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2016 | Buch

Zeitgenössische Demokratietheorie

herausgegeben von: Oliver W. Lembcke, Claudia Ritzi, Gary S. Schaal

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Über dieses Buch

​Die Demokratie – verstanden als politische Selbstbestimmung eines Volkes – ist die vornehmste Aufgabe und der zentrale Gegenstand der Politischen Theorie. Das zweibändige Lehrwerk bietet eine systematische Einführung in die zeitgenössische normative und empirische Demokratietheorie.

Der zweite Band behandelt wichtige empirische Theorieansätze. Alle Beiträge sind vergleichbar aufgebaut: Sie enthalten neben einer Verortung des jeweiligen Konzeptes in der Theoriegeschichte eine umfassende Darstellung seiner zentralen Aussagen und empirischen Forschungsergebnisse. Darauf aufbauend erfolgen methodenkritische Betrachtungen und aktuelle Forschungsbezüge werden aufgezeigt.

Das zweibändige Lehrbuch bietet alle wesentlichen Grundlagen zum Thema, es schafft eine klare Übersicht in einer pluralen Diskussion und ist ein unverzichtbares Hilfsmittel für Studium, Forschung und politische Bildung.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Zeitgenössische empirische Demokratietheorie: Eine Einführung
Zusammenfassung
Die Differenzierung zwischen normativen und empirischen Ansätzen steht in einer langen Traditionslinie innerhalb der Politikwissenschaft. Es ist daher einerseits naheliegend, gemäß dieser Leitdifferenz auch die beiden Bände eines Lehrbuches zur zeitgenössischen Demokratietheorie zu gliedern. Andererseits ist die Zuordnung von Demokratietheorien zur Gruppe der normativen bzw. der empirischen Ansätze in vielen Fällen kein leichtes Unterfangen. Denn nur scheinbar gibt es eine klare Grenze zwischen Theorien, die primär an der Entwicklung normativer Standards zur Organisation des politischen Gemeinwesens orientiert sind, und Theorien, die ihr argumentatives Gerüst entlang von empirischen Beschreibungen der politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten aufbauen.
Oliver W. Lembcke, Claudia Ritzi, Gary S. Schaal

Demokratische Willensbildung: Government im liberal-repräsentativen Staat

Frontmatter
Theorie demokratischer Repräsentation
Zusammenfassung
Moderne politische Ordnungen sind Repräsentationssysteme. Das gilt auch und gerade für demokratische Systeme. Die Dichotomie zwischen direkter und repräsentativer Demokratie taugt daher nicht (mehr) als Ausgangspunkt zur Beschreibung demokratischer Systeme; sie ist zu einer Frage der Binnendifferenzierung geworden, die darüber Auskunft gibt, in welchem Ausmaß direkte, unmittelbare oder plebiszitäre Elemente vorhanden und geeignet sind, mit den Repräsentationsstrukturen zu konkurrieren. Die Funktionalität eines spezifischen Sets an Institutionen kann jedoch nur zur Begründung der Notwendigkeit dienen, nicht zu deren Rechtfertigung in einem normativ gehaltvollen Sinne.
Oliver W. Lembcke
Das demokratische System als Parteiensystem
Zusammenfassung
Alle modernen, großflächigen Demokratien sind in der Praxis Parteiendemokratien. Ob eine Demokratie ohne politische Parteien überhaupt vorstellbar ist und funktionieren könnte, bleibt der theoretischen Spekulation überlassen, denn empirisch gibt es dafür kein Beispiel. Wenn wir die Demokratie als eine Staatsoder Herrschaftsform betrachten, in der das Volk Regierungsmacht in periodisch stattfindenden, freien Wahlen zuweist, dann sind die maßgeblichen Träger und Adressaten dieser Zuweisung die Parteien und ihre Repräsentanten. Parteien nehmen eine Mittlerposition zwischen Staat und Gesellschaft ein.
Frank Decker
Korporatismus und Demokratie
Zusammenfassung
Der Korporatismus, verstanden als bestimmte Form der Staat-Verbände-Beziehungen, gehört nicht zu den Kernelementen moderner Demokratietheorie. Nach anfänglichen Versuchen, ihn als Gesellschaft smodell oder Charakteristik politischer Systeme zu fassen, wird Korporatismus heute entweder als Theorie der Interessenvermittlung im Bereich der Verbändeforschung diskutiert oder erscheint als ein Element, das zur Besonderheit von consensus democracies im Unterschied zu majoritarian democracies in der Typologie von Arend Lijphart (1999) beziehungsweise von coordinated market economies im Unterschied zu liberal market economies im Rahmen der Varieties of Capitalism-Theorie von Peter Hall und David Soskice (2001) beiträgt.
Mauricio Reichenbachs, Frank Nullmeier
Mediendemokratie
Zusammenfassung
„Mediendemokratie“ ist eine mittlerweile gängige, aber auch sehr umstrittene Kennzeichnung moderner Demokratien. Mit dem Begriff wird allgemein behauptet, dass die modernen Massenmedien, die in ihnen stattfindende Kommunikation und die sie bestimmenden Logiken einen zentralen Einfluss auf Strukturen, Akteure, Prozesse und Inhalte der demokratischen Willensbildung und Entscheidungsfindung haben. Die Einschätzungen in der politik- und kommunikationswissenschaftlichen Literatur reichen dabei von der These, dass „[i]n der Welt des 21. Jahrhunderts […] jede Demokratie zwangsläufig eine ‚Mediendemokratie‘“ sei (Pfetsch/Marcinkowski 2009: 11) bis hin zur Charakterisierung von Mediendemokratie als „einer dieser Trend-Begriffe, wie sie sprichwörtlich in regelmäßigem Wandel durch das politisch-mediale Dorf getrieben werden“ (Kleinsteuber 2008: 14).
Patrick Donges

Demokratische Steuerung: From Government to Governance

Frontmatter
Neoinstitutionalismus und Demokratie
Zusammenfassung
Es gibt nicht viele politikwissenschaftliche Bücher, die eine so große Wirkung entfalten konnten, wie das von James G. March und Johan P. Olsen 1989 veröffentlichte Buch Rediscovering Institutions: The Organizational Basis of Politics. Das dahinterstehende, bereits in den 50er-Jahren begonnene und konsequent vorangetriebene wissenschaftliche Programm des Neoinstitutionalismus hat indessen nicht weniger als „the next revolution“ (Goodin/Klingemann 1998: 25) in der Politikwissenschaft auf den Weg gebracht: Der Neoinstitutionalismus gilt heute – auch dank der Beharrlichkeit und Konsequenz der beiden Protagonisten dieses Ansatzes – als Mainstream, und in den Cantus firmus „We are all institutionalists now“ (Aspinwall/Schneider 2000: 1) können mittlerweile fast alle Politikwissenschaftler (und nicht nur diese) einstimmen.
Roland Lhotta
Governance in der Demokratietheorie
Zusammenfassung
Diese wohl unstreitige Entwicklungslinie lässt sich in geradezu idealtypischer Weise an einer Person festmachen, nämlich an der von Renate Mayntz, die sich zu allen drei Etappen mit viel beachteten Beiträgen geäußert hat, mehrfach auch zusammen mit ihrem Kodirektor am Max-Planck-Institut für Gesellschaft sforschung Fritz W. Scharpf.
Gunnar Folke Schuppert
Governance in staatsübergreifenden Räumen
Zusammenfassung
Nationalstaatliches Regieren findet heute in Europa im Kontext supranationaler Strukturen statt. Der europäische Integration sprozess überlagert und durchdringt die nationalstaatliche Handlungskompetenz in immer weiteren Bereichen und mit immer gravierenderen Folgen für die demokratische Qualität der Mitgliedstaaten der EU. Dieser europäische Prozess ist zwar einzigartig in seiner Intensität und seiner Breite, weist gleichzeitig aber auf ein globales Phänomen hin, das von Robert Dahl (1994) als die „dritte Transformation“ der Demokratie bezeichnet worden ist. Auf den griechischen Stadtstaat folgte der demokratische Nationalstaat und auf diesen neue grenzüberschreitende politische Ordnungsmuster.
Julien Deroin, Jürgen Neyer
Postdemokratie
Zusammenfassung
Nach dem Ende des Kalten Krieges setzte in der Politikwissenschaft eine Euphorie über die Zukunftsfähigkeit und friedensstiftende Kraft der Demokratie ein, die ihren prägnantesten Ausdruck wohl in Francis Fukuyamas berühmter These vom „End of History“ (1989, 1992) fand: Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatte sich nicht nur die militärische Bedrohungslage für die liberal-demokratischen Staaten schlagartig geändert, auch der ideologische Kampf zwischen Sozialismus und Demokratie schien zugunsten des liberal-repräsentativen Modells entschieden worden zu sein.
Claudia Ritzi

Demokratische Rationalität: Zwischen Eigennutz und prozeduraler Vernunft

Frontmatter
Theorie rationaler Demokratie
Zusammenfassung
Rational Choice ist ein Theorieansatz, der die akademische Diskussion v. a. in der angloamerikanischen Politikwissenschaft seit den 1980er Jahren dominiert (vgl. Green/Shapiro 1994). Er ist ein „Theorieimport“ in die Politikwissenschaft dergestalt, dass das Akteursmodell der ökonomischen Theorie (der Homo oeconomicus) in der Politikwissenschaft Anwendung findet (vgl. Riker/Ordeshook 1973; Elster 1986). Die axiomatischen Grundlagen des Modells sind sparsam: Ausgehend vom methodologischen Individualismus wird der individuelle Akteur als Nutzenmaximierer modelliert, das heißt, er wählt in jeder Situation jene Handlungsalternative aus, die den höchsten Nutzen bringt. Dabei gilt die Annahme der revealed preferences, das heißt nur konkretes Handeln wird beobachtet.
Gary S. Schaal, Vanessa Kaufmann
Empirische Deliberationsforschung
Zusammenfassung
„Wir Mitglieder im Sonderausschuss […] haben wirklich vorurteilsfrei die Argumente des jeweils anders Denkenden abgewogen, und wir haben miteinander um den besten Weg zum Schutz des ungeborenen Lebens gerungen“ (Bundestag, 25. Juni 1992). Diese Aussage der deutschen FDP-Politikerin Uta Würfel, die im Kontext der deutschen Abtreibungsdebatte Anfang der 1990er Jahre erfolgt ist, umreißt den Grundgedanken deliberativen Handelns sehr schön: Nicht Macht und Interessen, sondern gute Argumente sollten im Zentrum politischer Auseinandersetzungen – und insbesondere moralischer Fragen wie Abtreibung – stehen.
André Bächtiger
E-Democracy
Zusammenfassung
Obwohl die Idee demokratischer Selbstregierung universell ist, variiert historisch die Art und Weise, wie sie konkret umgesetzt wird. Viele Faktoren beeinflussen ihre Implementation, so u. a. die Größe des demokratischen Gemeinwesens, der Grad an gesellschaftlicher Modernität oder die dominanten Traditionslinien politischen Denkens (liberal/republikanisch). Der seit den 1990er Jahren sehr intensiv geführte interdisziplinäre Diskurs über E-Democracy richtet sein Erkenntnisinteresse auf das Niveau der technologischen Entwicklung eines politischen Gemeinwesens und analysiert den systematischen Einfluss, den die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) auf Demokratien ausüben (vgl. Vedel 2006: 226).
Gary S. Schaal
Direkte Demokratie: Theorie und Praxis
Zusammenfassung
Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern direktdemokratischer Verfahren wird häufig als ideologischer Zwist um den Königsweg demokratischer Beteiligung gesehen. Befürworter repräsentativer wie auch direkter Demokratie stellen häufig idealtypisierend die jeweiligen Vorteile und das normative Ideal beider Demokratieformen in den Vordergrund und vernachlässigen die empirisch nachweisbaren Defizite, die in beiden Ansätzen existieren. So gerät der Versuch einer Qualifizierung der Demokratie zu einem Streit, der die gleichzeitige Bewertung der Vor- und Nachteile beider Verfahren oft ignoriert.
Norbert Kersting

Demokratische Qualität: Zwischen Autokratie und Polyarchie

Frontmatter
Konzeptualisierung von Demokratie
Robert Dahl, Larry Diamond und gängige Demokratiemessungen
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt der vergleichenden Demokratieforschung stehen drei Fragen: Was sind förderliche und hinderliche Bedingungen für die Herausbildung, das Funktionieren und die Stabilität von Demokratien? Welche Typen von Demokratien gibt es? Welche Wirkungen haben verschiedene Typen von Demokratie sowie Demokratien im Vergleich zu Autokratien oder wie leistungsfähig sind sie? Zu allen diesen Fragen sind eine Vielzahl, teilweise konkurrierender empirischer Demokratietheorien entwickelt worden wie beispielsweise die Modernisierungstheorie (Lipset 1959) und die Akteurstheorie (O’Donnell/Schmitter 1986) zur Erklärung der Entstehung und Herausbildung von Demokratien oder die Selektoratstheorie zur Erklärung der Performanz von Demokratien und Autokratien (Bueno de Mesquita et al. 2003).
Edeltraud Roller
Typologie demokratischer Systeme
Zusammenfassung
Typologien politischer Ordnungen gehören zur Grundausstattung der Politikwissenschaft. Den philosophischen Ausgangspunkt markieren Platon und Aristoteles, die im Streben nach Erkenntnis über die Prinzipien der guten Ordnung Kriterien zur Unterscheidung verschiedener Herrschaftsformen entwickelt haben und damit zu den Begründern der Staatsformenlehre geworden sind. Noch heute prägen ihre Begrifflichkeiten den politischen Diskurs, allerdings haben sich die Wertungen, die den Begriffen zugrunde liegen, verändert. Während in früheren Zeiten etwa die Monarchie als Inbegriff einer guten Herrschaft galt, erscheint sie heutzutage in weiten Teilen der Welt als überkommen.
Oliver W. Lembcke, Jörg Hebenstreit
Politische Kultur und Demokratie
Zusammenfassung
Die ersten Beiträge zur political culture-Forschung entstanden unter dem Eindruck der unterschiedlichen Entwicklung der Demokratie in der sich modernisierenden Welt. Zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und dem Ende des Ersten Weltkrieges setzte die erste Welle der Demokratisierung moderner Nationalstaaten ein. Sie erfasste zunächst die sozioökonomisch hoch entwickelten Gesellschaften Westeuropas, Nordamerikas sowie Australien und Neuseeland. Fast alle diese Länder gaben sich bis zum Ende des Ersten Weltkrieges vom Geist des Liberalismus geprägte, demokratische Verfassungen, die die Ausübung politischer Herrschaft als Ausdruck des Volkswillens interpretierten, die Grundrechte des Individuums garantierten, ein demokratisches Wahlrecht für alle Staatsbürger einführten, die Staatsgewalt dem Recht unterwarfen und eine freie, offene und pluralistische Willensbildung förderten (Diamond/Morlino 2005).
Oscar W. Gabriel
Transitorische Demokratietheorie
Zusammenfassung
Seit den in den 1970er-Jahren stattfindenden Umbrüchen in Lateinamerika, Südeuropa und Osteuropa hat sich in der Politikwissenschaft das Interesse an der Frage intensiviert, wie sich die Entwicklung politischer Systeme hin zu Demokratien erklären lässt.
Gert Pickel
Eingebettete und defekte Demokratien
Zusammenfassung
Demokratie ist eine umstrittene Herrschaftsordnung. Über ihren Kern, mehr noch ihre Konturen und Grenzen besteht kein Konsens. Dies gilt in der Sphäre der politischen Theorien wie in jener der empirischen Demokratieforschung. Begnügt man sich nicht mit Fallstudien, etwa über die Demokratie in Großbritannien, sondern vergleicht wenige (small-N) oder viele Demokratien (large-N) miteinander, benötigt man ein tertium comparationis, ein klares Konzept der Demokratie als Referenzmodell. Andernfalls weiß der Betrachter oder Leser nicht, wovon die Rede ist. Bei Max Weber (1976) ist dies der „Idealtypus“, in moderneren und politikwissenschaftlich weiter entwickelten Typologien wird dies als Ursprungskonzept oder root concept (Collier/Levitsky 1997) bezeichnet.
Wolfgang Merkel
Backmatter
Metadaten
Titel
Zeitgenössische Demokratietheorie
herausgegeben von
Oliver W. Lembcke
Claudia Ritzi
Gary S. Schaal
Copyright-Jahr
2016
Electronic ISBN
978-3-658-06363-4
Print ISBN
978-3-658-06362-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-06363-4

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