2006 | OriginalPaper | Buchkapitel
Auslandseinsätze der Bundeswehr
verfasst von : Dr. phil. Sven Bernhard Gareis
Erschienen in: Handbuch Militär und Sozialwissenschaft
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Am 21. Mai 2003 legte der Bundesminister der Verteidigung seine neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) vor. Sie verdeutlichen, dass die klassische Landesverteidigung gegen einen konventionellen Angriff nicht länger die „allein strukturbestimmende Aufgabe der Bundeswehr“ ist und die „nur für diesen Zweck bereitgehaltenen Fähigkeiten“ nicht mehr benötigt werden (BMVg 2003: Ziff. 12). Weniger als ein Jahr später stellten Verteidigungsminister und Generalinspekteur am 30. März 2004 erste Details des weiteren umfassenden Transformationsprozesses der Bundeswehr vor, der dann in den im August 2004 vorgestellten ‚Grundzügen der Konzeption der Bundeswehr‘ seine konzeptionelle und organisatorische Ausgestaltung erfuhr (s. BMVg 2004). Die Strukturen und die Ausrüstung einer nochmals verkleinerten Bundeswehr orientieren sich demnach an einem neuen Aufgabenspektrum, in welchem Auslandseinsätze den Regelfall darstellen. Zwar knüpfen auch die neuen VPR an den Verteidigungsauftrag gemäß Art. 87a des Grundgesetzes als der Grundlegitimation für die Bundeswehr an. Sie stellen aber auch heraus, dass dieser Verteidigungsbegriff in inhaltlicher wie geographischer Hinsicht entgrenzt ist: Verteidigung umfasst sowohl Einsätze zur Prävention von Krisen und Konflikten, zu ihrem Management wie auch zu ihrer Nachsorge und sie kann an jedem Ort der Welt stattfinden, von dem Gefahren für die deutsche Sicherheit ausgehen (BMVg 2003: Ziff. 5). Zumindest hinsichtlich dieser Klarstellung können die neuen VPR als eine Zäsur mit weitreichenden Folgen für die Bundeswehr betrachtet werden: Eine Armee, die für die Landes- und Bündnisverteidigung in Bereitschaft gehalten wurde, wandelt sich zu einer Einsatzarmee mit weltweitem Aktionsradius. Der „Soldat für den Frieden“ (Baudissin 1970), dessen Hauptaufgabe unter den Vorzeichen der Ost-West-Konfrontation darin bestand, Kampf und Krieg durch glaubwürdige Verteidigungsbereitschaft zu verhindern, hat ausgedient. Der Frieden besteht längst nicht mehr allein im Schutz der eigenen Grenzen vor aggressiven Nachbarn. Die Globalisierung hat abstraktere Erfordernisse hervorgebracht. Die neuen sicherheitspolitischen Zusammenhänge und Herausforderungen verlangen den „Soldat für den Weltfrieden“ (Gareis 2003), der gegebenenfalls auch an entlegenen Schauplätzen im Auftrag seines Staates kämpfen muss.