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1999 | Buch

Umwelthaftungsrecht als Instrument der europäischen Umweltpolitik

Eine ökonomische Analyse

verfasst von: Petra Becker

Verlag: Deutscher Universitätsverlag

Buchreihe : Ökonomische Analyse des Rechts

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

1. Einleitung
Zusammenfassung
In der umweltpolitischen Diskussion in Europa haben in den vergangenen zehn Jahren zwei Themen großen Raum eingenommen. Zum einen wurde die Frage erörtert, welche umweltpolitischen Aufgaben von die Europäischen Union erfüllt werden sollen. Zum anderen rückte ein Instrument in den Mittelpunkt des Interesses, dem bis dahin wenig Beachtung geschenkt worden war: das Umwelthaftungsrecht. Beide Themen sind bisher kaum verknüpft worden, obwohl auch die Europäischen Union sich der Frage einer europäischen Umwelthaftung angenommen hat.1 Dieser Herausforderung stellt sich die vorliegende Arbeit.
Petra Becker

Umwelthaftung in Europa

2. Die Bemühungen um ein europäisches Umwelthaftungsrecht
Zusammenfassung
Seit dem Beginn ihrer umweltpolitischen Aktivitäten in den frühen siebziger Jahren bemüht sich die Europäische Union, ein gemeinschaftliches Umwelthaftungsrecht in den Dienst der europäischen Umweltpolitik zu stellen. Die Diskussion zum europäischen Umwelthaftungsrecht war dabei einem starken Wandel unterworfen. Aufgabe des vorliegenden Kapitels ist es, diesen Wandel und seine Ursachen aufzuzeigen, um damit auf die Probleme aufmerksam zu machen, die sich aus dem sich abzeichnenden Ansatz für eine europäische Umwelthaftung aus ökonomischer Sicht ergeben.
Petra Becker
3. Die Regelungskonkurrenz von Umwelthaftung und Umweltauflagen aus rechtlicher Sicht
Zusammenfassung
Aufgabe des vorliegenden Kapitels ist es, die Regelungskonkurrenz von Umwelthaftung und Umweltauflagen aus rechtlicher Sicht zu beleuchten. Sowohl in der Rechtswissenschaft als auch in der europäischen und den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen sind verschiedenartige Lösungsansätze entwickelt worden, Umwelthaftungsrecht und Umweltauflagen zu integrieren. Aus diesen Ansätzen werden im folgenden alternative Haftungsregeln abgeleitet, die Grundlage einer eingehenden ökonomischen Analyse sein können.
Petra Becker

Europäische Umwelthaftung als Vollzugshilfe des europäischen Umwelrechts

Frontmatter
4. Umwelthaftung als Vollzugshilfe von Umweltauflagen
Zusammenfassung
Umweltauflagen stellen staatlich verordneten Umweltschutz dar. Sie beschränken umweltgefährdende Aktivitäten, wie beispielsweise die Emission von Schadstoffen.233 In der Praxis werden jedoch staatliche Vorgaben häufig nicht eingehalten.234 Dies liegt zum einen an den Emittenten, die sich über die Vorgaben hinwegsetzen und zum anderen an den Aufsichtsbehörden, die die Anwendung der Auflagen nicht hinreichend durchsetzen.235 Ob die staatlich verordneten Umweltschutzmaßnahmen tatsächlich ergriffen werden, hängt wesentlich vom Vollzug und dessen Defiziten ab. Vollzugsdefizite sind in der umweltökonomischen Literatur selten aufgegriffen worden. Hier herrscht die Annahme vor, daß Emittenten sich dem Staat gegenüber loyal verhalten und damit die ihnen auferlegten Auflagen immer einhalten.236 Vollzugsdefizite bei Umweltauflagen lassen sich jedoch leicht mithilfe des wirtschaftlichen Eigeninteresses der Betroffenen erklären.237 Es kann hierbei auf Literatur zurückgegriffen werden, die auf Arbeiten von Becker und Stigler zur Rationalität von Normbefolgung und Normverstoß aufbaut.238
Petra Becker
5. Der Vollzug des europäischen Umweltrechts und die Möglichkeiten einer Vollzugshilfe durch Umwelthaftung
Zusammenfassung
Die formale Analyse hat gezeigt, daß das Haftungsrecht den Vollzug von Umweltauflagen positiv beeinflussen kann. Ist dieses theoretische Ergebnis auch auf den Vollzug des Umweltrechts der Europäischen Union übertragen? Gemeinschaftliche Umweltvorschriften und deren Vollzug unterliegen besonderen Problemen. Die Rechtsetzungs- und Vollzugskompetenz in der Europäischen Union ist für das Umweltrecht zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten aufgeteilt. Die Organe der Europäische Union sind nur mit der Rechtsetzung im Bereich des Umweltrechts befaßt. Sie besitzen keine vertragliche Zuständigkeit für den Vollzug des gemeinschaftlichen Umweltrechts. Der Kommission stehen lediglich Überwachungsbefugnisse und Auskunftsrechte und Auskunftsrechte zu. Im Gegensatz zu beispielsweise dem Kartellrecht besteht aber kein gemeinschaftlicher Verwaltungsvollzug.251 Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten, die Umsetzung und die Anwendung der Umweltvorschriften der Europäischen Union zu gewährleisten.252
Petra Becker

Umwelthaftung und die Erhöhung der Effizienz der Umweltpolitik der Europäischen Union

Frontmatter
6. Die Effizienzeffekte von Umwelthaftung und Umweltauflagen
Zusammenfassung
Um abschätzen zu können, ob das Instrument der Umwelthaftung die Effizienz der Umweltnutzung in Europa erhöhen und damit die Umweltpolitik der Europäischen Union verbessern kann, muß in einem ersten Schritt das Umweltproblem und seine Ursachen ökonomisch beschrieben werden. Umweltbeeinträchtigungen können ökonomisch als externe Effekte beschrieben werden. Externe Effekte liegen dann vor, wenn die Nutzensituation eines Individuums unmittelbar, d.h. ohne Vermittlung über den Marktmechanismus von einer Aktivität negativ beeinflußt wird, die von einem anderen Individuum kontrolliert wird.331
Petra Becker
7. Die Kosten einer Umweltpolitik durch Umwelthaftung und Umweltauflagen
Zusammenfassung
Effizienz impliziert auch die möglichst kostengünstigste Verwirklichung von Umweltzielen4446 Anders ausgedrückt müssen bei der Auswahl umweltpolitischer Instrumente nicht nur der Nutzen der Maßnahmen, sondern auch deren Kosten berücksichtigt werden. Im Mittelpunkt der bisherigen Untersuchung des Haftungsrechts als umweltpolitisches Instrument bei einer Primärallokation durch Auflagen stand die Haftungsandrohung und ihr Einfluß auf die private Emissionsentscheidung und damit auf die Nutzung der Umweltressourcen. Ziel war es, die Anreize der Umwelthaftung für eine möglichst effiziente Umweltnutzung zu beschreiben: Anders ausgedrückt, wurde der Nutzen ermittelt, Umwelthaftung als umweltpolitisches Instrument bei bestehender Primärallokation durch Auflagen einzusetzen. Weitgehend ausgeklammert wurde bei der Bewertung also bisher die Tatsache, daß der Einsatz umweltpolitischer Instrumente nicht nur Nutzen erzeugt, sondern auch Kosten hervorruft. Sowohl der Einsatz von Auflagen als auch der haftungsrechtliche Umweltschutz ist mit Kosten verbunden. Auflagen müssen festgelegt, kommuniziert und durchgesetzt werden. Zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen müssen Gerichte und Anwälte bemüht werden. Die Korrektur von Fehlallokationen externe Umwelteffekte durch umweltpolitische Maßnahmen verlangt damit den Einsatz von Ressourcen, die anderen Verwendungsmöglichkeiten entzogen werden. Die benötigten Ressourcen variieren je nach institutionellem Arrangement, d.h. je nach eingesetzten umweltpolitischen Instrumenten oder Instrumentenkombinationen.
Petra Becker
8. Beurteilung einer europäischen Umweltpolitik durch Umwelthaftung und Umweltauflagen
Zusammenfassung
Das Umwelthaftungsrecht kann sich theoretisch positiv auf die Umweltnutzung in Europa auswirken. Dieses Ergebnis wurde aus der formalen Untersuchung der Effizienzeigenschaften verschiedener Haftungsregeln auch unter Berücksichtigung der Primärallokation durch Auflagen abgeleitet. Im Zentrum der Überlegungen des vorliegenden Kapitels steht nun die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die umweltpolitischen Rahmenbedingungen, wie sie in der Europäischen Union anzutreffen sind. Um abzuschätzen, ob es unter Effizienzgesichtspunkten tatsächlich sinnvoll ist, die bestehende europäische Auflagenpolitik durch ein gemeinsames Umwelthaftungsrecht zu ergänzen, müssen die geltenden Auflagen näher betrachtet werden. Nur wenn die bisherige Auflagenpolitik der europäischen Union nach dem Kriterium der Effizienz ungenügend oder zu kostenintensiv ist, erscheint es sinnvoll, den haftungsrechtlichen Umweltschutz als weiteres Instrument einzusetzen. Die theoretischen Überlegungen geben Hinweise darauf, mit welcher haftungsrechtlichen Lösung Effizienzvorteile erzielt werden können. Es ist nicht davon auszugehen, daß ergänzender haftungsrechtlicher Umweltschutz per se zu einer Verbesserung der Umweltpolitik führt. Basierend auf den theoretischen Überlegungen müssen vielmehr die Varianten des komplementären Einsatzes von Auflagen und Haftung beschrieben werden, die im konkreten europäischen umweltpolitischen Zusammenhang Vorteile erwarten lassen. Hieraus wird abschließend ein integrierter Ansatz für eine zukünftige Umweltpolitik durch Umweltauflagen und Umwelthaftung abgeleitet.
Petra Becker
9. Umwelthaftung und die adäquate Aufgabenverteilung zwischen Europäischer Union und den Mitgliedstaaten
Zusammenfassung
Im Zentrum des vorliegenden Kapitels steht die Frage, ob es besser ist, ergänzende Umwelthaftungsregeln auf Unionsebene oder in den Mitgliedstaaten zu formulieren. Es wird damit die Handlungsebene gesucht, die adäquat ist, um Umwelthaftungsregeln in Europa festzulegen. Ziel ist es, eine sinnvolle Aufgabenverteilung zwischen der zentralen Instanz Europäischen Union und den Mitgliedstaaten als dezentralen Einheiten zu entwerfen. Vertraglich werden Rechtsetzungsaufgaben zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten nach dem sogenannten Subsidiaritätsprinzip513 aufgeteilt. Dieses wird daher in einem ersten Schritt vorgestellt. Bei der Auslegung des Subsidiaritätsprinzips besteht jedoch noch Interpretationsbedarf. Hier helfen die ökonomische Theorie des Föderalismus, der Vergleich der Kosten institutioneller Regelungen und das Konzept des institutionellen Wettbewerbs. Angewandt auf das Umwelthaftungsrecht liefern sie Argumente dafür, ob den Mitgliedstaaten oder der Europäischen Union die Aufgabe zufallen sollte, haftungsrechtlichen Umweltschutz zu formulieren.
Petra Becker

Der umweltpolitische Entscheidungsprozeß und seine Auswirkungen auf die Ausgestaltung des Umwelthaftungsrechts in der Europäischen Union

10. Das Umwelthaftungsrecht und der nationale umweltpolitische Entscheidungsprozeß
Zusammenfassung
Die europäische Initiative, ein europäisches Umwelthaftungsrecht zu schaffen, fällt zeitlich mit ähnlichen Bemühungen in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zusammen. Das läßt darauf schließen, daß ähnliche politische Mechanismen die Willensbildung beeinflußt haben. Um also die politische Entscheidung über ein europäisches Umwelthaftungsrecht zu untersuchen, erscheint es sinnvoll, zuerst den nationalen politischen Markt zu betrachteten Zum einen lassen sich grundlegende nationale Entscheidungsmechanismen auch auf die Europäische Ebene übertragen. Zum anderen vertreten die Mitgliedstaaten die Ergebnisse ihrer nationalen umweltpolitischen Märkte im europäischen Entscheidungsprozeß, in dem sie neben den Organen der Europäischen Union als Entscheidungsträger auftreten.
Petra Becker
11. Die Entscheidung für das Umwelthaftungsgesetz in Deutschland als Beispiel für das Funktionieren des politischen Marktes für Umwelthaftungsrecht
Zusammenfassung
Der nationale politische Markt für umweltpolitische Maßnahmen bietet noch keine Erklärungsmöglichkeit für die Tendenz in Europa, neue Umwelthaftungstatbestände zu schaffen. Sollen also Aussagen bezüglich der zu erwartenden Ergebnisse des europäischen Entscheidungsprozesses aus den obigen Überlegungen abgeleitet werden, muß im Vorfeld eine Erklärung für die nationale Entwicklung gefunden werden.
Petra Becker
12. Das Umwelthaftungsrecht und der europäische umweltpolitische Entscheidungsprozeß
Zusammenfassung
Das Entscheidungssystem Europäische Union ist ein Amalgam aus gemeinschaftlichen und mitgliedstaatlichen Politikprozessen. Die bisherige Analyse des politischen Marktes für haftungsrechtlichen Umweltschutz konzentrierte sich ausschließlich auf die nationale Ebene und kann damit nur einen Teil des europäischen Entscheidungssystems abbilden. Aufgrund der Supranationalität treten in der europäischen Rechtsetzung mit den Organen der Europäischen Union weitere Akteure auf. Gleichzeitig gruppieren sich die Gewinner und Verlierer des haftungsrechtlichen Umweltschutzes neu.716 Ziel der folgenden Analyse ist es, anhand der des europäischen Entscheidungssystems Aussagen über die Durchsetzungschancen und die zu erwartende Ausprägung des haftungsrechtlichen Umweltschutzes als Instrument der Europäischen Umweltpolitik zu machen.
Petra Becker
13. Zusammenfassung
Zusammenfassung
Die Bemühungen um europäische Haftungsregeln für Umweltschäden waren einem Wandel unterworfen. Während sich frühe Ansätze lediglich auf Spezialrisiken und damit auf Haftungsregeln für spezifische, abgegrenzte Umweltschäden bezogen, zeigt sich nunmehr, daß die Europäische Union auf ein umfassendes europäisches Umwelthaftungsrecht abzielt. Dieser Haftungsansatz wirft Probleme auf, die bei Haftungsregeln für bestimmte abgegrenzte Umweltrisiken weitgehend unbeachtet bleiben können. Wird die Haftpflicht nicht auf punktuelle Umweltrisiken begrenzt, so erstrecken sich die Ersatzpflichten notwendigerweise auch auf die Folgen solcher umweltgefährdender Aktivitäten, die bereits durch die bestehende Umweltpolitik gesteuert werden. Das primäre Instrument der europäischen Umweltpolitik ist die Umweltauflagen. Um die Möglichkeiten abzuschätzen, das Umwelthaftungsrecht als europäisches umweltpolitisches Instrument einzusetzen, ist es daher notwendig, seine umweltpolitischen Eigenschaften nicht isoliert, sondern im Kontext bereits bestehender Umweltauflagen zu bewerten. Die Kriterien, nach denen diese Bewertung vorgenommen werden muß, werden wiederum durch die besonderen Rahmenbedingungen in Europa vorgegeben. Als Ziele eines gemeinschaftlichen Umwelthaftungsrechts hat die Europäische Union einerseits die Effektivierung des Vollzugs des gemeinschaftlichen Umweltrechts und andererseits die Steigerung der Effizienz der europäischen Umweltpolitik definiert.
Petra Becker
Backmatter
Metadaten
Titel
Umwelthaftungsrecht als Instrument der europäischen Umweltpolitik
verfasst von
Petra Becker
Copyright-Jahr
1999
Verlag
Deutscher Universitätsverlag
Electronic ISBN
978-3-322-99880-4
Print ISBN
978-3-8244-6916-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-99880-4