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Erschienen in: Berliner Journal für Soziologie 2/2017

19.12.2017 | Forschungsnotiz

Verdient – Unverdient. Der öffentliche Diskurs um die Erbschaftssteuer in Deutschland und Österreich

verfasst von: Jens Beckert, H. Lukas R. Arndt

Erschienen in: Berliner Journal für Soziologie | Ausgabe 2/2017

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Zusammenfassung

Trotz des erheblichen Einflusses der Vermögensvererbung auf die generationsübergreifende Fortschreibung sozialer Ungleichheit spricht sich sowohl in Deutschland als auch in Österreich eine Mehrheit der Bevölkerung gegen die Erbschaftssteuer aus. In diesem Beitrag untersuchen wir, wie Gegner und Befürworter der Steuer ihre jeweilige Position begründen, und ergründen so die Strukturen des Diskurses zur Erbschaftssteuer. Datengrundlage sind zwei Online-Diskussionen, die jeweils durch ausführliche Interviews zu dem Thema ausgelöst wurden. Insgesamt wurden 3573 Argumente inhaltsanalytisch codiert und ausgewertet. Die Ergebnisse bestätigen den Befund einer überwiegenden Ablehnung der Erbschaftssteuer. Die Auswertung der Positionsbegründungen gibt darüber hinaus jedoch Einblicke in die vielschichtigen Kontroversen, die sich mit der normativen und funktionalen Problematik dieser Steuer verbinden.

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Fußnoten
1
Siehe auch Altzinger und Humer (2013, S. 81).
 
2
Solche Begründungen ließen sich natürlich mithilfe darauf zielender Fragen mit dem Instrument der Umfrageforschung eruieren. Damit könnten repräsentative Daten erlangt werden. Doch haben Umfragen auch zumindest drei erhebliche Nachteile. Erstens wird durch die Standardisierung von Antworten das Ergebnis gelenkt und möglicherweise eingeengt. Zweitens laufen die Ergebnisse Gefahr, durch Effekte der sozialen Erwünschtheit bestimmter Antworten beeinflusst zu sein. Und drittens würden sich in Umfragen auch Personen zu dem Thema äußern, die sich nie oder selten Gedanken um die Erbschaftssteuer machen. Diese Begründungen von Einstellungen zur Erbschaftssteuer würden gleichberechtigt mit Begründungen von Personen eingehen, die sich mit der Frage der Erbschaftssteuer aus eigenem Antrieb beschäftigen und somit auch eher als Wortführer im öffentlichen Diskurs in Erscheinung treten.
 
3
Ein mögliches alternatives Vorgehen wäre etwa die Durchführung von Fokusgruppen gewesen, in denen ausgewählte Personen ihre Argumentationsmuster zur Erbschaftssteuer offengelegt hätten. Für ein solches Vorgehen bei der Untersuchung von Einstellungen zu Steuern (darunter der Erbschaftssteuer) in Großbritannien, siehe Prabhakar (2012). Stark et al. (2016) erheben und analysieren zudem freie Assoziationen zu Erbschaft und Vermögen aus der Perspektive der ökonomischen Verhaltensforschung.
 
4
So zitieren zum Beispiel Harris et al. (2014, S. 1312–1313) verschiedene Studien zur Repräsentativität von Online-Diskussionen auf News-Webseiten, die für die USA nahelegen, dass die Nutzer von Online-News-Webseiten sich von der Gesamtbevölkerung vor allem durch das Alter, aber auch durch Herkunft, Geschlecht, Einkommen und Bildungsgrad unterscheiden. Zudem zeigt etwa Strandberg (2008) anhand repräsentativer Daten für Finnland, dass Online-Kommentatoren zur finnischen Wahl tendenziell auch außerhalb des Internets politisch aktiv sind und im Vergleich zu allgemeinen Internetnutzern in Finnland politisch sehr interessiert sind. Menschen, die online partizipieren, „tend to be more knowledgeable about political issues, more involved in civic affairs offline, and as a result contribute knowledgeable viewpoints online“ (Harris et al. 2014, S. 1313). Ähnliche Ergebnisse zur politischen Online-Partizipation im Allgemeinen wurden zum Beispiel von Weber et al. (2003) oder Best und Krueger (2005) für die USA oder von Escher (2013) für Großbritannien aufgezeigt.
 
5
Eine solche Verteilung ist nicht ungewöhnlich und deckt sich zum Beispiel mit den Zahlen bei Blom et al. (2014, S. 1322; 47 % der Kommentare durch 10 % der Kommentatoren) oder bei Fuchs (2006, S. 14; 51 % der Kommentare auf 12 % der Kommentatoren).
 
6
In dieser Studie ging es dabei nicht um die Erforschung der Strukturen des Diskurses zur Erbschaftssteuer. Vielmehr ging es um die Methodenfrage der Vergleichbarkeit der Kommunikation online und offline, wofür die Erbschaftssteuer als eines von sechzehn Themen herangezogen wurde.
 
7
Die Inter-Coder-Reliabilität wurde nach Holsti berechnet.
 
8
Die Kommentare werden hier jeweils ohne irgendwelche Korrekturen wiedergegeben. Die Rechtschreibfehler und häufigen Betonungen etwa durch Großschreibung ganzer Wörter geben einen Eindruck von der Flüchtigkeit, mit der die Autoren teilweise kommentiert haben, aber auch von ihrer emotionalen Involviertheit. Die Kommentare auf Spiegel Online können anhand der dargestellten Nummerierung so online nachgelesen werden. Die Kommentare auf Standard.at konnten von uns jedoch nur nach ihrem zeitlichen Auftreten sortiert und nummeriert werden, sodass die Nummerierung hier nicht der im öffentlichen Forum entspricht.
 
9
In diesem Fall wurden – wie in anderen auch – einzelne Teile des Kommentars in unterschiedliche Kategorien vercodet. Neben dem Verweis auf die Rahmenbedingungen betrifft das bei diesem Zitat die Kategorien Soziale Ungleichheit und Wohneigentum, allerdings jeweils bezogen auf unterschiedliche Teile (es wurde nie derselbe Teil eines Satzes in mehr als eine Kategorie vercodet). Dennoch zitieren wir hier die gesamte Passage, damit der Sinnzusammenhang deutlich wird.
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Verdient – Unverdient. Der öffentliche Diskurs um die Erbschaftssteuer in Deutschland und Österreich
verfasst von
Jens Beckert
H. Lukas R. Arndt
Publikationsdatum
19.12.2017
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Berliner Journal für Soziologie / Ausgabe 2/2017
Print ISSN: 0863-1808
Elektronische ISSN: 1862-2593
DOI
https://doi.org/10.1007/s11609-017-0346-2

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