Skip to main content

18.09.2012 | Bankenaufsicht | Interview | Online-Artikel

"Biodiversität im Finanzsystem nicht gefährden"

verfasst von: Anja Kühner

2 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Professor Dr. Reinhard Schmidt (House of Finance an der Goethe Universität Frankfurt am Main) über die Brüsseler Bankenpolitik.

Springer für Professionals: Was wird eine europäische Bankenunion ändern?

Professor Dr. Reinhard Schmidt: Hoffentlich bekommen wir dadurch wieder mehr europäischen Wettbewerb. Im europäischen Bankenmarkt hatten wir in den letzten Jahren eine Re-Nationalisierung, das halte ich nicht für gut. Es gibt allerdings ein Problem einer europäischen Bankenunion und damit einer gesamteuropäischen Regulierung und Aufsicht: Auf europäischer Ebene wird dem deutschen Sparkassen- und Genossenschaftsbanken-System nicht viel Verständnis entgegengebracht. Ich sehe erneut harte Attacken gegen das Drei-Säulen-System kommen – und eine Vereinheitlichung in Richtung börsennotierte Großbanken fände ich bedauerlich. Auf drei Beinen steht es sich sicherer als auf zweien.

Was hat Brüssel nach dem Wegfall der Gewährträgerhaftung noch gegen die Sparkassen?

Bei Sparkassen rechnet man doch immer damit, dass im Notfall staatliche Unterstützung fließt. Wenn ich richtig verunsichert wäre, dann würde ich mein Geld zu einer Sparkasse tragen. Das empfindet man in Brüssel noch immer als Wettbewerbsverzerrung.

Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben ihre Stabilität in der Finanzkrise bewiesen. Was hat die EU gegen sie?

Bisher wurden die Sparkassen und Genossenschaftsbanken eher argwöhnisch aus Brüssel und London beäugt, durchaus auch als "eigenartig" angesehen. Das Leitbild der Brüsseler Politik war immer die börsennotierte Großbank mit privaten Aktionären. Diese Politik ist allerdings in den Jahren 2009/2010 einer relativ wohlwollenden Position gewichen, denn genau die Bankengruppe der Sparkassen und Genossenschaftsbanken hat die Krise ja relativ unbeschadet überstanden.

Heißt das, in Brüssel wird jetzt mit mehr Wohlwollen auf das Drei-Säulen-Modell geschaut?

Die Hochzeit der nicht ganz konventionell strukturierten Banken scheint schon wieder vorbei zu sein, das Meinungspendel schlägt wieder zurück. Ich sehe daher die Gefahr eines Verlusts an Diversität. Das ist wie bei der Umwelt: Meist fällt erst nach ihrem Aussterben auf, wozu eine Spezies gut war. Vielleicht stellt sich erst in vierzig oder fünfzig Jahren heraus, wozu es gut war, die Gattungen der Sparkassen und Genossenschaftsbanken zu erhalten. Wir sollten diese Biodiversität im Finanzsystem nicht gefährden. Vielleicht sind ja gerade diese Säulen der Bankenwelt dauerhafter als die Shareholder-Value-getriebenen Großbanken.

Lesen Sie auch

Fachartikel "Ganzseitige Anzeigen gegen europäische Einlagensicherung"

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen