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24.10.2023 | Wasserstoff | Im Fokus | Online-Artikel

Wie Deutschland zum Leitanbieter für Elektrolyseure wird

verfasst von: Thomas Siebel

4:30 Min. Lesedauer

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In der Produktion von Elektrolyseuren gehören deutsche Hersteller zu den Top-Adressen. Doch der internationale Wettbewerb ist hart. Acatech skizziert, wie die deutsche Industrie ihre starke Stellung bewahren kann.

Die klimaneutrale Wirtschaft der Zukunft braucht Wasserstoff, und deutsche Unternehmen verstehen sich auf seine Herstellung. Firmen wie die Fest Group, Siemens Energy, Thyssenkrupp Nucera, Sunfire oder Enapter zählen unter den Herstellern von Elektrolyseuren zu den globalen Marktführern. Dabei beherrscht die deutsche Industrie nicht nur die unterschiedlichen Technologien, die sich hinter der PEM-, der AEL-, der AEM- oder der SOEC-Elektrolyse verbergen, sondern sie genießt international außerdem hohes Vertrauen. Elektrolyseure aus Deutschland erzielen oftmals einen hohen Wirkungsgrad und werden für ihre hohe Qualität und Langlebigkeit geschätzt, wie Branchenexpertinnen und -experten bestätigen.

Dass die starke Position der deutschen Hersteller aber auch in Zukunft Bestand hat, ist keineswegs ausgemacht, denn Markt für Elektrolyseure entwickelt sich hochdynamisch und trifft auf Hersteller, deren Fertigungstechnik schon bald überholt sein wird. Das Volumen des Elektrolyseurmarkts wird sich bis zum Ende des Jahrzehnts in etwa versiebenfachen. Um an diesem Hochlauf teilzuhaben, gilt es, die Produktion von Elektrolyseuren schleunigst zu automatisieren. Heute dominiert in Deutschland allerdings noch die manufakturartige Produktion von Elektrolyseuren.

USA mit starker Anziehungskraft für deutsche Hersteller

Noch kritischer als die Produktionsweise könnten sich für die deutschen Hersteller allerdings Förderlandschaften in Ländern mit einer konkurrierenden Elektrolyseurindustrie erweisen. China fördert die Elektrolyse strategisch, allen voran könnte sich allerdings der 2022 verabschiedeten Inflation Reduction Act (IRA) in USA drastisch auf die deutsche Elektrolyseurindustrie auswirken. Davon ist jedenfalls die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) überzeugt. Der IRA macht die Elektrolyseurfertigung in den USA laut Acatech in einem Maße attraktiv, dass er eine starke Anziehungskraft auch auf deutsche Hersteller ausübt, denn in Deutschland sei der Betrieb von Elektrolyseuren unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen alles, nur nicht wirtschaftlich.

Laut Acatech gilt es nun, schnellstmöglich eine industriepolitische Strategie aufzusetzen, um Fertigungskapazitäten und Kompetenzen in Deutschland zu halten und um die Industrie zum globalen Leitanbieter für Elektrolysetechnologie zu entwickeln. Auf Grundlage eines Austauschs mit Branchenexpertinnen und -experten sowie dem Nationalen Wasserstoffrat formuliert die Akademie in einem Impulspapier nun fünf Handlungsoptionen, wie der Ausbau und Betrieb von Elektrolyseuren und der Aufwuchs der Elektrolyseurbranche beschleunigt werden kann.

1. Elektrolyseurbetrieb wirtschaftlich machen

Acatech sieht zwei wesentliche Stellhebel, mit denen sich der Betrieb von Elektrolyseuren in Deutschland wirtschaftlich gestalten lässt: einen passenden Förderrahmen und die übergangsweise Begünstigung von blauem und türkisem Wasserstoff (erdgas- oder methanbasiert mit CO2-Abscheidung), solange noch nicht genügend grüner Wasserstoff verfügbar ist. Die Bundesregierung sollte sich laut Acatech für eine schnellstmögliche Umsetzung des Net Zero Industrial Plan der EU-Kommission einsetzen, wobei die Akademie die in dem Plan vorgesehenen verkürzten Genehmigungsverfahren und neuen Finanzierungsmöglichkeiten als unzureichend bewerten. Sehr attraktiv als Förderinstrument sei der Verzicht auf Steuereinnahmen, wie er in IRA anstelle von Direktförderungen festgeschrieben ist.

Um Planungssicherheit für die Industrie zu schaffen sollte laut Acatech zudem blauer und türkiser Wasserstoff das Angebot an grünem Wasserstoff ergänzen. Aus der Branche sei die Einschätzung zu hören, dass sich grüner Wasserstoff unter klugen Rahmenbedingungen deutlich günstiger herstellen lassen wird und so künftig gegenüber blauem Wasserstoff attraktiv werde.

2. Regulatorik für Elektrolyseurbetrieb vereinfachen

Genehmigungsverfahren für den Ausbau von Elektrolysekapazitäten sollten beschleunigte werden und nur mehr Wochen statt Jahre in Anspruch nehmen. Ein gutes Beispiel biete der seitens der Bundesregierung forcierte beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien. Für kürzer Genehmigungsverfahren es neben dem entsprechenden rechtlichen Rahmen allerdings auch mehr Personal und Kompetenz in den Behörden.

Zudem sollten die Grünstromkriterien im Rahmen der Erneuerbaren-Energien-Richtline auf EU-Ebene zügig festgelegt werden. Dabei geht es um die Frage, inwiefern Strom oder Wasserstoff nichtbiologischen Ursprungs als grün gelten darf. Die derzeit diskutierten Übergangszeiten bis Ende 2027 und 2029, ab denen strengere Grünstromkriterien gelten, sind nach Auffassung von Acatech zu kurz.

Des weiteren sollten laut Acatech systemische Standardzertifizierungen für Elektrolyseure bis 5 MW etabliert werden, damit nicht der Betrieb eines jeden Geräts individuell genehmigt werden muss.

3. Ausbau des Strom- und Wasserstoffnetzes beschleunigen

Der Ausbau des Stromnetzes soll laut Acatech vorausschauend geplant und auf die Bedarfe dezentraler Wasserstoffprojekte abgestimmt werden. Bei dezentralen Elektrolyseanwendungen dürfe es kein Henne-Ei-Problem geben. Priorität beim Aufbau eines Wasserstoffnetzes solle ein Startnetz haben, das großskalige Wasserstoffproduktionsanlagen mit den Hauptanwendern wie der Stahl-, Chemie- und Zementindustrie sowie mit Schlüsselstellen wie Anlandehäfen verknüpft. Bei Bedarf sollte das Startnetz dann weiter ausgebaut werden. Ein weitverzweigtes, flächendeckendes Wasserstoffnetz sei derzeit nicht notwendig.

4. Elektrolyse-Großanlagen fördern

In räumlicher Nähe zu Abnehmerindustrien und einem möglichst ausreichend verfügbaren Angebot an erneuerbaren Energien sollten Elektrolyse-Großanlagen mit Kapazitäten von über 1 GW gefördert werden. Diese Anlagen könnten gewissermaßen als Showroom für deutsche Hersteller dienen und  zudem die gute Grundlage für wirtschaftlich selbsttragende Geschäftsmodelle bieten. Auf keinen Fall sollte die Standortfindung für solche Anlagen rein politisch getrieben sein.

5. Produktion von Elektrolyseuren weiter industrialisieren

Die Automatisierung und Industrialisierung der Elektrolyseurfertigung ist laut Acatech zentral, um als Hochlohnland wettbewerbsfähig zu bleiben. Deswegen sollte das BMBF-Leitprojekt H2Giga fortgeführt werden und dabei einen Fokus auf skalierbare Fertigungskapazitäten legen. Neben Forschung und Entwicklung auf dem Feld solle dabei auch eine praktische Routine für die skalierte Fertigung aufgebaut werden, wofür es eine große Zahl an ambitionierten Projekten brauche. Weiterhin müsse die Bundesregierung über ihre Fachkräftestrategie heimische Fachkräfte halten und ausländische Fachkräfte für die Energiewende gewinnen.

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Quelle:
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