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01.09.2015 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Onstar ist Teil von Opels Vernetzungsstrategie

verfasst von: Andreas Burkert

5 Min. Lesedauer

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Im britischen Luton hat Opel die Europazentrale seines Online- und Notrufsystems Onstar aufgebaut. Der OEM erwartet denselben Erfolg wie in den USA und plant schon weiter. Künftig sollen auch Performance-Prognosen abgegeben werden.

Noch im September wird der Automobilhersteller Opel das Online- und Notrufsystem Onstar für alle seine Baureihen anbieten. Sukzessive werden von der Limousine Insignia bis zu den Kleinstwagenmodellen Opel Adam und Karl - erst Ende 2015 - alle Fahrzeuge von Opel mit der Onstar-Technik ausrüsten. Weil neben einer leistungsstarken LTE- und GPS-Antenne auch ein Anschluss zum CAN-Bus wie auch die Integration einer SIM-Karte für LTE und eines Hotspots erfolgen muss, ist eine Nachrüstung derzeit nicht möglich. Immerhin muss das System auch nach schweren Unfällen sicher funktionieren. Auch deshalb verfügt das System über eine abgesicherte Stromversorgung.

Während die E-Call-Funkion ab 2018 vom Gesetzgeber vorgeschrieben wird, bietet der unbegrenzte Fernzugriff auf das Fahrzeug dem Hersteller zahlreiche Möglichkeiten, Services anzubieten. Von der automatischen Unfall- und Pannenhilfe, einer Fahrzeugdiagnose und der automatischen Zieleingabe durch den Callcenter-Berater bis hin zum Diebstahl-Notfallservice und der Fernaktivierung der Wegfahrsperre wird alles über das Mobilfunknetz gesteuert. Und selbst die Fernbedienung ausgewählter Fahrzeugfunktionen mittels eines Smartphones geschieht über das LTE-Netz.

Erste Hilfe und Fernentriegelung als lohnendes Mobilitätskonzept

Für Opel-Chef Karl-Thomas Neumann, der das Online-System im Frühjahr in Genf bereits präsentierte, ist es eine "bahnbrechenden Technologie". Seine Einschätzung fußt auf den Erfahrungen, die die Opel-Mutter General Motors seit vielen Jahren bereits sammeln konnte. Seit 1996 ist Onstar in Nordamerika verfügbar und dort auch überaus beliebt. Mittlerweile nutzen es laut Hersteller mehr als sieben Millionen Abonnenten. Wie exzessiv der Hilfe- beziehungsweise der Notrufknopf aktiviert wird, zeigen die folgenden Zahlen, die uns das Unternehmen vorgelegt hat.

So gehen pro Sekunde zwei Anrufe ein. Über den Monat verteilt müssen dabei etwa 100.000 Notrufe bearbeitet werden, dazu kommen noch 112.000 Fernentriegelungen und knapp 100.000 Fahrzeugdiagnosen. Hinzu kommen noch mehr als 5000 automatische Alarmierungen nach einer Airbag-Auslösung. Der überwiegende Teil der Anrufe allerdings erwartet Hinweise, Hilfestellungen bei Fragen rund um die Bedienung und natürlich Routenplanungen. Auch eine ausgiebige Unterhaltung wie etwa das Buchen eines Hotels ist möglich. Der Schritt zu einem Concierge-Service wäre damit doch naheliegend?

Health Management für den Antriebsstrang

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Das steht derzeit nicht zur Debatte, teilt uns ein Sprecher von Onstar mit. Vielmehr richte sich das Interesse der Entwickler auf weitere technische Ausrichtung. So möchte Christian Müller, Vice President GM Powertrain Engineering Europe, den Antriebsstrang über das fahrzeuginterne Netzwerk in Onstar integrieren. In seinem Beitrag "Powertrain Health Management" in der MTZ 3-2015 schreibt er, dass "dieser Verbund aus unserer Sicht ein sehr hohes Entwicklungspotenzial hat". Er begründet es damit, dass sich durch diese Systemintegration ein größer Mehrwert ergibt, als nur allgemeine Informationen wie Reifendruck, Öllebensdauer und Kühlwasserstand bereitzustellen.

"Wir können explizite Performance-Prognosen erzeugen, um dem Fahrer gezielt Wartungsinformationen zur Verfügung zu stellen", schwärmt Müller. Während derzeit auftretende Fehler dokumentiert und dem Kunden über das Instrument angezeigt werden, ist das Ziel, künftig mögliche Fehler vorherzusagen wie auch eine Empfehlung zur Wartung zu geben. Und das bevor der Fehlerfall eintritt, "also in Form eines Powertrain Health Managements", erklärt Müller und zählt einige Beispiele auf. Künftig sind also Prognosen für den Zustand von Starter, Batterie, Kraftstoffpumpe und Generator möglich. Opels Strategie zeigt mit Onstar, wie vielfältig die Möglichkeiten der Datenübertragung und Darstellung sind. Die lassen sich entweder per Onstar Remote-Link oder via SMS auf das Smartphone, per Email (als monatlicher Statusbericht) oder im Fahrzeug-Display übermitteln beziehungsweise darstellen. Die Informationsfülle ist enorm, die Befürchtungen, dass die Daten missbraucht werden, groß.

Lesen Sie mehr zur Datensammelleidenschaft der Onstar-Technik auf Seite 2.

Die Datensammelleidenschaft der Onstar-Technik

Zwar lassen sich alle Onstar-Dienste separat aktivieren beziehungsweise deaktivieren. Und die Dienste werden nur nach dem Zustimmen der AGB freigeschaltet. Doch ein Blick in diese Bestimmungen offenbart, wie hochsensibel die Daten sind, die das System kontinuierlich sammelt: Neben Name, Anschrift und E-Mail werden auch Kilometerstand, Reifendruck, Öl- und Kraftstoffstand sowie jene Informationen gespeichert, die die Fahrzeugdiagnose ermittelt. Zudem werden PIN und Notfallkontakte ebenso gesendet wie der Fahrzeugstandort.

Die GPS-Daten lassen sich aber maskieren und werden nur im Notfall übermittelt, etwa wenn der Airbag ausgelöst wird. Dann wird auch automatisch eine Verbindung zum Callcenter in Luton aufgebaut. Reagiert der Fahrer nicht auf das Gespräch, löst Opel einen Notruf aus und teilt den Rettungskräften die exakter Position des Fahrzeugs mit. Fällt einem Callcenter-Berater allerdings auf, dass der Fahrer nicht fahrtüchtig ist, benachrichtigt er auch mal die Polizei. Das Vorhaben der US-amerikanischen Mutter GM, auch Angaben über das Fahrverhalten unter anderem an Versicherungen weiterzuleiten, musste das Unternehmen verwerfen. US-Aufsichtsbehörden bremsten dieses Vorhaben. GM speichert seitdem generell keine GPS- und Fahrzeugdaten aus Onstar.

Auch Hacker mögen Onstar

Doch genügt das? Sicherheitsforscher mahnen, dass jede drahtlose Funkverbindung anfällig für Manipulationen ist. Bereits in der Vergangenheit zeigten Hacker, wie es mit relativ einfachen Mitteln gelang, über die WiFi-Verbindung in ein Fahrzeug einzudringen. Vernetzte Fahrzeuge benötigen deshalb auch "zusätzlich zu den serienmäßigen Systemen noch zuverlässige Sicherheitstechnik, um Angriffen aus dem Internet zu trotzen", schreibt Kelei Shen im Artikel "Connected Safety - eine Herausforderung für die IT-Sicherheit" in der ATZ 4-2105. An dieser Stelle muss aber erneut die Frage gestellt werden: Genügt das?

Immerhin hat vor wenigen Wochen der US-amerikanische Sicherheitsforscher Samy Kamkar das Onstar-System mit einem eigens entwickelten Gerät überlistet. Laut Medienberichten konnte er damit nicht nur die Position eines Fahrzeugs ermitteln. Ihm gelang sogar das Entriegeln der Türen. Seine Vorgehensweise ist im Übrigen nichts Besonderes. Dank der sogenannten Man-in-the-Middle-Attacke fing er einfach die Kommunikation zwischen der Remote-Link-App und den Onstar-Servern ab.

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