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13.01.2020 | Fahrzeug-Lichttechnik | Interview | Online-Artikel

"Licht ist nicht nur Sicht, sondern auch Sicherheit"

verfasst von: Michael Reichenbach

5:30 Min. Lesedauer

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Im Interview zur Lichttechnik des neuen Audi e-tron Sportback erläutert Stephan Berlitz, warum die digitalen Matrix-LED-Scheinwerfer mit neuer DMD-Technik nicht einfach nur Licht im Sinne von Sicht sind, sondern auch einen Sicherheitsaspekt mit einschließen.

ATZ _ springerprofessional.de: Herr Berlitz, es gibt neue Visionen in der Lichtentwicklung, bei denen Piktogramme wie Schneeflocke oder Warndreieck auf die Straße vor das Auto projiziert werden, um den Fahrer vor Gefahren zu warnen. Der Audi e-tron Sportback, der gerade frisch auf der L. A. Auto Show vorgestellt wurde, zeigt bereits neuartige Funktionen in Serie. Welche sind das genau? Und wie sehen die Symbole der Lichtentwicklung der Zukunft aus? Will nicht jeder OEM seine eigene DNA verwirklicht sehen?

Berlitz: Eine eigene Designsprache ist für jeden OEM ein klares Ziel. Technisch ist das durchaus auch machbar. Die Sicherheitsthemen zur Wiedererkennbarkeit von Symbolen müssen dabei jedoch erfüllt werden. Hierzu sind wir ständig im Austausch mit dem KBA und anderen internationalen Behörden. Bislang gibt es kein Gesetz, das die zu projizierenden Symbole vorschreibt beziehungsweise diese verbietet. Und man muss nicht alles umsetzen, nur weil es erlaubt ist. Eine gute Technologie kann so auch sonst schnell blockiert werden. Wir möchten eine gute Lösung für alle Beteiligten in Industrie, Behörden, Politik und Gesellschaft finden, und ich bin mir auch sicher, dass uns das gelingen wird. Der Produktvorteil muss sowohl für die Behörde als auch die Verkehrsteilnehmer klar sichtbar sein. Und dies ist uns beim Audi e-tron Sportback, wie ich finde, schon sehr gut gelungen.

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Digitales Licht Von der Matrix zum Mikrospiegel

Seitdem die LED-Technik ihren Durchbruch bei allen Beleuchtungsfunktionen erzielte, geht es nun um ihre Digitalisierung. LEDs können einzeln geschaltet werden, also digital an oder aus. So konnte Audi das Fernlicht mit der Matrixfunktion optimieren. Der nächste Schritt sind Mikrospiegelsysteme mit mehr als einer Million Segmente, die es schnell und punktuell erlauben, die genaue Fahrzeugkontur eines entgegenkommenden Fahrzeugs abzuzeichnen oder den Fußgänger mit Markierungslicht auf der Straße zu warnen.

 

Welche Funktionen hat das digitale Licht des Audi e-tron Sportback?

Das digitale Licht kann das Kurven-, Stadt- und Autobahnlicht als Ausprägungen des Abblendlichts mit höchster Präzision darstellen und das Fernlicht durch eine noch exaktere Ausblendung anderer Verkehrsteilnehmer ergänzen. Vor allem aber bietet es neuartige Funktionen wie das Spur- und Orientierungslicht. Auf Schnellstraßen erzeugt das Spurlicht einen Lichtteppich, der den eigenen Fahrstreifen hell ausleuchtet und sich beim Spurwechsel dynamisch anpasst. Damit erhöht es die Aufmerksamkeit des Fahrers auf den relevanten Fahrstreifen und trägt zur Verkehrssicherheit bei. Zusätzlich zeigt das Orientierungslicht mit dunklen, vom Licht ausgesparten Verläufen vorausschauend die Position des Fahrzeugs im Fahrstreifen an und unterstützt so – insbesondere auf engen Straßen oder in Baustellen – die sichere Spurmittenführung. In Verbindung mit dem optionalen Nachtsichtassistenten kommt zudem das Markierungslicht zum Einsatz. Erkennt das System einen Fußgänger, weist das Licht auf ihn hin und reduziert so die Gefahr, Passanten in Fahrbahnnähe zu übersehen.

War diese Art der Abstimmung mit dem Gesetzgeber beim dynamischen Blinklicht, umgangssprachlich Wischblinker genannt, von Audi auch so?

Ja, ähnlich. Letztendlich wurde von den Behörden vorgegeben, dass die Funktion eines geraden, wischenden Balkens, wie wir es bei Audi machen, in Ordnung wäre. Das war für uns Lob und Ehre zugleich. Bis dato war in der Gesetzgebung nichts zum Fahrtrichtungsanzeiger festgelegt, somit wäre Vieles realisierbar gewesen. Die Bedenken der Behörden bestanden anfangs darin, dass statt unseres neutralen Balkens auch Dinge wie Herzchen vorstellbar wären, sogar ein Muster wurde dazu in der Diskussionsrunde vorgelegt. Dem haben wir aber vehement widersprochen, und im Sinne der Sicherheit wollte das auch keiner der Beteiligten. Diesen Sicherheitsvorteil, den wollten wir beim dynamischen Blinklicht, aber auch natürlich jetzt bei den Straßenprojektionen verwirklichen.

Lenken diese Straßenprojektionen nicht von der Fahraufgabe ab?

Die Straßenprojektionen im Audi e-tron Sportback beschränken wir zum einen auf ein Begrüßungs- und Willkommenslicht im Türbereich, damit es eben nicht zu sehr ablenkt. Das ist für den Gesetzgeber auch so in Ordnung, wenn es im Stand beim Aufsperren der Tür abläuft. Wir haben – als kleine Show – fünf Animationen etwa als Coming-Home- und Leaving-Home-Licht zur Auswahl. Der e-tron erkennt zum anderen über den Lidarsensor vorne, wenn er vor einer Garagenwand steht, und zeigt dann über das Digital Micromirror Device (DMD)-Modul eine schöne Projektion, die ja für eine senkrechte Wand anders als für die waagrechte Straße konzipiert sein muss. Sind es zwei versetzt stehende Garagenwände, gelingt es uns auch dort, ein Bild unverzerrt darzustellen. Im Entwicklungsteam waren zwei Experten für Projection Mapping an Gebäuden aktiv beteiligt.

Auf dem 13. ISAL-Kongress präsentierten Sie eine neue OLED-Technik. Statt bislang vier können Sie nun mehr als 50 Segmente beim digitalen OLED-System beliebig aktivieren und stufenlos in ihrer Helligkeit einstellen. Welche Funktionen sind vor dem Fahrer und für den Verkehr denkbar?

Da wäre vieles möglich. Über Schwarmdaten weiß das Auto, was hinter einer Kurve geschieht. Man könnte den Fahrer schon einen Kilometer vor dem Stau mit "Achtung Stau" informieren, über das Symbol eines Warndreiecks. Und 200 Meter vor dem Stauende fängt das Warndreieck intensiv zu blinken an. Wenn man noch näher heranfährt, geht schließlich das Bremslicht an – auch in blinkender Funktion denkbar. Es soll jedoch nicht zu viel an Information werden.

Text könnte auch dargestellt werden? Die Polizei hat doch schon heute am Einsatzwagen diese Schriftzüge wie "Bitte folgen".

Machbar wäre so etwas auch mit unseren OLED-Heckleuchten, es ist aber nicht sinnvoll, da es zu sehr ablenkt. Man bedenke auch die verschiedenen Sprachen – was wenn der Vordermann aus dem Ausland "Bitte Abstand halten" gar nicht versteht. Die Informationsbereitstellung soll vielmehr sehr dezent werden, je nach Fahrsituation. Sollten wir später statt der 50 vielleicht 200 Segmente in der Heckleuchte haben, wären auch genau die Infosymbole wie eine Glättewarnung denkbar, die Sie schon aus dem Kombiinstrument kennen.

Welche Symbole lassen sich intuitiv begreifen?

Es läuft auf möglichst einfache Symbole hinaus. Die Verkehrsteilnehmer und Passanten müssen solche Symbole erst erlernen, das haben wir bereits über Studien erfahren. Bei einer Ampel haben wir auch lernen müssen, dass Grün "Du darfst fahren" bedeutet und dass Rot "Stopp" heißt. Das ist kein natürlicher Impuls des Menschen. Das Warndreieck und ein Ausrufezeichen sind noch am ehesten weltweit bekannt.

Herr Berlitz, haben Sie vielen Dank für den aufschlussreichen Dialog.

Mehr vom Interview können Sie in der ATZ 2/2020 lesen, die am 24. Januar 2020 erscheinen wird.

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