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11.08.2022 | Wärme | Schwerpunkt | Online-Artikel

Quartier in Frankfurt nutzt Abwärme aus Rechenzentren

verfasst von: Frank Urbansky

3 Min. Lesedauer

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Rechenzentren müssen aufwendig gekühlt werden. Effizienter wäre es, die entstehende Abwärme zu nutzen. Wie das gehen könnte, zeigt aktuell ein Quartier in Frankfurt am Main.

Das Kühlen von Rechenzentren ist nicht nur energieintensiv, sondern auch teuer. "Wie bei jeder Optimierungsaufgabe werden auch bei der Dekarbonisierung von Rechenzentren Effizienzgewinne erzielt, wenn zusätzliche Freiheitsgrade erschlossen werden können. [...] So bietet zum Beispiel die Möglichkeit der Abwärmenutzung durch einen benachbarten Abnehmer oder ein neues Energienetz zusätzliche Erlösquellen, die mittels dieser energetischen Doppelnutzung zusätzlich den CO2- Footprint senken", beschreibt ein Springer-Spektrum-Autorenkollektiv um Oliver D. Doleski in seinem Zeitschriftenbeitrag Digitale Dekarbonisierung für dekarbonisierte Digitalisierung ab Seite 4 eine Alternative.

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Abwärme aus Rechenzentren wird vereinzelt auf diese Weise bereits genutzt. Das Potenzial ist jedoch riesig. Alle deutschen Rechenzentren produzieren jedes Jahr 13 Terawattstunden (TWh) Abwärme. Zum Vergleich: Deutsche Haushalte nutzen derzeit etwa 94 TWh erneuerbare Energien zur Wärmeerzeugung.

60 Rechenzentren mit viel Abwärme

Deswegen wird die Abwärmenutzung derzeit in Frankfurt am Main in einer ganz anderen Größenordnung angegangen. Die Stadt ist nicht nur Finanzzentrum. Hier befindet sich der Deutsche Commercial Internet Exchange (DE-CIX) und 60 Rechenzentren, die zusammen 1,6 TWh Strom verbrauchen. Würde deren Abwärme komplett genutzt, könnten bis 2030 rein rechnerisch sämtliche Wohn- und Büroräume der Mainmetropole CO2-neutral geheizt werden.

Damit dies gelingen kann, wurde zwischen Politik und Branchenbetreibern und dem Branchenverband eco eine Plattform initiiert. "Mit dem hessischen Rechenzentrumsbüro wollen wir im Kontakt mit den Rechenzentrumsbetreibern und den Kommunen dazu beitragen, dass innovative nachhaltige Lösungen den Fortschritt und die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Hessen sichern", so Hessens Digitalstaatssekretär Patrick Burghardt.

"Gerade in Ballungszentren haben wir jetzt die Chance, in großem Stil mit dem Internet maximal energieeffizient heizen zu können. Doch wie so oft in Deutschland wird auch dieses Vorhaben häufig noch von zu viel Bürokratie gehemmt", sagt Béla Waldhauser, Sprecher der eco Allianz. Das Potenzial verpuffe wortwörtlich beinahe jeden einzelnen Tag in der Luft. Und das, obwohl Abwärme aus Rechenzentren eine kostbare Alternative zu fossilen Energieträgern darstellen könne.

Westville ist Quartiers-Pionier

Projekte wie das Bauprojekt Westville im Frankfurter Gallus könnten eine Blaupause für Deutschland bilden. Die Region Rhein-Main könne hier eine wichtige Vorreiterrolle übernehmen, betont Waldhauser weiter.

Das Westville ist schon jetzt bundesweit Vorreiter bei der Abwärmenutzung von Rechenzentren. Die über 1.300 Wohneinheiten, Kindergärten, Schulen und Gewerbeeinheiten, die hier entstehen, sollen mit der Abwärme eines Rechenzentrums auf der gegenüberliegenden Straßenseite beheizt werden. Die Abwärme gilt als CO2-frei, was wiederum bei der Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben hilft, etwa des Gebäudeenergiegesetzes (GEG).

Die Abwärme von etwa 2.400 Megawattstunden (MWh) jährlich wird vom Rechenzentrumsbetreiber kostenfrei abgegeben, was wiederum langfristig für Mieter und Nutzer geringe und stabile Wärmekosten mit sich bringt. 1.600 MWh steuert Mainova als Betreiber und Contracor bei. Diese Restmenge kommt vor allem aus einem Müllheizkraftwerk. Zwei Wärmepumpen mit je 320 Kilowatt thermischer Leistung sorgen für die nötigen Betriebstemperaturen für Heizen und Warmwasser. Pufferspeicher federn die Lasten ab. Pro Jahr werden so 400 Tonnen CO2 gegenüber einer konventionellen Lösung eingespart. 2023 soll die erste Wärmelieferung erfolgen, 2025 soll das gesamte Quartier auf diese Weise versorgt werden. 

Das ist in Zeiten von Gasknappheit und hohen Energiepreisen generell geboten. "Die über Raum- bzw. Prozesswärme und Strom zur Verfügung gestellte Nutzenergie wird letztlich zu Abwärme. Wenn technologisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll, sollte diese einer Energierückgewinnung zugeführt werden", benennen dies die Springer-Vieweg-Autoren Gabi Förtsch und Heinz Meinholz in ihrem Buchkapitel Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz auf Seite 615.

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