Ultraleichte und zugleich extrem feste Werkstoffe – poröse Nanomaterialien aus Metall versprechen hochinteressante Anwendungen unter anderem für künftige Flugzeuge, energieeffiziente Autos und sicherere Industrieanlagen. Wie sich die Nanoteilchen im Detail verhalten, weiß die Fachwelt noch nicht sehr genau. Die meisten Erkenntnisse stammen aus Computersimulationen: Hierbei setzen die Experten Dutzende Atome zu virtuellen Metallklümpchen zusammen, mit denen sie in Supercomputern Versuche durchführen. Zwar liefern diese Computerexperimente spannende und plausible Resultate. Experimentelle Überprüfungen aber stehen zumeist noch aus. Der Grund: Es ist überaus schwierig, die mechanischen Eigenschaften von Nanoteilchen zu untersuchen. Die klassischen Prüfmaschinen der Werkstoffforschung sind dafür nicht geeignet.
Forscher des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HZG) und der Technischen Universität Hamburg (TUHH) ist es gelungen, ein mechanisches Prüfverfahren für Nanoteilchen zu entwickeln. Sie verknüpfen Abermilliarden von Gold-Nanoteilchen zu einem porösen, schwammartigen Netzwerk, bestehend zu einem Viertel aus Metall und zu drei Vierteln aus Luft. Aus diesem nanoporösen Gold lassen sich millimetergroße Probenzylinder fertigen – groß genug, um sie mit einer Prüfmaschine zu testen. Von oben drückt ein Stempel auf den Zylinder; dabei werden sämtliche Nanoteilchen gleichzeitig verformt, woraus die Experten anschließend auf das Verhalten der einzelnen Teilchen schließen können. Außerdem ist die Probe in eine als Elektrolyt fungierende Säurelösung getaucht, und es lässt sich eine elektrische Spannung anlegen. Dadurch können die Forscher die für den Nanokosmos so wichtigen Oberflächenphänomene gezielt beeinflussen und zum Teil sogar wiederholt an- und abschalten.
Rätsel der Festigkeit gelöst
In ihrem Artikel in "Nano Letters" konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass wie vermutet die Prozesse an der Oberfläche des Nanoteilchens entscheidend zur enormen Festigkeit beitragen. Bei einem großen, makroskopischen Körper stecken die meisten Atome im Inneren des Kristalls, nur ein winziger Bruchteil befindet sich an der Oberfläche. Bei einem Nanoteilchen dagegen sitzt ein relativ großer Teil der Atome an der Oberfläche. Somit werden Oberflächeneffekte bestimmend für die mechanischen Eigenschaften. In einer weiteren Veröffentlichung im "Nature Communications" gelang es den Fachleuten, die Art der Oberflächeneffekte näher zu beleuchten und den Einfluss zweier verschiedener Phänomene zu bestimmen. Hierbei widerlegten die Ergebnisse die Aussagen der Computerexperimente. Demnach ist es nicht wie angenommen die zwischen den Oberflächenatomen wirkende Kraft, die die mechanischen Eigenschaften der Nanoteilchen bestimmt. Stattdessen dürfte die in der Oberfläche steckende Energie für die Festigkeit verantwortlich sein.
Künftig könnten solche Erkenntnisse helfen, neuartige Materialien auf Nanobasis zu entwickeln – hochinteressant etwa für den Leichtbau, aber auch für Werkstoffe mit eingebauten Sensoreigenschaften. "Indem wir die grundlegenden Eigenschaften dieser Nanoteilchen besser verstehen", betont Projektleiter Prof. Jörg Weißmüller "können wir künftige Werkstoffe gezielter entwickeln."