Im Zuge eines archäologischen Surveys im römischen Marmorsteinbruchrevier Spitzelofen im Jahr 2021 wurden unter anderen zwei Steinmetzwerkzeuge gefunden, welche die bisherige Anzahl von über 30 Steinbruchwerkzeugen von dieser Lagerstätte erweitern. Bei den Neufunden handelt es sich um Werkzeuge für die eigentliche Steinbearbeitung, d. h. für das Zurichten der abgekeilten bzw. herausgebrochenen Steinblöcke zu Roh- bzw. Halbfertigprodukten: ein zweibahniger Hammer mit ausschwingenden Enden und ein schmaler Breitmeißel. Der Hammer (lat. malleus) kann einem Hammertyp zugewiesen werden, der als archäologisches Fundstück rar, jedoch in einigen Reliefdarstellungen, zumeist auf Grabdenkmalen, von der Zeitenwende bis zum Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. nachzuweisen ist. Auf diesen Grabdenkmalen erscheint dieser Hammertyp stets als Teil eines Werkzeugsets, zumeist mit Messwerkzeugen und Meißeln (lat. scalpra) kombiniert. Die dargestellten Werkzeuge kennzeichnen – in einem Fall auch durch die Grabinschrift belegt – das berufliche Umfeld des Verstorbenen als Marmorarius, als eine mit Marmor arbeitende Person, dessen Arbeitsbereich sich von der Steingewinnung bis zur Herstellung von Objekten und Bauten aus Marmor erstrecken kann. Entgegen der häufigen Annahme, dass sich Werkzeuge der Steinbearbeitung bis zur Neuzeit kaum verändert haben, zeigen sie doch charakteristische Eigenschaften ihrer Zeit.
Hinweise
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
1 Einleitung
Der Abbau und die Bearbeitung von Stein ist ein Handwerk, das bis weit ins frühe 20. Jahrhundert mit traditionellen Methoden auskam und vor allem von Menschenkraft geprägt war. Funktionsbedingt haben sich die verwendeten Werkzeuge daher über die Zeiten zumindest in ihrer Grundform kaum verändert. Es können vier Kategorien von Werkzeugen unterschieden werden: Schlagwerkzeuge, wie Doppelspitzschlägel, Hammer, Meißel etc., Druck- und Hebelwerkzeuge, wie Keile, Brechstangen etc., Abriebwerkzeuge, wie Raspeln, Sägen etc., und Messwerkzeuge, wie Winkel, Lineale etc. [1, 2]. Die Werkzeuge können aber auch grob den zwei Arbeitsbereichen zugeteilt werden: der Steingewinnung im Steinbruch und der Steinbearbeitung des Produkts, die bereits im Steinbruchrevier beginnt, schließlich in Werkstätten bzw. am Ort des Bauwerks fertig gestellt wird [3]. Kenntnis über die in der Antike verwendeten Werkzeuge und ihrer Handhabung zu haben, ist grundlegend für ein besseres Verständnis der Abbau- und Werkspuren, die sich an den Steinbruchwänden wie auch an den Produkten in vielfältiger Form erhalten haben [4].
2 Fundumfeld
Im Zeitraum von 2009 bis 2018 wurden im Bereich des Marmorsteinbruchreviers Spitzelofen am Westabhang der Koralpe mehr als 30 römerzeitliche Steinbruchwerkzeuge durch Laienforscher gefunden, die diese Lagerstätte in den Blickpunkt internationaler Forschung gerückt haben [5, 6]. Von all diesen Funden gab es nur vage Angaben zur exakten Fundstelle und verständlicherweise überhaupt keine archäologische Dokumentation des Fundkontexts. Um zu erheben, mit welchem Fundspektrum überhaupt in diesem Steinbruchrevier zu rechnen ist, wurde 2021 auf einer Fläche von 1,27 ha am Nordabhang des Kalkkogels, dem südwestlichen Bruchgebiet des Steinbruchreviers (Abb. 1), ein archäologischer Survey mittels Metallsonde durchgeführt [7].
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Der Survey erbrachte insgesamt 172 Fundobjekte, wobei sich davon 26 Objekte als rezent, in etwa aus der 2. Hälfte des 20. Jhs. stammend, erwiesen. Der Rest, 146 Fundobjekte, bestand in der Regel aus kleinen bis kleinsten Eisenobjekten, die zum größten Teil mit der forstwirtschaftlichen Nutzung dieses Gebiets bis in die jüngere Vergangenheit in Verbindung gebracht werden können. Die Objekte lagen mehr oder weniger seicht im Waldboden, nur wenige im verwitterten, sandig-lehmigen Hangschutt des Kalkkogels. Bei der Bergung konnten an keiner Stelle archäologisch relevante Strukturen im Boden erkannt werden.
Zehn römerzeitlich zu datierende Steinbearbeitungswerkzeuge und drei Kleinfunde aus Bronze, nämlich zwei Fibeln und ein Knauf eines Griffangelmessers, – fast 10 % des gesamten Fundmaterials – bilden deutlich einen römerzeitlichen Horizont in diesen größtenteils neuzeitlichen Surveyfunden und einen Bezug zum gesichert römerzeitlichen Marmorabbau am Spitzelofen. Neben einem weiteren Doppelspitzschlägel – es sind nun insgesamt 11 vollständig erhaltene Doppelspitzschlägel vom Spitzelofen bekannt [8] –, wurden zwei abgebrochene Spitzen solcher Doppelspitzschlägel und – als neue Fundkategorie – fünf abgesplitterte bzw. abgeschrotete Bartteile der beanspruchten Steinbruchwerkzeuge gefunden, die vor allem in den höheren Lagen des Nordabhangs des Kalkkogels zum Vorschein kamen, d. h. direkt unter der Abbaustufe an dessen Sporn. Von dort stammt auch das Gros der unbestimmten Eisenstücke, die sich wie ein Schleier den Hang hinabziehen. Diese zum Teil kleinsten Bruchstücke scheinen im Zuge der Steingewinnung verloren gegangen zu sein und sich schließlich mit den Schutthalden den Nordabhang abwärts verteilt zu haben.
Bei diesem Survey konnten aber auch Werkzeuge für die eigentliche Steinbearbeitung, d. h. für das Zurichten der abgekeilten bzw. herausgebrochenen Steinblöcke zu Roh- bzw. Halbfertigprodukten, nachgewiesen werden: ein zweibahniger Hammer mit ausschwingenden Enden und ein schmaler Breitmeißel (Abb. 2).
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3 Beschreibung der Fundobjekte
3.1 Zweibahniger Hammer mit ausschwingenden Enden, SpO-170
Der zweibahnige Hammer zeichnet sich durch ausschwingende Kopfenden aus, wobei die Unterseite und die Nebenseiten stark konkav verlaufen, während die Oberseite nur leicht einzieht (Abb. 2, 3 und 4). Die Bahnen sind konvex und leicht schräg zur Griffachse gestellt. Alle Kanten sind gut gerundet. Der Hammer besitzt eine max. Länge von 12,2 cm und ein Gewicht von 1999 g. Das Gewicht entspricht ziemlich genau 6 römischen Pfund (1 libra = ca. 325 g). An den beiden Bahnen ist je eine leichte Eindellung zu erkennen, die durch das Aufschlagen auf Eisen (Meißel) verursacht wurde. Der Kopf hat ein kleines kreisrundes, nach oben konisch zusammenlaufendes Schaftloch (Durchmesser unten 13,5/14,5 mm, oben 8,5 mm). Vom ehemaligen Holzstiel haben sich limonitisierte Holzreste auf der Innenseite des unteren Bereichs des Schaftlochs erhalten. Der Stiel selbst war ursprünglich mit einem Eisensplint fixiert, wie eine Nut am oberen Schaftlochrand zeigt. Der Splint sichert den Stiel auch gegen Verdrehung. Diese Nut wurde bereits bei der Herstellung des Hammers erzeugt. Aufgrund des geringen Durchmessers des Stiellochs ist von einem kurzen Stiel auszugehen, etwa in einer Länge von zwei Handbreiten. Größe und Gewicht weisen darauf hin, dass der Hammer einhändig geführt wurde.
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3.2 Schmaler Breitmeißel, SpO-65
Beim Meißel handelt es sich um einen 23,2 cm langen Breitmeißel mit einem schlanken Schaft und einer Schneidenbreite von nur 10,5 mm (Abb. 2 und 4). Der Schaft ist achteckig facettiert und verläuft leicht konkav zur Schneide zu. Der Kopf ist pyramidenstumpfförmig; seitlich weist er eine leichte Absplitterung auf.
4 Auswertung
Hammer und Meißel, in der gebräuchlichsten lateinischen Bezeichnung malleus und scalprum, sind die zwei Hauptwerkzeuge des Steinmetzen; damals wie heute. Diese Werkzeuge werden grundsätzlich von verschiedenen Handwerkern (Zimmerer, Schmid, Toreut, etc.) genutzt, ihre verschiedenen Formen jedoch in der Antike begrifflich nicht eng differenziert [9, 10].
Der zweibahnige Hammer mit ausschwingenden Enden SpO-170 ist ein rares archäologisches Fundobjekt [1] – J.-C. Bessac nennt ihn „massette à extrémités évasées“ –, jedoch in einigen Reliefdarstellungen, zumeist auf Grabdenkmalen, nachzuweisen, wo er häufig als beilartiges Gerät („Doppelaxt“), Stockhammer bzw. Holzschlägel verkannt wurde. Der Hammertyp findet sich auf Grabdenkmalen während der gesamten römischen Kaiserzeit, stets als Teil eines Werkzeugsets, welches das berufliche Umfeld des Verstorbenen bezeichnet [11, 12]. Er taucht früh an der Grabstele des Nepos, Sohn des Kallichrysos, aus Byzanz in Barium aus der Zeitenwende (Nr. 9) oder am Grabaltar des L. Alfius Statius in Aquileia aus der iulisch-claudischen Zeit (Nr. 3, Abb. 5) auf. Später ist er zum Beispiel auf dem Grabaltar des Gn. Cossutius Agathangelus aus Trastevere in Rom aus dem späten 1. Jh. bzw. 2. Jh. n. Chr. (Nr. 7) oder noch später auf einem Sarkophag vom Ende des 3. Jhs. n. Chr. in der Praetextatus-Katakombe in Rom (Nr. 8) dargestellt.
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In den Werkzeugsets auf diesen Grabdenkmalen ist der Hammertyp auch mit dem Doppelspitzschlägel [5], dem Hauptwerkzeug des Steinbrucharbeiters – metallarius, kombiniert, so auf der Grabstele des L. Spinus in Nemausus (Nr. 6) und auf einer Porträtstele in Aquincum (Nr. 2); beide bestehen aus einem Kalksandstein bzw. Kalkstein. Dieser spezielle Hammertyp ist in den insgesamt elf vom Autor erfassten, bildlichen Überlieferungen (Tab. 1) bis auf zwei Ausnahmen (Nr. 2 und 5) mit einem Meißel oder einem Meißelset kombiniert. Eine bemerkenswerte Votivtafel aus Marmor (Nr. 11) wirkt wie ein Steinmetzzeichen: es zeigt in einem einfachen Rahmen einen solchen Hammertyp mit einem Breitmeißel [13]. Bei den dargestellten Werkzeugsets fällt des Öfteren die dominierende Rolle der Messwerkzeuge auf: Maßstab – regula, Setzwaage – libella, Lot – perpendiculum, Winkel – norma, Stechzirkel – circinus rectus, Messzirkel – circinus arcuatus. D. Dexheimer nimmt daher in L. Alfius Statius (Nr. 3) einen Architekten an [14]. Messinstrumente waren jedoch auch für das Zurichten der Steine und für die Errichtung eines Quadermauerwerks aus Stein unentbehrlich. Unter den elf Belegen ist inschriftlich ein marmorarius namens C. Clodius Antiochus auf der Grabstele in Regium Lepidi (Nr. 5; Abb. 6) fassbar. Weiters entstammt Gn. Cossutius Agathangelus (Nr. 7) der Familie der Cossutii, von denen bekannt ist, dass sie über einen längeren Zeitraum als spezialisierte Bauunternehmer für Marmor (redemptores marmorarii) beschäftigt waren [15, 16]. So ist zum Beispiel ein Vorfahre von Gn. Cossutius Agathangelus namens M. Cossutius Dom[…] ebenfalls als marmorarius auf einem Marmordreifuß des 1. Jhs. v. Chr. in Pisa belegt (CIL XI 1415). Die epigraphischen Testimonien deuten darauf hin, dass marmorarius ein übergreifender Titel war, der zahlreiche Handwerke vom Marmorabbau in den Steinbrüchen bis zur Fertigstellung von Objekten und Bauten aus Marmor umfasste (wie z. B. das der metallarii, quadratarii oder sculptores). Marmorarii wie auch die lapidarii dürften demnach nicht nur einfache Steinmetze sein, sondern in der gesamten Marmor‑/Steinindustrie tätig gewesen sein.
TABELLE 1
Antike Darstellungen auf Grabdenkmalen und Votivtafeln von zweibahnigen Hämmern mit ausschwingenden Enden
Nr
Objekt
Material
Verwahrort
Fundort
Datierung
Beschreibung
Literatur
1
Grabstele
Sandstein
Mainz, Landesmuseum
Mogontiacum/Mainz
1. Hälfte des 2. Jhs. n. Chr
Im Sockelbild: Meißel, Hammer, Raspel, Hacke. Unter der Inschrift: Setzwaage
Die Grabstele aus Sandstein in Mogontiacum (Nr. 1) zeigt als einziger Beleg innerhalb des Werkzeugsets mit einem solchen Hammertyp auch einen Dechsel – ascia [9, 10]. Die dargestellte Hacke besitzt auf einer Seite eine quer und in einem spitzen Winkel zum Schaft stehende, breit auslaufende Schneide, auf der anderen Seite einen hammerförmigen Abschluss. Der Dechsel wird vorwiegend in der Holzbearbeitung verwendet, daher deutet W. Boppert das gesamte Werkzeugset auch als das eines Zimmermanns [17]. Beilartige Werkzeuge, wie Beile – pl. secures mit parallel zum Schaft verlaufenden Schneiden, als auch Dechseln, kommen jedoch auch in der Bearbeitung von Weichgesteinen, wie Kalksandstein, zum Einsatz, wie dies an den Werkspuren römerzeitlicher Steindenkmale deutlich abzulesen ist [18]. Wie weit die ascia, die als symbolische Darstellung auf Grabsteinen mit oder ohne der Formel „sub ascia dedicavit“ insbesondere in den Provinzen Alpes Maritimae, Dalmatia, Gallia Narbonensis und Aquitania auftritt, auch als originäres Steinmetzwerkzeug gelten darf, bleibt wie seine konkret religiös-rechtliche bzw. mystisch-religiöse Bedeutung unklar [19].
Alle Reliefs zeigen diesen speziellen Hammertyp kurz geschäftet, etwa zwei bis max. drei Handbreit lang. Die Holzstiele laufen im oberen Bereich konisch zu und sind tief in den Hammerkopf eingestielt, sodass ein Stück des Stiels auf der anderen Seite des Kopfs herausragt. Die Handhabung dieses kurzstieligen Hammers zeigt ein Legionär auf der Trajanssäule (Abb. 7).
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Wie erwähnt, ist dieser Hammertyp im archäologischen Fundmaterial selten nachzuweisen. Im Zuge der zwischen 1990 und 1995 durchgeführten Ausgrabungen an einem Schiffswrack im Golf von Porto Novo an der Ostküste von Korsika, das dort mit einer Marmorladung aus den lunensischen Marmorsteinbrüchen im 1. Jh. n. Chr. unterging, kamen auch mehrere Steinmetzwerkzeuge zu Tage, darunter drei zweibahnige Hämmer mit ausschwingenden Enden [24]. Davon entspricht ein Hammer nahezu exakt dem Spitzelofener Exemplar; er ist mit einer Länge von 11 cm nur wenig kürzer und besitzt ein ebenfalls schmales, von 13 auf 9 mm konisch zulaufendes Schaftloch. Mit der Publikation dieser Funde im Jahr 1998 gelang erstmals die korrekte Interpretation der auf den Reliefs dargestellten Hämmer. Drei weitere Hämmer dieses Formtyps und ähnlicher Größe aus Pompeji sind schon seit längerem bekannt. Sie wurden in jüngerer Zeit als Treibhämmer (für einen Toreuten) gedeutet [9], obgleich bereits W. M. Flinders Petrie in diesem Hammertyp richtig einen „mason’s hammer“ annahm [25].
Der schmale Breitmeißel SpO-65 findet in den Breitmeißeln aus dem bekannten Meißelsatz aus 11 Spitz-, 6 Breit- und 6 Kreuzmeißeln vom Magdalensberg, die aus dem spätaugusteisch datierten Befund OR/1, 2 stammen, nahezu identische Parallelen, im Speziellen in den Beispielen W129 bis W131 mit Längen von 24,3 bis 24,6 cm und Schneidenbreiten von 12 mm [26]. Charakteristisch ist der leicht einziehende, achteckig facettierte Schaft und der niedrige pyramidenstumpfförmige Kopf bei diesen (ungebrauchten) Breitmeißeln.
5 Diskussion
Der zweibahnige Hammer mit ausschwingenden Enden und der schmale Breitmeißel vom Spitzelofen können aufgrund des Fundkontexts in die römische Kaiserzeit datiert werden (1. bis 3. Jh. n. Chr.). Der Abbau des Spitzelofener Marmors beginnt bereits in der 1. Hälfte des 1. Jhs. n . Chr [5]. Die Aufgabe dieser Lagerstätte durch die Römer kann bislang nur ungefähr angegeben werden – das Heranziehen von beprobten aus Spitzelofener Marmor bestehenden und datierbaren Steindenkmalen ist aufgrund der Wiederverwendung von Steinmaterial nicht schlüssig. Eine Nutzung dürfte aufgrund der Kleinfunde, wie Fibeln, bis in die zweite Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. erfolgt sein.
Im Zuge eines archäologischen Experiments und mit Hilfe einer exakten Reproduktion des Spitzelofener Hammers wurde das Werkzeug bezüglich Handhabung und Gebrauch überprüft (Abb. 8). Es stellte sich heraus, dass aufgrund des Gewichts der Hammer mit einem entsprechend stärkeren Spitzeisen am ehesten für das Abspitzen der Bosse gedacht war. Am besten lag der Hammer in der Hand, wenn er ganz vorne am Eisen gehalten wurde. Die ausschwingende Form ergab eine überraschend sichere Handhabung und Führung des Werkzeugs. Spuren einer feinen Abspitzung (mittels Spitzmeißel) finden sich im Marmorsteinbruchrevier Spitzelofen ausschließlich an den Rohblöcken und Halbfertigprodukten (Q‑1, SpO-23; [5]). Damit wurden z. B. Randbereiche entlang der Seitenkanten der Blöcke, ähnlich einem Randschlag, jedoch ca. 10 cm breit, eingeebnet.
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Der schmale Breitmeißel kann für verschiedene Aufgaben bei der Herstellung von Halbfertigprodukten Verwendung gefunden haben. Beim Steinbrechen mittels Schrämtechnik gibt es jedoch einen speziellen Arbeitsschritt, für den der Einsatz von Breitmeißeln mit Schneidenbreiten von 1 cm sich aus dem Befund der Abbauspuren am Spitzelofen ergeben, nämlich für das Ausstemmen der Keilnut bzw. der Keiltaschen, die eine Sohlenbreite von ca. 1 cm aufweisen (S. Karl und P. Bayer in [5]).
6 Fazit
Die zwei Neufunde (Hammer und Breitmeißel) ergänzen das bislang bekannte Repertoire an Steinbruch- und Steinmetzwerkzeugen aus dem Marmorsteinbruchrevier Spitzelofen. Gerade der Gebrauch des Meißels zeigt, dass eine klare Trennung zwischen Werkzeugen des Steinbrucharbeiters – metallarius, desjenigen, der Blöcke zu Halbfertigprodukten weiterbearbeitet – quadratarius oder des Bildhauers – sculptor nicht immer möglich ist. Anhand der Darstellungen solcher Werkzeugsets auf Grabdenkmalen können sie jedoch mit guten Gründen als Werkzeuge des marmorarius bezeichnet werden.
Auch wenn sich Werkzeuge des Steinbrechens und der Steinbearbeitung sich über die Zeiten funktionsbedingt kaum verändert haben, sind doch deutliche Unterschiede in formalen Details zu erkennen, die es ermöglichen, Fundobjekte – auch ohne Fundkontext wie am Spitzelofen – mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu datieren. So ist z. B. die Form des Doppelspitzschlägels mit einem achteckig facettierten Kopf, der sich von dort beidseitig achsial verjüngt und in pyramidal zulaufenden Spitzen endet, und mit einem auffallend kleinen Schaftloch charakteristisch für die Römerzeit. Auch der hier vorgestellte, zweibahnige Hammer mit ausschwingenden Enden, ebenfalls mit engem Schaftloch, kann allein aus typologischen Gründen der Römerzeit zugewiesen werden. Mit einer Veränderung der Werkzeugformen gehen auch Unterschiede in den Abbau- und Werkspuren einher. Es ist daher ein Desiderat in der montanarchäologischen Erforschung des römerzeitlichen, aber auch späteren Bergbaus diese Spuren zusammen mit den sie verursachenden Werkzeugen in einer diachronen Perspektive zu erfassen und typenspezifische Eigenschaften herauszuarbeiten.
Danksagung
Für die Herstellung einer Reproduktion des Hammers ist Wolfgang Scheiblechner zu danken. Ein Dank gilt Patrick Hinterberger, der sich spontan dazu bereit erklärt hat, den Hammer bei der Saisoneröffnung und Workshop „Traditionelles Handwerk“ in der Kartause Mauerbach in Wien am 4. Juni 2023 auszutesten. Dieser Artikel wurde durch finanzielle Unterstützung der Universität Graz Open Access publiziert.
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