1989 | OriginalPaper | Buchkapitel
Sanktionen bei Vertragsverletzung
verfasst von : Johannes Köndgen, Philipp von Randow
Erschienen in: Allokationseffizienz in der Rechtsordnung
Verlag: Springer Berlin Heidelberg
Enthalten in: Professional Book Archive
Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.
Wählen Sie Textabschnitte aus um mit Künstlicher Intelligenz passenden Patente zu finden. powered by
Markieren Sie Textabschnitte, um KI-gestützt weitere passende Inhalte zu finden. powered by
Was ist die ökonomische Funktion von Vertragshaftungsregeln? Wer seinen Coase gut gelesen hat, dem wird die Antwort zunächst nicht schwer fallen: überhaupt keine — jedenfalls soweit den Vertragsparteien transaktionskostenfreies Verhandeln möglich ist und ihre Rechte eindeutig fixiert sind.1 Denn die Parteien können sich — entweder schon beim Vertragsschluß selbst, später möglicherweise durch Nachverhandeln nach Eintritt einer Vertragsstörung — ihr vertragliches Haftungsstatut maßschneidern. Genauer: Sie können sich die Folgen einer Vertragsstörung so einrichten, daß ihr gemeinsamer Nutzen höher ist als unter einem durch Gesetz oder Richterspruch auferlegten Haftungsregime. Und da die Annahme der Abwesenheit von Transaktionskosten im Bereich des Vertragsrechts einen erheblich höheren Realitätsgehalt aufweist als anderswo, wird von dieser Gestaltungsbefugnis bekanntlich auch kräftig Gebrauch gemacht. Nur zwei Beispiele hierzu, die mehr oder weniger für sich selbst sprechen: a)In Kaufverträgen über Gattungsware hat es sich eingebürgert, die gesetzlichen Mängelrechtsbehelfe — Nachlieferung, Wandelung oder Minderung — durch einen Anspruch des Käufers auf Nachbesserung abzulösen. Die Effizienzsteigerung dieser Kautelarpraxis gegenüber der Regelung des BGB ist geradezu handgreiflich: Die gesetzliche Nachlieferungspflicht würde den Käufer in keiner Weise besserstellen alsdie Nachbesserung; andererseits zwänge sie den Verkäufer, die mangelhafte Sache zurückzunehmen, sie ebenfalls nachzubessern, aber sie dann als Gebrauchtware unter erheblichen Erlöseinbußen auf den Markt zu werfen. Ließe man den Käufer — ebenfalls im Einklang mit dem BGB — für Minderung optieren, so könnte auch dies sich als schlechte Wahl erweisen, denn der Käufer müßte nunmehr die Nachbesserung durch einen Dritten besorgen lassen, der mit der Kaufsache weniger vertraut ist als der Verkäufer und deshalb mit höheren Kosten arbeitet; der vom Verkäufer zu tragende mängelbedingte Minderwert kann zudem höher sein als die von ihm aufzuwendenden Nachbesserungskosten.b)Auch bei unvorhergesehenen Störungen läßt sich post festum durch Nachverhandlungen noch zu einem effizienten Akkord gelangen. Wenn ein Wohnungsmieter einen Zeitvertrag auf vier Jahre abgeschlossen hat, und es ereilt ihn sechs Monate nach Vertragsschluß eine berufliche Versetzung, dann mutet ihm § 552 BGB zu, den Vertrag bis zum bitteren Ende zu erfüllen, ohne daß der Vermieter in irgendeiner Weise verpflichtet wäre, sich um einen neuen Mieter zu kümmern. Die Vertragspraxis hat dieser Regel, deren Verschwendungscharakter nicht erst in Zeiten der Wohnraumknappheit offensichtlich geworden ist, bekanntlich die Spitze gebrochen, indem der Mieter gewöhnlich einen sog. Ersatzmieter stellen darf und dadurch eine vorzeitige Vertragslösung erreicht: Die Allokationseffizienz ist wiederhergestellt.2