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20.08.2014 | Energietechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Asien beherrscht bald den Markt für Energiespeicher

verfasst von: Andreas Burkert

4:30 Min. Lesedauer

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Tiefentladen müssen sich die Europäer den asiatischen Erfindern geschlagen geben. Mehr als viermal so viele Anmeldungen für Patentfamilien bei elektrochemischen Energiespeichern haben die Asiaten eingereicht. Weil die meisten Schutzrechte Lithium-Batterien betreffen, könnte das Wettrennen um die Elektromobilität auch dort entschieden werden.

Dr. Christoph Theis verfügt über keine hellseherischen Fähigkeiten. Weil er sich aber als Geschäftsführer der P3 Group seit Jahren unter anderem intensiv mit der Elektromobilität beschäftigt, kennt er den Markt für Energiespeicher bestens. So hat er bereits vor Monaten in einem Interview mit ATZelektronik davor gewarnt, dass asiatische Batteriezellhersteller den Markt beherrschen werden: „Die koreanischen Zellhersteller LG Chem und Samsung sowie das japanische Unternehmen Sanyo/Panasonic werden unserer Meinung nach das Rennen im Bereich großformatiger Zellen für die Autoindustrie machen. Das wird sich in den kommenden fünf Jahren abzeichnen. Ich würde mich wundern, wenn noch ein viertes Unternehmen zu den Leitanbietern aufschließen könnte“, erzählt er. Und er hat Recht bekommen.

Laut einer Studie der Technischen Universität München zufolge führen asiatische Unternehmen die Rangliste der Patentanmeldungen für elektrochemische Energiespeicher-Technologien an. So konnten 2011 asiatischen Entwicklern 2100 Anmeldungen für Patentfamilien bei elektrochemischen Energiespeichern zugeordnet werden, europäischen 530, amerikanischen lediglich 410. Und trotz einer hohen Ausgangszahl konnten die Asiaten die Zahl der jährlichen Patentanmeldungen damit seit 2001 um 220 Prozent steigern, die Europäer um 260 Prozent, die Amerikaner um 70 Prozent.

Asiaten beherrschen den Markt für elektrochemische Speicher

Auch wenn man die Qualität der Portfolios berücksichtigt, nehmen asiatische Unternehmen eine enorme Vormachtstellung ein. Die Forscher erstellten einen Index, der neben den quantitativen Daten auch die Zitierungen der Patentanmeldungen einbezieht. Bei den Lithium-Batterien kommen demnach acht japanische und ein koreanisches Unternehmen unter die Top 10, angeführt von Fuji. Lediglich eine amerikanische Firma taucht hier auf. Mit dem Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) folgt die erfolgreichste europäische Institution erst auf Rang 25.

Die Untersuchung der TUM bietet zudem erstmals eine differenzierte Analyse, welche Energiespeicher-Technologien Chancen haben, sich in der Energiewende durchzusetzen. Ein bedeutender Schwerpunkt liegt dabei auf Batteriesystemen, die bislang noch zu teuer oder zu wenig ausgereift sind, um in großem Stil eingesetzt zu werden. Dabei konkurrieren mehrere elektrochemische Technologien darum, zum Standard zu werden. An welchen Technologien derzeit am intensivsten gearbeitet wird und welche in naher Zukunft auf den Markt kommen können, ist für alle Akteure des Energiesektors aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft strategisch wichtig zu wissen.

Lithium-Batterien haben das größte Potenzial

Die mit großem Abstand meisten Patente meldeten die Entwickler für Lithium-Batterien an, 4900 neue Patentfamilien gab es im Jahr 2011. Damit zeigt die Kurve der Anmeldezahlen in diesem Segment seit 2008 steil nach oben – nach einem einmaligen Rückgang im Jahr 2007. Zuvor mussten mehrere Anbieter Produkte wegen Sicherheitsmängeln zurückrufen. „Die Skepsis, dass man Lithium-Batterien nicht sicher genug gestalten kann, ist offenbar verflogen“, sagt Müller. Zudem werden die neuen Patentanmeldungen häufiger als bei anderen Technologien in nachfolgenden Patentanmeldungen zitiert – ein Qualitätsmerkmal, das zeigt, dass sie eine Rolle bei der Weiterentwicklung der Technologie spielen.

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Auf Rang zwei der Patentanmeldungen folgen Blei-Batterien mit lediglich rund 580 neuen Patentfamilien im Jahr 2011. Eine bemerkenswerte Zunahme auf allerdings niedrigem Niveau stellten die Forscher für die jüngste Zeit bei Redox-Flow-Batterien fest, bei denen die energiespeichernden chemischen Verbindungen in gelöster Form eingesetzt werden: Von 2009 bis 2011 hat sich die Zahl der Anträge von 90 auf 200 mehr als verdoppelt. Die Zahl neuer Patentfamilien für Alkali-Batterien ging zuletzt auf 240 leicht zurück, Natrium-Schwefel-Technologien spielten mit 20 Anträgen eine gleichbleibend geringe Rolle.

Nachhilfe für europäische Firmen

Anhand der analysierten Datensätze wagt Simon C. Müller, Physiker und Ökonom am Lehrstuhl für Strategie und Organisation, die Einschätzung, dass insbesondere dem Lithium-Segment die Zukunft gehört. „Dort gibt es eine große Dynamik“, so Müller. Und: „Es ist durchaus möglich, dass wir schon bald an einem Punkt ankommen, an dem ein sich selbst verstärkender Effekt entsteht: Sobald die technisch-ökonomischen Daten gut genug sind, wird noch mehr in Forschung und Entwicklung investiert, was zu einem weiteren Vorsprung führt.“ Dies gelte umso mehr, als Lithium-Batterien auch in Elektroautos eingesetzt werden, also sowohl aus der Energie- als auch der Fahrzeugbranche nachgefragt werden können. Und an dieser Stelle muss gewarnt werden.

Denn in der Elektromobilität spielt der elektrische Speicher eine bedeutende Rolle. Insbesondere Lithium-Ionen-Batterien werden dabei "als der wichtigste Türöffner für die Zukunft batterieelektrischer Fahrzeuge angesehen", schreibt Springer-Autor Reiner Korthauer in seinem aktuellen Werk "Handbuch Lithium-Ionen-Batterien". So werfen „diese Ergebnisse spannende Fragen in der Forschungspolitik und im Entwicklungsmanagement auf. Es wäre beispielsweise interessant zu untersuchen, welche Strategien zur Technologieführerschaft in diesem Bereich geführt haben und was europäische Mitbewerber davon lernen können“, sagt Prof. Isabell M. Welpe, Inhaberin des Lehrstuhls für Strategie und Organisation.

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