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22.08.2012 | Journalismus | Interview | Online-Artikel

Mark Benecke: "Wir kämpfen alle mit offenem Visier"

verfasst von: Andrea Amerland

4 Min. Lesedauer

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Er ist Enfant terrible und Bürgerschreck: Mark Benecke provoziert. Denn er rückt ein Tabuthema in die Öffentlichkeit - die Frage, was nach dem Tod biologisch mit uns geschieht. Titel wie "Madendoktor" begleiten den Forensiker. Ein Interview über seine Erfahrungen mit den Medien.

Beatrice Dernbach: Der Blick auf Deine Buchtitel, die Einführung in Deine Radiosendung auf Radio Eins beim rbb und Deine Website vermitteln den Eindruck, dass Du Dich gegen das Image des Biologen, des Wissenschaftlers regelrecht wehrst und das Kuriose absichtlich pflegst. Erfindest Du die Buchtitel selbst?

Mark Benecke: Die Buchtitel wie "Herr der Maden" und der Titel der Radiosendung beziehungsweise des Podcasts machen immer diejenigen, die sich damit auskennen. Die Buchtitel macht der Lektor vom Verlag; ich habe mir noch niemals in meinem Leben einen Buchtitel ausgedacht, noch nicht mal von den kleinen Sachen wie "Vampire unter uns". Das Einzige, was ich durchgucke, ist vielleicht noch der Klappentext, damit die da nicht wieder reinschreiben: "Er ist Arzt" oder so was Ähnliches; oder: "Das Buch handelt von Insekten", obwohl es um Serienmörder geht. Da halte ich mich wirklich komplett raus. Aber dass das kurios wirkt, wirkt aus sich heraus kurios. Andernfalls würde das auch daneben gehen. Hier in Köln gibt es beispielsweise einen Karnevalssänger, der macht auch eine Fernsehsendung und andere lustige Sachen. Der hat mal angefragt, ob ich nicht bei einem Krimi helfen kann. Der ist total gefloppt! Entweder man ist so, dass man auftreten kann wie man ist und zugleich einen Krimi machen kann und von den Leuten so passend wahrgenommen wird oder nicht. Man kann nicht einfach sagen: Ich will nicht immer nur der Clown sein, sondern ich will jetzt einen Krimi mit Blut und Sperma machen – das funktioniert einfach nicht.

Oder noch ein anderes Beispiel: Der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman ist immer bei seiner Physik geblieben; er hat aber auch in staatlichem Auftrag so bizarre Unfälle wie die Challenger-Katastrophe kommentiert, untersucht und die NASA dabei schwer kritisiert. Dem glaubte man das alles, obwohl er auch gerne getrommelt hat und ein sehr beliebter Professor war. Und da gibt es ganz viele von denen. Etwa der Biochemiker Kary Mullis, der die Polymerase-Kettenreaktion erfunden hat – auch Nobelpreisträger –, der zum Beispiel öffentlich bezweifelt hat, dass HI-Viren Aids erzeugen. Was er gesagt hat, war Spinnerei, aber das war die gute Sorte Spinnerei, denn man musste erstmal überlegen, wie man seine Gedanken widerlegt. Oder Linus Pauling, der sogar zwei Nobelpreise gewonnen hat, der war auch super. Der war total verbohrt; zwei Mal hat er total richtig gelegen – zack, zwei Mal gab es den Nobelpreis; beim dritten Mal lag er wieder komplett daneben, nämlich damit, dass mit Vitamin C jede Krankheit heilbar ist. Man muss dem Spinner das Spinnersein oder Kuriose oder Bizarre oder Seltsame oder Diversifizierte wirklich glauben, sonst geht es nicht. Und wir glauben nur – da sind wir wieder am Anfang –, wenn es wirklich nicht erfunden ist.

Beatrice Dernbach: Gibt es den Wissenschaftler Mark Benecke als Marke?

Mark Benecke: Falls ja, dann hat sich das eigentlich eher durch Zufall ergeben. Wenn man den Kram macht, den man wirklich gerne macht, und dabei nicht auf die Marke achtet – dann funktioniert das. Bei Firmen ist das was anderes, die müssen ihre Marke aufbauen und pflegen. Steve Jobs von Apple redet natürlich nicht über seine Lebertransplantation, weil der nicht will, dass man Apple mit Lebertransplantation in Verbindung bringt. Man kann eine Marke aber nicht machen. Ich krieg’ so einmal im Jahr Anfragen von Leuten, die meine Website optimieren oder mein Image stärken wollen. Die brauch’ ich nicht. Bei uns ist alles so, wie es von mir und meinem Team gewollt ist und basta.

Beatrice Dernbach: Wie würdest Du Dich als Wissenschaftler beschreiben und verstehen? Was ist es, was Dich als Wissenschaftler antreibt?

Mark Benecke: Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als wir Biologen Schildkröten und Wale retten wollten. Dann sind die Schildkröten und Wale alle gestorben. Dann wollten wir Tiger retten, dann sind die Tiger alle gestorben. Und man kann nichts dagegen machen. Ich meine, alle Tiere, die jetzt noch leben – das ist ja nur noch ein Witz: Derzeit sterben sogar die meisten Amphibien aus. Später habe ich mich mit den Anthropoden oder in meinem Fall mit Tintenfischen beschäftigt; die gehen alle kaputt, weil die Meere überfischt werden.

Zum kompletten Interview mit Mark Benecke

Serie "Wissenschaftler in den Medien"

Teil 2: Interview mit Michael Wolffsohn
Teil 3: Interview mit Christian Pfeiffer
Teil 4: Interview mit Siegfried Weischenberg

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