Der Markt verändert sich mit zunehmender Geschwindigkeit und wird immer komplexer. Auch sind in den hoch entwickelten Ländern die Märkte überwiegend gesättigt, erläutert Springer-Autor Hartmut H. Biesel die gegenwärtige Situation im Vertrieb. Diese Entwicklungen haben Auswirkungen auf das Kundenmanagement.
Das Unternehmen erlangt die Erkenntnis, dass unter diesen Bedingungen ein Vertrieb nach dem Gießkannenprinzip nicht mehr sinnvoll ist und eine Fokussierung der Unternehmensleistungen auf definierte Schlüsselkunden wird ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Zukunft. So wird im Kapitel „Top-Kunden begeistern“ (S. 67-89) aus dem Buch „Vertriebsarbeit leicht gemacht“ beschrieben, wie die Unternehmen den Multi-Channel-Vertrieb mit Schwerpunkt Top-Kundenmanagement wieder entdecken und wie dieses Instrument erfolgreich eingeführt werden kann.
Ertragskrisen sind Anlass für Einführung eines Top-Kundenmanagements
Absatz- und Ertragskrisen sind daher häufig der Anlass, sich mit der Einführung eines Top-Kundenmanagements zu beschäftigen. Im Entwicklungsprozess einer Vertriebsorganisation können Sie die folgenden Phasen beobachten:
- Phase 1 – Das Leugnen einer Krise: Verdrängungsmechanismen wirken, frühere Erfolge werden als Bestätigung für die Beibehaltung des Kurses angeführt, Veränderungen in der Marktentwicklung werden geleugnet und etwaige Änderungsmöglichkeiten bekämpft.
- Phase 2 – Die Reparaturphase: Der Wettbewerb und die Marktveränderungen zwingen zu ständigen Verbesserungen und Kosteneinsparprogrammen. Ständig wechselnde Managementmethoden, kurzatmige Umstrukturierungen aus Eigensicht und als Folge der wechselnden Managementausrichtungen sollen Abhilfe schaffen
- Phase 3 – Der Paradigmenwechsel: Das Unternehmen wird neu ausgerichtet. Nicht die Einführung neuer Managementmethoden ist jetzt das Thema, sondern eine Änderung der Denkhaltung.
Neuerungen sind immer mit Unsicherheit für viele Menschen verbunden. Vermitteln Sie bei einer Neuausrichtung des Vertriebs jedem Teammitglied die folgenden drei Punkte:
- Was ist das Ziel?
- Was ist meine Aufgabe?
- Was ist mein persönlicher Mehrwert und Nutzen?
Ein Muss: konkrete Vorgaben bei der Einführung eines Top-Kundenmanagements
Das Management ist für die Vision und die daraus abgeleitete Strategie verantwortlich. Das Team braucht konkrete Vorgaben und emotionale Unterstützung, um als Teil des Ganzen durch besondere Leistungen zum Gelingen beizutragen. Die Teams haben das Recht, dass das Management ihnen zuhört. Nach Abwägung aller Fakten und Meinungen hat das Management verantwortlich zu entscheiden, und die Teams haben dann die Pflicht, die Entscheidung umsetzen: love it, change it or leave it.
Das Team beobachtet sehr feinfühlig, wie sich das Management bei Neuerungen verhält. Wenn kein ausreichendes Einvernehmen innerhalb des Managements erzielt wird, schleicht sich auch bei den Mitarbeitern schnell eine Beliebigkeit ein.
Berücksichtigen Sie die folgenden Aspekte für eine reibungslose Einführung eines Top-Kundenmanagements:
- Die Geschäftsführung steht voll hinter dem Vorhaben.
- Die Strategie wird von einem verantwortlichen Projektteam entwickelt und nach Verabschiedung den Unternehmensmitarbeitern verständlich zur Diskussion gestellt.
- Die Teams werden verantwortlich mit in den Gärungsprozess während der Umsetzung einbezogen.
- Teammitglieder, die nicht mitziehen wollen, werden konsequent ausgetauscht.
- Es wird ein Personalentwicklungsplan aufgestellt und konsequent in die Weiterbildung des Top-Kunde-Teams investiert.
- Evtl. Rückschläge werden akzeptiert und positiv als Lernprozess verstanden.
Ist Top-Kundenmanagement nur ein Vertriebswerkzeug für Großunternehmen und Konzerne? Weit gefehlt: Da die Unternehmensressourcen Zeit, Mitarbeitern, Finanzmittel et cetera in jedem – und gerade in kleineren und mittleren – Unternehmen begrenzt sind, lohnt es sich für jedes Unternehmen, die Einführung eines Top-Kundenmanagements zu prüfen. Alle Investitionen, die zum Ausbau des Kundenerfolgs initiiert werden, müssen systematisch gesteuert werden, um ein Optimum für den Kunden und das eigene Unternehmen zu erzielen. Ein kleines oder mittleres Unternehmen kann sich den Verlust eines wichtigen Kunden weniger erlauben als ein internationaler Großkonzern mit entsprechender Marktmacht.