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17.08.2015 | Bankenaufsicht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Banken als Dienstleister der Gesellschaft?!

4:30 Min. Lesedauer

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Welche Rolle kommt Banken in ihren Märkten und in der Gesellschaft zu? Der Springer-Buchautor René Schmidpeter erklärt vor dem Hintergrund der Finanzkrise, wie Kreditinstitute ihrer sozialen und ethischen Verantwortung gerecht werden können.

Die gute Nachricht zuerst: Banken haben eine wichtige Aufgabe in der Gesellschaft. Sie sind maßgeblich für die effiziente Allokation von Kapital für unternehmerische Initiativen und Geschäftsideen verantwortlich. Sie leisten eine für uns alle vorteilhafte Fristen- und Risikotransformation und sorgen für eine effiziente Preisbildung an den Finanzmärkten. Auch das Investmentgeschäft und die Spekulation – solange sie mit eigenen Mitteln und auf eigenes Risiko geschehen – erfüllen gesellschaftlich wichtige Aufgaben: Sie halten die Märkte liquide, unterstützen die Einschätzung über zukünftige Entwicklungen und helfen anderen Marktteilnehmern eigene Risiken kostengünstig abzusichern.

Evolution der Bankenmodelle

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Doch was, wenn die Banken auf den Kreditausfall ihrer eigenen Kunden wetten? Wenn auf einmal aus risikoreichen Kreditgeschäften, durch undurchschaubare Produkttransformationen, beste Anlagemöglichkeiten mit AAA-Rating werden? Wenn eigene Investmentrisiken auf die Kunden abgewälzt werden? Spätestens dann werden Geschäfte auf Kosten Dritter gemacht, meist auf Kosten der Allgemeinheit, des Steuerzahlers beziehungsweise der Kunden. Hier ist die Grenze einer nachhaltigen Unternehmensführung überschritten und das Geschäftsmodell ist langfristig nicht überlebensfähig. Dies wäre dann kein Problem, wenn die beteiligten Akteure nicht „too big to fail“ wären, das heißt von der Politik und damit vom gemeinen Steuerzahler und Sparer gerettet werden müssen. Dann bewegen wir uns in Richtung Finanzsozialismus. Gleiches gilt, wenn jegliche unternehmerische Freiheit im Finanzbereich durch staatliche Regulierung zunichte gemacht wird. Beide Diskussionen zeigen, dass wir um marktwirtschaftlich strukturierte Finanzmärkte nicht herumkommen. Dafür brauchen wir transparente Geschäftsmodelle, die fair gegenüber allen Stakeholdern sind und somit letztendlich eine Win-Win-Situation für die Bank beziehungsweise das Investmenthaus wie auch die Gesellschaft generieren.

Der Ansatz des Shared Value und des Positive Impact scheinen hier zielführend. Es geht nicht um ein Entweder von Profit oder Moral, sondern um ein sowohl als auch. Dazu bedarf es keine Revolution, wie oft von Bankenkritikern gefordert, sondern eine Evolution der bestehenden Ansätze. Bewährte Managementtools und betriebswirtschaftliche Entscheidungsinstrumente können, ja müssen um die gesellschaftliche Dimension erweitert werden. Es geht darum, dass wir unseren ökonomischen Sachverstand dafür einsetzen, die Interessen der Finanzinstitute, nämlich betriebswirtschaftlichen Mehrwert zu generieren, mit den berechtigten Interessen der Gesellschaft, nämlich sozialen beziehungsweise gesellschaftlichen Mehrwert zu generieren, in Einklang zu bringen.

Kostenfaktor steht im Vordergrund

Leider wurde im Bankenbereich die gesellschaftliche Verantwortung lange Zeit als reiner Kostenfaktor gesehen. Spätestens mit der Finanzkrise hat sich diese Sichtweise auf die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen, die Corporate Social Responsibility (CSR), verändert. Ist doch mittlerweile vielen Bankvorständen klar, dass sie nicht ein Ethikproblem, sondern ein handfestes wirtschaftliches Problem haben. Die bisherigen Geschäftsmodelle sind unter den geänderten Bedingungen nicht mehr wirtschaftlich tragbar. Spätestens wenn die Zinsen angehoben werden beziehungsweise die Ressourcenpreise erneut kritische Werte erreichen und die ein oder andere durch billiges Geld erzeugte Blase platzt, stehen die Finanzinstitute wieder da wie zuvor. Daher ist die Gelegenheit, nach neuen Lösungsansätzen zu suchen, derzeit sehr günstig. Es geht darum, die wahren Preise stärker als bisher in die Wertschöpfungsprozesse der Finanzindustrie einfließen zu lassen. Ehrlich zu sich selbst und auch zu anderen zu sein, und nicht Risiken oder externe Kosten auf andere abzuwälzen.

So gesehen ist die Krise ein Segen. Es zeigt sich mittlerweile, dass ökonomisch fundierte CSR-Strategien neue Produkte und Märkte schaffen, die eigene Zukunftsfähigkeit erhöhen und auch die Rentabilität von Unternehmen steigern. Vor allem hilft ein, an den Interessen der Gesellschaft ausgerichtetes Geschäftsmodell, den vielen versteckten und unberechenbaren Kosten konstruktiv zu begegnen. Denn viele Skandale, sinkende Mitarbeitermotivation, hausgemachte Risiken und Kosten der Intransparenz können so vermieden werden. Diese gehen allein im Bankenbereich mittlerweile in die Milliarden, und dies jedes Jahr! Zudem sind eine positive Differenzierung am Markt und eine Qualitätsführerschaft im Bankenbereich immer auch eine finanziell lohnende Perspektive für die Geldhäuser, Geschäftsmodelle zu generieren, die sowohl Mehrwert für die Banken selbst als auch die Gesellschaft zu bringen. Ganz im Sinne der ursprünglichen Intention: Banken als Dienstleister der Gesellschaft.

Soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit in Einklang bringen

Es zeigt sich bei erfolgreichen Unternehmen mit einschlägigen CSR- und Nachhaltigkeits-Strategien, dass insbesondere die positive Verknüpfung mit dem genuinen Geschäftsmodell ausschlaggebend für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung ist. Ökologische und soziale Fragen sind längst auch finanziell relevant. Jene Kreditinstitute, die ökologische und soziale Verantwortung am besten mit der ökonomischen Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsmodelle in Einklang bringen, werden auch in Zukunft lukrative Arbeitgeber und Investitionsobjekte bleiben. Und Banken, die weiterhin rein monetäre Ziele unter Ausblendung von gesellschaftlichen Interessen verfolgen, werden dagegen auch vonseiten der Investoren als immer riskanter eingestuft und immer weniger als nachhaltiges Investment akzeptiert.

Zur Person
Professor Dr. René Schmidpeter ist international anerkannter CSR-Stratege, Vordenker und Autor. Er hat den Dr. Jürgen Meyer Stiftungslehrstuhl für internationale Wirtschaftsethik und Corporate Social Resonsibility der Cologne Business School (CBS) inne. Er ist ständiger Gastprofessor an der Nanjing University of Finance and Economics (NUFE) in China und wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für humane Marktwirtschaft in Salzburg. Er hat bereits mehrere Publikationen zum Thema "Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen" verfasst und ist Reihenherausgeber der CSR-Managementreihe sowie der internationalen Flaggschiffreihe "CSR, Sustainability, Ethics and Governance" beim Springer Gabler Verlag.

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