlichen Märkten auszunutzen. Für diese Arbitrage-Geschäfte ist es umso wichtiger, kleinste Zeitunterschiede zu beobachten und direkt in Zahlungsdifferenzen ummünzen zu können. Zahlungsentscheidend ist dann nicht nur die Geschwindigkeit der Informationsbeschaffung, sondern auch die ihrer Weiterverarbeitung. Wie stellen sich moderne Finanzorganisationen auf die damit verbundenen Unsicherheiten ein? Der Beitrag beschreibt anhand einer organisationssoziologischen Spezifizierung der Strukturbedingungen und Grenzstellen des Einsatzes von High Frequency Trading das Verhältnis von autonomen und automatisierten Zahlungsentscheidungen. Die These ist, dass die sich durch High Frequency Trading vollziehende Kopplung von Grenzstellen der Nachrichtengenese, Ordererzeugung und Orderausführung Ausdruck einer zunehmenden Ausdifferenzierung von Zahlungsentscheidungen an Finanzmärkten ist. Insgesamt wird die Form der Erzeugung von Zahlungsentscheidungen dabei in einer für organisierte und technische Marktumwelten besonders sensitiven Weise angepasst.
Rena Schwarting
Delegitimierung und Stabilisierung. Umgang mit Unsicherheit bei der Reform der Bundesagentur für Arbeit
Zusammenfassung
Durch den so genannten „Vermittlungsskandal“ von 2002 wurde die Bundesanstalt für Arbeit in eine existenzbedrohende Organisations- und Legitimationskrise versetzt. In der Krise und nachfolgenden tiefgreifenden Organisationsreform war die (2003 umbenannte) Bundesagentur für Arbeit (BA) mit hoher Unsicherheit konfrontiert, aus der die BA schließlich neuerlich gestärkt hervorging. Der Beitrag zeichnet die wichtigsten Schritte der Organisationsreform nach und diskutiert die maßgeblichen Faktoren für die umsetzungstechnisch geglückte Restrukturierung und Stabilisierung der Großorganisation. Bei der stark zentralistisch und in einem relativ kurzen Zeitfenster vollzogenen Reform traten zwar auch Folgeprobleme und Reformparadoxien auf, die dysfunktionalen Nebeneffekte waren aber nicht stark genug, die Reformumsetzung ernsthaft zu gefährden. Zugleich beförderte die Reform auf vielfältige Weise eine zunehmende Anpassung und Vereinheitlichung der Politik der örtlichen Arbeitsagenturen.
Holger Schütz
Wenn der Nebel des Krieges aufzieht … Anmerkungen zur Transformation der Bundeswehr
Zusammenfassung
Geht es um das Verhältnis von Organisation und Ungewissheit, bieten sich Armeen, d. h. militärische Organisationen, mit dem Monopol auf organisierte Gewalt und für den Kampfeinsatz vorgehalten, als Untersuchungsgegenstände ganz besonders an. Denn wie hatte schon Carl von Clausewitz formuliert? „Der Krieg ist das Gebiet der Ungewißheit; drei Viertel derjenigen Dinge, worauf das Handeln im Kriege gebaut wird, liegen im Nebel einer mehr oder weniger großen Ungewißheit.“ Deshalb eignen sich gerade Armeen, um dieses Verhältnis eingehender zu studieren.
Kai-Uwe Hellmann
Führt Nichtwissen zu Unsicherheit in der Organisation Krankenhaus?
Zusammenfassung
Der Einfluss von Organisationen auf das Handeln von Ärzten und Ärztinnen und die Problematik des Umgangs mit Nichtwissen in einer komplexen Organisation wie dem Krankenhaus wurde aus organisationstheoretischer Perspektive bislang kaum thematisiert. Nach wie vor wird zur Charakterisierung von Krankenhäusern meist auf das Konzept der „professional bureaucracy“ rekurriert. Die zentrale Annahme dieses Konzepts besteht darin, dass die Mitglieder dieses Organisationstyps Experten mit viel Wissen und einem hohem Grad an Individualität sind. Im Gegensatz zu anderen Organisationstypen, stellt laut Glouberman und Mintzberg (2001) die wichtigste Ressource des Krankenhauses vor allem die Expertise und das Wissen der Ärzte dar. Die Professionsforschung rekurriert ebenfalls auf den Aspekt der exklusiven Wissensressourcen, um die Arbeit und die professionelle Autonomie von Ärzten zu charakterisieren. Doch ärztliches Handeln gerät durch verschiedene Umstände immer wieder an Wissensgrenzen. Neben den gerade kurz skizzierten Merkmalen zeichnen sich Krankenhäuser und damit die Handlungssituationen der Ärzteschaft gegenüber anderen Expertenorganisationen noch durch drei weitere grundlegende Unterschiede aus, die Badura wie folgt zusammenfasst: Erstens sind Patienten Bestandteil im „Produktionsprozess“, da man auf die Mitarbeit der zu Versorgenden angewiesen ist, zweitens werden Menschen „bearbeitet“ und drittens sind seelische, soziale und biologische Prozesse nicht vollkommen beherrschbar. Patienten sind nicht nur Konsumenten der ärztlichen Dienstleistung, d. h. der Wiederherstellung ihrer Gesundheit, vielmehr sind sie an diesem „Produktionsprozess“ auch aktiv beteiligt. Diese drei Merkmale machen deutlich, dass die professionellen Akteure der Expertenorganisation Krankenhaus vor eine Reihe von Einflussfaktoren gestellt werden, derer sie sich zum Teil zwar bewusst sind, die sie aber zum Teil nicht beeinflussen können. Ärzte müssen also tagtäglich Entscheidungen unter Unsicherheit treffen und Strategien entwickeln, wie sie mit ihrem Nichtwissen umgehen.
Maximiliane Wilkesmann, So Rim Jang-Bormann
Metadaten
Titel
Organisation und Unsicherheit
herausgegeben von
Maja Apelt
Konstanze Senge
Copyright-Jahr
2015
Electronic ISBN
978-3-531-19237-6
Print ISBN
978-3-531-19236-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-19237-6

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