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05.03.2024 | Bankenregulierung | Interview | Online-Artikel

"Frankfurt ist ein idealer Standort für die AMLA"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5:30 Min. Lesedauer

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Die neue Anti-Geldwäsche-Behörde AMLA in Frankfurt anzusiedeln, hält AML-Experte Alexander Hase für eine ausgezeichnete Wahl. Im Interview spricht er über die Vorteile, aber auch den Druck, den die Standort-Entscheidung mit sich bringt.

Hat Sie die Entscheidung für Frankfurt als Standort der der Anti-Money Laundering Authority (AMLA) überrascht? 

Die Entscheidung für Frankfurt hat mich in gewisser Weise überrascht, aber auch nicht. Zum einen halte ich Frankfurt für einen hervorragenden Standort für die neue Behörde. Die Stadt verfügt über eine hervorragende Infrastruktur und ist nicht zuletzt durch die Präsenz der Europäischen Zentralbank (EZB) als Bankenplatz fest etabliert. Compliance hat hier höchste Priorität: Das zeigt sich unter anderem daran, dass laut unserer Studie "KYC Trends Report 2023" deutsche Banken mehr als die Hälfte ihres gesamten Compliance-Budgets für KYC-Prozesse ausgeben - ein Spitzenwert. Andererseits hatte ich auch damit gerechnet, dass die AMLA aus politischen Gründen nicht in Deutschland angesiedelt werden könnte. Deshalb bin ich sehr froh über die Entscheidung, die Behörde in Frankfurt anzusiedeln.

Warum ist die hessische Finanzmetropole aus Ihrer Sicht eine gute Wahl? 

Aus meiner Sicht ist die hessische Finanzmetropole Frankfurt aus mehreren wichtigen Gründen eine ausgezeichnete Wahl für den Sitz der AMLA. Erstens ist Frankfurt der führende Bankenplatz in Deutschland und damit ein natürliches Zentrum für Finanzdienstleistungen und die damit verbundenen Regulierungsinstitutionen. Die Nähe zur EZB verstärkt diese Position noch, da eine enge Zusammenarbeit zwischen der AMLA und der EZB in Fragen der Finanzstabilität und -regulierung von großem Vorteil ist. Auch die Nähe zur Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), der deutschen Finanzaufsichtsbehörde, ist von Bedeutung, da sie eine effektive Koordination und Kommunikation zwischen nationalen und europäischen Regulierungsbehörden ermöglicht. 

Spielt Deutschland bei der Geldwäschebekämpfung eine besondere Rolle?

Als größte Volkswirtschaft der Europäischen Union und eine der größten Exportnationen der Welt ist Deutschland ein zentraler Knotenpunkt für internationale Geldtransfers, auch in Hochrisikoländer. Dies macht Deutschland zu einem strategisch wichtigen Standort für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Darüber hinaus verleiht die politische Stärke Deutschlands in der EU dem Land die Fähigkeit, auch schwierige Entscheidungen auf europäischer Ebene durchzusetzen, was für die Arbeit der AMLA von großer Bedeutung sein kann. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kombination aus Frankfurts Rolle als führendes Finanzzentrum, seiner Nähe zu wichtigen europäischen Finanzinstitutionen und Deutschlands wirtschaftlicher und politischer Bedeutung in der EU die Stadt zu einem idealen Standort für die AMLA macht.

Welche grundlegenden Wettbewerbsvorteile für Deutschland als Finanzplatz ergeben sich aus der Entscheidung? 

Durch die Präsenz der EZB spielt Deutschland bereits eine wichtige Rolle für die Stabilität des Binnenmarktes. Diese Rolle wird durch die Ansiedlung der AMLA nun zusätzlich verstärkt. Allerdings erwarte ich keine direkten und tiefgreifenden Wettbewerbsvorteile für einzelne Finanzinstitute in Deutschland. Vielmehr wird die Entscheidung dazu führen, dass die Verantwortung der deutschen Finanzinstitute im Bereich der Geldwäschebekämpfung steigt. Der Druck auf die Institute, eine Vorreiterrolle in Europa einzunehmen, wird zunehmen. Dies könnte sich langfristig in einer höheren Reputation und Vertrauenswürdigkeit des Finanzplatzes Deutschland niederschlagen, was mittelbar die Wettbewerbsposition stärken könnte.

Wie wird die neue Anti-Geldwäschebehörde insbesondere die Risikomanagement- und Compliance-Anforderungen bei Finanzdienstleistern verändern? 

Die Einführung der neuen Anti-Geldwäschebehörde wird voraussichtlich zu einer stärkeren Standardisierung und Vereinheitlichung der Anforderungen an das Risikomanagement und die Compliance von Finanzdienstleistern führen, insbesondere über die Grenzen der EU hinaus. Derzeit sind die Interpretationen der europäischen Geldwäscherichtlinien durch die einzelnen nationalen Geldwäschegesetze noch sehr unterschiedlich. Ein Beispiel dafür ist die Identifizierung und Verifizierung von Kunden, bei der je nach EU-Land unterschiedliche Anforderungen an die Prozesse gestellt werden, was zu Verwirrung und Ineffizienz führen kann. 

Mit der neuen Behörde erhoffe ich mir eine Harmonisierung dieser Prozesse, die es den Finanzinstituten erleichtern würde, Rechtssicherheit auch über Ländergrenzen hinweg zu gewährleisten. Durch die Vereinheitlichung könnten die Institute ihre Compliance-Systeme effizienter gestalten und sich besser auf die Einhaltung der Vorschriften konzentrieren. 

Allerdings ist zu erwarten, dass die regulatorischen Anforderungen insgesamt zunehmen werden, was kurzfristig eine zusätzliche Belastung für die Banken darstellen könnte. Langfristig sollte diese Zunahme jedoch zu mehr Klarheit in den operativen Anforderungen führen und damit die Qualität der Bekämpfung von Finanzkriminalität verbessern. Die Finanzdienstleister müssen sich daher auf eine Übergangsphase einstellen, in der sie ihre Systeme und Prozesse an die neuen, einheitlichen Standards anpassen müssen, was letztlich zu einer effektiveren und effizienteren Compliance führen sollte.

Wo müssen Banken und Sparkassen mittelfristig konkret bewegen, um bei der Geldwäsche den steigenden Herausforderungen zu genügen? 

Deutschland verzeichnet mit 22 Prozent weltweit den höchsten Anteil an Banken, der mehr als die Hälfte ihres gesamten Compliance-Budgets, 50 bis 60 Prozent, für Know-Your-Customer-Prozesse ausgeben. Um den wachsenden Herausforderungen in der Geldwäschebekämpfung gerecht zu werden, ist es für Banken und Sparkassen unerlässlich, ihre Systeme zu modernisieren. Viele Compliance-Lösungen sind veraltet und zu unflexibel, um effektiv auf die sich wandelnden Methoden der Geldwäsche und die daraus resultierenden Vorschriften zu reagieren. 

Welche technischen Lösungen machen hier Sinn?

Künstliche Intelligenz und cloudbasierte Lösungen können dabei helfen, den aufwendigen manuellen Aufwand zu verringern und die Kosten sowie die Dauer der KYC-Prüfungen, die aktuell deutlich über dem globalen Durchschnitt liegen, zu reduzieren. Diese Technologien erleichtern die Identifizierung und Analyse verdächtiger im Hinblick auf die Einhaltung der Anti-Geldwäsche-Vorschriften (AML) und die Überwachung von Transaktionen und verbessern so die Effizienz bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität. 

Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Zentralisierung der Aktivitäten. Während die Politik ihre Aktivitäten zur Bekämpfung der Finanzkriminalität zunehmend zentralisiert, sollten die Banken diesem Beispiel folgen. Während eine bereichsübergreifende Zentralisierung häufig an datenschutzrechtlichen Bedenken scheitert, können Banken ihre Aktivitäten intern zentralisieren, indem sie die Bekämpfung der Finanzkriminalität bereichsübergreifend bündeln. Dies verbessert nicht nur die Qualität des Risikomanagements, sondern erhöht auch die Effektivität bei der Aufdeckung von Geldwäsche, Betrug und Terrorismusfinanzierung. Mit der Umsetzung dieser Maßnahmen können Banken und Sparkassen sicherstellen, dass sie den steigenden Anforderungen im Kampf gegen die Geldwäsche gewachsen sind und ihre Systeme an die Dynamik der Finanzkriminalität anpassen.

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