2021 | OriginalPaper | Buchkapitel
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Zu Beginn dieses Kapitels zunächst einmal ein kleiner Blick auf die Entwicklung der Massenmedien und des Medienstrukturwandels in Deutschland, wie sie heute jeder Student der Kommunikationswissenschaften bzw. des Journalismus oder der PR in den ersten Semestern seines Studiums und teilweise auch schon Schüler in der Schule lernen. Anschaulich zusammengefasst hat die „gute alte Welt“ des Journalismus und der Massenmedien in Deutschland vor Beginn des großen Strukturwandels Dr. Uwe Krüger, Journalist und Mitarbeiter am Institut für Journalistik der Universität Leipzig sowie Mitglied im MDR-Rundfunkrat, entsandt vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV), Landesverband Sachsen [1]: „Am Anfang [des Medienstrukturwandels] stand die klassische massenmediale Welt der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: ein über Jahrzehnte relativ stabiles Mediensystem mit den Gattungen Zeitung, Zeitschrift, Radio und Fernsehen in einem fast ausschließlich nationalen Rahmen, in dem eine überschaubare Zahl privater Print-Verlage und öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten innerhalb professioneller Strukturen Inhalte für große, weitgehend passive Publika produzierte.“ In den 1980er und vor allem 1990er-Jahren setzte allerdings aufgrund von „technologischen Fortschritten (Satellitentechnik, Digitaltechnik und Word Wide Web) sowie medienpolitischen wie medienökonomischen Veränderungen (Liberalisierung und Deregulierung des Rundfunks) eine Dynamik ein“ [2], die eine immer weiter fortschreitende Segmentierung des Medienmarkts nach sich zog. „Die Vielfalt bzw. Vielzahl steigt zum Preis sinkender Reichweiten. Ökonomisch bedeutet das: Mit dem einzelnen Medienprodukt ist tendenziell weniger Geld zu verdienen“, erklärt Krüger [3]. Und hier sind wir schon mitten im Kernproblem des beschriebenen Medienstrukturwandels angekommen: Sinkende Reichweiten bedeuten weniger Werbeerlöse, weniger Werbeerlöse bedeuten weniger Geld, weniger Geld bedeuten Sparzwänge in den Redaktionen – und Sparzwänge in den Redaktionen bedeuten teilweise schlechtere Qualität und damit auch wieder in den meisten Fällen sinkende Reichweiten. Hinzu kommt erschwerend der Faktor, dass der Journalismus durch die seit spätestens Anfang der 2010er-Jahre aufkommende, breite Nutzung der sozialen Medien seine „Gatekeeper-Funktion“ verloren hat – Medienkonsum also auch „aktiv“ an Journalisten und Redakteuren vorbei möglich ist. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, haben Verlage und Medienhäuser diverse Möglichkeiten durchprobiert – manche mit mehr, manche mit weniger Erfolg. Über die Monetarisierung von Content im Netz, auf Social Media und neuen Medienformen wie Blogs, Vlogs, YouTube-Channels und Podcasts sind natürlich schon zahlreiche Bücher geschrieben worden – und werden wohl noch zahlreiche geschrieben werden. Daher verkneifen wir uns an dieser Stelle eine ausführliche Betrachtung dieser mannigfaltigen Möglichkeiten und konzentrieren uns auf den „Ist-Zustand“. Kurz zusammengefasst ist die Situation nämlich immer noch für viele Verlage so, wie sie Verleger Hubert Burda schon 2009 auf seiner „Digital, Life, Design“-Konferenz auf den Punkt gebracht hat: „You get lousy pennies on the web.“ („Im Internet verdient man lausige Pennies.“) [4]. Ob sich das durch Einsatz von KI und Bots ändern kann? Ja und Nein. Das Mediennutzungsverhalten der Deutschen und die allgemeine Entwicklung des Medienstrukturwandels werden Künstliche Intelligenz und der Einsatz von regelbasierten sowie auch intelligenten Bots wohl kaum ändern können, wohl aber deren Auswirkungen. Ansatzpunkte sind dabei vor allem der Megatrend „Cost Cutting“ (hier nicht automatisch falsch als Personalabbau in den Redaktionen zu verstehen) und erhebliche Effizienzsteigerungen. Welche innovativen Tools, Verfahren und Konzepte dabei helfen können, mit KI den Medienstrukturwandel zu meistern, möchte ich in diesem Kapitel anhand der folgenden fünf Ideen zeigen:
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