"Heute ist alles Politik und hängt mit ihr zusammen, von dem Leder an unserer Schuhsohle bis zum obersten Ziegel am Dache, und der Rauch, der aus dem Schornstein steigt, ist Politik und hängt in verfänglichen Wolken über Hütten und Palästen, treibt hin und her über Städten und Dörfern." Diese provokante Feststellung hat der Schweizer Dichter und Politiker Gottfried Keller bereits im 19. Jahrhundert getroffen. Sie gilt zweifellos auch heute noch für die aktuelle "Ressourcenfrage", die eine besondere Herausforderung für unsere Industriegesellschaft darstellt.
Unser Wohlstand und unser Lebensstandard werden mittelbar von der Verfügbarkeit mineralischer, fossiler und biogener Rohstoffen bestimmt, deren Nutzung schon gegenwärtig die Regenerationsfähigkeit der Erde deutlich übersteigt. Deshalb ist es zwingend, den industriellen Rohstoffverbrauch einzuschränken, die Rohstoffeffizienz zu erhöhen sowie Luft, Wasser und Boden als unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Um diese Ziele zu erreichen, sind
- langlebige Produkte und umweltschonende Produktionsverfahren zu entwickeln, bei denen der Rohstoffeinsatz optimiert ist (Ressourceneffizienz),
- Kohle, Mineralöl und Erdgas durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen (Energiewende) sowie
- Abfälle über die gesamte Wertschöpfungskette zu vermeiden und nicht vermeidbare Abfälle als Sekundärrohstoffe zu verwerten (Kreislaufwirtschaft).
Auch wenn diese Maßnahmen seit langem bekannt sind und von der Fachöffentlichkeit wiederholt gefordert werden, verfolgen Politik und Wirtschaft diese Entwicklung nur zögerlich. Umso ärgerlicher ist es, dass die Verantwortlichen offensichtlich nur durch spektakuläre Umweltskandale zum Umdenken und Handeln gezwungen werden. Diese Erfahrungen lehren uns, dass es noch erheblicher Anstrengungen bedarf, um die Bevölkerung über die Notwendigkeit des Ressourcenschutzes und der Ressourceneffizienz aufzuklären. Erst ein nachhaltiges Umweltbewusstsein zwingt die politisch Verantwortlichen zu handeln, d. h. geeignete Strategien, Instrumente und Maßnahmen zu entwickeln und umsetzen. Dies wiederum ist eine notwendige Voraussetzung, um innovative Technologien zu entwickeln und erfolgversprechend einzusetzen.
Ressourceneffizienz als umweltpolitische Notwendigkeit erkennen
Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend die neue Gewerbeabfallverordnung vorgestellt, die stringente Vorgaben für die Getrennterfassung von Wertstoffen und die Vorbehandlung von gewerblichen Abfallgemischen enthält. Die energetische Nutzung der Biomasse in Deutschland ist durch begrenzte Ressourcen und vielfältige Bedarfsfelder bestimmt. So wird im Fachbeitrag Entwicklung der energetischen Biomassenutzung in Deutschland verdeutlicht, dass technologische Innovationen, die ein breites Biomasseportfolio effizient und flexibel sowie umweltverträglich und wirtschaftlich nutzen, ein wichtiges Entwicklungsziel darstellt. Phosphor, dies hat ein Fachgespräch ergeben, stellt nach wie vor eine erhebliche Gewässerbelastung dar, zu dessen Reduzierung flächenbezogenen Maßnahmen und Stoffrückhalt in der Landwirtschaft erforderlich sind. Die novellierte Klärschlammverordnung bietet weitreichende Perspektiven für das Phosphor-Recycling in Deutschland, wobei die thermische Klärschlammbehandlung in Kombination mit dem Phosphorrecycling die Entwicklung thermochemischer Verfahren begünstigt.
Die in diesem Heft veröffentlichten Fachbeiträge bieten vielfältigen Lesestoff. Da „alles Politik ist und mit ihr zusammenhängt“, bleibt zu wünschen, dass die Verantwortlichen den sparsamen und effizienten Einsatz von Ressourcen als umweltpolitische Notwendigkeit erkennen und entsprechend handeln.
Dieser Kommentar ist in Ausgabe 11/2017 der Fachzeitschrift WASSER UND ABFALL erschienen.