1999 | OriginalPaper | Buchkapitel
Zwei Fallbeispiele zur Illustration
verfasst von : Sylvia Supper
Erschienen in: Minderheiten und Identität in einer multikulturellen Gesellschaft
Verlag: Deutscher Universitätsverlag
Enthalten in: Professional Book Archive
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A. ist mit 8 Jahren mit ihrer Familie aus dem Kosovo nach Wien gekommen. Sie hat noch eine ältere Schwester und drei jünger Geschwister. In Jugoslawien ist sie 1½ Jahre lang in die Schule gegangen und steigt ins österreichische Schulsystem mit der zweiten Klasse ein. Die erste Zeit in der Schule ist gekennzeichnet von starken Verständigungsproblemen, da sie kein Wort Deutsch spricht. In der Schule gilt sie als aufgrund ihrer türkischen Sprachkenntnisse als Türkin. Den Vater bezeichnet sie in der ersten Zeit als sehr engagiert darin, den Kindern Deutsch beizubringen. Mit Gratifikationen bringt er die 5 Kinder dazu, um die Wette Deutsch zu lernen, die Eltern sprechen mit den Kindern aber Romanes. Durch das Üben kommt es dazu, daß die Kinder untereinander fast ausschließlich deutsch sprechen, was sich bis heute erhalten hat. Es sprechen zwar alle Romanes, dies wird aber nur mit den Eltern bzw. anderen Roma gesprochen, mit den Geschwistern spricht man deutsch. Da beide Eltern arbeiten gehen, führt in den ersten Schuljahren von A. ihre ältere Schwester den Haushalt. Diese war bei der Übersiedlung nach Österreich bereits 13 und ging in Österreich nicht mehr zur Schule. Als die Schwester zu arbeiten beginnt, übernimmt A. die Führung des Haushalts und die Betreuung der jüngeren Geschwister. Dies heißt, daß sie nach der Schule keine Zeit fir Hausaufgaben oder Lernen hat, sondern dies erst am Abend, wenn alle anderen schlafen, erledigen kann. Mehr als einmal, so kann sie sich erinnern, schläft sie dabei am Schreibtisch ein. Die Situation in der Schule stabilisiert sich in der vierten Volksschulklasse. Sie spricht mittlerweilen gut deutsch und kann sich auch gegen Mitschüler, die sie wegen ihrer türkischen Abstammung hänseln, zur Wehr setzen.