2007 | OriginalPaper | Buchkapitel
Polen
verfasst von : Basil Kerski
Erschienen in: Handbuch zur deutschen Außenpolitik
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Im Jahr 2004 wurden die Widersprüche der deutsch-polnischen Beziehungen seit dem Ende des Sowjetblocks deutlich sichtbar. In der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai 2004 feierten auf der Brücke zwischen Frankfurt/Oder und Slubice der deutsche und der polnische Außenminister die historische Erweiterung der Europäischen Union um fünfzehn neue Mitglieder. Ein strategisches Ziel des deutsch-polnischen Tandems wurde nach jahrelangen Beitrittsverhandlungen erreicht. Doch nur wenige Wochen nach dem EU-Beitritt zeigte sich, wie brüchig die neue deutsch-polnische Harmonie sein kann. Der 10. September 2004 wurde zu einem Schwarzen Freitag in den jüngsten deutsch-polnischen Beziehungen. An diesem Tag beschloss das polnische Abgeordnetenhaus fast einstimmig mit nur einer Enthaltung — ohne Konsultationen mit der polnischen Regierung, geschweige denn mit dem Bundestag oder deutschen Diplomaten — eine Resolution, in der die Regierung aufgefordert wurde, Gespräche mit der Bundesregierung über Reparationszahlungen für polnische Verluste im Zweiten Weltkrieges zu führen. Diese Initiative war eine Antwort des polnischen Parlaments auf eventuelle Entschäigungsklagen deutscher Vertriebener und Spätaussiedler, die in Polen spätestens seit der Gründung der Vertriebeneninitiative „Preußische Treuhand“ gefürchtet werden. Die Bundesregierung und der Bundestag zeigten sich von der Sejm-Resolution irritiert, bezeichneten sie als Überreaktion polnischer Politiker auf Aktivitäten einer Minderheit von Ewiggestrigen. In Berlin war man tief enttäuscht darüber, dass die Versöhnungspolitik des vereinigten Deutschland, die zahlreichen Gesten guten Willens und der Distanzierung von jeglichen Vermögensansprüchen deutscher Vertriebener der Bundesregierung vom polnischen Parlament nicht ernst genommen wurden. Die Resolution des polnischen Parlaments blieb ohne Folgen, die damalige polnische Regierung von Ministerpräsident Marek Belka hat Reparationsforderung polnischer Parteien zurückgewiesen und wies auf den formellen Verzicht gegenüber der DDR 1953 und nach der Unterzeichnung des Warschauer Vertrages von 1970 mit der Bundesrepublik hin. Die beiden Ereignisse vom Mai und September 2004 zeigen das breite Spektrum der deutsch-polnischen Beziehungen seit 1989.