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2008 | Buch

Polizei und Politische Bildung

herausgegeben von: Peter Leßmann-Faust

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Über dieses Buch

Peter Leßmann-Faust Vor 14-jährigen Schülerinnen und Schülern eines Leipziger Gymnasiums hielt der Chef der Polizeidirektion Westsachsen im Januar 2005 einen Vortrag über Rechtsextremismus. Er traf auf Interesse, aber kaum auf Wissen oder - schichtskenntnisse. „Wir müssen viel mehr in die Schulen rein, in die Köpfe der Kinder, Lehrer motivieren (. . . ) Wir müssen viel, viel mehr tun“ so seine Schluss- 1 folgerung. Was hier über die Geschichtskenntnisse und das politische Interesse von Schülerinnen und Schülern der Mittelstufe ausgesagt wird, mag im Länd- oder Schulvergleich im Detail variieren, gibt aber im Wesentlichen die Realität wider. Ebenso ist die Schlussfolgerung, die der Direktionsleiter zieht, seit Jahren Gemeingut der verbalen Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Interessant erscheint gleichwohl ein anderer Aspekt: Ein Polizist klärt – - fensichtlich im Rahmen seiner Dienstgeschäfte – Schülerinnen und Schüler über Rechtsextremismus auf, betreibt also politische Bildung. Eine weitere, neue Aufgabe der Polizei? Die Ausweitung von Kompetenzen, Zuständigkeiten und Arbeitsbereichen 2 ist eine Perspektive, unter der man die Geschichte der Polizei fassen kann. - abhängig von den Wissenschaften, die sich mit der Polizei beschäftigen – die 3 Etablierung einer „Polizeiwissenschaft“ ist derzeit in der Diskussion – schwankt das Bild der Polizei in der öffentlichen Meinungsbildung. Der Hinweis in einem Zeitungsartikel, dass ein Polizeibeamter des höheren Dienstes in der Schule Aufklärungsarbeit über Rechtsextremismus leistet, geschieht heute beiläufig, ist unspektakulär.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Einleitung
Auszug
Vor 14-jährigen Schülerinnen und Schülern eines Leipziger Gymnasiums hielt der Chef der Polizeidirektion Westsachsen im Januar 2005 einen Vortrag über Rechtsextremismus. Er traf auf Interesse, aber kaum auf Wissen oder Geschichtskenntnisse. „Wir müssen viel mehr in die Schulen rein, in die Köpfe der Kinder, Lehrer motivieren (...) Wir müssen viel, viel mehr tun“ so seine Schlussfolgerung.1 Was hier über die Geschichtskenntnisse und das politische Interesse von Schülerinnen und Schülern der Mittelstufe ausgesagt wird, mag im Länder- oder Schulvergleich im Detail variieren, gibt aber im Wesentlichen die Realität wider. Ebenso ist die Schlussfolgerung, die der Direktionsleiter zieht, seit Jahren Gemeingut der verbalen Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus.
Peter Leßmann-Faust
Zwischen Tradition und Umbruch. Schutzpolizei in den 1950er bis 1970er Jahren (Personal, Ausbildung, Revierdienst, Großeinsätze)
Auszug
Für die Schutzpolizei bildet die Phase zwischen dem letzten Drittel der 1950er und dem Beginn der 1970er Jahre eine spannungsreiche Zeit, geprägt sowohl durch das schwieriger werdende Festhalten an alten Traditionen als auch durch vielfältige Umbrüche.1 Das im vorliegenden genauer zu umreißende Gegeneinander zeigt sich in allen Kernbereichen schutzpolizeilicher Tätigkeit: in der Ausbildung, im alltäglichen Revierdienst sowie im Einsatz bei Demonstrationen. Dieses komplexe Spannungsverhältnis, das die Kultur der Schutzpolizei im Untersuchungszeitraum prägte, lässt sich aber auch am Beispiel von zwei Altersgruppen recht gut verdeutlichen: an den „Patriarchen“ und an den Modernisierern.2
Klaus Weinhauer
Bürger kontrollieren die Polizei?
Auszug
Die Polizei ist Teil der staatlichen Eingriffsverwaltung, sie greift im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages in die Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern ein. Polizeiliche Grundrechtseingriffe dienen entweder dem Schutz einzelner Menschen (z. B. die Wohnungsverweisung eines gewalttätigen Ehemannes zum Schutz der Ehefrau und der Kinder) oder der Allgemeinheit (z. B. Beschlagnahme des Führerscheins eines alkoholisierten Autofahrers). Die Betroffenen solcher Grundrechtseingriffe können die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen sowohl durch die Polizeibehörde selbst als auch durch die Gerichte überprüfen lassen. Darüber hinaus haben sie auch die Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde, wenn sie zwar nicht die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahme in Zweifel ziehen, aber mit der Art und Weise des polizeilichen Einschreitens bzw. dem persönlichen Verhalten einer Polizeibeamtin oder eines Polizeibeamten nicht einverstanden sind.
Udo Behrendes, Manfred Stenner
Interview mit Gerda Maibach
Auszug
Im Jahr 1996 veröffentlichte Gerda Maibach das Buch „Polizisten und Gewalt. Innenansichten aus dem Polizeialltag“, Reinbek 1996.
Peter Leßmann-Faust
Polizeiarbeit — immer noch Männersache? Tradition, Hegemonie und die Folgen der Geschlechterdebatte in der Polizei
Auszug
Der Kern des polizeilichen Handlungsrepertoires ist die Gewalt, genauer gesagt, die Ausübung legaler (staats-)Gewalt. Ihre Bewerkstelligung, also die konkrete Umsetzung war lange Zeit gekoppelt mit einer in der Polizei dominierenden Vorstellung von „aggressiver Maskulinität“. Mit der Zunahme neuer Funktionen und Tätigkeiten nimmt die Sichtbarkeit und die Notwendigkeit von aggressiver Maskulinität etwas ab, sie wirkt aber subkutan weiter und dominiert die Kultur der sog. handarbeitenden Polizisten (Cop Culture). Es mag anachronistisch klingen, in Zeiten, in denen Systeme und Strukturen dominieren und in denen mehr von Dienstleistung und/oder Gouvernementalität gesprochen wird als von Staatsgewalt, etwas über Männlichkeit oder Geschlecht in der Polizei zu schreiben und dies auch noch mit Gewalt in Zusammenhang zu bringen. Und in der Tat wird dies aus der Polizei heraus auch so formuliert.
Rafael Behr
Politische Bildung durch Geschichtsarbeit: Das Projekt „Sozialgeschichte der Polizei in Gelsenkirchen“
Auszug
Moderne sozialwissenschaftliche Stadtforschung oder Stadtgeschichtsforschung beschäftigt sich nach allgemeiner Übereinkunft mit dem Phänomen „Stadt“ in der Zeit seit dem Beginn des Industriezeitalters und betrachtet Urbanisierung als einen selbständigen, allerdings von der Industrialisierung abhängigen Prozess des umfassenden gesellschaftlichen Wandels im 19. und 20. Jahrhundert.1
Stefan Goch
Historisch-politische Bildungsarbeit für die Polizei am authentischen Ort
Auszug
Im letzten Jahrzehnt hätte man leicht den Eindruck gewinnen können: Polizeigeschichte sei eine Erfolgsgeschichte. Innenministerien, agile Polizeipräsidenten und Initiativen von Interessierten, die die Modernität ihres Berufstandes deutlich machen möchten, fördern gleichzeitig Buch-, Dokumentations- Ausstellungsprojekte in Köln, Wuppertal, Bonn, Recklinghausen, Mönchengladbach, Hamm und Düsseldorf und inzwischen auch in anderen Bundesländern.1 Polizeigeschichtliche Sammler innerhalb der Behörden, früher von ihrem Umfeld eher als Exoten wahrgenommen, erhielten über diese Projekte eine positive Resonanz und höhere Reputation. Mit dieser Entwicklung scheint die Form der berufsorientierten, erfahrungsgeschichtlichen Selbstvergewisserung in einer neuen Qualität angekommen zu sein. Täuscht dieser Eindruck? Oder ist dies nur eine polizeihistorische Fata Morgana derjenigen, die sich in der ‘Erkenntniswüste’ an einigen Oasen die Lage schönreden? In jedem Fall ist die selbstkritische historische Analyse des eigenen Berufstandes bundesweit eher die Ausnahme, denn der Regelfall. Sollte dies grundlegend geändert werden, mit welchen Methoden wäre es sinnvoll und wie erreicht diese historisch-politische Anstrengung auch die Menschen, die in Uniform ihren gesellschaftlichen Auftrag ausüben sollen?
Michael Sturm, Christoph Spieker, Daniel Schmidt
Akademische Freiheiten im Korsett eines verschulten Studienbetriebs — Das Studium für Polizeivollzugsbeamte an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen
Auszug
1)
Einblicke in die Polizeiausbildung an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung — Quo vadis, Polizei?
 
2)
Psychologie, Soziologe und sonstiges — Wie viel sozialwissenschaftliches Know — How braucht ein Polizeibeamter?
 
3)
Akademische Freiheiten im Korsett eines verschulten Studienbetriebs — Das Projektstudium
 
4)
Polizeiobermeister Müller und Kommissaranwärterin Klein auf den Spuren von Murat Özkandemir und Bedriye Akiv aus Köln-Kalk
 
5)
Aus den Interviews mit Murat, Osram, Oktay und anderen
 
6)
Auf dem Prüfstand: Sozialwissenschaften und verhaltensorientierte Lehrveranstaltungen im Studium
 
Ulrike Neuhoff
Interview mit Klaus-Peter Hufer
Auszug
Klaus-Peter Hufer ist Fachbereichsleiter für Geistes- und Sozialwissenschaften an der Kreisvolkshochschule Viersen und Privatdozent an der Universität Duisburg-Essen. Unter seinen Veröffentlichungen befindet sich auch das von Interessenten an der politischen Weiterbildung viel gelesene Buch „Argumentationstraining gegen Stammtischparolen. Materialien und Anleitungen für Bildungsarbeit und Selbstlernen“, Schwalbach 2001 (7. Aufl. 2005).
Peter Leßmann-Faust
Polizei und staatliches Gewaltmonopol in der Internationalisierung
Auszug
Polizei kann ohne ein staatliches Gewaltmonopol nicht existieren. Das ist zweifellos ein Gemeinplatz, aber dennoch ein nur wenig verstandener Gemeinplatz. Sinn und Zweck von Polizei liegen auf der Hand: Die Gewalt, die von der Polizei als Ordnungsmacht des Staates nach innen hin ausgeht, dient der Sicherheit der Bürger und Bürgerinnen. Diese Gewalt ist legitimiert durch die Funktionen des Staates und diese wiederum bedürfen der Legitimierung durch das Votum der Bürger. Ein scheinbar einfacher Kreislauf in der Begründung, der das Gewaltmonopol zum Mittel wie Ziel des Staates selbst macht. Mag dieser Sinnzusammenhang in der klassischen Selbstbegründung von moderner Staatlichkeit tatsächlich deutlich gewesen sein, so schwindet dieser Befund in dem Maße, wie sich die staatlichen Polizeiformen nicht nur in einem typischen Wandel von Funktionslogiken nach innen hin befinden, sondern aufgrund eines strukturellen Internationalisierungsprozesses auch nach außen eine andere integrale Kompetenz und damit faktisch auch Legitimation bekommen.
Peter Nitschke
Backmatter
Metadaten
Titel
Polizei und Politische Bildung
herausgegeben von
Peter Leßmann-Faust
Copyright-Jahr
2008
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-91116-8
Print ISBN
978-3-531-15890-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-91116-8