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2016 | Buch

Systemkompetenz und Dynamiken in Partnerschaften

Fähigkeiten zum Aufbau und Erhalt von Paarbeziehungen

verfasst von: Klaus-Eckart Rogge

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Dieses Buch informiert ausführlich und verständlich auf psychologischer Grundlage über Fähigkeiten, wie eine Paarbeziehung gestaltet und aufrechterhalten werden kann. Es geht um das Verständnis von komplexen Prozessabläufen, von Wechselwirkungen und von wertvollen Perspektivänderungen in der Paarbeziehung: Wie sich positive Erlebnisse mit dem Partner wiederholen lassen, Lebenssinn in einer Beziehung zu finden ist, warum unterschiedliche Auffassungen bei gegenseitigem Respekt die Zusammengehörigkeit stärken und warum Turbulenzen oder Chaos im Zusammenleben nicht als bedrohliche Untergangsszenarien sondern als Antrieb zu neuen Erlebnissen zu verstehen sind. Die Leser erfahren wie Krisen entstehen und bewältigt werden können und weshalb eine genaue Selbsteinschätzung ebenso wichtig für den Bestand der Liebe ist wie der angemessene Umgang auch mit intensivsten Gefühlen. Der Autor zeigt auch auf, wie vor allem Romane, Gedichte, Erzählungen, Filme und Musik wesentliche Modell- und Orientierungslinien für Partners

chaften sein können. Die wissenschaftlichen Begründungen erfolgen – alltagspraktisch bezogen – im Rahmen der interdisziplinären, modernen und viel beachteten Systemtheorie.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Übersicht und Einleitung
Zusammenfassung
Verliebtsein ist ein Hochgefühl, das möglichst lange anhalten sollte. Wird daraus eine feste Beziehung, die es zu erhalten gilt, dann sind dafür einige Kompetenzen erforderlich: Fähigkeit zur Kommunikation, komplexe, interagierende, vernetzte Prozessabläufe zu erkennen, zu verstehen und sensibel zu beeinflussen, simultane und indirekte Wirkungen einzubeziehen, Entscheidungen treffen zu können; Perspektivwechsel als notwendig zu begreifen und umzusetzen, Krisen bewältigen zu können, Sinnkriterien für die Partnerschaft zu entwickeln, eigene Gefühle äußern und die des Partners respektieren zu können und gelegentlich auch zu akzeptieren, dass nicht alles vorhersehbar oder beeinflussbar ist.
Aus vier Grundpositionen (rationale Durchdringung und Modifikation eigener Denkgewohnheiten / wechselseitige Sensitivitätssteigerung der Emotionen, Bedürfnisse und Intuitionen beider Partner / Aufdeckung von Wirkungsbezügen / Verständnis für Wechselwirkungen und Feedback-Effekte in der Partnerschaft) entstehen die speziellen Fähigkeiten, die in der Beziehung gefragt sind. Um die Entwicklung und Dynamik der Partnerschaft zu verstehen, einzuordnen, erklären und auf einer wissenschaftlichen Basis verankern zu können, bedarf es einer Leitorientierung, die mit der interdisziplinären Systemtheorie gegeben ist.
Zur Vermeidung von selbsterzeugten Störungen und kritischen Phasen in der Beziehung wird eine achtsame Balance von Gemeinsamkeitsansprüchen und Selbstbehauptung (Autonomie) notwendig sein.
Für etwa aufkommende Gedanken an eine Auflösung der Partnerschaft oder gar Trennung gibt es eine Reihe von Gründen, die im Kontext systemtheoretischer Betrachtungen besser verstanden werden können. Anhand von Beispielen wird der große Nutzen kultureller Ressourcen für den Aufbau und Erhalt von Paarbeziehungen dokumentiert.
Klaus-Eckart Rogge
2. Kisten und Kasten
Zusammenfassung
Von der Black Box über die Beziehungskiste bis zur Schatztruhe gehen die Reflexionen über Maschinen- und Systemmodelle, die auch in Partnerschaften Relevanz besitzen. Erläuterungen für zwei zentrale Begriffe der Systemtheorie – Komplexität und Begrenzung – werden ebenso gegeben wie eine Betrachtung der Unterschiede von trivialen versus nicht-trivialen Systemen.
Weil sie Sinn- und Bedeutungsvariationen, nicht-lineare Prozessverläufe und Überraschungen parat haben, werden Partnerschaften den nicht-trivialen Systemen zugeordnet. Ganz ähnlich einzuschätzen sind Teile der Beziehungskiste und ebenso einer Schatztruhe, die eigene Wünsche, Träume, Sehnsüchte, Gedanken, Vorstellungen und Handlungspläne enthält, die nicht unbedingt dem Partner zu offenbaren sind.
Es werden vorgestellt: Anna (A) und Björn (B), die Protagonisten in den Beispielen.
Klaus-Eckart Rogge
3. Was Sinn macht
Zusammenfassung
Gegeben werden die Definition eines komplexen, dynamischen Systems und ein Schema der Systemvernetzung auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen.
Ferner wird auf die Bedeutung von Perspektivwechseln und auf Sinnkriterien zur Gestaltung der Beziehung und zu deren Abgrenzungen (das gehört zu uns und das nicht) hingewiesen. Zudem wird die Bedeutung von Empathie und Schweigen im Zusammenleben eines Paares untersucht. Denkanregungen werden gegeben, wie mit Geheimnissen, mit Ereignissen aus der Vergangenheit und mit Ungewissheiten umzugehen sei. Dabei kommen zwei Denksysteme ins Spiel, die für Intuition (schnelles Denken) und rationales Durchdringen (langsames Denken) stehen.
Auf die Sinnfindung in der Beziehung und auf die damit gegebenen Verbindungen zu Richtlinien, Normen und Regeln wird Bezug genommen.
Systemkompetenz beinhaltet auch vernetztes oder systemisches Denken, das zum Kernpunkt von Sinngebung in der Beziehung führt: Zusammenhänge erforschen und herstellen, Bedeutungen erkennen, Unterscheidungen treffen, Wege zur Zielerreichung suchen.
Ein selbst kreiertes, emergentes Konstrukt des Paares wird vorgestellt: das Wir-System.
Klaus-Eckart Rogge
4. Dynamische Systeme
Zusammenfassung
Dargestellt werden – neben einer erweiterten Systemdefinition – Begriffe, Konzepte und Funktionen komplexer dynamischer Systeme, die vor allem bei Paarbeziehungen eine wichtige Rolle spielen (z. B. Selbstorganisation, Autopoiesis, Attraktoren, Regelkreise oder Chaos).
Eine herausragende Position nimmt der Selbstbezug ein (Selbstthematisierung, Selbstreferenz, Selbstregulation), der beispielsweise in der zentralen Frage: „Warum bin ich liebenswürdig?“ zum Nachdenken anregen sollte, denn das Bild, das ich von mir selbst habe, bestimmt in erheblichem Maß die Gestaltung der Partnerschaft.
Die Regulierungsprozesse der Systemdynamik verlaufen über Rückkopplungen (Feedback) und andere Interaktionen. Als Beispiel wären die im alltäglichen Austausch eines Paares sich entwickelnden und gegenseitig hochschaukelnden Abläufe anzuführen, die dem Typus „Teufelskreis“ zuzuordnen sind.
Warum Paarbeziehungen wiederholt Phasen der Stabilität und Labilität oder der Sicherheit und Ungewissheit durchlaufen, lässt sich aus den zentralen Konzepten der Systemtheorie (Attraktoren, Phasenübergänge, Chaos und Nichtlinearität) erschließen.
Klaus-Eckart Rogge
5. Systemkompetenz von Paaren
Zusammenfassung
Zunächst wird über verschiedene Definitionen geklärt, was unter Kompetenz bzw. Systemkompetenz zu verstehen sei. Anschließend werden Teilqualifikationen für Systemkompetenzen vorgestellt und durch Beispiele auf Fähigkeiten und Prozesse in Partnerschaften bezogen.
In einer Beziehung sind Unsicherheiten kaum zu vermeiden, sodass ein systemkompetenter Umgang damit vordringlich anzustreben ist. Es geht hauptsächlich darum, sich darin zu schulen, mit Komplexität fertigzuwerden und sinnfördernd, sensitiv und respektvoll mit dem Partner zu kommunizieren.
Eine destruktive Gesprächsführung hingegen würde in bildhafter Übertragung die vier apokalyptischen Reiter auftreten lassen:
- Kritik (z. B. Verunglimpfung des Partners),
- Rechtfertigung (z. B. sich selbst aus der Schuld nehmen),
- Rückzug (z. B. schweigen),
- Verachtung (z. B. den Partner entwürdigen),
die sehr viel Schaden anrichten und letztlich wohl auch eine Trennung herbeiführen würden.
Strukturieren, Ordnen, Zusammenhänge differenzieren, Sinnkriterien (z. B. Werteordnungen des Paares) etablieren, die Beziehungsgestaltung aktiv angehen und eigene sowie die Emotionen des Partners anzunehmen, das alles sind Verhaltensweisen, in denen sich Systemkompetenzen ausdrücken. Das gilt ganz besonders auch für dezidiert eingesetzte Gedanken über Gründe und Auslöser für Probleme, Konflikte, Krisen und Streitigkeiten in der Partnerschaft und wie sie bewältigt (Coping-Strategien) werden könnten. Dazu sind systemtheoretische Konzepte, Modelle und Funktionsschemata hervorragend geeignet, um ein fundiertes Verständnis und eine Handlungsorientierung für die krisenhaften Prozessabläufe in der Partnerschaft zu gewinnen.
Klaus-Eckart Rogge
6. Wir – Selbst
Zusammenfassung
Eine der sehr schwierigen Anforderungen in einer Beziehung ist die Erreichung einer paritätischen Verteilung der Abgaben an die Gemeinschaft und der Anteile für die Bewahrung der Eigenständigkeit. In der Systemvernetzung bei Paaren muss sich jeder Partner der Entscheidung stellen, was er bereit ist, in die Partnerschaft einzubringen, und was er für seine autonome Lebensform für sich behält.
Dazu müssen Begriff und Konzept der Autonomie sehr differenziert betrachtet werden, um weder die eigenen Ansprüche noch die der Partnerschaft zu hoch einzustufen. Systemkompetenz würde eine aufmerksame Beobachtung darauf richten, dass man weder Opfer der Zweisamkeit wird, noch sich selbst genug ist und die Beziehung lediglich als zeitvertreibendes Geplänkel versteht. Bedenkenswert ist dabei der Zweifel, ob die vertretenen Überzeugungen, Grundsätze und Wertungen wirklich von mir selbst stammen oder ob sie – und gegebenenfalls zu welchen Anteilen – Übernahmen im Verlauf eines generellen Sozialisierungsprozesses sind.
Solche Überlegungen führen in das Feld der Ausgestaltung des Selbst und tangieren dabei Komponenten wie Selbstbehauptung, Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl oder Selbstbildprägung, die in einer Beziehung die mitentscheidenden Faktoren für deren Gelingen darstellen. Und dann möchte man ja auch noch wissen, wie man dahinterkommt, wie der Partner „tickt“ und wie die zukünftigen Attraktoren der Zusammengehörigkeit aussehen werden.
Der Schritt in das psychologische Netzwerk ist dann unausweichlich, denn es geht um Entscheidungen, Verantwortungsübernahme, Einbindung von Emotionen und Bedürfnissen, manchmal um Selbsttäuschung, Bindungsängste und nicht zuletzt darum, vom Partner verstanden zu werden.
Das Wechselspiel selbstorganisierter, komplexer, dynamischer Systeme beginnt und verlangt am Ende die Entscheidung, wie das Ergebnis zu beurteilen ist: ob man sich zusammen allein fühlt oder via Online-Dating eine kurze Liaison eingegangen ist oder ob man eine echte, zufriedenstellende Zusammengehörigkeit erreicht hat.
Klaus-Eckart Rogge
7. Trennung?
Zusammenfassung
In vielen Partnerschaften hat das Ende einen schleichenden Anfang. Zuerst sind es nur kleine Unachtsamkeiten, unbedeutende Störungen, ausbleibende Zuneigungsgesten, hin und wieder auftretende Nachlässigkeiten und Ausreden, die sich dann aber häufen und sich zu Hinweisen zusammenballen, dass in der Beziehung etwas nicht stimmt. Die Gedanken kreisen immer häufiger um die Missstände, die Zweifel werden stärker, die Beobachtungen schärfer und ihre Interpretationen einseitiger. Irgendwann tritt sie dann doch auf, die zukunftsgerichtete Frage: „Was wäre, wenn …?“ Gründe und Konsequenzen einer Auflösung der Gemeinsamkeit, einer Trennung oder Scheidung werden reflektiert, verworfen, wieder aufgegriffen.
Die oftmals allzu vielen und enorm überhöhten Erwartungen an eine Liebesbeziehung werden nicht mehr erfüllt. Solche herben Enttäuschungen hätten von beiden Partnern durch systemkompetente Überlegungen zur Realitätsanpassung von Wünschen, Sehnsüchten, Lebensplänen etc. gemildert oder sogar vermieden werden können.
Nun drängt die Zeit und verlangt nicht nur Auskünfte über das Ob und Wie, sondern auch über den Umgang miteinander danach. Das ist ein schwieriger Prozess, weil die zukünftige, alleinige Lebensgestaltung mehr Unsicherheiten als Gewissheit in sich birgt und sich erst nach dem Fehlen des Partners zeigen könnte, wie bedeutend und insgesamt positiv prägend er – trotz seiner Fehler und auch Schwächen – für das Zusammenleben gewesen ist.
Im Möglichkeitsraum der Trennungskonsequenzen geht es hin und her. Der Attraktoren-Wettbewerb beginnt: nichts verändern, alles so lassen wie es ist vs. neue Chancen im Single-Dasein. Oder gelingt doch noch ein Neuanfang mit dem jetzigen Partner? Perspektivwechsel wären hilfreich, um den Status quo der Beziehung genauer analysieren zu können.
Klaus-Eckart Rogge
8. Kultur – Ressource für den Aufbau und Erhalt einer Paarbeziehung
Zusammenfassung
Systemkompetenz zeigt sich auch in der Nutzung von verfügbaren Ressourcen. Die kulturellen Angebote aus Literatur, Theater, Film, Musik und Reisen sind hervorragende Quellen der Anschauung, Komparation, Bewertung und Demonstration unterschiedlichster Lebensmodelle, Lebensstile, vermittelter Emotionen und unternommener Krisenbewältigungen.
Ohne Orientierungsmöglichkeiten, Referenzrahmen oder Modelle wäre es sehr schwer, die Anforderungen, die in einer Partnerschaft gestellt werden, im alltäglichen Leben zu meistern.
Die zur Verfügung stehenden Kulturgüter sind so breit gefächert, dass nur wenige Beispiele, die hier als subjektive „Findlinge“ des Autors eingebracht werden, für den vorliegenden Text genügen müssen. Sie werden aber schon verdeutlichen, dass sich aus ihnen relevante Kompetenzen ableiten und entwickeln lassen, die einen Sinn und Zugehörigkeitsempfinden in einer Liebesbeziehung erkennbar und erlebbar werden lassen.
Klaus-Eckart Rogge
Backmatter
Metadaten
Titel
Systemkompetenz und Dynamiken in Partnerschaften
verfasst von
Klaus-Eckart Rogge
Copyright-Jahr
2016
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-48599-6
Print ISBN
978-3-662-48598-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-48599-6

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