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31.08.2012 | Medien | Interview | Online-Artikel

Siegfried Weischenberg: "Man ist bis zu einem gewissen Grade nützlicher Idiot."

verfasst von: Andrea Amerland

3:30 Min. Lesedauer

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Als langjähriger Redakteur und Kommunikationsforscher, weiß Siegfried Weischenberg, worauf es in der Medienarbeit ankommt. Im Interview spricht er über seine Medienauftritte und die Bouelvardisierung des Journalismus.

Beatrice Dernbach: Herr Weischenberg, gehen Sie als Kommunikationswissenschaftler aktiv auf populäre Massenmedien zu? Oder werden Sie von den Medien angefragt?

Siegfried Weischenberg: Es ist bei mir seit vielen Jahren nahezu ausschließlich so, dass Medien auf mich zukommen. Was meine eigene Rolle angeht, die ist eindeutig passiv. Ich kriege Anrufe von Medien unterschiedlichster Art, das Spektrum ist sehr breit, hängt aber auch immer von bestimmten aktuellen Aufhängern ab. Dabei gehe ich sehr selektiv vor – auch wenn vielleicht manchmal ein anderer Eindruck entsteht. "Man ist bis zu einem gewissen Grade nützlicher Idiot."

Beatrice Dernbach: Hat sich das geändert, also waren Sie früher aktiver?

Siegfried Weischenberg: Ja, aber da würde ich bei dem Begriff populäre Medien eine Einschränkung vornehmen. Ich bin mal mit Vorschlägen zugegangen auf Die Zeit, das ist aber schon relativ lange her. Ich habe im Lauf der Jahre immer mal wieder, aber im überschaubaren Maße, Stücke für die Zeit geschrieben. Beim Spiegel war’s zum Beispiel schon wieder anders, da habe ich drei oder vier Mal Essays für Sonderhefte geschrieben, das waren aber auch nur Auftragsproduktionen. Ich würde mal sagen, deutlich zu über 99 Prozent sind es Aufträge beziehungsweise Anfragen gewesen.

Beatrice Dernbach: Sie haben jetzt gerade schon gesagt, dass Sie sehr wohl selektieren. Nach welchen Selektionskriterien wählen Sie aus, ob Sie zur Verfügung stehen?

Siegfried Weischenberg: Wenn ich zurückblicke auf die letzten Jahrzehnte, hing es immer mit Aktualitäten zusammen, was das Medieninteresse an mir oder an meiner Arbeit anging. Konkretes Beispiel: Ich habe in den 90er Jahren ein Buch gemacht über Margarethe Schreinemakers. Das war, wie ich glaube, ein populäres Wissenschaftsbuch, also ohne Fußnoten, aber schon auf der Basis eigener Forschung. Es war halt die besondere Figur, und ich hatte ein Label dafür platziert: die Schreinemakerisierung als Etikett für den Prozess der Boulevardisierung und der Verwässerung von Journalismus. Das Buch kam ein kleines bisschen zu spät, da war die Schreinemakers schon auf dem absteigenden Ast. Aber es mobilisierte in massiver Weise den privaten Hörfunk. Ich habe damals Dutzende von Anfragen von privaten Radiosendern gehabt und habe mit einem Teil von denen schlechte Erfahrungen gemacht, was vor allem das ‚O-Ton-Ziehen‘ angeht. Die wollten teilweise so Spielchen spielen wie: Wir bringen den Weischenberg mal in Position gegen den Jauch und so weiter. Seit der Zeit habe ich so gut wie keine Radiointerviews mehr für Privatsender gegeben. Ich bin sowieso beim Radio sehr selektiv: Deutschlandfunk ja und andere Informationsprogramme ja. Aber da mache ich jetzt auch immer weniger, weil das oft zeitraubend ist. Manche Sender wollen, dass man ins Studio geht, zum Beispiel beim NDR; dann ist bei mir ein halber Vormittag kaputt. Genauso bei bestimmten regionalen oder lokalen Medien: Da frage ich mich immer, ob Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Ich mache dabei allerdings eine Einschränkung: Ich habe im Laufe eines langen Berufslebens eine Menge Leute ausgebildet, die jetzt 240 Siegfried Weischenberg in den Medien sind; die erinnern sich an mich, und da kann ich natürlich nicht Nein sagen, wenn die nett bitten, dass ich ihnen einen Gefallen tue und für ein Interview zur Verfügung stehe. Die Wissenschaftlerselektion durch die Medien kommt mir in einer gewissen Weise hoch zufällig vor, auf jeden Fall zum Teil wenig professionell. Da, wo es ein erkennbares Muster gibt, hat das relativ stark mit persönlichen Bekanntschaften zu tun, bei mir vor allen Dingen dadurch, dass frühere Studierende in der Praxis sind. Ich denke mal, das wird für andere Wissenschaftler ähnlich sein wie für mich.

Zum vollständigen Interview mit Siegfried Weischenberg

Serie "Wissenschaftler in den Medien"

Teil 1: Interview mit Mark Benecke
Teil 2: Interview mit Michael Wolffsohn
Teil 3: Interview mit Christian Pfeiffer

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