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Erschienen in:
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2022 | OriginalPaper | Buchkapitel

15. #WirBleibenZuhause

Häuslichkeit als Disziplinarmaßnahme, Tugend und Kulturtechnik

verfasst von : Robin Schrade

Erschienen in: Das Virus im Netz medialer Diskurse

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Zu Beginn der Corona-Pandemie startete das deutsche Bundesministerium für Gesundheit die Aktion Zusammen gegen Corona – #WirBleibenZuhause: In kurzen Videos inszenierten und dokumentierten sich Prominente in ihrem häuslichen Umfeld und warben dafür, sich zuhause die Zeit zu vertreiben. Die Protagonist*innen adressierten in den Videos insbesondere bürgerliche Praktiken des häuslichen Lebens und erhoben diese zu sinnstiftenden Tätigkeiten der Selbstermächtigung. Die durch die Pandemie verschärften Herausforderungen, die durch ‚Home-Office‘, ‚Care-Arbeit‘, aber auch durch häusliche Gewalt, Einsamkeit oder Obdachlosigkeit entstehen, wurden in der Video-Aktion hingegen weitestgehend ausgeblendet. Ausgehend von dieser Beobachtung vertrete ich die These, dass sich die ‚Kulturtechniken des Zuhause-Bleibens‘ in einem Umbruch befinden und dass die Frage, was sie jenseits einer disziplinierenden Maßnahme und einer gesellschaftlichen Tugend implizieren, derzeit äußerst virulent ist.

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Fußnoten
2
Vgl. hier exemplarisch Volkmer/Werner 2020 sowie Keidl/Melamed/Hediger/Somaini 2020.
 
4
https://​www.​zusammengegencor​ona.​de/​wirbleibenzuhaus​e. Unter dem Hashtag WirBleibenZuhause wurden in den darauffolgenden Monaten noch zahlreiche Videos (insbesondere bei YouTube) gepostet, die zum Teil über diese Anweisung hinausgehen. Es finden sich dort verschiedene Beiträge von Persiflagen bis hin zu Wohnzimmerkonzerten.
 
5
Vgl. hier weiterführend auch die diskursprägenden Überlegungen von Hannah Arendt (2002).
 
6
Zur Geschichte des privaten Lebens vgl. die Reihe von Ariès/Duby 1993.
 
7
Vgl. hier weiterführend Buhr/Hammer/Schölzl 2018 sowie Böhme/Gahlings 2018.
 
8
Vgl. weiterführend auch Habermas 2000.
 
9
Zu den medienwissenschaftlichen Debatten zur Kulturtechnik vgl. weiterführend Schüttpelz 2006 sowie Siegert 2015.
 
10
Zur Verhäuslichung des Internets vgl. Röser/Müller/Niemand 2019.
 
11
Zu den Technologien des Selbst vgl. Foucault 2020.
 
14
Zur ‚Home-Office‘-Situation während der Pandemie vgl. weiterführend Speck 2020.
 
18
Exemplarisch sei hier auf ein Video der Rockband Die Ärzte aus dem Frühjahr 2020 verwiesen, das durch seine subtil platzierten politischen Verweise auf z. B. Menschen in Flüchtlingslagern bereits überzeugender ist als der Durchschnitt: https://​www.​youtube.​com/​watch?​v=​t_​s6waEUTbI.
 
Literatur
Arendt, H. (2002): Vita Activia oder Vom tätigen Leben. München: Piper.
Ariès, P. / Duby, G. (Hg.) (1993): Geschichte des privaten Lebens. 5 Bände. Frankfurt a. M.: S. Fischer.
Böhme, G. / Gahlings, U. (Hg.) (2018): Kultur der Privatheit in der Netzgesellschaft. Bielefeld: Aisthesis.
Buhr, L. / Hammer, S. / Schölzel, H. (Hg.) (2018): Staat, Internet und digitale Gouvernementalität. Wiesbaden: Springer.
Foucault, M. (1977): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Foucault, M. (2006): Sicherheit, Territorium, Bevölkerung. Geschichte der Gouvernementalität I. Vorlesung am Collège de France 1977–-1978. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Foucault, M. (2020): Die Regierung der Lebenden. Vorlesungen am Collège de France 1979–1980. Berlin: Suhrkamp.
Gehring, P. (2020): Von sozialer Abstraktion und hilflosem Intellekt. In: Volkmer, M./Werner, K. (Hg.): Die Corona-Gesellschaft. Analysen zur Lage und Perspektiven für die Zukunft. Bielefeld: transcript, S. 17–24.
Habermas, R. (2000): Frauen und Männer des Bürgertums. Eine Familiengeschichte (1750–1850). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Habermas, R. (2001): Bürgerliche Kleinfamilie – Liebesheirat. In: van Dülmen, R. (Hg.): Entdeckung des Ich. Die Geschichte der Individualisierung vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Köln u. a.: Böhlau, S. 287–309.
Keidl, P. D./Melamed, L./Hediger, V./Somaini, A. (Ed.) (2020): Pandemic Media: Preliminary Notes Toward an Inventory. Lüneburg: meson press.
Maye, H. (2010): Was ist eine Kulturtechnik? In: Zeitschrift für Medien- und Kulturforschung. Heft 1/2010. Schwerpunkt Kulturtechnik, S. 121–135.
Röser, J./Müller, K. F./Niemand, S./Roth, U. (2019): Das mediatisierte Zuhause im Wandel: Eine qualitative Panelstudie zur Verhäuslichung des Internets. Wiesbaden: Springer.CrossRef
Schüttpelz, E. (2006): Die medienanthropologische Kehre der Kulturtechniken. In: Archiv für Mediengeschichte. No. 6: Kulturgeschichte als Mediengeschichte (oder vice versa?), S. 87–110.
Siegert, B. (2015): Cultural Techniques: Grids, Filters, Doors, and Other Articulations of the Real. New York: Fordham University Press.CrossRef
Speck, S. (2020): Zuhause arbeiten. Eine geschlechtersoziologische Betrachtung des ›Homeoffice‹ im Kontext der Corona-Krise. In: Volkmer, M./Werner, K. (Hg.): Die Corona-Gesellschaft. Analysen zur Lage und Perspektiven für die Zukunft. Bielefeld: transcript, S. 135–144.
Volkmer, M./Werner, K. (Hg.) (2020): Die Corona-Gesellschaft. Analysen zur Lage und Perspektiven für die Zukunft. Bielefeld: transcript.
Whitman, J. Q. (2004): The Two Western Cultures of Privacy: Dignity versus Liberty. In: The Yale Law Yournal 113, S. 1151–1221.
Metadaten
Titel
#WirBleibenZuhause
verfasst von
Robin Schrade
Copyright-Jahr
2022
Buch
Das Virus im Netz medialer Diskurse

Print ISBN: 978-3-658-36311-6

Electronic ISBN: 978-3-658-36312-3

Copyright-Jahr: 2022

DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-36312-3_15

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