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28.02.2024 | Verbrennungsmotor | Nachricht | Nachrichten

Der dogmatische Weg zur E-Mobilität verlagert das Problem

verfasst von: Thomas Schneider

4 Min. Lesedauer

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Wie kann der Ausstoß von CO2 im Verkehrs- und Energiebereich reduziert werden? Worauf es jetzt ankommt, war Thema der Podiumsdiskussion auf dem 11. Internationalen Motorenkongress. 

"Ohne Verbrennungsmotor kein Klimaschutz!" Der bereits durch den provokanten Titel der Podiumsdiskussion gesetzten These, dass effektiver Klimaschutz nur unter Einbeziehung von Verbrennungsmotoren und nicht durch deren Verbot möglich ist, stimmten prinzipiell alle Diskutanten zu. 

"Der Vorstoß in Europa, dogmatisch in Richtung Elektromobilität zu gehen, verlagert das CO2-Problem nur", sagte etwa Michael Fleiss, CEO von Aurobay. Denn die notwendige Energie müsse so oder so bereitgestellt werden, und bei einer Knappheit regenerativ erzeugter Energie geschehe dies eben über fossile Energieträger. Daher kann und darf die Klimafreundlichkeit von Fahrzeugen nicht einfach am Auspuff gemessen werden. "Wichtig ist, dass wir defossilisieren nicht dekarbonisieren", stellte Professor Dr. Christian Beidl heraus, der die Diskussion zusammen mit ATZ/MTZ-Chefredakteur Dr. Alexander Heintzel leitete.

E-Mobilität muss organisch wachsen

Nach Ansicht von Takahiro Nagai, Stellvertretender Direktor der New Energy and Industrial Technology Development Organization (NEDO), ist ein abrupter Umstieg von Verbrennungsmotoren auf elektrische Antriebe schon deshalb nicht zielführend, da sie nicht alle Anwendungen abdecken können. Daher müssen seiner Ansicht nach beide Technologien parallel und evolutionär weiterentwickelt werden. Zumal batterieelektrische Fahrzeuge derzeit aufgrund des Strommixes und der energieintensiven Produktion der Batterien noch keinen Vorteil bringen, stellt Michael Fleiss fest: "Der CO2-Rucksack ist derzeit größer als die Einsparungen in der Nutzungsphase." 

Laut Dr. Markus Schwaderlapp, Leiter Forschung & Entwicklung bei der Deutz AG, wird die Herausforderung der Zwischenspeicherung von Energie von der Politik unterschätzt. Die Annahme, dass die Nutzung elektrischer Energie immer effizienter ist, sei falsch, wenn man die Notwendigkeit der Zwischenspeicherung und die effizientere Produktion regenerativer Energie in anderen Teilen der Welt berücksichtigt. Zudem sind die Batterien laut Dr. Monika Griefahn, Vorstandsvorsitzende der eFuel Alliance, aktuell noch nicht auf eine Wiederverwertbarkeit und Recycling ausgelegt. Ein zentraler Aspekt sei es, die derzeit etwa 1,3 Milliarden Bestandsfahrzeuge weltweit miteinzubeziehen. 

Das eine tun, ohne das andere zu vernachlässigen

Die Verkehrs- und Energiewende muss sich also auf zwei Säulen stützen: Elektromobilität und regenerativ erzeugte molekulare Energieträger, so Professor Beidl. Wie kann die Entwicklung beschleunigt werden? Hier hilft laut Griefahn ein Blick nach Japan. Dort stehe das Ziel, CO2 zu senken, über allem, und alles, was dazu beiträgt, ist gut. Es ist also ein pragmatisches Vorgehen notwendig. "Durch eine einseitige Entscheidung macht sich Europa zum Museum". Das betreffe übrigens nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch den Maschinenbau. "Wir müssen beides tun, das ist keine Entweder-oder-Entscheidung". Der gängige Weg ist also, "dass beide Technologien antreten und entweder eine gewinnt oder beide parallel bestehen bleiben", ergänzt Fleiss.

"Es wundert nicht, dass derzeit viele gute Entwicklungen aus China kommen und nicht aus Europa", sagt Benjamin Krieger, Generalsekretär des Europäischen Verbands der Automobilzulieferer (CLEPA). Es fehle den europäischen Akteuren wegen des angedachten Verbots von Verbrennungsmotoren an Perspektive. Daher fordert er eine Zielvorgabe ohne Technikvorgabe. Allerdings müsse man sich auch mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit selbst hinterfragen und Lösungen bringen, die die Kunden auch wirklich brauchen.

Molekulare Speicher dringend benötigt

Die Notwendigkeit regenerativ erzeugter Kraftstoffe sieht auch Dr. Holger Becker, Mitglied des Deutschen Bundestags und Mitglied im Parlamentskreis "Regenerative Kraftstoffe". "Wir brauchen natürlich molekulare Speicher, das ist unbestritten, da sich die E-Mobilität für manche Anwendungen nicht eignet". Allerdings sei die Frage, in welchem Bereich sie zum Einsatz kommen sollen. Er glaube nicht, dass im Pkw-Bereich die Entwicklung Richtung Elektrifizierung aufzuhalten ist. Zudem bestehe bei politischen Akteuren die Befürchtung, dass die Elektrifizierung im Verkehrsbereich unter einem breiten Einsatz regenerativer Kraftstoffe leide, weil dann wieder eine Diffusion von Investitionen stattfinden könnte, die man sich nicht leisten könne. 

Diese Befürchtung allerdings ist in den Augen der übrigen Teilnehmer unbegründet. Die Investitionen in die Elektrifizierung sind längst getätigt, und die Unternehmen sind darauf angewiesen, die neuen Produkte in der Zukunft auch an den Kunden zu bringen. 

Die Essenz ist also, "dass wir letztlich alle verfügbaren nachhaltigen Energieträger brauchen, um Verkehr und Energieerzeugung künftig klimafreundlicher darzustellen", fasst Alexander Heintzel zusammen. "Dazu müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen, denn nur ein systemisches Vorgehen im gesellschaftlichen Konsens wird letztlich zum Erfolg führen. Wenn wir nicht in Kreisläufen denken – Cradle-to-Cradle – und die Politik das nicht versteht, sind wir zum Scheitern verurteilt, und das wäre jammerschade."

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