2010 | OriginalPaper | Buchkapitel
Zur Europäisierung des deutschen Föderalismus – zwischen Synchronisierung und Strukturbruch?
verfasst von : Henrik Scheller
Erschienen in: Die Europäische Union nach dem Vertrag von Lissabon
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Nimmt man einen Abgleich zwischen dem internationalen Diskurs über Europäisierungstheorien einerseits und den Schwerpunkten der politischen und wissenschaftlichen Diskussion in Deutschland andererseits vor, so stellt man fest, dass sich die Auseinandersetzung hierzulande auf wenige, sehr spezielle Aspekte beschränkt. Von einer Europäisierung des deutschen Föderalismus wird in diesem Kontext kaum gesprochen – am ehesten noch von einer Europäisierung des Regierungssystems der Bundesrepublik. Gebräuchlicher sind hingegen Begriffe wie „Europafähigkeit“ bzw. „Europatauglichkeit“ von Bund und Ländern. Grundlage entsprechender Analysen bilden vor allem institutionalistische und politikfeldbezogene Untersuchungsansätze. Die föderale Dimension verschränkter Politikgestaltung von Bund und Ländern im Wechselspiel mit europäischen Verfahren und Institutionen wird auf diese Weise nur implizit gewürdigt. Von Ausnahmen abgesehen, fokussiert die deutsche Europa-Debatte im Kern vor allem innerdeutsche Kompetenzkonflikte zwischen Bund und Ländern. Denn immer wieder dominiert die Frage, welche Ebene in welchen Politikfeldern oder Sachfragen gegenüber der EU verhandlungs- und abstimmungsberechtigt ist. Auch die breite Diskussion über das Subsidiaritätsprinzip ist letztlich Ausdruck kompetenzrechtlicher Schutz- und Abwehrreflexe. Dass die unterschiedlichen Akteure des europäischen Mehrebenensystems mit Verweis auf dieses Prinzip zum Teil gänzlich konträre Interessen verfolgen, ist dabei nachrangig.